Wind-Kraft der Zukunft? Akzeptanzforschung als Diskursanalyse am Beispiel einer regenerativen Energie


Examensarbeit, 2006

79 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederungsübersicht

1. Einleitung

2. Akzeptanzkriterien und Akzeptanzforschung
2.1 Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz
2.2 Wissenschaftliche Akzeptanzforschung
2.3 Technikakzeptanz und Technikfeindlichkeit
2.4 Abschließende Bemerkungen

3. Diskursanalyse in Anlehnung an Foucault
3.1 Die Beschreibung eines Diskurses
3.2 Das genealogische Prinzip
3.3 Abschließende Bemerkungen

4. Anwendungen der foucaultschen ‚Werkzeugkiste’
4.1 Der biopolitische Diskurs (Siegfried Jäger)
4.2 Der Abfalldiskurs (Reiner Keller)
4.3 Der Luftreinhaltungsdiskurs (Maarten Hajer)
4.4 Zusammenfassung

5. Analyse des Akzeptanzdiskurses der Windkraft
5.1 Die Auswahl des Korpus
5.2 Leitfaden zur Analyse
5.3 Diskursive Formationen im Windkraftstreit
5.3.1 Die Homepage des Bundesumweltministeriums
5.3.2 Die Webseiten der Bürgerinitiativen
5.3.3 Zusammenfassung und Vergleich
5.4 Die Verschränkung der Diskurse
5.4.1 Risiko- und Umweltwahrnehmung
5.4.2 Natur- und Technikwahrnehmung
5.4.3 Abschließende Bemerkungen

6. Fazit und Ausblick

7. Literaturverzeichnis
- Internetverweise*

8. Abbildungsverzeichnis

9. Quellenverzeichnis
9.1 Korpus Bundesumweltministerium
- Textquellen:
- Bildquellen:
9.2 Korpus Bürgerinitiativen
- Textquellen:
- Bildquellen:

10. Abkürzungsverzeichnis

Anhang

1. Einleitung

„Energie ist das treibende Moment aller Naturprozesse und stellt damit eine wesentliche Bedingung für die Entwicklung des Lebens auf der Erde als auch der menschlichen Gesellschaft dar. Wie alle Lebewesen ist der Mensch auf einen permanenten Zustrom an Energie angewiesen, um Nahrung, Wärme, Licht und die für ein angenehmes Leben wichtige Güterproduktion sicherzustellen.“ (Ackermann/ Krämer/ u.a. 2001: 18).[1]

Die gesellschaftliche Bedeutung der Energienutzung besitzt eine lange Geschichte. Seit der industriellen Revolution und der Erschließung fossiler Energieträger, später der Entdeckung der Atomenergie, spielt dabei der Einsatz von Technik eine große Rolle. Vor dem Hintergrund der weltweiten Klima­erwärmung und der Endlichkeit fossiler Brennstoffe werden die technischen Errungenschaften jedoch nicht nur als Eingriff in die Natur, sondern auch als deren Ausbeutung und Zerstörung angesehen.[2] Aus diesem Grund gewinnen regenerative Energien immer mehr an Bedeutung. Sonne, Wind, Wasser und Biomasse gelten als die Hoffnungsträger zur ressourcenschonenden und CO2-armen Energiegewinnung. Trotzdem liegt die Forschung – obwohl schon viele Fortschritte erzielt wurden - bezüglich der effektiven Nutzung regenerativer Energieträger noch weit zurück, so dass die Stromgewinnung aus Sonne, Wind, Wasser und Biomasse verhältnismäßig teuer ist (Ackermann/ Krämer/ u.a. 2001: 20f). Zur notwendigen finanziellen Unterstützung der erneuerbaren Energie­formen trägt seit Anfang der 90er Jahre das Energiewirtschafts- und Stromeinspeisegesetz bei, das von allen Fraktionen im Bundestag unterstützt wurde.[3] Es verpflichtet die Energieversorgungsunternehmen zur Einspeisung und Vergütung des Stroms, der durch regenerative Energien erzeugt wird. Diese staatliche Förderung der erneuerbaren Energieträger ging einher mit der mehrheitlichen Zustimmung in der Bevölkerung, die u.a. durch Ölkrisen und die Katastrophe von Tschernobyl zu einem neuen Umweltbewusstsein gelangt war (Hasse 1999: 14).[4]

Die Windkraft, als eine der staatlich geförderten erneuerbaren Energien, erfuhr aufgrund der technischen Errungenschaften in diesem Sektor schon Anfang der 80er Jahre einen regelrechten Boom. Die Windenergieanlagen (WEA) wurden zu seriengefertigten Einheiten weiterentwickelt, deren Leistung sich stetig steigerte. Die Windräder wurden im Laufe der Zeit nicht nur leistungsfähiger, sondern immer größer, wobei die Großwindanlage (GROWIAN) einen Höhe­punkt dieser Entwicklung darstellte (siehe untenstehende Grafik 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grafik 1: Etappen der Windkraftanlagenentwicklung nach Heier (2000: 8).

Momentan sind in Deutschland ca. 17.000 Windanlagen installiert - mit steigender Tendenz (DEWI 2004)*.[5] Die erbrachte Leistung entsprach im Jahr 2000 ungefähr die der Hälfte aller in Europa installierten Anlagen und eines Drittels der weltweiten Gesamtleistung (Heier 2000: 11f). Neben den positiven Umwelteffekten sind durch die großtechnische Windenergienutzung auch arbeitsmarktpolitische Auswirkungen zu beobachten (Fritzler 1997: 127). Der nach eigenen Angaben größte Hersteller von Windkraftanlagen Enercon beschäftigt aktuell mehr als 8.000 Mitarbeiter (Enercon - Unternehmen 2006)*.

Aufgrund des großen Erfolgs der Windenergie und der günstigen Rahmen­bedingungen zum Bau von Windkraftanlagen wurden in den vergangenen Jahren jedoch zunehmend Standorte zugelassen, die aufgrund ungünstiger Witterung oder der Nähe zu Siedlungen nicht in vollem Maße geeignet waren (Heier 2000: 17f).[6] Mit steigender Erschließungsdichte münden die Ansichten über die richtige Nutzung und Gestaltung der Umwelt in einer öffentlichen Debatte um Gefahr und Potential der Windkraft.[7] In der Diskussion um Ablehnung und Befürwortung der Windenergie stehen sich vor allem zwei Gruppen gegenüber: die Bürgerinitiativen (BIs) als Windkraftgegner und die Bundesregierung (repräsentiert durch das Bundesumweltministerium (BMU)) als deren Befürworter.

Die vorliegende Arbeit untersucht, inwieweit es den Bürgerinitiativen und dem Ministerium gelingt, durch ihre Argumente Akzeptanz für die Windkraft bzw. Nicht-Akzeptanz für die Argumente der Gegenseite zu schaffen. Welche Ansichten werden auf welche Weise vom BMU hervorgebracht und welche werden von den BIs vermittelt, um die Windenergie im positiven bzw. negativen Licht darzustellen? Was steckt hinter den Aussagen und Argumenten der Kontrahenten? Sind strategische Vorgehens­weisen erkennbar? Auf welche gesellschaftlichen Machtverhältnisse kann geschlossen werden?

Um diesen Fragestellungen nachzugehen, habe ich mich mit den Internet­auftritten vom BMU und den BIs beschäftigt, da diese ganz besonders der Darstellung und Selbstdarstellung von Meinungen dienen.[8] Als Verfahren zur inhaltlichen ‚Entschlüsselung’ der Homepages wurde eine Diskursanalyse in Anlehnung an Michel Foucault durchgeführt, weil diese qualitative Forschungs­methode darauf abzielt, anhand sichtbarer Äußerungen (vor allem anhand schriftlicher Dokumente) auf gesellschaftliche Strukturen zu schließen.

Gegliedert wurde die vorliegende Arbeit in drei große Abschnitte. Die beiden ersten theoretischen Teile beschäftigen sich mit dem Akzeptanzphänomen als soziologische Fragestellung und der Diskursanalyse als qualitative Methode zu dessen Erforschung. Das Kapitel zur Akzeptanzforschung orientiert sich dabei primär an einer Monographie von Lucke (1995). Deren Ausführungen werden unter anderem mit der wirtschafts-/ und sozialpsychologischen Studie zur Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz von technischen Produktinnovationen von Dethloff (2004) und mit Erkenntnissen aus dem Bereich der Technikakzeptanz von Kepplinger/ Mathes (1988) und Renn/ Zwick (1997) ergänzt. Die für diese Arbeit wichtigsten Elemente der Diskursanalyse Michel Foucaults werden mit Hilfe zwei seiner grundlegenden methodischen Werke erläutert: „Archäologie des Wissens“ (1973) und „Die Ordnung des Diskurses“ (1974).[9] Als Überleitung zur eigenen Anwendung der Diskursanalyse schließt sich ein Kapitel an, in dem anhand von drei Beispielanalysen aufgezeigt wird, wie Foucaults diskurs­theoretische Überlegungen methodisch umgesetzt werden können. Die Beispiele basieren auf Untersuchungen von dem Soziolinguisten Siegfried Jäger und den Soziologen Reiner Keller und Maarten Hajer.[10]

Der dritte große Teil stellt die praktische Umsetzung der theoretischen Vorüberlegungen am Beispiel des Windkraft-Diskurses dar. Die Analyse und Interpretation der Webseiten wurde von der Verfasserin auf der Grundlage eines selbst erarbeiteten Analyseleitfadens unternommen, der einerseits auf den beschriebenen Anwendungsbeispielen beruht, andererseits sich an allgemeinen Grundsätzen qualitativer Sozialforschung orientiert.

Abschließend sei auf den relativ hohen Anteil an Internetverweisen hin­gewiesen. Dieser Umstand rührt vor allem daher, dass viele Publikationen über die Diskursanalyse im Internet veröffentlicht werden.[11] Außerdem ließen sich aktuellste Angaben über die derzeitige Entwicklung der Windenergie nur im World Wide Web finden.

2. Akzeptanzkriterien und Akzeptanzforschung

„Seit Beginn der 80er Jahre scheint die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland von einer seltsamen Krankheit befallen zu sein: dem Akzeptanzmangel. Alle Bereiche der Gesell­schaft leiden unter dieser Entzugserscheinung. Die Wissenschaft befindet sich in einer Akzeptanzkrise, [...], dem Rechtssystem wurde die Akzeptanz entzogen [...], ohne Akzeptanz kommt weder der technische Fortschritt noch die Industrie aus [...].“ (Bechmann 1988: 1).

Akzeptanz ist nach Lucke ein „Schlüsselbegriff der soziologischen Gegen­wartsanalyse“ (Lucke 1995: 14).[12] - Wann genau spricht man jedoch von Akzeptanz, wann ist eine Sache oder Person akzeptiert, welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Im Folgenden soll Akzeptanz – im Fremd­wörterlexikon nur vage bezeichnet als „[...] das Akzeptieren, das Bereitsein, etwas anzunehmen [...]“ (Wahrig-Burgfeind 2004: 40) – genauer beschrieben und dem Phänomen der Nicht-Akzeptanz gegen­übergestellt werden. Beide Phänomene werden außerdem im Hinblick auf deren Erforschung betrachtet.

2.1 Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz

In der Literatur herrscht Uneinigkeit über die Beschreibung des Akzeptanzphänomens, da sich dessen Bedeutungen in Abhängigkeit von einem bestimmten Kontext erheblich unterscheiden. Vor dem Hintergrund einer arbeitswissenschaftlichen Studie schlägt Anstadt beispielsweise eine Definition vor, die ihren Fokus auf die individuelle Akzeptanz richtet.[13] In ihrer betriebswirtschaftlichen Untersuchung der Akzeptanz von Neu­produkten im Handel bestimmt Pfeiffer Akzeptanz hingegen in Hinblick auf die Durchsetzung und Verbreitung (Adoption und Diffusion) eines Produkts und stellt dessen Annahme durch die Konsumenten in den Vordergrund (Pfeiffer 1981: 32).[14]

Nicht nur inter disziplinär, sondern auch intra disziplinär sind die Schwer­punkte hinsichtlich der Definition von Akzeptanz unterschiedlich gesetzt. So hat sich auch in der Soziologie je nach theoretischer und praktischer Ausrichtung eine Vielzahl von Definitionsansätzen etabliert. Lucke diskutiert in ihrem Beitrag zur soziologischen Akzeptanzforschung unterschiedliche Möglichkeiten einer Definition von Akzeptanz, die z.B. einen enkulturations- oder sozialpsychologischen Schwerpunkt haben. Sie schlägt schließlich eine Definition vor, die sich an Max Webers Herrschaftsbegriff orientiert. Akzeptanz definiert Lucke demnach als

„[...] die Chance, für bestimmte Meinungen, Maßnahmen, Vorschläge und Entscheidungen bei einer identifizierbaren Personengruppe ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung zu finden und unter angebbaren Bedingungen aussichtsreich auf deren Einverständnis rechnen zu können.“ (Lucke 1995: 104; Herv. i. Orig.).

Bei der Definition wird die Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Akzeptanz betont. Die Akzeptanz eines Objekts (Akzeptanzobjekt) durch eine Person (Akzeptanzsubjekt) kann also nicht mit Sicherheit erwartet kann. Subjekt und Objekt stehen in einem reziproken Verhältnis zueinander, Akzeptanz ist daher nicht nur objekt- sondern auch subjektorientiert. Außerdem ist sie relational an eine gegebene Situation (Akzeptanzkontext) gebunden.[15] Die Trias Akzeptanzsubjekt, -objekt und Akzeptanzkontext bildet ein Spannungsfeld, in dessen Relation sich die sozio­logische Frage nach Akzeptanz stellt (s. Grafik 2 auf der folgenden Seite).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grafik 2: Schaubild zur Akzeptanz nach Lucke (1995: 89).

Analog zur Frage nach der Akzeptanz wird die Frage nach der Nicht-Akzeptanz gestellt, die nach Lucke auf der wahrscheinlichen Möglichkeit der Ablehnung und des Widerspruchs beruht. Die Definitionen von Nicht-Akzeptanz und Akzeptanz können direkt ineinander überführt werden, indem die Begriffe „Zustimmung“ und „Einverständnis“ durch „Ablehnung“ und „Widerspruch“ ersetzt werden (Lucke 1995: 104f).[16] Obwohl dies auf den ersten Blick impliziert, dass es sich um ein Gegensatzpaar handelt, sind die beiden Phänomene nicht so weit voneinander entfernt, wie Lucke/ Hasse anmerken:

„Annahme und Ablehnung liegen nahe beieinander, oft durch nicht mehr als ein ‚Ja’ oder ‚Nein’, eine entgegennehmende oder zurücknehmende Geste getrennt.“ (Hasse/ Lucke 1997: 13).

Die Nähe von Annahme und Ablehnung bzw. Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz drückt sich auch in der Definition von Dethloff aus, bei der beide Phänomene gleichermaßen als das Ergebnis der Auseinander­setzung mit einem Akzeptanzobjekt verstanden werden (Dethloff 2004: 18).[17] Die Unterscheidungskriterien zwischen Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz sind nach Dethloff die positive oder negative Wertschätzung und Handlungsbereitschaft. Die jeweiligen Übergänge zwischen den beiden Polen sind dabei fließend. Das Spektrum auf der Einstellungs­ebene reicht von passiver Duldung über Indifferenz bis hin zur passiven Ablehnung, auf der Handlungsebene von aktiver Übernahme über von Ambivalenzen geprägte Handlungen bis hin zu aktivem Widerstand (s. untenstehende Grafik 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Grafik 3: Schaubild zum Verhältnis von Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz nach Dethloff (2004: 19).

Die jeweiligen Einstellungen und Handlungen der Menschen machen Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz schließlich erforschbar.[18] Wie Akzeptanz­forschung betrieben werden kann, soll im folgenden Abschnitt erläutert werden.

2.2 Wissenschaftliche Akzeptanzforschung

Akzeptanzforschung wird längst nicht nur wissenschaftlich betrieben: außeruniversitäre Markt- und Meinungsforschungsinstitute ermittelten anhand von Umfrageergebnissen z.B. die Akzeptanz von neuen Verkaufs­artikeln, politischen Entscheidungen oder Freizeitangeboten. Im Hinter­grund stehen dabei häufig kommerzielle Interessen (Lucke 1995: 236). Auf wissenschaftlicher Ebene gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Forschungsansätze. Die in Kapitel 2.1 erwähnte arbeitswissenschaftliche Studie von Dethloff fragt danach, wie ein Angestellter mit einer neu eingeführten Technologie zurechtkommt, die betriebswirtschaftliche Untersuchung von Niebaum fokussiert das Akzeptanzobjekt: Welche Eigenschaften machen ein Produkt zu einem Verkaufsschlager?[19]

Ein soziologisches Forschungsgebiet, welches sich explizit mit dem Phänomen der Akzeptanz beschäftigt, hat sich aber nach wie vor noch nicht etabliert.

„Bei der Akzeptanzforschung handelt es sich mehr um ein soziologisches Forschungsdesiderat und um ein erst noch zu einzulösendes Arbeitsprogramm denn um ein etabliertes Fach­gebiet mit dem theoretisch und empirisch hinreichend gesicherten Wissen einer auch außerhalb der Disziplin anerkannten Speziellen Soziologie.“ (Lucke 1995: 235; Herv. i. Orig.).

Bei einer Analyse der Defizite soziologischer Akzeptanzforschung stellt Lucke fest, dass das Thema Akzeptanz zwar Forschungsgegenstand unterschiedlicher Untersuchungen war, jedoch nicht als solches benannt wurde. So könne man nicht von einer bereits existierenden Forschungs­landschaft sprechen, die sich dem Akzeptanzbegriff widme (Lucke 1995: 236). Dennoch findet man bei vielen Klassikern der Soziologie Ansätze, die indirekt auf die Beschäftigung mit der Materie hinweisen und gleichzeitig mögliche theoretische Anknüpfungspunkte bieten. In der Herrschaftstheorie bei Max Weber oder in der Gesellschaftslehre Durkheims ist durchaus eine Erörterung von Fragen nach Annahme und Ablehnung festzustellen (Lucke 1995: 250-254). Auch gibt es einzelne Untersuchungen, die sich mit dem Phänomen der Akzeptanz beschäftigen, ohne sich jedoch grundlegend damit auseinanderzusetzen. Hinzu kommt, dass der Forschungsbereich noch nicht hinreichend gegenüber anderen abgegrenzt wurde.[20]

Insgesamt sind noch große Forschungslücken festzustellen und Me­thodenprobleme zu beheben. Der Bedarf einer näheren Beschäftigung mit dem Akzeptanzphänomen ist dabei hinlänglich vorhanden. Perspek­tiven zukünftiger Akzeptanzforschung könnten nach Lucke zum Beispiel sein: Akzeptanzforschung als Gegenstand der Sprach-/ und Alltagssoziologie, als Inhaltsanalyse, als Toposforschung oder als Teil einer umfassenderen Gesellschaftsanalyse (Lucke 1995: 341-351).[21]

Akzeptanzforschung als Gegenstand einer Diskursanalyse wird von Lucke nicht explizit erwähnt und soll daher in dieser Arbeit als eine weitere Möglichkeit vorgestellt werden. Da es sich bei der Akzeptanz gegenüber der Windkraft um die Akzeptanz einer technischen Neuerung handelt, wird nun (der in der Soziologie bisher produktivste) Forschungsbereich der Technikakzeptanz vorgestellt, um die anschließende Analyse vor den Hintergrund bereits erbrachter Forschungsergebnisse zu stellen.

2.3 Technikakzeptanz und Technikfeindlichkeit

„’Die’ Akzeptanz von ‚der’ Technik gibt es letztendlich nicht, sondern jede Person weist diesbezüglich Ambivalenzen auf, die je nach Technologie, Ebene, Bereich, Anwendungsfeld und kon­kretem Gegenstand differieren können.“ (Jaufmann 1999: 208).

Zunächst als weitgehend unpolitisches Thema in Expertenkreisen behandelt, wurde die Bewertung von Technik im Laufe der letzten Jahr­zehnte zu einem zentralen politischen Thema. In allen Parteien und einer Vielzahl von Interessensgruppen wurde der richtige Einsatz von tech­nischen Errungenschaften kontrovers diskutiert. Mit dem Aufkommen des technologischen Fortschritts ging eine regelrechte Technikeuphorie einher, zum Beispiel anlässlich der Mondlandung der Amerikaner. Die Erfindung der Atombombe und deren Abwurf über Hiroshima und Nagasaki schürten hingegen Ängste vor Gefahren und Risiken der durch den Menschen verursachten Eingriffe in die Natur (Kepplinger/ Mathes 1988: 123). Die Bedeutung globaler Risiken in der heutigen Welt ist vor allem von Ulrich Beck in seiner Monographie „Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne“ (1986) beschrieben worden. Darin weist er auf die seit dem Atomzeitalter bestehenden neuen Ängste und Gefahren hin, welche die Entstehung neuer Unsicherheiten mit sich gezogen haben. Die Zerstörung der Natur hat nach Beck einen großen Stellenwert bei der Globalisierung der Risiken, wie er in einem später erschienen Zeit­schriftenartikel ausführt.

„Die gegenwärtigen zivilisatorischen Gefahren der Naturzerstörung lassen sich nicht mehr räumlich, zeitlich oder sozial eingrenzen. [...] Risikogesellschaft meint - zu Ende gedacht – Weltrisikogesell­schaft.“ (Beck 1996: 119).

Die weltweit zunehmende Thematisierung und Politisierung von Technik ging einher mit deren negativer Bewertung (Kepplinger/ Mathes 1988: 124). Nach Renn/ Zwick sei die Zunahme der Technikfeindlichkeit in der Bevölkerung jedoch durch Ambivalenzen geprägt und nicht generell feststellbar.[22] Die ambivalente Haltung sei neben den ungleichen sozialen Auswirkungen[23] technischer Innovationen auch auf die individuelle Einschätzung der potenziellen Gefahr von Umweltbelastungen zurück­zuführen.[24]

Risikowahrnehmung und Technikakzeptanz sind dabei nicht als voneinander unabhängige Aspekte zu betrachten. Sie sind beide das Ergebnis der Beurteilung der persönlichen Auswirkungen und der Risiken für Umwelt und Gesundheit auf Natur und Mensch im Allgemeinen. Bei der Bewertung spielt der Aspekt der Betroffenheit eine besondere Rolle, da er direkte Auswirkungen auf das Akzeptanzverhalten hat. Je höher die Betroffenheit von negativen Folgen der Technik, desto höher die Nicht-Akzeptanz und umgekehrt.

„Subjektiv empfundene Bedrohtheit und daraufhin entwickeltes Risikobewußtsein wachsen zusätzlich mit der sozialen Sichtbarkeit von Gefahren. Sie steigen nachweislich mit ihrer sinnlichen Wahr­nehmbarkeit.“ (Lucke 1995: 363).

Auch die Ermöglichung der Einflussnahme des beteiligten bzw. betroffenen Personenkreises beeinflusst das Akzeptanzverhalten. Das bedeutet, dass die Akzeptanz von Risiken in der Regel eher gegeben ist, wenn diese freiwillig eingegangen werden und selbst kontrolliert werden können (z.B. beim Autofahren), als wenn sie hingenommen werden müssen (z.B. Atomkraftwerke) (Barben/ Dierkes 1990: 425).[25]

Mit steigender Nicht-Akzeptanz vergrößert sich mit hoher Wahr­scheinlichkeit auch die aktive Handlungsbereitschaft. Nutzung und Einsatz von Technik werden zum Thema öffentlicher Debatten und Proteste. Die Erforschung der Technikakzeptanz stellt somit nicht nur ein zentrales Feld innerhalb der soziologischen Akzeptanzforschung dar, sondern ist auch in der Politik von großer Bedeutung, vor allem in Hinblick auf die Einfluss­nahme der betroffenen Bürger. Die vorliegende Arbeit ist daher als interdisziplinär zu verstehen, da sie soziologische und politische Fragen berührt.[26]

2.4 Abschließende Bemerkungen

Bei der (Nicht-) Akzeptanz von Technik geht es nicht nur um die (Nicht-) Abnahme von Entscheidungen, sondern auch um unterschiedliche Wert­vorstellungen und Lebensentwürfe. Befürworter und Gegner von technischen Neuerungen lassen sich nicht nach klassischen gesell­schaftlichen Konfliktlinien aufspalten (z.B. Arbeitnehmer und Arbeitgeber), sondern bilden neue Konfliktlager aus (z.B. Atomkraftgegner und Befürworter) (Bechmann 1988: 16). Um Akzeptanz bzw. Nicht-Akzeptanz zu erreichen, bedienen sich die neuen Konfliktlager immer wieder auch neuer Strategien, die Akzeptanzobjekt und -kontext angepasst sind. Der theoretische Hintergrund für die qualitative Untersuchung der Akzeptanz­strategien wird im folgenden Kapitel vorgestellt.

3. Diskursanalyse in Anlehnung an Foucault

„Der Diskursbegriff ist für die Soziologie interessant geworden, weil und sofern er [...] in Aussicht stellt, einen sinnhaften aber von subjektiven Perspektiven hinreichend unabhängigen Gegenstands­bereich zu umgrenzen.“ (Renn 2005: 101).

Die Soziologie hat in den vergangenen Jahren ein wachsendes Interesse an der Thematik gesellschaftlicher Diskurse entwickelt. Im Lexikon zur Soziologie wird Diskurs allgemein definiert als „[...] das sukzessive, logische Fortschreiten von einem bestimmten Argument zu einem anderen durch begriffliches (‚diskursives’) Denken (im Gegensatz zum intuitiven Denken).“ (Fuchs/ Klima/ u.a. /Hrsg.) 19882: 163).

Als theoretische Grundlage werden häufig die Kommunikationstheorien von Habermas und Luhmann bemüht,[27] Diskursanalysen zur Umwelt­bewegung und dem ökologischen Diskurs beziehen sich jedoch meist auf Foucault (Huber 2001: 274). Foucault hat den Begriff des Diskurses, der sich durch seine Publikationen zieht, entscheidend geprägt. Trotzdem findet sich an keiner Stelle seines Werkes eine explizite Definition des Diskursbegriffes. Eine sehr griffige und gelungene Definition in Anlehnung an Foucault liefert die Kommunikationswissenschaftlerin Claudia Fraas. Ein Diskurs wird demnach bestimmt als

„[...] ein Netzwerk von Texten und Textsequenzen, in dem auf gesellschaftlicher Ebene über einen längeren Zeitraum hinweg über ein Thema verhandelt wird. Die Bindung der Texte und Text­sequenzen ist durch ein gemeinsames Thema gegeben und realisiert sich über formale und semantische Bezüge.“ (Fraas 2005: 5) *.

Texte werden nicht als unabhängig angesehen, sondern als Elemente eines übergeordneten gesellschaftlichen und historischen Zusammen­hangs (Fraas 2005: 2)*.[28] Eine Aussage ist nach Foucault daher nicht zufällig entstanden, sondern stellt ein komplexes Zusammenspiel von Be­ziehungen und Regeln dar, die zu dem Zeitpunkt des Diskurses in einer Gesellschaft gelten.[29]

3.1 Die Beschreibung eines Diskurses

Ein Diskurs steht nach Foucault zwar in primären Beziehungen zu seiner Umwelt, dennoch stellt er eine durch diskursive Beziehungen verbundene Einheit dar. Die Basis für deren Beschreibung bilden zwei Diskursebenen: die Ebene der Aussagen und die Ebene der Formationsregeln. Beide Ebenen zusammen bilden eine diskursive Einheit, die sich von anderen diskursiven Einheiten oder nicht-diskursiven Beziehungen abgrenzt (s. Grafik 4 auf der folgenden Seite). Die Ebene der Aussagen ist die sichtbare Ebene, die „wahrgenommene, sprachlich verfaßte Realität“. (Diaz-Bone 2002: 89). Eine einzelne Aussage beschreibt Foucault als kleinstes Teilchen, als „Atom“.

„Beim ersten Blick erscheint die Aussage als ein letztes, unzerlegbares Element, das in sich selbst isoliert werden kann und in ein Spiel von Beziehungen mit anderen ihm ähnlichen Elementen eintreten kann. Ein Punkt ohne Oberfläche, der aber in Ver­teilungsplänen und spezifischen Formen von Gruppierungen ausgemacht werden kann. Ein Korn, das an der Oberfläche eines Gewebes auftaucht, dessen konstitutives Element es ist. Ein Atom des Diskurses.“ (Foucault 1973: 116f).

Eine Gruppe von Aussagen kann durch Form und Typ ihrer Verkettung bestimmt werden. Die Art der Verkettung kann zum Beispiel der verwandte Stil sein, den eine wissenschaftliche Disziplin zu einem Zeitpunkt anwendet (Foucault 1973: 54).[30] Eine weitere Möglichkeit der Gruppierung der Aussagen ist die „Identität und Hartnäckigkeit“ der auftretenden Themen. In dem Diskurs der Biologie wäre dies z.B. die Thematik der Evolutionstheorie (Foucault 1973: 54). Eine Gruppe von Aussagen, die sich in einem bestimmten Diskursfeld befinden, gilt es nach Foucault zu beschreiben, um anschließend auf die Ebene der Formationsregeln schließen zu können.

[...]


[1] Zu Ausmaß und Art der Energienutzung in der Menschheitsgeschichte siehe ACKERMANN/ KRÄMER/ u.a. (2001), die bei einem interdisziplinären Projekt über die Akzeptanz der Windenergienutzung mitgearbeitet haben. In dem von Ralf ZOLL initiierten Projekt wurden sowohl politische als auch geographische und physikalische Aspekte der Windkraftnutzung im Marburger Raum untersucht. ACKERMANN/ KRÄMER/ u.a. haben sich dabei mit dem historisch-politischen Teil beschäftigt und die verschiedenen Dimensionen des Konflikts um die Energieversorgung herausgearbeitet.

[2] Die Klimaerwärmung ist auf die vom Menschen verursachten Treibhausgase zurückzuführen. Bekanntestes Treibhausgas ist Kohlendioxid (CO2), dessen Konzentration seit Beginn der Industrialisierung ca. 30% über den Höchstwert der vorausgegangenen 250.000 Jahre angestiegen ist. Potentielle Folgen sind z.B. die Zunahme von Naturkatastrophen, der Verlust der Biodiversität und der Anstieg des Meeresspiegels (ACKERMANN/ KRÄMER/ u.a. 2001: 25).

[3] Das Stromeinspeisegesetz von 1991 wurde am 1.4.2000 novelliert und trägt seitdem den Namen „Gesetz zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien“ - kurz EEG. Erklärtes Ziel des EEG ist die Verdoppelung des Anteils an erneuerbaren Energien am gesamten Energieverbrauch bis 2010. In der am 21.07.2004 nochmals überarbeiteten Fassung des Gesetztes heißt es: „Zweck des Gesetzes ist es, insbesondere im Interesse des Klima-, Natur- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen, die volkswirtschaftlichen Kosten der Energieversorgung auch durch die Einbeziehung langfristiger externer Effekte zu verringern, Natur und Umwelt zu schützen, einen Beitrag zur Vermeidung von Konflikten um fossile Energieressourcen zu leisten und die Weiterentwicklung von Technologien zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren Energien zu fördern.“ (BMU 2004: Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien, § 1)*. (Alle Internetverweise sind mit * gekennzeichnet. Sie sind im Literaturverzeichnis separat aufgeführt und auf der beiliegenden CD-ROM einsehbar.).

[4] Das neue Umweltbewusstsein zeichnete sich beispielsweise in dem Aufkommen der Anti-Atombewegung und der Entstehung und Etablierung der Partei Bündnis 90/ Die Grünen ab. Aktuelle Zahlen zur Akzeptanz der erneuerbaren Energien in der Bevölkerung liefert eine ARD-Umfrage. Demnach meinen 81% der Deutschen, man solle erneuerbare Energien stärker nutzen. (TAGESSCHAU 01/2006)*.

[5] Die Anzahl der WEA ist stetig angestiegen. 1990 gab es gerade einmal 405 WEA, 1996 hatte sich die Anzahl schon mehr als verzehnfacht (4.326 WEA). Pro Jahr kommen ca. 1.000 bis 1.500 WEA hinzu (DEWI 2004)*.

[6] Gelöst werden soll die Standortfrage in Zukunft mit der Verlagerung der WEA in den küstennahen Meeresbereich, den sogenannten Offshore-Bereich. Die Beeinträchtigung der Meeresfauna durch die WEA muss hier jedoch noch genauer erforscht werden (HEIER 2000: 22).

[7] „Die Windenergie-Technologie wird gerade deshalb in gewisser Weise als die Verwirklichung einer Utopie gesehen und in rauschender Polit-Euphorie gefeiert und gefördert. [...] Zugleich stößt sie aber auf zunehmende Verweigerung derer, die die bis zu 100m in den Himmel ragenden Giganten ökologischer Gesinnung fortan in ihrer Lebenswelt als vertikales Mobiliar der Kulturlandschaft hinnehmen müssen.“ (HASSE 1999: 14).

[8] Sowohl öffentliche als auch private Homepages haben immer mehr an Bedeutung gewonnen. MISOCH bezeichnet die Bedeutung privater Homepages für viele Menschen als „Bühnen der Selbstdarstellung“. „Private Homepages erfreuen sich zunehmender Beliebtheit und man muss aktuell von mindestens 1 Million privater Web-Seiten allein in Deutschland ausgehen – mit steigender Tendenz.“ (MISOCH 2004: 11).

[9] Der Diskursbegriff FOUCAULTs wird am deutlichsten in der Monographie „Archäologie des Wissens“, die 1969 in französischer Fassung und 1973 in deutscher Fassung im Suhrkamp-Verlag erschienen ist. Ergänzend dazu wird in dieser Arbeit FOUCAULTs Inauguralvorlesung am Collège de France vom 2. Dezember 1970 hinzugezogen, die 1974 in deutscher Fassung im Carl Hanser Verlag erschien.

[10] Die Forschungsschwerpunkte von KELLER sind Wissenssoziologie und qualitative Sozial­forschung, jene von HAJER Politologie und Umweltsoziologie.

[11] Genannt sei z.B. das Forum für Qualitative Sozialforschung, eine seit 1999 bestehende, mehrsprachige Online-Zeitschrift für qualitative Sozialforschung.

[12] Ihren Ausgang hatte die soziologische Akzeptanzdebatte in den Legitimitätsdebatten der späten 60er und mittleren 70er Jahren, sowie in den soziologischen Risiko­diskussionen (LUCKE 1995: 10; LUCKE/ HASSE 1998: 13).

[13] ANSTADT definiert Akzeptanz in diesem Zusammenhang wie folgt: „Akzeptanz drückt die positive Einstellung eines Anwenders gegenüber einer Technologie aus und äußert sich in dessen Bereitschaft, in konkreten Anwendungssituationen diese aufgaben­bezogen einzusetzen und zu nutzen.“ (ANSTADT 1994: 70).

[14] PFEIFFER analysiert zu diesem Zweck die Einflüsse des Herstellermarketing und des Produktdesigns auf das Kaufverhalten der Konsumenten (PFEIFFER 1981).

[15] Der Akzeptanzkontext wird durch Faktoren wie die gegebene Situation, das Milieu und durch subkulturelle Bezüge beeinflusst (LUCKE 1995: 104).

[16] Nicht-Akzeptanz definiert LUCKE demnach als „[...] die Wahrscheinlichkeit, mit Meinungen, Maßnahmen etc. bei einer identifizierbaren Personengruppe auf ausdrückliche oder stillschweigende Ablehnung zu stoßen und unter angebbaren Bedingungen mit Widerspruch und Widerstand signalisierenden Handlungen und dementsprechenden Meinungsäußerungen rechnen zu müssen.“ (LUCKE 1995: 105, Herv. i. Orig.).

[17] DETHLOFF beruft sich in seiner Monographie „Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz von technischen Produktinnovationen“ (2004) auf LUCKE und übernimmt die Annahmen von LUCKE zur Charakterisierung des Phänomens der Akzeptanz (DETHLOFF 2004: 21f).

[18] LUCKE beschreibt z.B. alltägliche symbolische Handlungen, die Akzeptanz oder Nicht-Akzeptanz ausdrücken - wie „Buh“-Rufe und „Bravos“. Dabei geht sie der Frage nach der Vorstufe einer wissenschaftlich fundierten Typologie hinsichtlich der Darstellung alltags­soziologischer Betrachtungen nach (LUCKE 1995: 203).

[19] Zur entsprechenden Literatur aus ökonomischer Sicht sei auf folgende Monographie hingewiesen: „Akzeptanzprobleme der Gentechnik“ (NIEBAUM 1999); aus psycho­logischer Sicht auf „Determinanten der individuellen Akzeptanz bei Einführung neuer Technologien“ (ANSTADT 1994) und aus arbeitswissenschaftlicher Sicht auf „Akzeptanz und Nicht-Akzeptanz von technischen Produktinnovationen“ (DETHLOFF 2004).

[20] Akzeptanzforschung wurde teils nicht als relevant und separat „erforschungswürdig“ anerkannt, teils nicht als solche deklariert. „Akzeptanz als subjekt- und objektvermitteltes sowie kontextabhängiges Bindeglied zwischen Strukturen, Sozialordnungen, Wert- und Normsystemen auf der einen und akzeptierenden Subjekten auf der anderen Seite blieb als spezifisch soziologisches Phänomen dagegen selbst in der Rollentheorie und in den verschiedenen Sozialisationstheorien [...] weithin unbeachtet.“ (LUCKE 1995: 237).

[21] Auch Akzeptanzprobleme ließen sich als „soziologische Indizien“ auswerten, zum Beispiel in Hinblick auf aktuelle Krisen und wahrgenommene Risiken (LUCKE 1995: 339).

[22] „Es gibt keine generelle Technikfeindlichkeit in Deutschland, wie vielfach in der Presse behauptet und oftmals von Seiten der Industrie beklagt wird.“ (RENN/ ZWICK 1997: 1).

[23] Technische Rationalisierung wird beispielsweise als Gefährdung von Arbeitsplätzen angesehen (RENN/ ZWICK 1997: 2).

[24] Dies belegen die Ergebnisse von Meinungsforschungsinstituten, die zeigen, dass neue Techniken sich immer auch der Forderung nach ökologischer Nachhaltigkeit stellen müssen. Dabei variieren Technikeinstellungen weniger international, sondern besonders innerhalb eines Landes, d.h. dass ein deutscher, französischer oder amerikanischer Ingenieur eine ähnliche Einstellung zur Technik haben, die sich wiederum von der eines deutschen, französischen und amerikanischen Umweltschützers unterscheidet (RENN/ ZWICK 1997: 2).

[25] Die Aspekte Betroffenheit und Freiwilligkeit sind zwei Faktoren eines umfassenden Katalogs von qualitativen Risikomerkmalen, auf die später eingegangen wird (Vgl. Kap. 5.4.1, S. 50).

[26] Am Rande spielen auch ökonomische Fragen eine Rolle und hinsichtlich der Diskursanalyse ist zusätzlich der Bereich der Soziolinguistik relevant.

[27] HABERMAS vermittelte das Leitbild eines herrschaftsfreien Dialogs, bei LUHMANN ist die Notwendigkeit der Komplexitätsreduktion zentraler Aspekt.

[28] Die FOUCAULTschen Arbeiten sind vor allem historische Analysen. FOUCAULT beschäftigte sich z.B. mit der Geschichte des Wahnsinns, des „ärztlichen Blicks“, der Sexualität oder der Ethiken der Selbstdisziplinierung. Er fragt danach, welche Grund­muster des Wissens in spezifischen historischen Epochen gültig waren. Heute werden beispielsweise in der Medizin Methoden verwendet, welche der Medizin des 19. Jh. völlig fremd waren und dementsprechend unterscheidet sich der gegenwärtige medizinische Diskurs von jenem des 19. Jahrhunderts. (FOUCAULT 1974: 24).

[29] „Ich setze voraus, daß in jeder Gesellschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird – und zwar durch gewisse Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und die Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen.“ (FOUCAULT 1974: 11).

[30] FOUCAULT untersuchte beispielsweise die Entwicklung des medizinischen Diskurses: „Es schien mir zum Beispiel, als sei die medizinische Wissenschaft seit dem 19. Jahr­hundert weniger durch ihre Gegenstände oder ihre Begriffe als durch ihren Stil, einen bestimmten Charakter der Äußerung charakterisiert.“ (FOUCAULT 1973: 51).

Ende der Leseprobe aus 79 Seiten

Details

Titel
Wind-Kraft der Zukunft? Akzeptanzforschung als Diskursanalyse am Beispiel einer regenerativen Energie
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Institut für Soziologie und Politische Wissenschaft)
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
79
Katalognummer
V66871
ISBN (eBook)
9783638587242
ISBN (Buch)
9783656788928
Dateigröße
2032 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wind-Kraft, Zukunft, Akzeptanzforschung, Diskursanalyse, Beispiel, Energie
Arbeit zitieren
Julia Schömann (Autor:in), 2006, Wind-Kraft der Zukunft? Akzeptanzforschung als Diskursanalyse am Beispiel einer regenerativen Energie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/66871

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