Die alte und neue Frauenbewegung in Deutschland


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

30 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Die alte Frauenbewegung in Deutschland
2.1 Entstehung der ersten Frauenbewegung
2.2 Erfolge der alten Frauenbewegung
2.3 Das Ende der alten Frauenbewegung

3 Die neue Frauenbewegung in Deutschland
3.1 Entstehung der neuen Frauenbewegung
3.2 Weiberräte und die Kampagne zum §218 StGB
3.3 Selbsterfahrungsgruppen
3.4 Die feministische Projektbewegung
3.5 Die wachsende Institutionalisierung

4 Die Frauenbewegung in der Gegenwart und ihre Erfolge

5 Schluss

6 Quellen

1 Einleitung

„Ich habe einen Traum. Ich bin eine Frau. [...] Biege in einen Park ein. [...] Schaue in die Sterne. Erschrecke nicht, als sich rasche Schritten nähern. [...] Zu Misstrauen habe ich keinen Grund. Der Mann neben mir ist nicht mein Feind. Ich bin eine Frau. Ich kann überall hingehen. Ohne Angst. [...] Wenn ich etwas sage, hören mir die anderen zu. [..] Ich werde einen Beruf ergreifen. Einen, der Sinn und vielleicht sogar Spaß macht. [...] Ich lebe in einem fernen Land. Ich muss nicht hungern. Ich muss mich nicht prostituieren. Ich werde nicht wie Vieh verkauft. [...] Ich habe einen Traum. Ich bin ein Mann. [...] Meine Mutter ist eine unabhängige, stolze Frau und mein Vater ein sensibler, fürsorglicher Vater. Geld und Macht sind für mich keine Ziele an sich, sondern Mittel zum Zweck. Ich hasse es, jemanden zu demütigen – oder gedemütigt zu werden. Ich verachte Gewalt. [...] Dass ich biologisch männlich bin, ist eigentlich nebensächlich. Denn ich lebe in einer Zeit, in der Menschen nicht nach Männer und Frauen unterschieden werden, so wenig wie nach Weißen und Schwarzen oder Dünnen und Dicken. Ich bin ein Mensch. [...]“[1]

Vor ungefähr 160 Jahren entsteht in Deutschland die erste Frauenbewegung. Die erste soziale Bewegung, die für die Rechte der Frauen kämpfen will und sich nicht weiter von den Männern diskriminieren lassen möchte. In den 160 Jahren Frauenbewegung ist viel passiert und es wurde viel getan für die Gleichstellung von Mann und Frau. Doch wie auch neuere Studien belegen, ist die deutsche Gesellschaft noch weit entfernt von einer vollkommenen Gleichstellung. Diese Arbeit soll die letzten 160 Jahre Frauenbewegung zusammenfassen und einen Überblick darüber geben, für welche spezifischen Frauenthemen sich die einzelnen Protagonistinnen eingesetzt haben und ob sie in ihren Bestrebungen erfolgreich waren.

Die erste Frauenbewegung entsteht in der Mitte des 19. Jahrhunderts in einer Zeit, in der die Frau in das Haus verbannt wird. Öffentliche Arbeit wird ihr versagt und sie hat sich nur um das Private zu kümmern. Sie lebt in einer totalen finanziellen Abhängigkeit von ihrem Ehegatten und wird aus dem politischen und kulturellen Bereich der Gesellschaft ausgegrenzt.
In dieser Zeit fordert Louise Otto- Peters das Bildungsrecht für Frauen. Die erste Frauenbewegung befasst sich bis zum Zweiten Weltkrieg vor allem mit den Bildungs- und Arbeitschancen für Frauen. Zur Jahrhundertwende erhalten sogar die ersten Frauen Zutritt zu Universitäten, jedoch nur in Einzelfällen. Das Nazi- Regime stellt das Ende der ersten Frauenbewegung dar, da es verlangte, dass sich die Bewegung in das System integriere. Da viele Frauen der Bewegung keine Anhänger des NS- Regimes waren, bevorzugten sie die offizielle Auflösung. Der Krieg und die Aufbauarbeiten danach ließen nicht viel Raum für Frauenfragen, denn Deutschland hatte viel grundlegendere Probleme. 1949 gründete sich der Deutsche Frauenrat und im selben Jahr trat auch das Grundgesetz in Kraft, das die Gleichstellung von Männern und Frauen festlegte. Die Frauenbewegung kam aber erst so richtig durch die Studentenprotestbewegung 1968/69 in Schwung. Viele männliche Studenten verlangten alternative Lebensformen und neue Werte in einer modernen Gesellschaft, doch vielen fiel nicht auf, dass sie ihre weiblichen Kolleginnen weiterhin unterdrückten. Aus diesem Missstand heraus gründete sich die zweite, die neue Frauenbewegung. Diese machte in Kampagnen gegen den § 218 StGB mobil und forderte das Selbstbestimmungsrecht der Frau bei der Abtreibung. Durch einen herben Rückschlag in diesen Kampagnen wendete sich die Frauenbewegung nach innen und erarbeitete ihre frauenspezifischen Probleme in kleinen Selbsterfahrungsgruppen. In diesen Theoriegruppen wurden alltägliche Probleme der Frauen besprochen und kollektive Lösungsstrategien entwickelt. Aus diesen Strategien entstanden zum Teil langfristige Projekte, die in der Phase der feministischen Projektbewegung Hochkonjunktur hatten. Es entstanden Gesundheitszentren für Frauen, Frauenhäuser, Frauencafés, Frauenbands, Frauenfreizeitheime, Frauenhotels, Frauenclubs etc. Durch die vielen Kampagnen und Projekte gelangte die Frauenfrage immer mehr in die Öffentlichkeit und der Druck auf die Politik und Verbände wurde immer größer. Dies führte letztendlich dazu, dass in immer mehr Institutionen Gleichstellungsbeauftragte arbeiteten, die sich mit den Rechten der Frauen am jeweiligen Arbeitsplatz befassten.

International vernetzte sich die Frauenbewegung immer mehr und es fanden Weltfrauen­konferenzen statt, die sich mit der allgemeinen Lage der Frauen in der Welt befassten.

Im letzten Abschnitt der Arbeit soll noch einmal ausgewertet werden, was die Frauenbewegung erreicht hat und was sie noch nicht erreicht hat.

2 Die alte Frauenbewegung in Deutschland

Mitte des 19. Jahrhunderts zeichneten sich die ersten Anfänge einer Frauenbewegung in Deutschland ab. Bis zum 17. Jahrhundert waren die Lebensbedingungen für Frauen härter, als für Männer. Nur eine Heirat bot ihnen eine halbwegs ökonomische Sicherheit, andernfalls endete ihr Leben als Dienstmädchen oder Magd bei Fremden. Unverheiratete Frauen bekamen die schwersten Arbeiten zugeteilt und hatten die schlechteste Ernährung. Auf dem Land herrschte eine strikte Trennung der Geschlechterrollen. Die Frauen waren für das Haus zuständig, was eine viel umfangreichere Arbeit war, als die heutige Hausarbeit. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts setzte langsam die Industrialisierung ein, doch auch die änderte nicht viel am Status der Frau, da Deutschland noch weitestgehend landwirtschaftlich geprägt war. Im 19. Jahrhundert entwickelten sich dann die ersten Frauenberufe, darunter das Dienstmädchen. Auch hier waren die Lebensbedingungen weiter sehr schlecht. Die Dienstmädchen wurden oft sehr schlecht bezahlt, die Ernährung und Hygiene kamen zu kurz und sie wurden oft durch den Hausherrn sexuell ausgebeutet. Trotz allem bevorzugten die Mädchen lieber eine solche Anstellung, als eine Arbeit in der Fabrik, die sehr unpersönlich war. Mit dem Strukturwandel des Arbeitsmarktes wurde die Entwicklung in Gang gesetzt, dass die Frauen im Mittelstand nicht mehr außerhäuslich arbeiten durften- ihre Tätigkeit war nur noch auf die Hauswirtschaft beschränkt.[2] Es entwickelte sich eine neue Rolle der Frau, hierbei sollte sie sich vor allem um die Erziehung der Kinder und um den Haushalt kümmern. Dabei wurde das Private stark von öffentlichen Bereichen wie Politik und Arbeit getrennt. Die Frau war nur noch für das Private zuständig. In dieser Zeit zeigten sich die ersten Anzeichen einer Frauenbewegung.

2.1 Entstehung der ersten Frauenbewegung

Louise Otto (später Otto- Peters) gilt als die Gründerin der deutschen Frauenbewegung, denn sie wandte sich spezifischen Frauenproblemen dieser Zeit zu. Ihr politisch- soziales Engagement und literarisches Talent half ihr bei der Formulierung und Durchsetzung ihrer Anliegen.

„Selbständig müssen die deutschen Frauen werden, nur dann werden sie auch fähig sein, ihrer Pflicht, teilzunehmen an den Interessen des Staates, immer und auf die rechte Weise nachzukommen. Diese Selbständigkeit kann nur durch individuelle Bildung befördert werden; denn nur ein selbständiges Herz führt zu selbständigem Handeln“.[3]

Louise Otto- Peters, Alice Schmidt, Henriette Goldschmidt und andere Frauen der ersten Generation der Frauenbewegung glaubten fest daran, dass Frauen durch ein Recht auf Bildung und Arbeit mehr Selbständigkeit und Mündigkeit erlangen. Allerdings sollte die Befreiung der Frau kein Selbstzweck sein, sondern zur Weltverbesserung beitragen. Herrad Schenk findet dafür eine passende Formulierung. „Alle Aktivitäten atmen den Geist des Völkerfrühlings: sie sind getönt von politischem Romantizismus und sozialem Idealismus. Nicht die Gelehrtheit der Frauen wird angestrebt, sondern ihre Persönlichkeitsbildung im Sinne einer moralischen und charakterlichen Höherentwicklung. Die Art Bildung und ein soziales Engagement sollen die sozialen Klassengegensätze und das von Louise Otto und gleich gesinnten Frauen stark empfundene soziale Elend vermindern helfen.“[4]

Zu dieser Zeit gründeten sich viele verschiedene Frauenvereine, politische Clubs und soziale Hilfsvereine, die sich um hilfsbedürftige Frauen und Kinder kümmerten. Im Jahre 1849 erschien die erste Frauenzeitschrift in Deutschland, die von Louise Otto unterstützt wurde. Sie formulierte für ihre Zeitung ein Programm, das die erste Phase der Frauenbewegung gut beschrieb.

„Wir wollen unser Teil fordern:

a) Das Recht, das Rein- Menschliche in uns in freier Entwicklung aller unserer Kräfte auszubilden,
b) Und das Recht der Mündigkeit und Selbständigkeit im Staat.
Wir wollen unser Teil verdienen:
c) wir wollen unsere Kräfte aufbieten, das Werk der Welterlösung zu fördern, zunächst dadurch, dass wir den großen Gedanken der Zukunft: Freiheit und Humanität (was im Grunde zwei gleichbedeutende Worte sind) auszubreiten suchen in allen Kreisen, welche uns zugänglich sind,
d) dass wir nicht vereinzelt streben, nur jede für sich, sondern vielmehr jede für alle,
e) und dass wir vor allem derer zumeist uns annehmen, welche in Armut, Elend und Unwissenheit vergessen und vernachlässigt schmachten“[5]

Mitte des 19. Jahrhunderts gab es vier verschiedene Gruppen von Frauen, die unterschiedlichen Tätigkeiten nachgingen. Das waren zum ersten die Frauen und Töchter der bürgerlichen Mittel- und Oberschicht ohne Recht auf Arbeit (mit Ausnahme des Gouvernanten-, Lehrerinnen- oder Gesellschafterinnenberufs bei Ledigbleiben). Zum zweiten die in der Landwirtschaft, im Handel und Gewerbe tätigen Frauen. Zum dritten die Fabrikarbeiterinnen und viertens die unverheirateten Dienstmädchen sowie verheirateten Dienstboten (Wäscherinnen und Köchinnen).[6] Die erste Frauenbewegung entstand zum großen Teil aus den Frauen der ersten Kategorie, die das Recht auf Arbeit für ihre Schicht forderten. Diese Frauen wollten ihr Leben nicht durch eine Heirat bestimmen lassen, sondern selbst für ihren Unterhalt sorgen können und einen Beitrag zur Gesellschaft leisten.

Vom 16.-19. Oktober 1865 fand in Deutschland die erste Frauenkonferenz statt. Diese Konferenz fand reges Interesse in der Öffentlichkeit und viele Frauen wollten daran teilnehmen. Im Rahmen dieses Ereignisses wurde der „Allgemeine Deutsche Frauenverein“ gegründet. Die erste Vorsitzende war Louise Otto und die zweite Vorsitzende Auguste Schmidt.

Der Verein stellte sich das Ziel für die erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts und die Befreiung der weiblichen Arbeit von allen Hindernissen zu kämpfen. Die Gründung des Vereins kann man als Grundstein für die organisierte Frauenbewegung in Deutschland sehen.[7]

Im Verlauf der alten Frauenbewegung lassen sich zwei Hauptströmungen unterscheiden. Es handelt sich dabei zum einen um die bürgerliche Frauenbewegung und zum anderen um die proletarische Frauenbewegung. Diese unterscheiden sich in ihrer Konzeption grundlegend voneinander. Hier steht vor allem die Frage im Vordergrund, wie die Frauenemanzipation erreicht werden soll, entweder durch eine Reform der bürgerlichen Gesellschaft oder durch Revolution. Die bürgerliche Frauenbewegung war feministisch orientiert und wollte ihre Anliegen durch Frauen innerhalb der bestehenden Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung erkämpfen. Die proletarische Frauenbewegung war dagegen in die sozialistische Arbeiterbewegung eingebettet und sah die Lösung der Emanzipationsfrage nur in einer Auflösung der bestehenden Gesellschaftsform.[8]

Mit dieser sozialistischen Frauenbewegung ist die Person Clara Zetkin eng verbunden. Sie selbst war Schülerin von Auguste Schmidt und ist seit 1878 aktiv für die Sozialistische Partei. In ihren Augen musste der Kampf um Gleichheit der Frau dem Klassenkampf untergeordnet werden. Die sozialistische Frauenbewegung befasste sich zum Großteil mit dem Arbeiterinnenschutz, mit Kinder- und Heimarbeit und mit der politischen Gleichberechtigung (Stimmrecht für Frauen).

Als sich die SPD spaltete und die KPD entstand, wurde Clara Zetkin Führerin der kommunistischen Frauen. In weiteren Verlauf konnten die verschiedenen Organisationen nicht mehr als Frauenbewegung bezeichnet werden, sondern sie waren mehr Untergruppen der entsprechenden politischen Parteien.[9]

2.2 Erfolge der alten Frauenbewegung

Die größten Erfolge konnte die erste Frauenbewegung wohl im Bildungsbereich für Frauen verbuchen. Helene Lange (1848-1930) kämpfte in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts am stärksten für mehr Bildung für Frauen. In den 70er Jahren entstand in Berlin ein Verein zur Förderung der Erwerbstätigkeit des weiblichen Geschlechts.

[...]


[1] Schwarzer, Alice: „Der Große Unterschied – Gegen die Spaltung von Menschen in Männer und Frauen.“, Köln, 2000, S. 9ff

[2] Vgl. Schenk, Herrad: „Die feministische Herausforderung- 150 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“, München, 1992, S. 13ff

[3] Otto-Peters, Louise in: Nave- Herz, Rosemarie: “Die Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland”, Hannover, 1997, S. 11

[4] Schenk, 1992, S. 25

[5] Otto-Peters, Louise in: Schenk, Herrad: „Die feministische Herausforderung- 150 Jahre Frauenbewegung in Deutschland“, München, 1992, S. 25ff

[6] Vgl.: Nave- Herz, Rosemarie: „Die Geschichte der Frauenbewegung in Deutschland“, Hannover, 1997, S. 15

[7] Vgl.: Nave- Herz, 1997, S. 15

[8] Vgl.: Nave- Herz, 1997, S. 27ff

[9] Vgl.: Schenk, 1992, S. 52

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Die alte und neue Frauenbewegung in Deutschland
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Soziale Bewegungen in Europa
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
30
Katalognummer
V66444
ISBN (eBook)
9783638590396
ISBN (Buch)
9783638671422
Dateigröße
540 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frauenbewegung, Deutschland, Soziale, Bewegungen, Europa
Arbeit zitieren
Daniela Steinbiß (Autor:in), 2006, Die alte und neue Frauenbewegung in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66444

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die alte und neue Frauenbewegung in Deutschland



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden