Der Arzt und Psychoanalytiker John Bowlby (1907 - 1990) gilt als Pionier der Bindungsforschung. Die von ihm hervorgebrachte Bindungstheorie war primär als klinische Theorie entwickelt worden, um Formen von emotionalen und Persönlichkeitsstörungen, einschließlich Angst, Wut, Depression und emotionale Entfremdung, die durch ungewollte Trennung und Verlust ausgelöst werden zu erklären. Die Bindungstheorie liefert ein Konzept, um die menschliche Neigung zu erklären, enge emotionale Beziehungen zu suchen. Dabei versteht man unter Bindung ("Attachment") eine besondere Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern oder Personen, die es beständig betreuen. Somit ergibt sich ein andauerndes affektives Band zu bestimmten Personen, die nicht ohne weiteres auswechselbar sind.
Die Thematik dieser Arbeit erstreckt sich im wesentlichen auf drei Teile. Im ersten Teil werden verschiedene Modelle, wie man sich den Einfluss von frühen Bindungsunterschieden auf die Entwicklung über die ganze Lebensspanne hinweg vorstellen könnte, präsentiert und kurz erläutert. Der zweite Teil wendet sich empirischen Befunden zu, inwieweit sich langfristige Einflüsse von Bindungsunterschieden für die kindliche Anpassung nachweisen lassen. Des weiteren erfolgt der Versuch einer Erklärung, wonach sich Bindungsunterschiede vor allem in der unterschiedlichen Fähigkeit der Emotions- und Verhaltensregulierung in Anforderungssituationen (z.B. unter Stress, bei Problemlöseprozesse) manifestieren. Abschließend wird im dritten Teil die Aufmerksamkeit auf die Verwertungsmöglichkeit der Schlüsse und Ergebnisse der Thematik "Bindung und Anpassung" für die klinische Prognose und Intervention gelenkt.
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Inhaltsverzeichnis
I. Einführung
II. Hauptteil
1. Begriffserklärungen
2. Bindungstheoretische Erklärungsmodelle
2.1 Früher Determinismus
2.2 Das Entwicklungsmodell der Bindungstheorie
2.3 Bindung als Entwicklungsthematik
2.4 Bindungsorganisation als Schutz- bzw. Risikofaktor
3. Langfristige Konsequenzen von Bindungsunterschieden
3.1 Sozio- emotionale Kompetenz
3.2 Selbst- und Persönlichkeitsentwicklung
3.3 Kognitiver Bereich
3.4 Abweichendes bzw. pathologisches Verhalten
4. Emotions- und Verhaltensregulierung
4.1 Verhaltenregulation in Anforderungssituationen
4.2 Emotions- und Verhaltensregulierung als Erklärungskonstrukt
5. Beitrag von Bindung Prognose und Intervention
5.1 Beziehungsprobleme als primäre Störung oder Störungsursache
5.2 Bindung als Risiko- bzw. Schutzfaktor
III. Schlussgedanke
Literaturverzeichnis / Internetressourcen
I. Einführung
Der Arzt und Psychoanalytiker John Bowlby (1907 – 1990) gilt als Pionier der Bindungsforschung. Die von ihm hervorgebrachte Bindungstheorie war primär als klinische Theorie entwickelt worden, um Formen von emotionalen und Persönlichkeitsstörungen, einschließlich Angst, Wut, Depression und emotionale Entfremdung, die durch ungewollte Trennung und Verlust ausgelöst werden zu erklären. Die Bindungstheorie liefert ein Konzept, um die menschliche Neigung zu erklären, enge emotionale Beziehungen zu suchen. Dabei versteht man unter Bindung („Attachment“) eine besondere Beziehung eines Kindes zu seinen Eltern oder Personen, die es beständig betreuen. Somit ergibt sich ein andauerndes affektives Band zu bestimmten Personen, die nicht ohne weiteres auswechselbar sind.
Die Thematik dieser Arbeit erstreckt sich im wesentlichen auf drei Teile. Im ersten Teil werden verschiedene Modelle, wie man sich den Einfluss von frühen Bindungsunterschieden auf die Entwicklung über die ganze Lebensspanne hinweg vorstellen könnte, präsentiert und kurz erläutert. Der zweite Teil wendet sich empirischen Befunden zu, inwieweit sich langfristige Einflüsse von Bindungsunterschieden für die kindliche Anpassung nachweisen lassen. Des weiteren erfolgt der Versuch einer Erklärung, wonach sich Bindungsunterschiede vor allem in der unterschiedlichen Fähigkeit der Emotions- und Verhaltensregulierung in Anforderungssituationen (z.B. unter Stress, bei Problemlöseprozesse) manifestieren. Abschließend wird im dritten Teil die Aufmerksamkeit auf die Verwertungsmöglichkeit der Schlüsse und Ergebnisse der Thematik „Bindung und Anpassung“ für die klinische Prognose und Intervention gelenkt.
II. Hauptteil
1. Begrifferklärungen
Zum adäquaten Verständnis der zu bearbeitenden Thematik werden in diesem Punkt nun kurz die wichtigsten Begriffe (in Fettschrift) beschrieben und erklärt.
Wie schon erwähnt versteht man unter Bindung ein affektives Band zu bestimmten Personen, die nicht ohne weiteres auswechselbar sind.
Dass eine Bindung zwischen Kind und seiner spezifischen Bindungsperson (z.B. Eltern) besteht erkennt man dabei vor allem am sog. Bindungsverhalten des Kindes. Darunter wird jede Form von Verhalten subsumiert, welches zum Ziel hat, die Nähe einer solchen spezifischen Bindungsperson zu suchen oder aufrechtzuerhalten. Dieses Ziel kann durch körperliche Nähe oder aber durch Kommunikation mit der Bindungsperson erreicht werden.
Grundlage für das Bindungsverhalten ist wiederum das Bindungsverhaltenssystem, welches durch bestimmte Bedingungen, wie z.B. Furcht, Fremdheit, Erschöpfung, Krankheit, Unerreichbarkeit der Bindungsperson aktiviert wird.
Internale Arbeitsmodelle übernehmen dabei die Steuerung des Bindungsverhaltenssystem. Solche Arbeitsmodelle entstehen aus den Erfahrungen von emotionaler Verfügbarkeit bzw. Zurückweisung der Fürsorgeperson v.a. im Kleinkindalter. Sie werden aber durch Erfahrungen während der gesamten Kindheit und Jugend in sich zunehmend verringertem Maße beeinflusst.
Mit zunehmenden Alter schlagen sich zunehmend differenzierte und spezialisierte bzw. individualisierte Erfahrungen für die jeweils individuellen Bezugpersonen (Mutter, Vater, Geschwister, Großeltern, Verwandte usw.) im Leben des Kindes, später des Jugendlichen und Erwachsenen in den Arbeitsmodellen nieder. Die Gesamtheit dieser Erfahrungen kann man dann als die sog. Bindungsrepräsentanzen (auch Bindungsrepräsentationen genannt) bezeichnen. Es sind somit die bindungsrelevanten Erinnerungen und Bewertungen der Erfahrungen mit diesen Bezugspersonen.
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