In meiner Hausarbeit beschäftige ich mich mit Maria in der Feministischen Theologie und gehe dabei der Frage nach: „Welche Bedeutung hat Maria in der Feministischen Theologie?“
Zunächst beschreibe ich, was Feminismus und Feministische Theologie ist und was deren Ziele sind. Danach gebe ich einen Überblick über die Geschichte der Mariologie und gebe kurz wieder welche Sicht die Evangelische Kirche und die Feministische Theologie auf die Mariologie haben, um dann im Hauptteil anhand von drei Bibelstellen des Neuen und Alten Testaments, Lk 1, 46- 55, Lk 10, 38- 42 und 1. Sam 1, 1- 2, 11 zu erläutern, wie Maria sowie Elisabeth, Marta und Hanna aus Sicht der Feministischen Theologie gesehen und interpretiert werden. Zum Abschluss zeige ich noch Chancen und Grenzen der Feministischen Theologie auf.
Ich habe mich für dieses Thema im Rahmen des Seminars „Maria im Neuen Testament“ entschieden, da mich die Sichtweise einer Theologie der Frauen auf Maria und andere weibliche Figuren der Bibel sehr interessiert und es Religion einmal nicht von der männlichen Seite beleuchtet.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Feminismus
3 Feministische Theologie
3.1 Hauptströmungen der Feministischen Theologie
3.2 Modelle der feministischen Hermeneutik
3.3 Feministische Theologie und ihr Verhältnis zur Kirche
3.4 Gründe für die Beschäftigung mit Maria in der Feministischen Theologie
3.5 Maria und ihre Stellung in der Bibel aus Sicht der Feministische Theologie
3.6 Die Jungfräulichkeit Marias in der Feministischen Theologie
4 Mariologie
4.1 Geschichte der Mariologie
4.2 Die Sicht der Evangelischen und Feministischen Theologie zur Mariologie
5 Maria und andere Frauen in der Feministischen Theologie
5.1 Lk 1, 46- 55: Marias Lobgesang (Magnificat)
5.1.1 Inhaltliche Zusammenfassung des Magnificats
5.1.2 Maria und Elisabeth
5.1.3 Schwangerschaft ohne Mann
5.1.4 Interpretation von Lk 1, 46- 55 aus Sicht der Feministischen Theologie
5.2 Lk 10, 38- 42 (Maria und Marta)
5.2.1 Inhalt und Besonderheiten von Lk 10, 38- 42
5.2.2 Interpretation von Lk 10, 38- 42 aus Sicht der Feministischen Theologie
5.3 1. Sam 1, 1- 2, 11 (Hannas Gebet und Samuels Geburt)
6 Chancen und Grenzen der Feministischen Theologie
7 Schlussteil
8 Literatur
1 Einleitung
In meiner Hausarbeit beschäftige ich mich mit Maria in der Feministischen Theologie und gehe dabei der Frage nach: „Welche Bedeutung hat Maria in der Feministischen Theologie?“
Zunächst beschreibe ich, was Feminismus und Feministische Theologie ist und was deren Ziele sind. Danach gebe ich einen Überblick über die Geschichte der Mariologie und gebe kurz wieder welche Sicht die Evangelische Kirche und die Feministische Theologie auf die Mariologie haben, um dann im Hauptteil anhand von drei Bibelstellen des Neuen und Alten Testaments, Lk 1, 46- 55, Lk 10, 38- 42 und 1. Sam 1, 1- 2, 11 zu erläutern, wie Maria sowie Elisabeth, Marta und Hanna aus Sicht der Feministischen Theologie gesehen und interpretiert werden. Zum Abschluss zeige ich noch Chancen und Grenzen der Feministischen Theologie auf.
Ich habe mich für dieses Thema im Rahmen des Seminars „Maria im Neuen Testament“ entschieden, da mich die Sichtweise einer Theologie der Frauen auf Maria und andere weibliche Figuren der Bibel sehr interessiert und es Religion einmal nicht von der männlichen Seite beleuchtet.
2 Feminismus
Bereits um 1750 gab es den Präfeminismus, danach, von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis Mitte 20. Jahrhunderts den Frühfeminismus, der seinen Höhepunkt in der Französischen Revolution hatte. Louise Otto- Peters war die Gründerin der deutschen Frauenbewegung im Frühfeminismus. 1948 begann mit Simone de Beauvoirs Werk der wissenschaftliche Feminismus. Nach der Revolution wendete sich der Feminismus von der Kirche und Religion ab.
Der Begriff „Feminismus“ wurde 1800 von Charles Fourier geprägt. Er wurde um die Jahrhundertwende in eine negativ Bezeichnung umgewandelt und verschwand mit dem Ende der 1. Frauenbewegung und vor allem im Dritten Reich ganz (vgl. Schöpsdau, Walter: Mariologie und Feminismus, 1985, S. 106; vgl. Kassel, Maria: Feministische Theologie. Perspektiven zur Orientierung, 1988, S. 15).
In den 60er Jahren ist der Begriff im Zuge der 2. Frauenbefreiungsbewegung in den USA wieder aufgekommen.
Den Frauen war die Emanzipation damals noch nicht weit genug vorangeschritten und so forderten sie die Vollendung der Gleichstellung zwischen Mann und Frau.
Die sich daraus entwickelten Feministinnen gehen dabei aber noch weiter und unterziehen nach ihrem Emanzipationsprozess die vorhandenen Strukturen, Werte, Normen, Rechte, Pflichten einer Gesellschaft der Kritik und untersuchen es auf seine Gültigkeit und Menschlichkeit. Zusammenfassend kann man sagen das Feminismus eine Befreiung von Frauen zu autonomen Menschen ist. Somit ist er ein sozial- psychologischer Prozess. Außerdem setzt Feminismus eine genaue Analyse der sozialen und wirtschaftlichen Faktoren voraus, die bei der Unterdrückung der Frau im Spiel gewesen sind. Er ist also auch ein sozial- ökonomischer Prozess. Des Weiteren ist Feminismus eine Form von Kulturkritik, da er sich gegen die einseitig maskuline Kultur auflehnt (vgl. Schöpsdau, 1985, S. 43-44).
3 Feministische Theologie
Feministische Theologie kann man als kritische Erscheinung des Feminismus in Kirche, Christentum und Theologie verstehen (vgl. Schöpsdau, 1985, S. 106).
Feministische Theologie ist ein Protest und eine Reaktion gegen eine jahrhundertlange einseitige androzentrische Theologie. Die christliche Anthropologie handelt vom Verhältnis zwischen Mensch und Gott und zwischen Frau und Mann. In der Gnadenordnung ist die Frau dem Mann zwar gleichgestellt in der Schöpfungsordnung ist sie ihm aber untergeordnet (vgl. ebd. S. 44). „Sie ist der Versuch von Frauen, ihren vergessenen und verdrängten Vorstellungen, Werten und Bildern in der Theologie einen Platz zu geben, und als Frauen von Gott zu reden“ (zit. E. Moltmann- Wendel, in: Schöpsdau, 1985, S. 103).
Es gibt viele Umschreibungen der Feministischen Theologie:
1. Feministische Theologie beschäftigt sich mit der Beziehung zwischen Frau und Mann und will sie theologisch erklären und korrigieren. Dabei lehnt sie sich gegen eine Theologie die die Beziehung zwischen Mann und Frau auf ein Naturrecht begründet sieht, welches die Beziehung zwischen den beiden Geschlechtern Kraft der Schöpfung festgelegt hat und eine Kultur die diese Ansicht teilt, auf.
2. Feministische Theologie will eine Neuformulierung von Glaubenslehre und Theologie, da Frauen immer noch eine untergeordnete bis nicht vorhandene Rolle in der Glaubenslehre darstellen, weil sie aus dem Heiligtum, aus der menschlichen Geschichte und menschlichen Denkwelt verbannt sind.
3. Feministische Theologie ist eine kontextuelle Theologie, d.h. die Merkmale von Frau und Mann treten zurück und es wird die Frau in ihren unterschiedlichen Möglichkeiten und Erscheinungsformen betrachtet.
4. Frauen können das erste Mal als Subjekte des Erlebens eigene Glaubenserfahrungen erleben, da sie aus dem Untertanenzustand, wo ihnen gesagt wurde, was sie dürfen und was nicht, aufgestanden sind und sich nun selber definieren wollen.
Das Objekt der Feministischen Theologie ist demnach die Glaubenserfahrung aufständischer Frauen, ihr Umgang mit Schrift und Tradition, die Weise, wie sie Gott erfahren (Schöpfer, Erlöser, Geist), die Bedeutung ihres Menschseins und ihrer weiblichen Sexualität und die kritische Betrachtung der Einschränkungen durch die kirchlichen und gesellschaftlichen Strukturen.
5. Feministische Theologie ist eine Befreiungstheologie, die sich auf die historischen Erfahrungen von Leiden der Frau, von psychischer und sexueller Unsichtbarmachung infolge des Sexismus in der Kirche und in der Gesellschaft, gründet. Sie untersucht die Krisensituation von Frauen u.a. in der Kirche und sieht darin auch eine Ursache der Krise in der Kirche selbst. Sie will durch eine Situationsanalyse, „ganzheitlichere“ Theologie, leibhaftigere Liturgie und Schwesternschaft zum Heil und zur Heilung aller Eingeengten und zur Umgestaltung der Kirchenstrukturen und der männlichen Vorherrschaft beitragen.
Die kritische Untersuchung hat dabei auch Bezüge zu hermeneutischen Fragen, die an Schrift, Tradition und Geschichte zu stellen sind. Gleichwohl ist sich diese Theologie bewusst, dass Frauen letztendlich fast immer und überall doch wieder die Unterdrückten, insbesondere der Männer, sind (vgl. Schöpsdau, 1985, S. 45-49).
6. Sie wollen einen Paradigmenwechsel in der politischen, gesellschaftlichen, wissenschaftlichen und religiösen Welt und Emanzipation zu einer „autonomen Frau“ mit Zerschlagung des Patriarchats und Schaffung einer alternativen Lebenswelt, z.B. Ganzheitlichkeit von Kirche und Theologie, Unterdrückte in anderen Erdteilen unterstützen und im Einklang mit dem Mann leben (vgl. ebd., S. 104).
Der Protest richtet sich also nicht gegen den Mann sondern gegen die Eindimensionalität der Theologie und ihrer Ausdrucksformen. Nur Gott – Vater = Stärke = Geist = Licht wird beachtet und Gott – Mutter = Wärme = Gefühl = Dunkel diskriminiert.
Der Mensch lebt aber aus beiden Bereichen, aus Bewusstem und Unbewussten, aus Verstand und Gefühl, Licht und Dunkelheit, Vater und Mutter (vgl. Schöpsdau, 1985, S. 105).
Die Feministische Theologie will die starren Kirchen- und Denkstrukturen aufbrechen und die herrschenden Bilder kreativ interpretieren. Dazu will sie offen für das Wirken des Geistes bleiben (vgl. ebd., S. 66- 67). Sie untersucht auch Kulturen aus der Zeit vor dem Patriarchat, in denen die Göttin die Urdimension symbolisiert. So wurde z.B. entdeckt, dass die kirchlichen Mariendogmen an die großen Bilder und Visionen der alten Religionen anschließen, sie aber in ihrer Bedeutung verändert haben. So wurde das Dogma der Jungfräulichkeit Marias, dass an die Jungfräulichkeit der Göttin anknüpft, von der Bedeutung der Jungfräulichkeit als Eigenständigkeit und nicht Absehen von eigener Sexualität zu u.a. Absehen von jeder Art der Sexualität (vgl. ebd., S. 68).
Der Kampfbegriff für die Feministinnen ist der Begriff Patriarchat. Sie bezeichnen damit die Herrschaft des Mannes über die Frauen und Gesellschaften, die durch Gewaltaspekte, wie z.B. Rassismus, Sexismus, Naturausbeutung strukturiert sind. Solange es das Patriarchat gibt, wird es auch möglich sein Völker zu vernichten. Die Befreiung aus dem Patriarchat muss bei den Letzten beginnen um es immer fortführen zu können, z.B. in der Bibel bei den Frauen der Armut, damit die Armen des unterdrückten Volkes Israel, befreit werden können (vgl. Schottroff, Luise: Lydias ungeduldige Schwestern. Feministische Sozialgeschichte des frühen Christentums, 1994, S. 39- 40).
3.1 Hauptströmungen der Feministischen Theologie
1. Radikal- feministische Religion: Die herkömmliche Theologie wird radikal als Produkt des Patriarchats kritisiert. Im Symbol des Vaters im Himmel und auch in allen anderen Symbolen werden die Frauen unterdrückt und das wird von der Kirche zugelassen. Frauen müssen dem entgegentreten, sich selber entdecken, die inneren alten Bilder zerstören und in einer Schwesternschaft frei werden. Die Unabhängigkeit der Frau ist im Bild der Göttin verwirklicht. Bekannteste Vertreterin: Mary Daly.
2. Christlich- feministische Hermeneutik: christliche Tradition wird in Konzentration auf die Bibel feministisch von Frauen interpretiert, d.h. verdrängte und vergessene Aussagen über die Weiblichkeit Gottes werden auf ihren Kontext und ihre geschichtliche Bedeutung hin befragt. Es wird eine universale Sprache für Mann und Frau eingeführt. Problem ist hierbei, dass diese Strömung das feministische Anliegen nur als ergänzend zum männlichen Christentum versteht und praktiziert, d.h. Integration von männlichen und weiblichen Eigenschaften. Vertreterinnen ist u.a. : Virginia Mollenkott.
3. Kritisch- feministische Theologie: Das Christentum ist ein emanzipatorisches Urgestein, das die Feministinnen von der überlagerten patriarchalen Struktur aufdecken wollen, d.h. es soll eine feministische Befreiungs- und Veränderungsbewegung für Kirche und Gesellschaft praktiziert und formuliert werden. Feminine Eigenschaften wie Spielen oder Erzählen sollen in die Kirche und Gesellschaft hineinvermittelt werden. Es ist die in Deutschland am weitesten verbreiteste Strömung und wird auch überwiegend in meiner Hausarbeit verwendet. Vertreterin ist u.a. Luise Schottroff.
Die genannten Richtungen verändern sich allerdings ständig und unterschieden sich auch untereinander (vgl. Schöpsdau, 1985, S. 109- 110).
3.2 Modelle der feministischen Hermeneutik
1. Prä- feministische, autorisierende Schriftauslegung: Zur Autorisation ihrer Reformversuche haben die Feministinnen sich auf die Bibel, auf bestimmte Bibelstellen und auf große Frauengestalten der Bibel berufen.
2. Politische Hermeneutik: Die frühfeministische Frauenbewegung hat heraus- gefunden, dass Kleriker und Interpreten der Bibel diese und befreiende Bibeltexte in ihrem eigenen Interesse missbraucht haben u.a. gegen die Gleichberechtigung. Deshalb müssen sich Feministinnen mit der Bibel beschäftigen. Auch damit Frauen ihr Bild u.a. von Gott ändern, dass falsch aufgeschrieben wurde.
3. Wissenschaftliche Bibelauslegung: Die Bibelstellen in denen Frauen vorkommen werden danach untersucht, inwieweit Männer hier etwas anderes interpretieren als es im Text steht. Außerdem wird die Rolle der Frau in der Bibel untersucht.
4. Christliche- feministische Apologetik: Feministinnen versuchen zu zeigen, dass die Bibel nicht die Unterdrückung und Unterordnung der Frauen will sondern ihre Würde und ihr Wohlergehen will. Die männlichen Interpreten und nicht die Schreiber der Bibel, interpretieren nämlich die Bibelstellen mit Frauen falsch.
5. Post- biblische feministische Hermeneutik: Hier wird die Bibel und die biblische Religion als frauenfeindlich abgelehnt, da die christliche Kirche und Theologie die Hauptverantwortlichen für Sexismus und Frauenhass in den westlichen Gesellschaften sind. Eine Reform der bestehenden Kirche wird abgelehnt, dafür soll eine neugeschaffene weibliche Religion geschaffen werden, unter Bezugnahme der Göttin.
6. Feministisch- kritische Befreiungshermeneutik: Es werden alle Bibeltexte untersucht, ob sie partriarchale Züge aufweisen und diese damit legitimieren. Außerdem wird aufgedeckt, welche Textstellen bisher falsch interpretiert worden sind. Für diese Hermeneutik wurden vier Ebenen entwickelt:
1. Hermeneutik des Verdachts : Der Bibeltext wird ideologiekritisch gelesen.
Dabei wird die gegenwärtige und historische Interpretation, der Text selber und die Interessen und historischen Bedingtheiten der Interpreten untersucht. Ziel ist die Veränderung patriarchaler und gesellschaftlicher Muster.
2. Hermeneutik des historischen Erinnerns : alle Bibeltexte werden kritisch verstanden, damit die Unterdrückungserfahrungen der Frauen rekonstruiert und für die heutigen Frauen wiedergewonnen werden.
3. Hermeneutik der Verkündigung : Patriarchale Texte der Bibel sollen nicht weiter als Wort Gottes verkündet werden, da damit Gott als Unterdrücker gekennzeichnet wird.
4. Kreative Hermeneutik : Durch Vorstellungskraft, Liturgie und Tanz sollen Bibeltexte neu erzählt und Gestalten neu geschaffen werden, damit die Bibel zur Inspiration und Motivation beim Befreiungskampf der Feministinnen beiträgt (vgl. Kassel, 1988, S. 16- 26).
[...]
- Arbeit zitieren
- Kathrin Rühling (Autor:in), 2004, Maria in der Feministischen Theologie - Welche Bedeutung hat Maria in der Feministischen Theologie? - , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66105
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