Würdigung wesentlicher Vorschläge der Hartz-Kommission unter besonderer Berücksichtigung einer Verbesserung der Vermittlungseffizienz


Diplomarbeit, 2003

58 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Definitionen und Arten von Vermittlungshemmnissen
2.1. Überblick
2.2. Begriffliche Abgrenzungen: Vermittlungseffizienz und offene Stellen
2.3. Kategorisierung der Vermittlungshemmnisse
2.3.1. Vermittlungshemmnisse auf beiden Marktseiten
2.3.2. Vermittlungshemmnisse der Arbeitsnachfrageseite
2.3.3. Vermittlungshemmnisse der Arbeitsangebotsseite
2.3.4. Gegenseitige Beeinflussung der Vermittlungshemmnisse

3. Mögliche Maßnahmen zur Reduzierung der Vermittlungshemmnisse
3.1. Überblick
3.2. Maßnahmen zur Reduzierung der Vermittlungshemmnisse auf beiden Marktseiten
3.2.1. Verstärkter Einsatz moderner Informationstechnologien
3.2.2. Ausweitung der Zeitarbeit
3.2.3. Qualifizierungs- und Vermittlungsgutscheine zur Verbesserung der Wettbewerbssituation
3.3. Maßnahmen zur Reduzierung der Vermittlungshemmnisse auf der Arbeitsangebotsseite
3.3.1. Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien
3.3.2. Kürzungen der Lohnersatzleistungen
3.3.3. Einteilung nach Vermittlungshemmnissen

4. Würdigung der Hartz-Vorschläge: Überblick über die nachfolgenden Kapitel

5. Hartz-Vorschläge zur Reduzierung der Vermittlungshemmnisse auf beiden Marktseiten
5.1. Job-Centren (1), KompetenzCentren (11), IT-Unterstützung (10)
5.2. PersonalServiceAgenturen (8)

6. Hartz-Vorschläge zur Reduzierung der Vermittlungshemmnisse auf der Arbeitsangebotsseite
6.1. Jugendliche Arbeitslose - AusbildungsZeitWertpapier (4)
6.2. Neue Zumutbarkeit und Freiwilligkeit (3)
6.3. Quick Vermittlung (2)
6.4. Zusammenführung von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe (6)

7. Würdigung weiterer wesentlicher Vorschläge der Hartz-Kommission
7.1. Ich-AG und FamilienAG (9)
7.2. MiniJobs (9)
7.3. Der JobFloater (12)

8. Gesamtbeurteilung

1 Einführung

Durch den Anstieg der Arbeitslosenzahl auf knapp vier Millionen ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu einer der dringlichsten wirtschaftspolitischen Aufgaben geworden. Am 22.02.2002 wurde die Hartz-Kommission von der Bundesregierung beauftragt, ein Gesamtkonzept zu entwickeln, wie die Arbeitslosigkeit in Deutschland wirksam bekämpft werden könnte. Der Skandal um die geschönten Vermittlungsstatistiken der Bundesanstalt für Arbeit sowie die Tatsache, dass seit Mitte der Achtziger Jahre von einer Rechtsverschiebung der Beveridge-Kurve und somit von einer verschärften mismatch Problematik auszugehen ist (vgl.Prinz, 1999, S.31; vgl. Zimmermann, 2002, S.514, s. Anlage Nr. 1, S. IV: Beveridge Kurve), haben dazu beigetragen, dass der Aspekt einer verbesserten Vermittlung zu einem wesentlichen Bestandteil des Hartz-Konzepts geworden ist.

Im November 2002 standen 4.026.000 Arbeitslose 344.000 gemeldeten offenen Stellen gegenüber (vgl. Statistisches Bundesamt, 2003). Die Gesamtzahl der vakanten Stellen wird für das Jahr 2002 insgesamt auf ca. 900.000 geschätzt (vgl. Scherl, 2002, S.585). Eine Verkürzung der durchschnittlichen Arbeitslosigkeitsdauer von sechs Monaten um einen Monat hätte beispielsweise zur Folge, dass der durchschnittliche Bestand an Arbeitslosen pro Jahr um ca. 300.000 reduziert würde (vgl. Karr, 2002, S.4). Durch eine Verkürzung um eine Woche könnte die Zahl der Arbeitslosen um 115.000 gesenkt und eine Milliarde Euro gespart werden (vgl. Fickinger, 2002a, S.13). Wenn es möglich wäre, durch eine effizientere Vorgehensweise mehr Arbeitslose schneller in offene Stellen zu vermitteln und dadurch die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit zu verringern, könnte somit ein bedeutender Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geleistet werden.

Ziel dieser Diplomarbeit ist es, die wesentlichen Vorschläge aus der Wissenschaft in Bezug auf eine effizientere Arbeitsvermittlung zu erläutern und auf dieser Grundlage zu überprüfen, inwieweit die Vorschläge der Hartz-Kommission geeignet sind, die Vermittlungseffizienz zu verbessern. Zu diesem Zweck werden im Anschluss an diese Einführung im zweiten Kapitel verschiedene Arten von Hemmnissen dargestellt, die einer effizienten Vermittlung der Arbeitslosen entgegenstehen. Im dritten Kapitel werden wesentliche Vorschläge der Wissenschaft dargestellt und erörtert, wie Vermittlungshemmnisse auf der Arbeitsangebots- und auf der Arbeitsnachfrageseite reduziert werden können, um Arbeitslose erfolgreicher in offene Stellen zu vermitteln. Im vierten Kapitel wird zunächst ein Überblick über die nachfolgenden Kapitel gegeben. Auf der Grundlage der ersten drei Kapitel werden im fünften und sechsten Kapitel dann die Vorschläge der Hartz-Kommission kurz vorgestellt und analysiert, die eine Verbesserung der Vermittlungseffizienz zum Zweck haben. Das siebte Kapitel untersucht weitere wesentliche Module unabhängig von ihrer Bedeutung für eine verbesserte Vermittlungseffizienz auf ihre Wirksamkeit zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Das letzte Kapitel fasst die wesentlichen Aussagen dieser Arbeit zusammen.

Problematisch war für den Verfasser, dass der Stand des Wissens bezüglich der Umsetzung des Hartz-Konzeptes von den aktuellen Ereignissen praktisch tagtäglich überholt wurde. Die Ausführungen beziehen sich somit vorwiegend auf die von der Hartz-Kommission entwickelten Konzepte. Die aktuellen Entwicklungen wurden allerdings so gut es ging in die Analyse der einzelnen Module mit einbezogen.

2 Definitionen und Arten von Vermittlungshemmnissen

2.1 Überblick

Um überprüfen zu können, ob durch die Vorschläge der Hartz-Kommission die Arbeitslosen effizienter als bisher in offene Stellen vermittelt werden, ist es erforderlich zu definieren, was unter Vermittlungseffizienz verstanden werden soll. Im folgenden Abschnitt des zweiten Kapitels wird deswegen der Begriff der Vermittlungseffizienz näher erläutert. In diesem Zusammenhang werden auch die Begriffe „offene Stellen“ und „Vakanzen“ voneinander abgegrenzt. Als Grundlage für die im dritten Kapitel erörterten wirtschaftspolitischen Maßnahmen zur Verbesserung der Vermittlungseffizienz werden im Anschluss an den Definitionsteil verschiedene Arten von Vermittlungshemmnissen vorgestellt und der Angebots- bzw. Nachfrageseite zugeordnet (Abschnitt 2.3). Zudem wird begründet, warum die Vermittlungshemmnisse „Markt-intransparenzen“, „fehlende Arbeitsmotivation / mangelnde Suchintensität“, „hohe Fluktuationskosten“, „Kündigungsschutz“ und „geringe Passgenauigkeit“ aus Sicht des Verfassers von besonderer Bedeutung sind (Abschnitte 2.3.1 bis 2.3.3). Die Erläuterungen sind erforderlich, um die in Kapitel 3 vorgestellten Lösungsansätze zur Reduzierung der Vermittlungshemmnisse und der damit einhergehenden Verbesserung der Vermittlungseffizienz besser nachvollziehen zu können.

2.2 Begriffliche Abgrenzungen: Vermittlungseffizienz und offene Stellen

Das Wirtschaftlichkeits- oder Effizienzprinzip setzt den Input und den Output in ein Verhältnis (vgl. Sachverständigenrat für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, 2001, S.29). Eine wirtschaftspolitische Maßnahme ist nach dem ökonomischen Prinzip effizient, wenn ein bestimmtes Ziel (Output) mit minimalem Input erreicht wird (Minimumprinzip, vgl. Bartling, 2002, S.5). Im Rahmen der Arbeitsvermittlung werden „offene Stellen beschleunigt und qualitativ in geeigneter Weise besetzt“ (Bartling, 2002, S.267). Eine offene Stelle ist dadurch gekennzeichnet, dass für eine sofort oder erst später zu besetzende Stelle (noch) Bewerber gesucht werden“ (Scherl, 2002, S.584). Unter einer vakanten Stelle versteht Scherl dagegen einen Arbeitsplatz, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht besetzt ist und somit unmittelbar und sofort zur Verfügung steht (Scherl, 2002, S.584 f.). Nachfolgend wird lediglich der Begriff der offenen Stelle verwendet, weil dieser Begriff auch vakante Stellen umfasst. Die Anzahl der offenen Stellen ist in Deutschland demzufolge sogar noch größer als die in der Einführung erwähnten 900.000 Vakanzen.

Eine Vermittlung von Arbeitslosen soll im Rahmen dieser Ausführungen als effizient gelten, wenn die Arbeitslosen zu möglichst geringen Kosten dauerhaft in eine offene Stelle vermittelt und somit Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage zusammengebracht werden können. Dies entspricht in etwa der Definition der Hartz-Kommission: Ihr zufolge sind Arbeitsvermittlung, Arbeitslosenversicherung und Integrationsmaßnahmen als Kernaufgaben der Arbeitsmarktpolitik effizient, wenn es „gelingt, mit möglichst geringem Mitteleinsatz Arbeitslosigkeit zu vermeiden oder rasch zu beenden“ (Hartz, 2002, S.55).

2.3 Kategorisierung der Vermittlungshemmnisse

2.3.1 Vermittlungshemmnisse auf beiden Marktseiten

Ein wesentliches Hemmnis, das einer erfolgreichen Vermittlung von Arbeitslosen in offene Stellen entgegensteht, sind bestehende Intransparenzen auf dem Arbeitsmarkt (mismatch-Arbeitslosigkeit aufgrund von Marktintransparenzen, vgl. Scherl, 2002, S.585). Bei einer erfolgreichen Vermittlung (=matching) muss das Anforderungsprofil der offenen Stelle in einem Betrieb „mit dem Fähigkeits- und Leistungsprofil des zu Vermittelnden möglichst übereinstimmen“ (Helbig, 2001, S.231). Wenn Informationen über die Anforderungs-, Fähigkeits- und Leistungsprofile nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, finden Arbeitsangebot und Nachfrage nicht dauerhaft zusammen, und die Arbeitslosen können nicht erfolgreich in offene Stelle vermittelt werden. Der Suchprozess verteuert sich für die Marktteilnehmer aufgrund der erforderlichen Informationsbeschaffungsmaßnahmen, sodass die Vermittlungseffizienz sich verschlechtert. Der Hauptwunsch der Unternehmen an die Arbeitsämter nach einer passgenaueren Vermittlung und einer Vermeidung ungeeigneter Bewerbervorschläge ist Ausdruck dafür, dass die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsämter oft an den Bedürfnissen der Arbeitsnachfrage und des Arbeitsangebots vorbeigehen. Bei einer Befragung der DIHK von 10.000 Unternehmen im Frühjahr 2002 wurde festgestellt, dass sich 74 Prozent der Unternehmen eine passgenauere, und nur 28 Prozent eine schnellere Vermittlung durch das Arbeitsamt wünschen (vgl. DIHK, 2002, S.24).

2.3.2. Vermittlungshemmnisse der Arbeitsnachfrageseite

Vermittlungshemmnisse auf der Nachfrageseite können zu einem großen Teil auf zu hohe Kosten zurückgeführt werden, die für die Unternehmen durch die Einstellung der Arbeitsuchenden entstehen. Diese Kosten sind vielfältigster Natur. Neben den Beitragszahlungen der Arbeitgeber in die sozialen Sicherungssysteme und den Lohnzahlungen erhöhen auch institutionelle Regulierungen wie das Tarifvertragswesen, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder der Kündigungsschutz die Kosten für den Produktionsfaktor Arbeit. Diese Regulierungen werden bei der Entscheidung des Unternehmens, ob eine offene Stelle besetzt werden soll, mit berücksichtigt (vgl. Lindbeck, 1994, S.73 ff). Die Unternehmen haben z.B. durch den Kündigungsschutz einen Anreiz, Arbeitskräfte nicht nachzufragen (vgl. Siebert, 1998, S.177). Auch Kosten für Suche, Anwerbung, Verhandlungen und Verwaltung der Bewerber (Fluktuationskosten, vgl. Berthold/Fehn, 1994, S.307) belasten die Unternehmen und stellen ein Vermittlungshemmnis auf der Arbeitsnachfrageseite dar.

Ein weiteres Vermittlungshemmnis ist die mangelnde Passgenauigkeit bei der Vermittlung und daraus resultierende Vorbehalte der Unternehmen gegenüber den Arbeitslosen und den Arbeitsämtern. Die Zahl der offenen Stellen insgesamt ist deutlich größer als die Zahl der offenen Stellen, die beim Arbeitsamt gemeldeten sind (vgl. Magvas/Spitznagel, 2002, S. 3, s. Anlage Nr. 2, S. V). Im Rahmen der oben angesprochenen DIHK-Unternehmensbefragung wurde festgestellt, dass viele Unternehmen dem Arbeitsamt offene Stellen nicht melden, weil das Arbeitsamt oft nicht in der Lage ist, einen den Anforderungen des Arbeitsplatzes genügenden Arbeitslosen zu vermitteln. Nur 14 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, dass mehr als ein Drittel der offenen Stellen dauerhaft besetzt werden konnten, wenn das Arbeitsamt eingeschaltet wurde (vgl. DIHK, 2002, S.16). Dies ist wohl auch ein Grund dafür, warum die meisten Arbeitsplätze noch immer über Zeitungsinserate vermittelt werden (vgl. Bartling, 2002, S.266). Andere Vermittlungshemmnisse auf der Nachfrageseite sind z.B. Vorurteile der Unternehmen gegenüber bestimmten Personengruppen (vgl. Helbig, 2002, S. 15, 233) oder eine schlechte konjunkturelle Situation. In einem volkswirtschaftlichen Abschwung oder in einer Rezession ist die Auftragslage der Unternehmen schlechter als im Aufschwung oder im Boom, sodass weniger Arbeitskräfte nachgefragt und Arbeitslose nur schwierig vermittelt werden können.

Im Folgenden werde ich meine Betrachtungen auf den Kündigungsschutz, die hohen Fluktuationskosten und eine mangelnde Passgenauigkeit bei der Vermittlung konzentrieren, weil diese Vermittlungshemmnisse unmittelbar durch eine effizientere Vermittlung gesenkt werden können. Für maßvolle Lohnabschlüsse sind die Tarifparteien verantwortlich, zur Begrenzung der Lohnnebenkosten bedarf es einer Reform der Sozialversicherungssysteme, und konjunkturell bedingten Hemmnissen kann u.a. durch eine expansive Geld- und Fiskalpolitik begegnet werden. Diese Maßnahmen stehen jedoch nicht oder nur mittelbar in einem Zusammenhang mit einer verbesserten Vermittlungseffizienz. Die Vorbehalte der Unternehmen gegenüber bestimmten Personengruppen oder der Bundesanstalt für Arbeit als Vermittlungsinstitution, die von Helbig als Vermittlungshemmnisse aufgeführt werden (vgl. Helbig, 2001, S.230), werden nicht gesondert behandelt, weil diese Vorbehalte aus Sicht des Verfassers Folge und nicht Ursache einer ineffizienten Vermittlung sind.

2.3.3 Vermittlungshemmnisse der Arbeitsangebotsseite

Auf der Arbeitsangebotsseite können Vermittlungshemmnisse wie „fehlende Arbeitsmotivation“ und eine daraus resultierende geringe Suchintensität eine erfolgreiche Vermittlung verhindern. Speziell Sozialhilfeempfänger haben nur einen sehr geringen Anreiz, intensiv nach einem Arbeitsplatz zu suchen oder einen Arbeitsplatz anzunehmen (vgl. Siebert, 2002, S. 119). Außerdem ist die Qualifikation des Arbeitslosen oft nicht ausreichend, um den Anforderungen der zu besetzenden Stelle zu entsprechen (Fachkräftemangel aufgrund eines qualifikatorischen mismatches, vgl. Scherl, 2002, S.586). Ursachen hierfür sind u.a. eine ungenügende Ausbildung, eine eingeschränkte Lernfähigkeit oder mangelhafte Deutschkenntnisse (vgl. Helbig, 2001, S.10). Krankheiten, Behinderungen, frühere Straffälligkeiten, ein unpassendes Erscheinungsbild oder eine geringe Bereitschaft einiger Arbeitsloser, für den Beruf den Wohnsitz zu wechseln (regionaler mismatch), können weitere Hemmnisse sein, die eine erfolgreiche Vermittlung verhindern (vgl. Franz, 1996, S.208; vgl. Scherl, 2002, S.586).

Die in Kapitel 3 vorgeschlagenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen konzentrieren sich im Wesentlichen auf die Reduzierung der Vermittlungshemmnisse „fehlende Arbeitsmotivation / mangelnde Suchintensität“ und „Qualifikationsmängel“, weil sie in besonderem Maße einer erfolgeichen Vermittlung entgegenzustehen scheinen. Bei einer Befragung von 694 Vermittlungsinstitutionen wurde herausgefunden, dass 70,3 Prozent der befragten Institutionen Motivationslosigkeit bei den Arbeitslosen als Ursache für geringe Vermittlungschancen ansehen (vgl. Helbig, 2001, S.237). Eine weitere Studie von im Auftrag des Bundesministeriums für Finanzen hat ermittelt, dass die Arbeitslosigkeit mit abnehmendem Qualifikationsgrad zunimmt (vgl. Schmidt, 2001, S.8ff.). Zudem sind gerade bei den Problemgruppen des Arbeitsmarktes (Langzeitarbeitslose, ältere Arbeitnehmer, Geringqualifizierte) diese Vermittlungshemmnisse besonders ausgeprägt (vgl. Weidmann, 2002, S. 461).

2.3.4 Gegenseitige Beeinflussung der Vermittlungshemmnisse

Zu beachten ist, dass durch Vermittlungshemmnisse ein Selbstverstärkungsprozess entstehen kann, der die bestehenden Hemmnisse verschärft oder neue Vermittlungshemmnisse entstehen lässt (vgl. Setzer, 1999, S.33). Nach einer gewissen Anzahl von erfolglosen Bewerbungen tritt beispielsweise ein Resignations- und Entmutigungseffekt ein, der die Motivation und die Bereitschaft des Arbeitslosen, sich um einen Arbeitsplatz zu bemühen, verschlechtert (Verringerung der Suchintensität, vgl.Brandt, 1995, S.49). Je länger die Arbeitslosigkeit andauert, desto mehr reduziert sich aufgrund der raschen wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung das Humankapital des Betroffenen (vgl. Berthold/Fehn/Von Berchem, 2001, S. 267). Die Unternehmen schätzen das Produktionspotential des Arbeitslosen mit zunehmender Arbeitslosigkeitsdauer niedriger ein (Vorbehalte der Unternehmen gegenüber Langzeitarbeitslosen) und erteilen dem Arbeitsuchenden aufgrund der hohen Fluktuationskosten eine weitere Absage. Die Situation belastet den Arbeitslosen gesundheitlich und könnte im Extremfall in Alkoholabhängigkeit münden oder zu kriminellen Handlungen führen, was wiederum seine Beschäftigungschancen vermindert. Diese vereinfachte Darstellung soll skizzieren, wie sich die Vermittlungshemmnisse gegenseitig beeinflussen können und darlegen, wie bedeutend es deswegen ist, bestehende Vermittlungshemmnisse zu reduzieren bzw. die Entstehung von Vermittlungshemmnissen zu vermeiden.

Wenn es gelänge, die verschiedenen Vermittlungshemmnisse auf der Arbeitsangebots- und auf der Arbeitsnachfrageseite mit geringem Kostenaufwand zu reduzieren oder zu beseitigen, dann könnten die vermittelnden Institutionen mit einem geringeren Aufwand Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zusammenführen, sodass sich die Vermittlungseffizienz verbessern würde. Außerdem würden bei einer Verringerung bestehender Vermittlungshemmnisse aufgrund der gegenseitigen Beeinflussung auch andere Vermittlungshemmnisse reduziert oder vollständig abgebaut werden können. Die Möglichkeiten zur Senkung der Vermittlungshemmnisse werden in den nachfolgenden Kapiteln besprochen.

3 Mögliche Maßnahmen zur Reduzierung der Vermittlungs- hemmnisse

3.1 Überblick

Berthold und Fehn sind der Auffassung, dass nur durch arbeitsangebotspolitische Maßnahmen die Arbeitslosigkeit ursachenadäquat bekämpft werden kann (vgl. Berthold/Fehn, 1994, S.305). Im Rahmen der bereits angesprochenen DIHK-Befragung wurde allerdings festgestellt, dass sich die Unternehmen mehrheitlich für einen engeren Kontakt zwischen den Betrieben und den Arbeitsämtern aussprechen und beispielsweise sehr an einer größeren Passgenauigkeit bei der Vermittlung der Arbeitslosen interessiert sind (vgl. DIHK, 2002, S.23). Zumindest für die Verbesserung der Vermittlungseffizienz als Teilbereich der Arbeitsmarktpolitik ist somit davon auszugehen, dass sich die Maßnahmen nicht einseitig auf die Arbeitsangebotsseite konzentrieren sollten, sondern dass es zweckmäßig erscheint, wenn die zum Abbau von Vermittlungshemmnissen einzusetzenden Informations- und Anreizinstrumente auch auf der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes Anwendung finden.

Aus diesem Grund werden zunächst Instrumente vorgestellt, die sowohl die Vermittlungshemmnisse auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite reduzieren (Abschnitt 3.2). Es wird begründet, warum möglicherweise ein verstärkter Einsatz von IT-Technologie und eine Ausweitung der Zeitarbeit die Hemmnisse auf beiden Marktseiten absenken könnten. Desweiteren wird erläutert, ob und inwiefern die Aushändigung von Qualifizierungs- und Vermittlungsgutscheinen zu einer Verbesserung der Vermittlungseffizienz beitragen kann. Auf eine separate und ausschließliche Darstellung von Maßnahmen zur Reduzierung der Vermittlungshemmnisse auf der Nachfrageseite wird verzichtet, weil Maßnahmen für die Nachfrageseite i.d.R auch die Arbeitsangebotsseite beeinflussen. In Abschnitt 3.3 werden dann Maßnahmen erörtert, die ausschließlich auf der Arbeitsangebotsseite ansetzen. Es wird untersucht, inwiefern eine Verschärfung der Zumutbarkeitskriterien und eine Kürzung der Lohnersatzleistungen dazu beitragen können, die Motivation und Suchintensität der Arbeitslosen zu erhalten und ob es für eine Verbesserung der Vermittlungseffizienz zweckmäßig ist, die Arbeitslosen nach Vermittlungshemmnissen einzuteilen.

3.2 Maßnahmen zur Reduzierung der Vermittlungshemmnisse auf beiden Marktseiten

3.2.1 Verstärkter Einsatz moderner Informationstechnologien

Wenn Informationsdefizite und Marktintransparenzen kostengünstig verringert und dadurch die Suchprozesse auf Seiten des Arbeitsangebots und der Arbeitsnachfrage beschleunigt würden, könnte die Vermittlungseffizienz verbessert und die mismatch-Arbeitslosigkeit reduziert werden (vgl. Berthold, 2002, S.551). Eine geeignete Möglichkeit zur Erhöhung der Markttransparenz ist der verstärkte Einsatz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien. Das Internet bietet z.B. als Matching - Instrument gegenüber anderen Medien zahlreiche Vorteile (vgl. Berthold/Fricke, 2002, S.551, zit. n. Autor, D., 2001, S.21). Aufgrund der schnellen Entwicklung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK Sektor) und der damit einhergehenden Erweiterung der Speicherkapazitäten kann nämlich in einer Datenbank eine deutlich größere Anzahl an Arbeitslosen und an offenen Stellen erfasst werden als in anderen Medien. Die Auswahlmöglichkeiten sind dadurch für beide Marktseiten größer. Mit gleichem Aufwand lassen sich mehr Bewerber auf ihre Eignung für eine zu besetzende Stelle überprüfen, sodass sich die Wahrscheinlichkeit für ein erfolgreiches matching erhöht (vgl. Berthold/Fricke, 2002, S.551).

[...]

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Würdigung wesentlicher Vorschläge der Hartz-Kommission unter besonderer Berücksichtigung einer Verbesserung der Vermittlungseffizienz
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Veranstaltung
Spezielle Wettbewerbspolitik
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
58
Katalognummer
V66013
ISBN (eBook)
9783638583947
ISBN (Buch)
9783638718400
Dateigröße
640 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Würdigung, Vorschläge, Hartz-Kommission, Berücksichtigung, Verbesserung, Vermittlungseffizienz, Spezielle, Wettbewerbspolitik, Arbeitsmarkt, Hartz, Kritik an den Hartzvorschlägen
Arbeit zitieren
Thorsten Gabbert (Autor:in), 2003, Würdigung wesentlicher Vorschläge der Hartz-Kommission unter besonderer Berücksichtigung einer Verbesserung der Vermittlungseffizienz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66013

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