Im Jahr 2003 wurden in Thüringen mit einer Verfassungsänderung die Anforderungen der direktdemokratischen Instrumente auf Landesebene abgesenkt. Dem ging ein Volksbegehren für „Mehr Demokratie in Thüringen“ aus dem Jahr 2000 voraus, welches eine Absenkung der Verfahrenshürden gefordert hatte und mit fast 400.000 Unterschriften auch erfolgreich zustande kam, im Nachhinein jedoch vom Thüringer Verfassungsgerichtshof für ungültig erklärt wurde. Die CDU-Landesregierung, die erfolgreich gegen das Begehren geklagt hatte, geriet zunehmend unter politischen Handlungsdruck und einigte sich schließlich mit den Oppositionsfraktionen von SPD & PDS, die das Volksbegehren unterstützten, auf einen parlamentarischen Kompromiss und die damit verbundene Verfassungsänderung.
Die Hausarbeit bewertet diese Verfassungsänderung im Hinblick auf den Wunsch der Bürger nach mehr direktdemokratischer Beteiligung. Dazu werden kurz Begriffe und Argumente der Debatte um mögliche Vor- und Nachteile der direkten Demokratie erläutert. Außerdem erfolgt eine Darstellung der Verfahren (Volksinitiative/Bürgerantrag, Volksbegehren, Volksentscheid) und ihrer Anforderungen (Zustimmungsquoren, Fristen, Finanzierung, etc.) nach der alten Thüringer Regelung und von anderen Bundesländern als Vergleichsmaßstab. Weiterhin gibt die Arbeit einen Überblick über den Ablauf vom Volksbegehren bis zur Verfassungsänderung. Sie stellt die Forderungen der Bürgerinitiative „Mehr Demokratie in Thüringen“ sowie die Vorschläge von Regierung und Opposition dar und vergleicht sie mit dem Ergebnis des parlamentarischen Kompromiss, wobei insbesondere die politischen Positionen und Konfliktlinien verdeutlicht werden.
Die Arbeit kommt schließlich zu dem Ergebnis, dass die CDU-Landesregierung mit der Verfassungsänderung von 2003 den Forderungen des Volksbegehrens zwar entgegen gekommen ist, den Wunsch nach realistischen Anforderungen für die direktdemokratischen Instrumente allerdings kaum erfüllt hat. Stattdessen kann eher von einer Beruhigungsmaßnahme, wenn nicht sogar von einer Abwehrmaßnahme, der regierenden CDU gegenüber der Bevölkerung, die sich für bessere direkte Beteiligungschancen engagiert hat, gesprochen werden. Zugleich zeigt diese Verfassungsänderung und ihre Vorgeschichte, dass direktdemokratische Instrumente als Korrektivmöglichkeit gegenüber Entscheidungen von Regierungen wirken können und damit auch ein Mittel für die inner- und außerparlamentarische Opposition darstellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Direkte Demokratie in Deutschland
- Begriffe und Debatte
- Verfahren und Regelungen der Volksgesetzgebung
- Die Verfassungsänderung 2003
- Vorgeschichte
- Die Reformentwürfe von Regierung und Opposition
- Die Ergebnisse der Einigung
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Verfassungsänderung in Thüringen im Jahr 2003, die die Anforderungen für Volksgesetzgebungsprozesse veränderte. Der Fokus liegt auf der Bewertung dieser Änderung im Hinblick auf den Bürgerwunsch nach realistischen Beteiligungschancen. Die Arbeit analysiert, ob die Änderung als Beruhigungsmaßnahme der Politik oder als Abwehrmaßnahme gegenüber den Bürgern interpretiert werden kann.
- Die Debatte um direkte Demokratie in Deutschland und die unterschiedlichen Ansätze auf Landesebene
- Die Vorgeschichte der Verfassungsänderung in Thüringen und das Volksbegehren des Bündnisses für „Mehr Demokratie in Thüringen“
- Die Reformentwürfe von Regierung und Opposition und die Ergebnisse der Einigung
- Die Bewertung der Verfassungsänderung im Hinblick auf die Forderungen der Bürgerinitiative und den Vergleich mit anderen Bundesländern
- Die Rolle der Parteien und die mögliche Beeinflussung des Bürgerwillens durch direktdemokratische Verfahren
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt das Thema der direkten Demokratie in Deutschland und die Bedeutung der Verfassungsänderung in Thüringen vor. Sie führt in die Problematik der Bürgerbeteiligung ein und formuliert die Forschungsfrage.
- Direkte Demokratie in Deutschland: Dieses Kapitel beleuchtet die Begriffe und die Debatte um die direkte Demokratie. Es analysiert die verschiedenen Verfahren und Regelungen der Volksgesetzgebung in Deutschland und die unterschiedlichen Perspektiven auf die direkte Demokratie.
- Die Verfassungsänderung 2003: Dieses Kapitel widmet sich der Vorgeschichte der Verfassungsänderung in Thüringen. Es beschreibt die Entstehung des Volksbegehrens des Bündnisses für „Mehr Demokratie in Thüringen“ und die darauf folgenden Reformentwürfe von Regierung und Opposition. Abschließend werden die Ergebnisse der Einigung erläutert.
Schlüsselwörter
Direkte Demokratie, Volksgesetzgebung, Volksbegehren, Volksentscheid, Verfassungsänderung, Thüringen, Bürgerbeteiligung, Politikverdrossenheit, Parteien, Bürgerinitiative, Mehr Demokratie, Lobbyverband, Parlamentsentscheidungen.
- Arbeit zitieren
- Benjamin Triebe (Autor:in), 2006, Direkte Demokratie in Thüringen - Eine Bewertung der Thüringer Verfassungsänderung von 2003, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66246