Situated Learning und Domänenspezifität - Muss der Unterricht für die kaufmännischen und die allgemeinen Fächer unterschiedlichen methodischen Prinzipien folgen?


Seminararbeit, 2002

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

1 Problemstellung

2 „Situated Learning“ als methodisches Prinzip
2.1 „Träges Wissen“ als Ursache für Transferprobleme
2.2 Konstruktivismus und wesentliche Merkmale des „Situated Learning“

3 Unterschiede zwischen inner- und außerschulischem Lernen als Begründung für eine nicht-existente Domänenspezifität von „allgemeinen“ und kaufmännischen Fächern
3.1 Verschiedene Lernumgebungen bei inner- und außerschulischem Lernen
3.2 Zur Bedeutung des Gesamtzusammenhangs als speziellem Aufgabenbereich des innerschulischen Lernens

4 Domänenspezifität von „allgemeinen“ und kaufmännischen Fächern als Teilbereiche innerschulischen Lernens

5 Mögliche Schlussfolgerungen für den Einsatz unterschiedlicher methodischer Prinzipien
5.1 Unterschiedliche methodische Prinzipien für inner- und außerschulisches Lernen
5.2 Unterschiedliche methodische Prinzipien für das Unterrichten von „allgemeinen“ und kaufmännischen Fächern

Literaturverzeichnis

1 Problemstellung

Die Frage nach der Verfolgung unterschiedlicher methodischer Prinzipien für die Unterrichtsgestaltung ist nicht nur für Diplom-Handelslehrer, sondern für sämtliche angehende Lehrkräfte von zentraler Bedeutung. Unabhängig vom Fach ist es grundlegend, dass Lehrer in der Lage sind zu entscheiden, welchen methodischen Prinzipien sie bei ihrer Unterrichtsgestaltung folgen, um die Lehrziele bestmöglichst zu erreichen. Für angehende Wirtschaftspädagogen ist es wichtig, darüber nachzudenken, ob und inwiefern die kaufmännischen Fächer sich in ihrer Domäne von anderen „allgemeinen“ Fächern unterscheiden und welche Konsequenzen dies für den Einsatz unterschiedlicher Methoden im kaufmännischen Unterricht hat. Das „Situated Learning“ als methodisches Prinzip spielt hier eine zentrale Rolle, weil nach wissenschaftlichem Kenntnisstand die Situation, in der jemand lernt, einen wesentlichen Einfluss darauf hat, wie erfolgreich der Lernprozess des Lernenden ist und inwieweit das Lernziel erreicht werden kann.

Der Einsatz unterschiedlicher Methoden und das Problem des „Situated Learning“ zur Erreichung der Lehrziele ist für eine erfolgreiche Unterrichtsgestaltung wesentlich, und dies war auch die Motivation des Verfassers, sich mit dem Thema im Rahmen einer Seminararbeit intensiv zu beschäftigen. Ziel der Seminararbeit ist es, die wesentlichen Merkmale des „Situated Learning“ herauszuarbeiten und zu erläutern, ob und inwiefern es zweckmäßig ist, den Unterricht an Berufsschulen und an allgemeinbildenden Schulen nach unterschiedlichen methodischen Prinzipien zu gestalten, um den größtmöglichen Lernerfolg bei den Schülern zu erreichen.

Im zweiten Kapitel meiner Seminararbeit werde ich wesentliche Gründe darstellen, warum das „Situated Learning“ in der näheren Vergangenheit zunehmend zum Gegenstand wissenschaftlichen Interesses geworden ist. Es werden die theoretischen Grundlagen des „Situated Learning“ vorgestellt und die wesentlichen Merkmale des „Situated Learning“ als methodisches Prinzip erarbeitet. Das dritte Kapitel stellt auf der Grundlage des zweiten Kapitels heraus, in welchen Bereichen die Unterrichtung von kaufmännischen Fächern an Berufsschulen bzw. „allgemeinen“ Fächern vergleichbar erscheinen. Hierfür wird das gemeinsame Verhältnis der Fächer zum außerschulischen Lerner skizziert und erläutert, inwiefern kaufmännische Fächer im Verhältnis zu den „allgemeinen“ Fächern nicht domänenspezifisch sind.

Demgegenüber werden im vierten Kapitel Argumente erläutert, die aufzeigen, in welchen Punkten der kaufmännische Unterricht an Berufsschulen sehr wohl als domänenspezifisch erachtet werden kann und inwiefern er sich von „allgemeinen“ Fächern unterscheiden lässt. Dafür werden zunächst Unterschiede hinsichtlich der Lehrziele im Berufsschulunterricht und in „allgemeinen“ Fächern herausgestellt und anschließend die verschiedenen Lernumgebungen beim Unterrichten von „allgemeinen“ Fächern an allgemeinbildenden Schulen und kaufmännischen Fächern im Berufsschulunterricht untersucht. Aus Sicht des Verfassers erfordern nämlich sowohl verschiedene Lehrziele, als auch verschiedene Lernumgebungen den Einsatz unterschiedlicher, den Lehrzielen und der Lernumgebung angepasster Methoden.

Im fünften und abschließenden Kapitel werden dann auf der Grundlage der vorigen Kapitel Schlussfolgerungen für den Einsatz von unterschiedlichen Methoden gezogen. Zunächst werden die Konsequenzen für den Einsatz unterschiedlicher methodischer Prinzipien behandelt, aus den inner- und außerschulischen Verschiedenheiten resultieren (Abschnitt 5.1). Anschließend werden die Folgerungen für die unterschiedlichen methodischen Prinzipien diskutiert, die sich aus den Unterschieden von „allgemeinen“ und kaufmännischen Fächern ergeben (Abschnitt 5.2).

2 „Situated Learning“ als methodisches Prinzip

2.1 “Träges Wissen” als Ursache für Transferprobleme

Ein wesentliches Problem für die Unterrichtsgestaltung sowohl in kaufmännischen, als auch in „allgemeinen“ Fächern liegt darin begründet, dass die in der Schule erworbenen Lerninhalte oft nicht in der Berufswelt oder im alltäglichen Leben angewendet werden können. Die Kenntnisse und Fertigkeiten, die in der Schule vermittelt worden sind, können im Beruf oder im Alltag nicht umgesetzt werden, weil die in der Schule vermittelten Lerninhalte von den Schülern nicht in ihre bereits vorhandenen Denkstrukturen aufgenommen wurden (vgl. Resnick, 1987, S. 15). In der Schule wird zwar Wissen erworben, das im Kontext schulischer Aufgaben verwendet werden kann, das „jedoch nicht als ‚Handwerkszeug’ zur Lösung praktischer Probleme“ (Minnameier, 1997, S. 12) Anwendung findet. Kognitives Lernen, also die Verarbeitung von Informationen durch eine Anzahl bereits vorhandener kognitiver Strukturen (vgl. Gage, 1979, S. 80), findet nicht statt.

Die mangelnden Transferfähigkeiten betreffen sowohl die „allgemeinen“, als auch die kaufmännischen Fächer. Untersuchungen der TIMS-Studie brachten hervor, dass deutsche Schüler im Fach Mathematik im Vergleich zu den asiatischen Ländern schlecht abschnitten (vgl. Baumert, 1997, S. 21), und dass „eine geringe Kompetenz zum Transfer des Gelernten in außerschulischen Situationen“ (Gruber, 2000, S. 140) zu beklagen sei. Als Beispiel für die mangelnden Fähigkeiten zum Transfer von erworbenem Wissen in kaufmännischen Fächern sei auf eine Untersuchung von Preiß (1994) hingewiesen: Er verglich fortgeschrittene und zum Teil schon graduierte Studierende der Betriebswirtschaftslehre mit Studierenden der Pädagogik hinsichtlich einer betriebswirtschaftlichen Problemstellung, nämlich dem Erwirtschaften von Gewinn bei der Leitung einer computersimulierten Jeansfabrik. Das Ergebnis dieser Studie zeigte, dass die Pädagogikstudenten erstaunlicherweise keinesfalls schlechter abschnitten als die BWL-Studenten. „Nicht nur daß die Studierenden der Betriebswirtschaftslehre Schwierigkeiten hatten, ihr sehr wohl vorhandenes wirtschaftliches Wissen in die Problemsituation umzusetzen. Im Gegenteil, sie schnitten sogar schlechter ab als die Studierenden der Pädagogik (...) Etwas überspitzt formuliert ergab sich, daß die Studierenden der Betriebswirtschaftslehre zwar über das gestellte Problem der Gewinnmaximierung gut reden, es aber nur schlecht lösen konnten (...) Das Wissen läuft Gefahr, träge zu sein und nicht in Handeln umgesetzt werden zu können“ (Gruber, 2000, S. 142).

Die TIMS-Studie und die Untersuchung von Preiß verdeutlichen, dass beim Unterrichten sowohl von „allgemeinen“ als auch von kaufmännischen Fächern die Gefahr besteht, als Lehrer ein „träges Wissen“ zu vermitteln, das von den Schülern nicht auf berufliche oder alltagsnahe Situationen transferiert werden kann. Das in der Schule erworbene Wissen kann zwar in dem Kontext, in dem es erworben wurde (z.B. für mündliche Prüfungen oder Klausuren), angewendet werden, oft aber ist es den Schülern nicht möglich, das in der Schule erworbene Wissen auch auf Situationen außerhalb der Schule zu übertragen. Aus diesem Dilemma heraus entwickelte sich auf der Grundlage der modernen konstruktivistischen Lerntheorie eine wissenschaftliche Diskussion darüber, ob und wie dem Erwerb von „trägem“ Wissen entgegengewirkt werden sollte. Zum besseren Verständnis der nachfolgenden Kapitel wird im folgenden Abschnitt der Konstruktivismus als theoretische Grundlage des „Situated Learning“ grob skizziert und die wesentlichen Kennzeichen des „Situated Learning“ herausgestellt.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Situated Learning und Domänenspezifität - Muss der Unterricht für die kaufmännischen und die allgemeinen Fächer unterschiedlichen methodischen Prinzipien folgen?
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Veranstaltung
Seminar "Ausgewählte Methoden der kaufmännischen Berufserziehung
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
18
Katalognummer
V66031
ISBN (eBook)
9783638588157
ISBN (Buch)
9783638793391
Dateigröße
483 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Situated, Learning, Domänenspezifität, Muss, Unterricht, Fächer, Prinzipien, Seminar, Ausgewählte, Methoden, Berufserziehung, Träges Wissen, Konstruktivismus, situatives Lernen, situationsbezogenes Lernen, Vermeidung träges Wissen
Arbeit zitieren
Thorsten Gabbert (Autor:in), 2002, Situated Learning und Domänenspezifität - Muss der Unterricht für die kaufmännischen und die allgemeinen Fächer unterschiedlichen methodischen Prinzipien folgen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66031

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