Ausgewählte Aspekte der Problematik asymmetrischer Informationsverteilung am Arbeitsmarkt und Strategien der Problemüberwindung


Diplomarbeit, 2005

64 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Bedeutung der Informationsverteilung auf Märkten
2.1 Bedeutung und Wert von Informationen
2.2 Symmetrische Informationsverteilung
2.3 Asymmetrische Informationsverteilung
2.4 Vertragsgestaltung
2.4.1 Vollständige Verträge
2.4.2 Unvollständige Verträge

3 Asymmetrische Informationsverteilung am Arbeitsmarkt: Darstellung am Modell der Principal-Agent-Theory
3.1 Grundzüge der Principal-Agent-Theory
3.2 Verhaltensannahmen und Verhaltensunsicherheit
3.3 Charakterisierung der Informationsprobleme am Arbeitsmarkt
3.3.1 Qualitätsunsicherheit und Adverse Selection
3.3.2 Moral Hazard
3.3.3 Hold-up
3.4 Agency Costs

4 Strategien zur Problemüberwindung von Informations­- asymmetrie und ihren Folgen
4.1 Strategien zur Überwindung der Qualitätsunsicherheit
4.1.1 Screening
4.1.1.1 Bedeutung von Screening
4.1.1.2 Eignungstests
4.1.1.3 Aussagefähigkeit und Probleme von Testverfahren
4.1.2 Signaling
4.1.2.1 Bedeutung von Signaling
4.1.2.2 Das Signaling-Modell von SPENCE
4.1.3 Self-Selection
4.1.3.1 Bedeutung von Self-Selection
4.1.3.2 Das Self-Selection-Modell von SALOP/ SALOP
4.2 Strategien zur Überwindung von Moral Hazard
4.2.1 Monitoring
4.2.2 Motivation und Anreiz
4.2.3 Entlohnungsschemata
4.2.3.1 Ergebnisbeteiligung
4.2.3.2 Lohnerhöhungen
4.2.3.3 Die neoklassische Effizienzlohntheorie
4.3 Strategien zur Überwindung von Hold-up
4.3.1 Reputation
4.3.2 Pfandsysteme
4.3.2.1 Betriebliche Altersversorgung
4.3.2.2 Senioritätsentlohnung
4.3.4 Bindungsverträge

5 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Eidesstattliche Erklärung

1 Einleitung

Die heutige Wirtschaftslage und die fortschreitende Technologie sind der Auslöser dafür, dass neben der „[...] Erhaltung und Entwicklung des Unternehmens“[1], welches bisher ein vorrangiges Unternehmensziel war, das Humankapital als strategischer Wettbewerbsfaktor zunehmend an Bedeutung gewinnt. Unter Humankapital kann man in der Literatur vielseitige Definitionen finden. Am häufigsten werden darunter alle Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse verstanden, die ein Individuums für die Dauer seines Lebens im Produktionsprozess aktiv einsetzen und vergrößern kann.[2]

Aufgrund der großen Marktkonkurrenz und des daraus resultierenden Wettbewerbsdrucks sollen Mitarbeiter zur Erreichung der Unternehmensziele so effizient wie möglich ihren Beitrag leisten und dabei geringe Kosten[3] verursachen. Dabei besteht das Hauptproblem für die Arbeitgeber darin, dass den Arbeitnehmern Informationen zur Verfügung stehen, über die sie selbst nicht verfügen. Dabei handelt es sich z.B. um die Intention, Verhaltensweise oder Qualität des Arbeitnehmers. Sind Informationen ungleich verteilt, so spricht man von asymmetrischer Informationsverteilung.

Da die Leistungsanforderungen der Arbeitgeber aufgrund des Marktgeschehens sehr hoch sind, ist das auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehende Potential an Arbeitskräften den Unternehmenswünschen entsprechend meist unzureichend qualifiziert. Im Rahmen dieser Arbeit werden daher einige Strategien erläutert, die Arbeitgebern bei der Auswahl der qualifiziertesten Bewerber zur Verfügung stehen.

Die Unzufriedenheit mit der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter ist ebenso ein Problem, das aus asymmetrischer Informationsverteilung resultiert. Fehlen Anerkennung oder Leistungsanreize (z. B. höhere Löhne), dann werden sich Mitarbeiter vor der Arbeit drücken und versuchen, mit einem möglichst geringen Aufwand ihren Lebensunterhalt oder Luxus zu verdienen. Hier wird der extreme Interessenskonflikt zwischen dem Verhaltenswunsch des Arbeitgebers und dem Arbeitsverhalten des Arbeitnehmers deutlich. Dieser Konflikt wird durch die Informationsasymmetrie umso größer, je weniger die Leistung und das Verhalten des Arbeitnehmers kontrollierbar oder zu überwachen ist.

Nach McGREGOR’s XY-Theorie leitet sich das menschliche Arbeitsverhalten von zwei Gegensätzlichen Grundauffassungen ab. Dabei gilt es den Menschen von der X-Theorie hin zur Y-Theorie zu führen.[4]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: XY-Theorie von McGregor[5]

Aus der Darstellung lässt sich für die X-Theorie ableiten, dass ein Mensch eine Abneigung gegen Arbeit hat. Er versucht diese so weit wie möglich zu umgehen. Um als Arbeitgeber einen produktiven Beitrag der Mitarbeiter zum Erreichen des Unternehmensziels zu schaffen, sind Sanktionsmaßnahmen, Druckmittel bzw. Anreize nötig. Daneben muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer führen, da letzterer recht unselbständig und sicherheitsbedürftig ist.

Diese Auffassungen entsprechen grundlegend denen der neunen Institutionenökonomik, welche die Grundlage für die in dieser Arbeit geschilderte Principal-Agent-Theory bildet. Begrenzte Rationalität und individuelle Nutzenmaximierung beschreiben die Grundannahmen des menschlichen Verhaltens der Neoinstitutionalistische Ansätze.[6] Die Problematik der angesprochenen Verhaltensweisen entsteht vor allem durch die asymmetrische Informationsverteilung. Individuen (Arbeitnehmer) verhalten sich unter asymmetrischer Informationsverteilung ohne Rücksicht auf Verluste so, dass es ihrer eigenen Nutzenmaximierung dienlich ist. Dabei nehmen sie zu ihrer Zielerreichung auch Schädigungen anderer Personen in kauf, auch wenn dies nicht aus bösem Willen geschieht.

Den optimalen Zustand nach Abbild der Y-Theorie zu erreichen, ist unter den Annahmen der neoinstitutionalistischen Ansätze nicht möglich. Das Menschenbild der Y-Theorie impliziert die Annahmen, dass Mitarbeiter nur daher eine Arbeitsabneigung haben, weil das Arbeitsumfeld schlecht ist. Arbeit dient jedoch als Zufriedenheitsquelle, in der sich die Kreativität der Arbeitnehmer entfalten kann. Daneben macht die, bei einer Identifikation mit dem Unternehmen aufgezeigte Selbstkontrolle und Initiative der Mitarbeiter, Kontrollen die bei der X-Theorie unabdingbar zu sein scheinen, unnötig. Den wichtigsten Anreiz der Y-Theorie bildet das Streben nach Selbstverwirklichung und Verantwortung.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll verdeutlicht werden, dass sich ein Mensch nicht zur Y-Theorie hinbewegen lässt, wie es McGREGOR in seinem Menschenbild anstrebt. Die Strategien zur Problemüberwindung der Informationsasymmetrie dienen zwar dazu, den Menschen dazu zu bewegen, mehr Leistung zu erbringen, weniger zu bummeln und sich entsprechend dem Arbeitgeberwunsch zu verhalten, jedoch geschieht das nicht aus freiem Willen der Arbeitnehmer. Die Abhängigkeit vom Arbeitslohn „zwingt“ den Menschen dazu, sich entsprechend zu verhalten. Durch Anreize und Sanktionen werden folglich nur die Aktivitäten des Arbeitnehmers verändert, nicht jedoch seine Einstellung zur Arbeit selbst.

Gang der Untersuchung:

Kapitel 2 soll eine Einführung in die vorliegende Arbeit bilden, in dem zuerst der Wert von Informationen auf Märkten dargestellt wird. Danach werden die zwei grundlegenden Arten der Informationsverteilung, die symmetrische und die asymmetrische Informationsverteilung, voneinander abgegrenzt. Die symmetrische Informationsverteilung wird am Modell des neoklassischen Ansatzes der Mikroökonomie aufgezeigt. Nach einer kurzen Erläuterung der asymmetrischen Informationsverteilung werden grundlegende Unterschiede bei der Vertragsgestaltung aufgezeigt.

Die genaue Ausführung der in Kapitel 2 angedeuteten Problematik asymmetrischer Informationsverteilung erfolgt in Kapitel 3. Erst wird der Leser in die Grundzüge der Principal-Agent-Theory eingeführt, da alle nachfolgend aufgeführten Informationsprobleme des Arbeitsmarktes im Rahmen der Principal-Agent-Theory erläutert werden. Dann wird der Aspekt der Verhaltensunsicherheit, der sich vor allem auf die Arbeit SPREMANN’s bezieht, dargestellt. Nachdem wir die Verhaltensannahmen bezüglich der Mitarbeiter näher ausgeführt haben, werden die hauptsächlichen Informationsprobleme Qualitätsunsicherheit, Moral Hazard und Hold-up charakterisiert und der Begriff der Agency Costs erklärt.

Das vierte Kapitel dient zur Verdeutlichung, wie Prinzipale differente Informationsprobleme überwinden oder mindern können. Dazu werden unterschiedliche Strategien zu den in Kapitel 3 beschriebenen Hauptproblemen der Informationsasymmetrie aufgeführt und erörtert. Zur Überwindung der Qualitätsunsicherheit werden die Lösungsstrategien Screening, Signaling und Self-Selection geschildert. Moral Hazard lässt sich durch Monitoring, Motivation und verschiedenartige Entlohnungsschemata vermindern. Letztlich dienen Reputation, Pfandsysteme und Bindungsverträge zur Vermeidung von Hold-Up.

Zuletzt erfolgt die Schlussbetrachtung dieser Arbeit.

2 Bedeutung der Informationsverteilung auf Märkten

2.1 Bedeutung und Wert von Informationen

Informationen sind schon seit jeher eine Grundlage, auf der das menschliche Handeln basiert. Je vollständiger und richtiger die Informationen sind, die einem Wirtschaftssubjekt zur Verfügung stehen, desto größer ist die Chance, am Markt erfolgreich zu sein. Betrachtet man den Arbeitsmarkt lässt sich nach Meinung des Autors feststellen, dass Entscheidungen besser informierter Unternehmer ihrer Zielsetzung entsprechend häufig erfolgreicher sind, als die der schlechter Informierten.

Der Arbeitsmarkt soll hier als Markt definiert werden, an dem der Austausch von Arbeitsleistung gegen Lohn stattfindet.[7] Dabei besteht die Besonderheit im Vergleich zum Gütermarkt, dass die Arbeitsleistung fest an den Anbieter gebunden ist. Sie kann nicht unabhängig von ihm erbracht werden, folglich ist Arbeit als Gut auch nicht unabhängig von dem Anbieter zu verkaufen. Für das Unternehmen bedeutet das, dass Randbedingungen die mit einer Person einhergehen, z. B. die Fähigkeiten und Kenntnisse der Arbeitnehmer oder ihre körperliche Stärke, beachtet werden müssen.[8] Diese sind ausschlaggebend dafür, wie die individuelle Arbeitsleitung und somit die Qualität der Arbeit erbracht wird.

Der Begriff „Information“ ist in der Literatur nicht eindeutig definiert. In der betriebswirtschaftlichen Literatur wird jedoch häufig die Definition WITTMANN’s zitiert. Er bezeichnet Information als „zweckorientiertes Wissen, also solches Wissen, das zur Erreichung eines Zweckes [...] eingesetzt wird.“[9] Das Wissen wird allerdings nicht als absolute Gewissheit, sondern viel mehr als sehr wahrscheinliches Wissen verstanden, da sich Informationen auf die Zukunft beziehen und diese nicht mit Sicherheit vorherzubestimmen ist.[10]

Entscheidungen und das Handeln von Wirtschaftssubjekten werden durch Informationen beeinflusst. Dabei sind neben dem tatsächlichen Wissen, das auf Erfahrungen beruht, auch Vermutungen und Meinungen entscheidend. Zu differenzieren ist also der Wahrheits- und Wahrscheinlichkeitscharakter einer Information.[11] Beide Charaktere werden jedoch für unternehmerische Entscheidungen benötigt. Das Wissen über die Zukunft hat dabei Wahrscheinlichkeitscharakter, während die Grundlage für dieses Wissen Informationen bilden, die entweder wahr sind (und auf tatsächlichem Wissen beruhen) oder selbst nur wahrscheinlich sind.[12]

Je mehr Informationen die die Gegenwart betreffen auf Wahrscheinlichkeiten basieren, desto geringer ist ihr tatsächlicher Wert, da sie ein hohes Maß an Unsicherheit implizieren. Eine „sehr wahrscheinliche“ Information über richtig oder falsch erachten wir als kaum genauer, als eine Schätzung bei der die Chance auf „richtig“ 50:50 steht. Ein Arbeitnehmer der wahrscheinlich gut ist, muss dies nicht sein. Man nehme an, ein Mitarbeiter empfehle dem Personalleiter eine andere Person, die sehr geeignet für die zu besetzende Stelle sei. Ohne weitere/hintergründige Informationen setzt sich der Arbeitgeber durch die Einstellung des Arbeitnehmers einem großen Risiko aus. So könnte die empfohlene Person z. B. ein guter Freund des Mitarbeiters sein, dem dieser einen gefallen tun will. Fraglich ist in diesem Fall aber, ob der Freund wirklich geeignet ist.

2.2 Symmetrische Informationsverteilung

In neoklassischen Ansätzen der Mikroökonomie geht man von einem Zustand der vollkommenen Konkurrenz[13] bzw. des vollkommenen Marktes aus. Damit ist die Annahme verbunden, dass allen Marktakteuren (Arbeitnehmern und Arbeitgebern) die gleichen Informationen zur Verfügung stehen, mit denen sie gegenwärtige und zukünftige Marktentwicklungen vorausplanen können. Man spricht von vollkommener Information.[14]

Das arbeitsmarktbezogene Modell der Neoklassik entspricht der oben genannten Feststellung vollkommener Information. Es ist an folgende Umweltbedingungen geknüpft:[15]

(1) Es herrscht Markttransparenz, d.h. alle Informationen sind kostenlos und jederzeit verfügbar. Darüber hinaus verfügen alle Marktteilnehmer über identische Informationen. Man spricht von symmetrischer Informationsverteilung.
(2) Arbeitnehmer sind homogen: Sie unterscheiden sich nicht hinsichtlich ihrer Qualität oder Leistungsbereitschaft und erfüllen für den Arbeitgeber den gleichen Nutzen.
(3) Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben stetige Präferenzen und verhalten sich rational. Rationalität bedeutet in diesem Fall, dass Marktteilnehmer die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen vollständig verarbeiten und nutzen können.
(4) Anpassungsprozesse an Datenänderungen sind zeitlos. Sie vollziehen sich so­zu­sagen mit unendlicher Geschwindigkeit.
(5) Transaktionskosten sind nicht vorhanden. Einstellungen, Entlassungen etc. verursachen den Arbeitgebern bei dieser Annahme keine Kosten und es herrscht eine vollkommene Mobilität der Arbeitnehmer.

In einer Welt symmetrisch verteilter Information gibt es keine Informationsprobleme. WITTMAN spricht davon, das Individuen der Theorie die Gabe besitzen, die Zukunft vorauszusehen, das heißt alle Informationen bereits zum gegenwärtigem Zeitpunkt zur Verfügung zu haben. Diese Behauptung basiert auf theoretischen Annahmen, um das Handeln von Wirtschaftssubjekten auch in die Zukunft hinein möglich zu machen.[16] Realistisch ist eine solche Annahme jedoch nicht. Das nächste Kapitel soll daher die „reale“ Informationsverteilung auf Märkten verdeutlichen.

2.3 Asymmetrische Informationsverteilung

Im Gegensatz zu den vollkommenen Märkten der Neoklassik gehen neoinstitu­tionalistische Ansätze von unvollkommenen Märkten und Akteuren aus.[17] Diese Annahme impliziert eine begrenzter Rationalität (bounded rationality[18] ) der Marktakteure. Das bedeutet, dass zur Verfügung stehende Informationen z. B. aufgrund ihrer Komplexität nicht vollständig verarbeitet oder optimal genutzt werden können. Arbeitgeber und Arbeitnehmer verfügen auf dem Arbeitsmarkt daher nicht über vollkommene Information oder „perfektes“ Wissen, ihnen sind Informationen nur noch beschränkt zugänglich.[19]

Von asymmetrischer Informationsverteilung sprechen wir, wenn zwei oder mehrere Wirtschaftssubjekte in einer gegebenen Situation über unterschiedliche Informations­stände verfügen. SPREMANN spricht in diesem Fall von Situationen bei denen zwischen zwei kooperierenden Partnern[20] Informationsunterschiede bestehen. Einer der beiden Partner ist dabei vergleichbar besser informiert, als der andere.[21] Sofern beide Partner übereinstimmende Ziele haben, ist Informationsasymmetrie nicht weiter diffizil. Arbeitgeber und Arbeitnehmer verfolgen aufgrund des Erwartungswertes ihres persönlichen Nutzens aber zumeist divergierende Ziele.[22] Diese verhalten sich im Allgemeinen konfliktär und implizieren damit Handlungsalternativen, die dem jeweils anderen einen Schaden zufügen können.[23] Zusätzlich vergrößert sich die Problematik von asymmetrischer Informationsverteilung durch opportunistisches Verhalten der Marktakteure. Auf den Begriff des Opportunismus wollen wir zu einem späteren Zeitpunkt näher eingehen.[24]

In vorliegender Arbeit werden wir drei besondere Ausprägungen der Informationsasymmetrie auf dem Arbeitsmarkt, sowie deren Folgen darstellen. Einen kleinen Überblick dazu soll folgendes Schaubild bereits an dieser Stelle liefern. Die Erläuterung dazu erfolgt in Kapitel 3.3.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Grundtypen asymmetrischer Informationsverteilung[26]

2.4 Vertragsgestaltung

Der Wert von Informationen spielt auch bei der Vertragsgestaltung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitsanbietern eine wesentliche Rolle. Dabei lassen sich Verträge in vollkommene und unvollkommene Verträge unterscheiden. Beide Arten werden wir im Folgenden vorstellen.

2.4.1 Vollständige Verträge

Vollständige Verträge werden auch als Kontingenzverträge (contingent claim) bezeichnet. Sie implizieren die Bedingung, dass bereits im Voraus für alle Eventualitäten und Umweltzustände in der Zukunft eindeutige Anpassungsmaßnahmen zugeordnet werden.[27] Das heißt, es wird für jeden Zustand die jeweilige Gegenleistung nach Quantität, Qualität und Termin festgelegt.[28] Außerdem müssen alle Möglichkeiten, sowie die daraus resultierenden Kosten bereits zu Vertragsschluss geplant und die Reaktion darauf vertraglich festgelegt werden.[29]

Die praktische Relevanz dieser Vertragsart ist in der Praxis selten gegeben.[30] Neben zu hohen Kosten für die Erfassung aller Umweltzustände verhindert auch die begrenzte Rationalität[31] der Wirtschaftssubjekte die Möglichkeit, vollständige Verträge abschließen zu können, da ihre Informationsverarbeitungskapazität beschränkt ist. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass sich Vertragspartner ex post, d.h. nach Vertragsschluss, nicht darüber einig sind, welcher Umweltzustand letztlich eingetreten ist und ob sich der jeweils andere Partner dem Vertrag entsprechend verhalten hat.[32]

2.4.2 Unvollständige Verträge

Im Gegensatz zu vollständigen Verträgen, in denen einzelne Transaktionen geregelt werden, sind bei unvollständigen Verträgen sich wiederholende Geschäfte oder geschäftliche Dauerverbindungen von belang. Die Verträge weisen Lücken auf, die wegen der Nachteile vollkommener Verträge von den Vertragspartnern absichtlich nicht beseitigt werden.

Die Anpassungsentscheidungen beruhen nicht mehr auf dem ursprünglich geschlossenen Vertrag, sondern vielmehr auf der sich entwickelnden Vertragsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Anpassung erfolgt entweder durch fortlaufende Verhandlungen (bilateral), oder durch Anweisungen einer Vertragspartei (unilateral). Der Arbeitsvertrag als unvollständiger Vertrag ist ein solcher unilateraler Vertrag. Hier entscheidet der Arbeitgeber durch Anweisungen darüber, wie sich der Arbeitnehmer verhalten soll und was er zu tun hat.[33] Der Arbeitsvertrag wird auch als relational contingent bezeichnet. Eine Verteidigung gegen ein unangemessenes Verlangen vom Arbeitgeber erfolgt dabei in Form von Kündigung durch den Arbeitnehmer. Eine Verweigerung der Arbeitsanweisungen wird durch Entlassung bestraft. Durch diese Art der Vertragsbildung werden im Gegensatz zu Kontingenzverträgen erhebliche Vertragskosten eingespart.[34]

[...]


[1] A. Kitzmann, D. Zimmer, 1982, S. 27.

[2] Vgl. E. Kamaras, 2003, S. 12.

[3] Kosten z. B. aufgrund von Fluktuationen, welche die Rekrutierung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter implizieren oder aufgrund ineffizienter Arbeitsweisen.

[4] Vgl. K. Olfert/ P. A. Steinbuch, 1993, S. 28.

[5] Nach K. Olfert/ P. A. Steinbuch, 1993, S. 28.

[6] Vgl. A. Picot/ H. Dietl/ E. Franck, 2002, S. 55 und M. J. Holler, 1986, S. 9.

[7] Vgl. M. J. Holler, 1986, S. 4; für einen Überblick weiterer Definitionen und Erläuterungen zu Märkten vgl. G. M. Hudgson, 1988, S. 172-179.

[8] Vgl. M. J. Holler, 1986, S. 4.

[9] W. Wittmann, 1959, S. 14.

[10] Vgl. W. Wittmann, 1959, S. 14-16.

[11] Vgl. W. Wittmann, 1959, S. 15-16; zum Begriff der Wahrscheinlichkeit vgl. W. Wittmann,

1959, S.121.

[12] Vgl. W. Wittmann, 1959, S. 17.

[13] Vgl. M. J. Holler, 1992, S. 8.

[14] Vgl. A. Picot/ H. Dietl/ E. Franck, 2002, S. 42-45

[15] Vgl. A. Picot/ H. Dietl/ E. Franck, 2002, S. 45-46 und T. Bürkle, 1999, S. 15-16.

[16] Vgl. W. Wittmann, 1959, S. 18-19.

[17] Vgl. A. Picot/ H. Dietl/ E. Franck, 2002, S. 54 und K. P. Kaas, 1991, S. 359.

[18] Vgl. O. E. Williamson, 1985, S. 45-46.

[19] Vgl. A. Picot/ H. Dietl/ E. Franck, 2002, S. 88 und K. P. Kaas, 1991, S. 358

[20] Zum Begriff der Kooperation vgl. Kapitel 3.2.

[21] Vgl. K. Spremann, 1990, S. 562

[22] Vgl. T. Scholtis, 1998, S.8.

[23] Vgl. H. Laux, 1992, S. 6.

[24] Vgl. Kapitel 3.2 und Kapitel 3.3.1.

[25] Vgl. K. Spremann, 1990, S. 576-583.

[26] Vgl. K. Spremann, 1990, S. 22 und A. Picot/ H. Dietl/ E. Franck, 2002, S. 92.

[27] Vgl. P. Hüfner, 1993, S. 31.

[28] Vgl. K. Spremann, 1990, S. 573; zur Differenzierung zwischen Qualität und Quantität vgl. T. Bürkle, 1999, S. 25.

[29] Vgl. P. Milgrom/ J. Roberts, 1992, S. 127.

[30] SPREMANN beschreibt als Einsatzbeispiel der contingent claims das Financial Engineering. Er erläutert jedoch auch, dass die Praktikabilität dieser Vertragsart eingeschränkt ist; vgl. K. Spremann, 1996, S. 697.

[31] Vgl. Kapitel 2.3.

[32] Vgl. K. Spremann, 1990, S. 573 und P. Hüfner, 1993, S. 31.

[33] Vgl. P. Hüfner, 1993, S. 32.

[34] Vgl. P. Milgrom/ J. Roberts, 1992, S. 131-132.

Ende der Leseprobe aus 64 Seiten

Details

Titel
Ausgewählte Aspekte der Problematik asymmetrischer Informationsverteilung am Arbeitsmarkt und Strategien der Problemüberwindung
Hochschule
BA Hessische Berufsakademie
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
64
Katalognummer
V65845
ISBN (eBook)
9783638583206
ISBN (Buch)
9783640668274
Dateigröße
768 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Aspekte, Problematik, Informationsverteilung, Arbeitsmarkt, Strategien, Problemüberwindung, Hidden Action, Monitoring, Anreizsysteme, Principal, Agent, symmetrische Informationsverteilung, asymmetrische Informationsverteilung, Principal-Agent-Theory, Moral Hazard, Hold-up, Agency Costs, Screening, Signaling, Self-selection, Reputation, Pfandysteme
Arbeit zitieren
Henrike Schäfer (Autor:in), 2005, Ausgewählte Aspekte der Problematik asymmetrischer Informationsverteilung am Arbeitsmarkt und Strategien der Problemüberwindung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65845

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