Ab dem Jahr 1989, nachdem die sowjetische Planwirtschaft von der freien Marktwirtschaft abgelöst wurde, machte die Russische Föderation eine Serie von traumatischen Entwicklungen durch: einen starken Anstieg des Preisniveaus, einen rapiden Rückgang der Produktion, eine stetig wachsende Staatsverschuldung und letztendlich eine wirtschaftliche Krise und den Default (Zahlungsunfähigkeit) von 1998.Der erste große Reformschritt im Bereich der Ökonomie bestand in der Liberalisierung der meisten Preise im Januar 1992. Das zentrale makroökonomische Problem dieser Periode in Russland bestand darin, dass die Unternehmen nahezu vollständig autonom einschließlich der Freiheit der Preisfestsetzung agieren konnten, während das Finanzsystem noch nach der Logik der Planwirtschaft arbeitete. Dies bedeutete, dass die Banken die Kreditbedürfnisse der Unternehmen ohne eingehende Prüfung befriedigten. Die Folge der Erhöhung der Autonomie der Unternehmen ohne Reform des Finanzsystems war eine ungezügelte Kreditexpansion. Außerdem musste der Kreditbedarf der öffentlichen Haushalte gedeckt werden. Die außerordentlich hohen Budgetdefizite in Russland konnten nur durch direkte Kredite der Zentralbank und damit über die Notenpresse finanziert werden. Russland geriet in eine Hyperinflation, der reale Wechselkurs stürzte ein (Herr, 2000, Abs. 1). Ein weiterer Schritt zur freien Marktwirtschaft bestand in der Privatisierung der staatlichen Großbetriebe. Die Industriebetriebe wurden jedoch weder umstrukturiert noch zerschlagen, sondern fielen lediglich in die Kontrolle einiger weniger Wirtschaftsmagnaten. Im Gegensatz zu anderen osteuropäischen Ländern wurden in Russland bei der Privatisierung kaum ausländische Partner einbezogen. Außerdem wurde die Regierung durch internationale Kreditgeber wie den Internationalen Währungsfonds (IWF) dazu verleitet, ihre Haushaltsdefizite durch ausländische Darlehen zu finanzieren: je mehr Geldmittel durch Kredite zu Verfügung standen, umso geringer war der Druck zu strukturellen Reformen (Estrin, 1998, S. 3). Nach dem Ende des Kalten Krieges musste sich die Wirtschaft von der Rüstungsproduktion auf die Produktion von Konsumgütern umorientieren. Die Produktion reduzierte sich zwischen 1991 und 1998 um fast die Hälfte (Santos, 2003, S. 159). Es wurde dabei weiterhin nach staatlichen Vorgaben und nicht nach ökonomischen Kriterien produziert. Der Produktionsrückgang trug zu einem hohen Haushaltsdefizit des Staates durch sinkende Steuereinnahmen bei. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung: Russland nach 1991: Finanzielle, fiskalische und wirtschaftsstrukturelle Probleme
- Staatsverschuldung vor der Krise
- Schuldverpflichtungen der ehemaligen UdSSR
- Schuldverpflichtungen der Russischen Föderation
- IWF Kredite 1995-1997
- Staatsanleihen GKOs und OFZS
- Die Finanzkrise von 1998 und ihre Folgen
- Der Anstieg der Instabilität
- Default
- Bankenkrise
- Umschuldung nach dem Default von 1998
- Schlussfolgerung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert die Ursachen des russischen Zahlungsausfalls (Defaults) im Jahr 1998. Sie untersucht die Entwicklung der Staatsverschuldung Russlands in den Jahren nach dem Zerfall der Sowjetunion und die Rolle des hohen Haushaltsdefizits in der Entstehung der Finanzkrise. Die Arbeit beleuchtet die Auswirkungen der Krise auf die russische Wirtschaft und die darauf folgende Umschuldung.
- Die Herausforderungen Russlands nach dem Ende der Sowjetunion und dem Übergang zur Marktwirtschaft
- Die Rolle der Staatsverschuldung in der Entstehung der Finanzkrise von 1998
- Die Auswirkungen der Finanzkrise auf die russische Wirtschaft
- Die Strategien zur Umschuldung nach dem Default
- Die politischen und wirtschaftlichen Folgen des Zahlungsausfalls
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die wirtschaftlichen Herausforderungen Russlands nach 1991. Es werden die Folgen der Liberalisierung der Preise, die Privatisierung der staatlichen Unternehmen und die Umstrukturierung der Wirtschaft auf die Produktion von Konsumgütern dargestellt. Das Kapitel diskutiert die Rolle der Staatsverschuldung und der ungezügelten Kreditexpansion im Prozess der Hyperinflation. Das zweite Kapitel analysiert die Staatsverschuldung Russlands vor der Finanzkrise, einschließlich der Schuldverpflichtungen der ehemaligen Sowjetunion und der neuen Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF). Das dritte Kapitel befasst sich mit den Ursachen und Folgen der Finanzkrise von 1998. Der Anstieg der Instabilität, der Default und die Bankenkrise werden detailliert betrachtet. Das vierte Kapitel behandelt die Umschuldungsmaßnahmen, die nach dem Zahlungsausfall von 1998 eingeleitet wurden.
Schlüsselwörter
Russland, Finanzkrise, Staatsverschuldung, Default, Hyperinflation, IWF, Umschuldung, Wirtschaftsstruktur, Übergang zur Marktwirtschaft, Sowjetunion.
- Arbeit zitieren
- Goulnaz Abdoullaeva (Autor:in), 2006, Default in Russland 1998, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66331