Die Freirechtsbewegung entstand in der Zeit des Pandektenrechts, in der Rechtspositivismus und Begriffsjurisprudenz herrschten. Diese Bewegung zu beschreiben ist schwierig und eine eindeutige Eingrenzung ist bis heute nicht gelungen. Deshalb erscheint das Schrifttum der Bewegung als sehr umfangreich und über die eigentlichen Quellen herrscht Unklarheit.
Das ist wohl auch der Grund für die stark auseinandergehenden Meinungen über Bezeichnung, Grundrichtung, Ziele und Methode des ,,Freirechts".1 Diese Vermengung verschiedenster Anliegen (psychologische, soziologische, positiv-rechtliche, politische) erschwert weiter das Erfassen der Lehre.2 Um dennoch den freirechtlichen Ideenkomplex darlegen zu können, versuchte Kanigs durch die Einteilung in fünf Gruppen3 einen Annäherungswert zu schaffen, obwohl ihm bewusst war, dass die Lehrmeinung vieler Autoren durchaus nicht nur einer Gruppe zuzuordnen ist.4 Larenz will nur Subjektivismus und Voluntarismus als Wesenszüge freirechtlicher Gesinnung gelten lassen, wobei jedoch neben diesem wichtigen Kriterium andere wesentliche Züge vernachlässigt werden.5 Andere wiederum unterscheiden nur nach allgemein und extrem freirechtlichen Ansichten.6 Allen gemein ist ihr Kampf gegen die Begriffsjurisprudenz und den Rechtspositivismus mit seiner Lehre von der Lückenlosigkeit des Gesetzes, sowie ihr Ringen um die Erkenntnis des Verhältnisses von Richter und Gesetz, Gesetz und Recht im Lichte der Gerechtigkeit.
Ich will mit diesem Aufsatz versuchen, einen differenzierenden Überblick über die Fassetten des Freirechts zu geben ohne eine Wertung was ,,gut" oder ,,schlecht" war vorzunehmen.
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Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Geschichtliches
- I. Die Vorläufer (bis 1850 Geborene)
- 1. Naturrechtlich orientierte Kritiker
- 2. Soziologische Richtung
- 3. Weitere Vertreter
- II. Die Bewegung
- 1. „Erste Generation“ (die um 1860 Geborenen)
- a) Ehrlich „Freie Rechtsfindung und freie Rechtswissenschaft“
- b) Wurzel „Das juristische Denken“
- c) Stampe „Rechtsfindung“ und „Gesetz und Richtermacht“
- 2. „Zweite (letzte) Generation“
- a) Gnaeus Flavius (Kantorowicz) „Der Kampf um die Rechtswissenschaft“
- III. Das Ende
- C. Ihre „Erben“ (eine Abgrenzung)
- I. Interessenabwägung
- II. Naturwissenschaftliche Jurisprudenz
- III. Gefühlsjurisprudenz
- IV. Soziologische Jurisprudenz
- D. Die Streitpunkte
- I. Contra legem
- II. Die Lücke
- III. Gesetz und Recht
- IV. Weitere Ansätze
- 1. „social engineering“
- 2. „Natur der Sache“, „das richtige Recht“
- E. Wichtige Vertreter
- I. Eugen Ehrlich (Der Vater)
- II. Hermann Ulrich Kantorowicz (Der Theoretiker)
- III. Ernst Fuchs (Der Praktiker)
- F. „Freirechtelei“ des Nationalsozialismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieses Referat befasst sich mit der Freirechtsbewegung, einer Strömung in der Rechtswissenschaft, die sich gegen den Positivismus wandte und stattdessen eine freie Rechtsfindung forderte. Die Arbeit analysiert die historischen Wurzeln, die wichtigsten Vertreter und die zentralen Streitpunkte der Bewegung.
- Historische Entwicklung der Freirechtsbewegung
- Methodenstreit über die Rechtsanwendung
- Bedeutung der Soziologie für die Rechtswissenschaft
- Kritik am Positivismus und der Gesetzgebung
- Bedeutung des Rechts für die Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Das Referat beginnt mit einer Einleitung, die den Kontext der Freirechtsbewegung skizziert. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der historischen Entwicklung der Bewegung, beginnend mit den Vorläufern und der Entstehung der Bewegung selbst. Im Mittelpunkt stehen dabei die wichtigsten Vertreter der „ersten“ und „zweiten“ Generation der Freirechtsbewegung. Der dritte Teil beleuchtet die „Erben“ der Freirechtsbewegung und grenzt diese von der ursprünglichen Bewegung ab. Im vierten Teil werden die zentralen Streitpunkte der Freirechtsbewegung behandelt, darunter die Frage des „contra legem“ und die Beziehung zwischen Gesetz und Recht. Abschließend werden wichtige Vertreter der Freirechtsbewegung vorgestellt.
Schlüsselwörter
Freirechtsbewegung, Rechtsfindung, Soziologie, Rechtspositivismus, Naturrecht, Gesetz, Recht, Methode, Jurisprudenz, Rechtswissenschaft, Eugen Ehrlich, Hermann Kantorowicz, Ernst Fuchs.
- Arbeit zitieren
- Oliver Guido Scherb (Autor:in), 2002, Die Freirechtsbewegung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6697