Wandern bezeichnet im eigentlichen Sinne das zu Fuß-Gehen in der Landschaft und wird im allgemeinen Sprachgebrauch manchmal auch als Synonym für das Reisen verwendet. Der Begriff Wandern zeichnet sich jedoch nicht nur durch das einfache Zurücklegen einer Strecke zwischen zwei voneinander entfernten Orten durch Zeit und Landschaft aus, sondern stellt gleichermaßen einen Prozess als auch einen Urtrieb dar, ohne den der ruhelose Mensch nicht existieren kann. Diesen Sachverhalt formulierte bereits im 17. Jahrhundert der Franzose Blaise Pascal: „Unsere Natur liegt in der Bewegung, die vollkommene Ruhe ist der Tod.“ 1 Ausgehend von diesem Bedürfnis nach körperlicher Bewegung eröffnet das Wandern zudem einen Zugang zur Umwelt. Es bildet infolgedessen die wesentliche Grundlage für unmittelbare menschliche Eigen- und Welterfahrungen, die zu Erkenntnissen und Selbsterfahrungsprozessen führen können. Dies erkannte auch der überzeugte Wanderer Johann Wolfgang von Goethe, der diesbezüglich einst gesagt haben soll: „Was ich nicht erlernt habe, das habe ich erwandert.“ 2 Im Wandern, der ureigensten menschlichen Art der Fortbewegung, erschließt der Mensch seine Umwelt durch seinen Körper bzw. seine Fußsohlen, sein Denken und seine ästhetische räumliche Wahrnehmung, indem er ihn nach Zeit, Ort sowie Entfernung erfährt und strukturiert. Obwohl das Unterwegssein untrennbar mit der Geschichte der menschlichen Kultur verbunden ist, erzählt doch jede Wanderung als eine Form körperlicher und sinnlicher Erfahrung eine eigene, individuelle Geschichte, die durch Neugier am Fremden, Erkenntnis, Selbstfindung oder anderen Beweggründen motiviert ist. Hierdurch unterscheidet sie sich von anderen Wanderungen, lediglich die Übergangsrituale von Aufbruch - Passage - Ankunft sind bei allen Wanderungen oder Reisen gleich. Während der Aufbruch das Verlassen vertrauter Lebenskontexte darstellt und fordert, sich mit Fremdem einzulassen, sei es freiwillig oder gezwungenermaßen durch Vertreibung oder Verfolgung, so ist das Wesen der Passage geprägt durch das Unterwegssein zwischen Orten und Gemeinschaften auf der Suche nach Neuem, was weitere Sehnsüchte wecken kann. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Theoretischer Teil
- Das Wesen des Wanderns
- Motive und Formen des Wanderns
- Wandern als Ausdruck des Denkens
- Wandern als Auseinandersetzung mit Fremdem
- Wandern als Suche nach ästhetischen Erfahrungen
- Fachwissenschaftlicher Teil
- Richard Longs Idee, das Wandern zur Kunst zu machen
- Richard Long und das Wandern
- Didaktischer Teil
- Ausarbeitung eines Arbeitsblattes mit Bezug zur Naturpädagogik für den Fächerverbund Mensch, Natur und Kultur in der vierten Klasse der Grundschule
- Arbeitsblatt
- Erprobung und Auswertung des Arbeitsblattes
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert das Wesen des Wanderns und seine Bedeutung für die menschliche Erfahrung. Sie betrachtet das Wandern als eine Möglichkeit des ästhetischen Naturerlebnisses und der Wahrnehmungssensibilisierung, insbesondere im Kontext der kunstpädagogischen Praxis. Dabei werden auch die theoretischen und fachwissenschaftlichen Aspekte des Wanderns beleuchtet, wobei Richard Longs künstlerische Auseinandersetzung mit dem Wandern als Beispiel dient.
- Das Wandern als Prozess des Erfahrens der Welt
- Die Bedeutung von Bewegung und Wahrnehmung im Wandern
- Das Wandern als Ausdruck des Denkens und der Selbstfindung
- Die ästhetische Dimension des Wanderns und seine Nutzung in der Kunstpädagogik
- Die Verbindung von Naturerfahrung und künstlerischer Gestaltung
Zusammenfassung der Kapitel
- Theoretischer Teil: Der erste Teil der Arbeit behandelt das Wesen des Wanderns und beleuchtet verschiedene Motive und Formen des Wanderns. Es werden Aspekte wie das Wandern als Ausdruck des Denkens, als Auseinandersetzung mit Fremdem und als Suche nach ästhetischen Erfahrungen analysiert.
- Fachwissenschaftlicher Teil: Der zweite Teil der Arbeit befasst sich mit der künstlerischen Auseinandersetzung von Richard Long mit dem Wandern. Er analysiert Longs Konzept, das Wandern als Kunstform zu betrachten und wie sein Werk die Verbindung von Natur und Kunst verdeutlicht.
- Didaktischer Teil: Der dritte Teil der Arbeit widmet sich der praktischen Umsetzung des Themas Wandern im Bildungsbereich. Es wird ein Arbeitsblatt für den Fächerverbund Mensch, Natur und Kultur in der vierten Klasse der Grundschule vorgestellt, das die Themen Naturpädagogik, Wahrnehmung und ästhetische Erfahrungen miteinander verbindet.
Schlüsselwörter
Wandern, Naturerfahrung, ästhetisches Naturerleben, Wahrnehmungssensibilisierung, Kunstpädagogik, Richard Long, Land Art, Natur und Kunst, Bildung, Didaktik, Arbeitsblatt, Naturpädagogik.
- Quote paper
- Matthias Frede (Author), 2006, Wandern - eine Möglichkeit des ästhetischen Naturerlebens und der Wahrnehmungssensibilisierung in der kunstpädagogischen Praxis, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/65898