Kommunale Wirtschaftsförderung am Beispiel der Stadt Brandenburg an der Havel


Diplomarbeit, 2002

125 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs- / Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen
2.1 Definition der kommunalen Wirtschaftsförderung
2.2 Ziele der kommunalen Wirtschaftsförderung
2.3 Standortfaktoren
2.3.1 Harte Standortfaktoren
2.3.2 Weiche Standortfaktoren

3. Aufgabenfelder
3.1 Traditionelle Aufgabenfelder
3.1.1 Akquisition mobiler Betriebe
3.1.2 Aktivierung des endogenen Potentials
3.2 Neue Anforderungen

4. Instrumente kommunaler Wirtschaftsförderung
4.1 Gewerbeflächenpolitik
4.2 Infrastrukturpolitik
4.3 Initiierung und Förderung von Standortgemeinschaften
4.4 Finanzhilfen und Tarifpolitik
4.5 Werbung und Standortmarketing
4.6 Beratung und Dienstleistungen

5. Regionalisierte Wirtschaftsförderung
5.1 Intrakommunale Zusammenarbeit
5.2 Interkommunale Zusammenarbeit
5.3 Public-Private-Partnership

6. Bestandsanalyse der Unternehmen in Brandenburg/Havel
6.1 Betriebsstättenstruktur
6.2 Entwicklung der Gewerbean- und -abmeldungen
6.3 Entwicklung des Verarbeitenden Gewerbes
6.4 Entwicklung des Baugewerbes
6.5 Entwicklung des Handels
6.6 Entwicklung des Tourismus

7. Analyse der Standortfaktoren in Brandenburg/Havel
7.1 Harte Standortfaktoren
7.1.1 Verkehrsanbindung
7.1.2 Arbeitsmarkt
7.1.3 Kommunales Flächenangebot
7.1.4 Förderangebote
7.1.5. Ansässige Hochschulen
7.1.6 Lokale Abgaben
7.1.7 Mietkosten
7.1.8 Energiekosten
7.1.9 Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeiten...51
7.1.10 Umweltschutzauflagen
7.2 Weiche Standortfaktoren
7.2.1 Lokales und regionales Wirtschaftsklima, Image der Region, der Stadt und des Betriebsstandortes
7.2.2 Karrieremöglichkeiten für Arbeitnehmer
7.2.3 Innovatives Milieu der Region
7.2.4 Wohnqualität und Wohnumfeld, Umweltqualität
7.2.5 Angebot an Schulen und Ausbildungsstätten
7.2.6 Freizeitwert, Angebot an Hoch- und Kleinkultur

8. Analyse der Qualität der Wirtschaftsförderung in der Stadt Brandenburg an der Havel
8.1 Entwicklung des endogenen Potentials
8.2 Akquisition mobiler Betriebe

9. Entwurf einer optimalen Wirtschaftsförderungs-Struktur

10. Fazit und Ausblick

Anhang
1. Expertengespräche
1.1 Expertengespräch mit Wilfried Meier
1.2 Expertengespräch mit Heinz Morio
1.3 Expertengespräch mit Mathias Mischker
1.4 Expertengespräch mit Barbara Mangelsdorf
2. Leitbild Wirtschaft
3. Umfrage der Wirtschaftsjunioren
4. Literaturverzeichnis

Danksagung

„Mit jeder Sprosse, die man erklimmt, schwankt die Leiter mehr.“

Hellmut Walters

Für die Unterstützung durch meine Betreuer, Herrn Prof. Dr. Michael Stobernack und Herrn Dipl.-Ing. Holger Scheibig möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Sie haben mir geholfen, so manche Hürde entlang des Weges zu meistern und mir viele wertvolle Hinweise gegeben.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1 Kontinuum der harten u. weichen Standortfaktoren..14

Abbildung 2 Geographische Verteilung der TGZ in Deutschland...27

Abbildung 3 Spektrum möglicher Public-Private-Partnership-

Modelle

Abbildung 4 Anzahl der Betriebsstätten

Abbildung 5 Entwicklung der Gewerbean- und -abmeldungen

Abbildung 6 Entwicklung im Beherbergungswesen

Abbildung 7 Entwicklung der Arbeitslosenquote

Tabelle 1 Übersicht über die Industrie- und Gewerbegebiete der Stadt

1. Einleitung

In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, aus welchen Elementen kommunale Wirtschaftsförderung besteht, welche Aufgaben Wirtschaftsförderer haben und welche Instrumente ihnen zur Lösung dieser Aufgaben zur Verfügung stehen. Im zweiten Teil wird die Qualität der Wirtschaftsförderung in der Stadt Brandenburg an der Havel untersucht. Wie ist die kommunale Wirtschaft strukturiert? Wie sind die Standortfaktoren ausgeprägt? Wie effektiv ist die Arbeit des städtischen Amtes für Wirtschaftsförderung? Daran schließt sich der Entwurf einer optimalen Struktur der Wirtschaftsförderung an.

Diese Arbeit könnte daher für Lokalpolitiker und Verwaltungsangestellte nützlich sein, die neue Anregungen suchen oder ihr Wirken auf eine wissenschaftlich fundierte Grundlage stellen wollen, ohne selbst die umfangreiche Fachliteratur zu lesen.

Jede Stadt oder Gemeinde braucht vor Ort ansässige Unternehmen. Sie zahlen Steuern, schaffen Arbeitsplätze und sichern so das örtliche Wohlstandsniveau. Die Zahl der Betriebe, die einen Standort suchen, ist deutlich geringer als die Zahl der Kommunen, die sich um Neuansied lungen bemühen. Die einzelnen Städte und Gemeinden stehen also im Wettbewerb um diese Betriebe. Die sogenannten mobilen Betriebe sind in der komfortablen Lage, Bedingungen stellen und sich den für sie besten Standort aussuchen zu können. Die kommunale Wirtschaftsförderung versucht, bestehenden, entstehenden und ansiedlungsinteressierten Un ternehmen zu einer erfolgreichen Entwicklung zu verhelfen. So können ausreichend Arbeitsplätze geschaffen und das regionale Wohlstandsni veau gehalten bzw. verbessert werden (siehe Kapitel 1). Die wichtigste Größe in diesem Zusammenhang sind die Standortfaktoren. Unter ihnen versteht man die Summe der an einem Ort anzutreffenden Gegebenhei- ten und Gestaltungskräfte mit positiver bzw. negativer Wirkung auf die unternehmerische Tätigkeit (siehe Kapitel 2). Da Unternehmen sich im allgemeinen für den Standort entscheiden, an dem ihre Anforderungen am besten erfüllt werden, sollten die Standortfaktoren soweit wie mög lich optimiert werden. Für die kommunalen Wirtschaftsförderer beste hen traditionell zwei zentrale Aufgaben (siehe Kapitel 3). Dies ist zum einen die Akquisition mobiler Betriebe und zum anderen die Aktivie rung des endogenen Potentials. Aufgrund der zunehmenden Globalisie rung und europäischen Integration gewinnen Kooperationen zunehmend an Bedeutung. Die beteiligten Kommunen wollen auf diesem Wege ihre Kompetenzen bündeln und ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern.

Die Instrumente, die den kommunalen Wirtschaftsförderern zur Verfü gung stehen, werden im Kapitel 4 aufgeführt. Dies sind im einzelnen die Gewerbeflächen- und Infrastrukturpolitik, die Initiierung von Standort gemeinschaften sowie Finanzhilfen und Tarifpolitik, Werbung und Standortmarketing sowie Beratungs- und Dienstleistungen. Im Kapitel 5 werden drei mögliche Formen der Kooperation beschrieben. Dies sind die intrakommunale und die interkommunale Zusammenarbeit sowie das Public-Private-Partnership.

Der zweite Teil der Arbeit, ab Kapitel 6, widmet sich der wirtschaftlichen Situation der Stadt Brandenburg an der Havel. Zunächst wird eine Be standsanalyse der örtlichen Wirtschaft (Kapitel 6) durchgeführt. Daran schließt sich die Untersuchung der zuvor theoretisch behandelten Stand ortfaktoren in ihrer praktischen Ausprägung an (Kapitel 7). Der folgende Abschnitt untersucht die Qualität der kommunalen Wirtschaftsförde rung. Im Kapitel 9 werden Vorschläge unterbreitet, wie die Arbeit des kommunalen Amtes für Wirtschaftsförderung optimiert werden könnte.

2. Grundlagen

Bevor die Aufgaben und Instrumente der kommunalen Wirtschaftsförde rung diskutiert werden können, sollten zunächst die Grundbegriffe er läutert werden. Zu den Grundlagen gehören die Definition des Begriffes kommunale Wirtschaftsförderung, die Ziele desselben und die Standort faktoren.

2.1 Definition der kommunalen Wirtschaftsförderung

Wirtschaftsförderung zielt laut Definition darauf ab, vorhandenen, ent stehenden und an einer Ansiedlung interessierten Unternehmen zu einer erfolgreichen Entwicklung zu verhelfen, damit Arbeitsplätze in genü gender Zahl und Qualität geschaffen werden und das regionale Wohlstandsniveau gehalten bzw. verbessert werden kann“ (Hahne 1995, S.14).

2.2 Ziele der kommunalen Wirtschaftsförderung

Das Primärziel kommunaler Wirtschaftsförderung ist „die Sicherung und Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung“ (Icks/Richter 1999, S.3) in der betreffenden Stadt bzw. Gemeinde. Da sich dieses Oberziel in der praktischen Anwendung aber als zu komplex erweist, wird es in folgende drei Unterziele zerlegt (vgl. Icks/Richter 1999, S.3):

- Sicherung bzw. Verbesserung des regionalen Arbeitsplatzangebotes,
- Erhöhung der Finanzkraft der Kommune,
- Stärkung der Krisenfestigkeit der ansässigen Wirtschaft durch Diversifikation.

Das Ziel der „Sicherung und Verbesserung des regionalen Arbeitsplatz angebotes“ dominiert in der Praxis. Der Grund dafür ist die zunehmende Einbeziehung der Kommunen an der Finanzierung der Langzeitarbeits losigkeit. Aus diesem Grund sehen viele Wirtschaftsförderer die Ansied lung und den Erhalt arbeitsintensiver Betriebe als besonders wichtig an.

2.3 Standortfaktoren

Die wichtigste Größe, die die kommunale Wirtschaftsförderung beein flussen will, sind die Standortfaktoren. Unter ihnen versteht man „die an einem Ort anzutreffenden Gegebenheiten und Gestaltungskräfte mit positiver/negativer Wirkung auf die unternehmerische Tätigkeit“ (Schierenbeck 1998, S.48). Anhand der Ausprägung der Standortfaktoren entscheiden sich die Unternehmen für oder gegen eine Ansiedlung. In der Regel wird der Standort gewählt, an dem die Standortfaktoren am ehesten den Wünschen des Unternehmens entsprechen. Die Standortfak toren werden in zwei Gruppen eingeteilt: In harte und weiche Standort faktoren. Beide sind komplementär und decken zusammen das gesamte Spektrum relevanter Bestimmungsgrößen für Standortentscheidungen ab. Die Grenze zwischen harten und weichen Faktoren verläuft in der Praxis fließend und hängt vom jeweiligen Betrachtungszusammenhang ab (vgl. Icks/Richter 1999, S.9).

2.3.1 Harte Standortfaktoren

Zu den harten Standortfaktoren zählen (vgl. Hahne 1995, S.15):

- Die Lage zu den Bezugs- und Absatzmärkten,
- die Verkehrsanbindung,
- der Arbeitsmarkt (quantitativ, qualitativ),
- das Flächenangebot,
- die Flächen- und Mietkosten,
- die Energie- und Umweltkosten, die lokalen Abgaben,
- die Förderangebote,
- die Branchenkontakte,
- die Kommunikations- und Kooperationsmöglichkeiten, die Umweltschutzauflagen sowie
- ansässige Hochschulen/Forschungseinrichtungen.

Aus diversen Unternehmensbefragungen lässt sich ableiten, dass für die Unternehmen die ersten vier der genannten harten Standortfaktoren von zentraler Bedeutung sind (vgl. Hahne 1995, S.15). Die kommunale Wirt schaftsförderung kann zwar die geographische Lage der Stadt bzw. Ge meinde nicht ändern, aber die ökonomischen Kosten der Entfernung durch Verbesserung der Verkehrsanbindung senken. Zu den zentralen Maßnahmen der Wirtschaftsförderer gehören daher die Optimierung der Verkehrsanbindungen und des örtlichen Flächenangebotes.

2.3.2 Weiche Standortfaktoren

Die weichen Standortfaktoren werden unterteilt in die zwei Untergruppen weiche unternehmensbezogene Faktoren und weiche personenbezogene Faktoren (vgl. Hahne 1999, S.15).

Zu den weichen unternehmensbezogenen Standortfaktoren gehören:

- Das lokale und regionale Wirtschaftsklima,
- das Image des Betriebsstandortes,
- das Image der Stadt und der Region,
- die Karrieremöglichkeiten für Arbeitnehmer sowie das innovative Milieu der Region.

Die weichen personenbezogenen Faktoren sind:

- Die Wohnqualität und das Wohnumfeld, die Umweltqualität,
- das Angebot an Schulen und Ausbildungsstätten, die soziale Infrastruktur,
- der Freizeitwert,
- der Reiz der Stadt und der Region sowie das Angebot an Hoch- und Kleinkultur.

Abbildung 1: Kontinuum der harten und weichen Standortfaktoren

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Icks/Richter 1999, S.10

Die weichen Standortfaktoren sind zunehmend bedeutsam, sollten aber nicht überbewertet werden. So kann etwa Kulturförderung Wirtschafts förderung zwar ergänzen, jedoch nicht ersetzen. „An erster Stelle steht die ökonomische Kalkulation der Unternehmen“ (Hahne 1999, S.16).

Abbildung 1 zeigt ausgewählte Standortfaktoren innerhalb des Kontinuums harter und weicher Faktoren geordnet nach ihrer Relevanz für die Betriebs- und Unternehmenstätigkeit sowie nach ihrer Quantifizierbarkeit und der Bedeutung subjektiver Einschätzungen.

3. Aufgabenfelder

Gut ausgeprägte Standortfaktoren allein reichen allerdings nicht aus, um einer Stadt zu wirtschaftlichem Wohlstand zu verhelfen. Vielmehr müssen Unternehmen am Standort entstehen (Entwicklung des endogenen Potentials) bzw. für den Standort geworben werden (Akquisition mobiler Betriebe). Darüber hinaus gewinnen Kooperationen zwischen verschiedenen Partnern in jüngster Zeit an Bedeutung.

Der Gedanke einer öffentlich betriebenen Wirtschaftsförderung breitete sich in Deutschland in den fünfziger und sechziger Jahren des 20. Jahr hunderts aus. Viele Betriebe suchten im Rahmen von Unternehmensex pansionen nach dem Zweiten Weltkrieg einen neuen Standort. Auch die Bevölkerungswanderungen in der Nachkriegszeit und veränderte Rah menbedingungen durch erste Ergebnisse von Stadtsanierung und Ver kehrsplanung führten dazu, dass zahlreiche Unternehmen ihren bisheri gen Standort verlassen mussten. Da die wirtschaftliche Entwicklung der Nachkriegszeit in erster Linie vom produzierenden Gewerbe getragen wurde, war die Flächennachfrage dementsprechend hoch. Viele Wirt schaftsförderer sahen daher ihre wichtigste Aufgabe darin, die Flächen nachfrage von Betrieben zu befriedigen (vgl. Steinröx 1995, S.88).

3.1 Traditionelle Aufgabenfelder

Für die kommunalen Wirtschaftsförderer kristallisierten sich aufgrund der beschriebenen Entwicklungen zwei Hauptaufgabenfelder heraus:

- Akquisition mobiler Betriebe,
- Bestandspflege (Aktivierung des endogenen Potentials).

Beide Aufgabenfelder bestehen nebeneinander. Es lässt sich jedoch fest stellen, dass zunächst die Akquisition mobiler Betriebe dominierte. Spä ter begannen die Wirtschaftsförderer, sich mehr auf die Aktivierung des endogenen Potentials zu konzentrieren (vgl. Icks/Richter 1999, S.4).

3.1.1 Akquisition mobiler Betriebe

Bis Mitte der siebziger Jahre fand vor allem eine „Ausrichtung auf die Ansiedlung von Großbetrieben“ (Icks/Richter 1999, S.4) statt. Die kom munalen Wirtschaftsförderer erhofften sich hierdurch einen starken Zu gewinn an Arbeitskräften und eine Erhöhung der Finanzkraft der kom munalen Haushalte (vgl. Icks/Richter 1999, S.4-5). Außerdem erwartete man „positive Multiplikatoreffekte für die regionale Wirtschaft“ (Icks/Richter 1999, S. 5). In der Bemühung, neue Betriebe in der Region anzusiedeln, wurde jedoch häufig das Ziel der Diversifizierung der Wirtschaftsstruktur vernachlässigt. Im Vordergrund stand für viele, neue Betriebe anzusiedeln. Deren Branchenzugehörigkeit hatte allenfalls se kundäre Bedeutung. Die kommunalen Wirtschaftsförderer konzentrier ten sich vor allem auf die Schaffung von Gewerbeflächen, die Ansied lungswerbung sowie die Bereitstellung wirtschaftsnaher Infrastruktur.

Einen zweiten Schwerpunkt bildeten die Versuche, Standortnachteile gegenüber Mitbewerbern, die nicht durch Maßnahmen der Wirtschaftsförderung ausgeglichen werden konnten, durch „finanzielle Zuwendungen im Rahmen der Steuer- und Tarifpolitik zu kompensieren“ (Icks/Richter 1999, S.5). Ein Beispiel hierfür sind Sondertarife für öffentliche Ver- und Entsorgungsleistungen.

Seit Mitte der siebziger Jahre hat das „verteilbare Potential überregional mobiler Betriebe ... erheblich abgenommen, während zugleich die Kon- kurrenz darum größer geworden ist“ (Hahne 1995, S.19). So bewarben sich in den neunziger Jahren 149 Regionen aus ganz Europa bei der Au tomobilfirma Daimler-Chrysler AG (damals noch Daimler-Benz AG) um den Zuschlag für eine Teststrecke. Gewonnen hat schließlich Papenburg im Emsland.

Die Zahl der Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten, die einen neuen Betriebsstandort außerhalb ihrer bisherigen Kommune gründen, beträgt jährlich in Deutschland weniger als 100 (vgl. Steinröx 1995, S.90). Dieses tatsächlich vorhandene Potential wird vielfach überschätzt. Für die Veröffentlichung von Anzeigen in deutschen Printmedien werden jährlich weit über 75 Millionen Euro von Wirtschaftsförderämtern und gesellschaften ausgegeben, obwohl die daraus resultierenden Ansiedlungserfolge fast nie die Erwartungen erfüllen.

Die Kommunen stehen heute nicht mehr nur in einem deutschlandweiten Wettbewerb, sondern die Konkurrenz ist international geworden. In den letzten Jahren hat sich die Situation durch die osteuropäischen Staaten mit ihren deutlich niedrigeren Löhnen weiter verschärft. Ansiedlungser folge werden heute oft nur mit „finanziellen Zugeständnissen wie z.B. Gebührenermäßigungen“ (Icks/Richter 1999, S.6) erreicht. Dies birgt die Gefahr in sich, die kommunalen Haushalte langfristig zu belasten.

3.1.2 Aktivierung des endogenen Potentials

Das zweite traditionelle Betätigungsfeld der kommunalen Wirtschafts förderung ist die Bestandspflege. Sie erlangte Mitte der siebziger Jahre eine größere Bedeutung. Die Bestandspflege konzentriert sich auf das endogene Potential einer Region. Sie weist eine stärkere Ausrichtung auf kleine und mittlere Betriebe auf, da diese in fast allen Regionen Deutsch- lands die vorherrschende Betriebsgröße sind. Die Grundhypothese der endogenen Entwicklungstheorie besagt, dass die sozioökonomische Ent wicklung einer Region von dem Ausmaß und der Nutzung vorhandener Potentiale abhängt (vgl. Icks/Richter 1999, S.7). Je umfassender also das Potential einer Region aktiviert werden kann, desto größer ist die Zahl an Unternehmen, Arbeitsplätzen und letztlich Wohlstand. Die Aktivie rung des endogenen Potentials soll durch die Identifizierung und Über windung bestehender Engpässe, die Nutzung regionsspezifischer Fähig keiten und Begabungen sowie die Initiierung intraregionaler Kreisläufe erreicht werden (vgl. Schätzl 1996, S.142).

In der Praxis erfolgt die Aktivierung des endogenen Potentials im Rahmen der Bestandspflege auf zwei Wegen. Der erste Weg besteht in der Bestandssicherung und der zweite in der Bestandserweiterung. Mit Hilfe der Bestandssicherung soll die Abwanderung von in der Region ansässigen Betrieben verhindert werden. Im Rahmen der Bestandsentwicklung sollen das wirtschaftliche Wachstum bestehender Betriebe sowie Unternehmensgründungen gefördert werden.

Existenzgründer, die heute einen Schwerpunkt für viele Wirtschaftsför derer bilden, wurden erst ab Mitte der achtziger Jahre verstärkt als Ziel gruppe entdeckt (vgl. Icks/Richter 1999, S.7). Die meisten Gründungen beginnen als Kleinstbetriebe mit nur einem oder zwei Beschäftigten, weisen aber eine hohe Entwicklungsdynamik auf. So stellte das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit fest, dass zwischen 1980 und 1990 die Zahl der Beschäftigten bei Großunter nehmen um durchschnittlich zwei Prozent stieg, in Betrieben mit weni ger als 20 Beschäftigten je nach Branche jedoch um zwischen acht und 12 Prozent. Würde es der kommunalen Wirtschaftsförderung gelingen, die typischen Gründungsprobleme, wie mangelndes betriebswirtschaftliches Wissen, fehlende oder nicht ausreichende Marktkenntnisse oder eine falsche Standortwahl, durch geeignete Beratungen zu reduzieren, könnte sich die Existenzgründungsförderung als Zugpferd für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region entpuppen (vgl. Steinröx 1995, S.95).

3.2 Neue Anforderungen

Für die kommunale Wirtschaftsförderung ergeben sich aus der europäischen Integration und der fortschreitenden Globalisierung neue Anforderungen. Zudem wird die Problematik durch die anhaltend schlechte Finanzsituation der Städte und Gemeinden verstärkt (vgl. Icks/Richter 1999, S.7). Durch europäische Integration und zunehmende Globalisierung wächst der Einfluss multinationaler Unternehmen. Große Unternehmen haben ihre Standortstrategien geändert und sind heute viel eher bereit, bei einem Standortwechsel in ein komplett anderes Land zu gehen. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Kommunen. Sie sind immer stärker gezwungen, „den Unternehmen besonders günstige Standortbedingungen anzubieten“ (Icks/Richter 1999, S.8).

Unter dem erhöhten Druck auf die Kommunen waren und sind die Trä ger kommunaler Aufgaben zu einem Umdenken gezwungen. Die Bedeu tung von Kooperationen nimmt in diesem Zusammenhang zu. Das Ziel von Kooperationen ist vor allem, den eigenen Handlungsspielraum zu erweitern und sich Handlungsressourcen auf Feldern zu erschließen, die mit eigenen Mitteln nicht erreichbar wären. Die Chancen von Kooperati onen bestehen in der Bündelung von Kompetenzen, um eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen (vgl. Icks/Richter 1999, S.8).

Denkbare Aktionsfelder für Kooperationen sind:

- Kooperationen zwischen Ämtern,
- Kooperationen zwischen Verwaltung und den gewählten kommunalen Vertretern,
- Kooperation zwischen Verwaltung und quasi-öffentlichen Akteuren (z.B. Unternehmensverbänden),
- Inter- und überregionale Kooperationen (z.B. Städtenetze),
- Institutionalisierte und nicht-institutionalisierte Kooperationen zwischen öffentlichen und privaten Akteuren (z.B. Public-Private Partnerships)

4. Instrumente kommunaler Wirtschaftsförderung

Um die im letzten Kapitel beschriebenen Aufgaben erfüllen zu können, bedienen sich die Wirtschaftsförderer einer Reihe von Instrumenten, die im folgenden beschrieben werden. Diese Instrumente zielen darauf ab, den in einer Region ansässigen und den an einer Ansiedlung interessier ten Betrieben zu einer erfolgreichen Entwicklung zu verhelfen. Der kommunalen Wirtschaftsförderung stehen insgesamt sechs verschiedene Instrumente zur Verfügung. Dies sind (vgl. Icks/Richter 1999, S.11):

- Gewerbeflächenpolitik,
- Infrastrukturpolitik,
- Initiierung und Förderung von Standortgemeinschaften, Finanzhilfen und Tarifpolitik,
- Werbung und Standortmarketing, Beratung und Dienstleistungen.

4.1 Gewerbeflächenpolitik

Die ausreichende Verfügbarkeit von Industrie- und Gewerbeflächen ist die grundlegendste unternehmerische Standortanforderung. Wenn Flächen nicht in für den Interessenten ausreichender Qualität und Quantität vorhanden sind, sind alle anderen Standortfaktoren für den an einer Ansiedlung interessierten Unternehmer bedeutungslos.

Das Erschließen und Entwickeln von Gewerbeflächen ist sowohl zeit- als auch kostenintensiv. Es nimmt in der kommunalen Standortvorsorge aufgrund seiner hohen Bedeutung für die Unternehmen einen breiten Raum ein. Die Standortvorsorge muss darauf ausgerichtet sein, mögli- chen intraregionalen Betriebsverlagerungen und potentiellen Ansied lungsinteressenten ein hinsichtlich Größe, Lage, Nutzung, Ausstattung und Nachbarschaft differenziertes Gewerbeflächenangebot bereitstellen zu können (vgl. Icks/Richter 1999, S.12). Voraussetzung hierfür ist eine detaillierte Bestandsaufnahme des Flächenangebotes sowie eine realisti sche Bedarfsabschätzung.

Der zweite wichtige Punkt in diesem Zusammenhang ist die Flächenvor sorge. Sie beinhaltet sowohl bodenpolitische als auch bauleitplanerische Aspekte. So ist neben dem Ankauf attraktiver Flächen deren Vorberei tung notwendig, damit im Bedarfsfall das verbindliche Bauleitplanver fahren ohne Zeitverlust durchgeführt werden kann. Die Dauer dieses Verfahrens ist im Rahmen der Gewerbeflächenpolitik „mittlerweile zu einem immer wichtigeren Wettbewerbsfaktor geworden“ (Kistenmacher; Geyer; Hartmann 1994, S.24).

Der dritte Aspekt der Gewerbeflächenpolitik ist die Gestaltung des Flä chenpreises. In der kommunalen Wirtschaftsförderung ist es zu einer weit verbreiteten Praxis geworden, Investoren mit günstigen Bodenprei sen zu werben. Häufig decken die Quadratmeterpreise nur noch zu ei nem Bruchteil die Kosten, die die Kommune für Ankauf, Ausweisung und Erschließung der Fläche bezahlt hat (vgl. Icks/Richter 1999, S.12). Dies führt zu einer zusätzlichen Belastung der kommunalen Haushalte.

4.2 Infrastrukturpolitik

Eng verbunden mit der Gewerbeflächenpolitik sind Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastrukturausstattung. Denn die Bewertung der Qualität von Gewerbeflächen ist unter anderem abhängig von deren infrastrukturellen Anbindung. Die infrastrukturelle Ausstattung einer

Kommune ist also eine wichtige Voraussetzung für eine günstige Ent wicklung der ortsansässigen Firmen sowie für die Akquisition potentiel ler Betriebe. Es können zwei Infrastruktur-Arten unterschieden werden:

- Haushaltsnahe Infrastruktur und
- Wirtschaftsnahe Infrastruktur.

Zum Bereich der haushaltsnahen Infrastruktur zählen „grundsätzlich alle den Daseinsgrundfunktionen „Sich Versorgen“, „Sich Bilden“ und „Sich Erholen“ zugeordneten Einrichtungen“ (Icks/Richter 1999, S.14). Die wirtschaftsnahe Infrastruktur umfasst neben klassischen Faktoren wie dem Verkehrswesen, Einrichtungen der Ver- und Entsorgungsinfra struktur sowie Telekommunikations- und Informationstechnologien auch unternehmensorientierte Dienstleistungen und Serviceeinrichtungen (vgl. Icks/Richter 1999, S.14). Zu letzteren zählen Technologietransfer stellen, universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen und sonstige Unternehmensberatungsstellen. Die unternehmensorientierten Serviceeinrichtungen sind für kleinere und mittlere Betriebe von großer Bedeutung, da sie nicht wie Großbetriebe über die organisatorischen und finanziellen Ressourcen verfügen, derartige Dienstleistungen intern be reitzustellen (vgl. Kistenmacher; Geyer; Hartmann 1994, S.25).

Aufgrund der häufig angespannten Finanzlage können sich nur wenige Kommunen den kostenintensiven Auf- und Ausbau einer hochwertigen Infrastruktur leisten. Die Konsequenz sind verstärkte Kooperationen mit der privaten Wirtschaft. Das Spektrum der denkbaren Kooperationen reicht vom Leasing bis hin zu Public-Private-Partnerships (siehe Kapitel 5.3).

4.3 Initiierung und Förderung von Standortgemeinschaften

Mit dem drastischen Rückgang der Mobilität der Unternehmen Mitte der siebziger Jahre rückte das endogene Potential der Städte und Gemeinden stärker in den Mittelpunkt. Als logische Folge kamen Instrumente und Ansatzpunkte zur Aktivierung dieses Potentials zur Anwendung. Als „eines der wichtigsten Instrumente“ (Icks/Richter 1999, S.15) kristalli sierte sich die Initiierung und Förderung von Standortgemeinschaften heraus. Sie nimmt eine Sonderstellung zwischen der Gewerbeflächen und der Infrastrukturpolitik ein, weil sie eine kombinierte Bereitstellung von Gewerberäumen oder -flächen und Infrastruktureinrichtungen be inhaltet.

Ziel dieses Ansatzes ist, den Unternehmen ein maßgeschneidertes, prob lembezogenes Angebot zu machen. Dazu gehört auch die „Ansiedlung gleichartiger Betriebe, wodurch Fühlungsvorteile und Synergieeffekte erreicht werden, indem ... Produkte und Verfahren arbeitsteilig entwi ckelt oder Großaufträge gemeinschaftlich bearbeitet werden können“ (Hahne 1995, S.27). Die klassische Form von Standortgemeinschaften sind Gewerbe- und Industrieparks. Im Laufe der Zeit hat sich eine Viel zahl von Subtypen entwickelt, die sich vor allem durch die avisierte Zielgruppe von Unternehmen unterscheiden. Typische Beispiele sind Mediaparks, Handwerkerhöfe, Technologie- und Gründerzentren, For schungsparks und Innovationszentren.

Die Technologie- und Gründerzentren gehören zu den populärsten In strumenten der Wirtschaftsförderung und werden definiert als „unter nehmerische Standortgemeinschaften von relativ jungen und zumeist neu gegründeten Stammunternehmen, deren betriebliche Tätigkeit vor wiegend in der Entwicklung, Produktion und Vermarktung technolo gisch neuer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen liegt und die ... auf ein mehr oder weniger umfangreiches Angebot an Gemeinschaftsein richtungen und Beratungsdienstleistungen zurückgreifen können“ (Sternberg 1995, S.201). Gab es Ende 1993 noch 122 TGZ in Deutschland, ist die Anzahl inzwischen weiter gestiegen. Allein die „Arbeitsgemein schaft Deutscher Technologie- und Gründerzentren“ vertritt derzeit 193 Mitglieder. Über die geographische Verteilung der Zentren gibt die Ab bildung 2 Aufschluss.

Als Ziele lassen sich die Förderung von Existenzgründungen, die Siche rung bzw. Schaffung von qualifizierten Arbeitsplätze in der Region so wie der Technologietransfer identifizieren (vgl. Sternberg 1995, S.208). Vor allem in Ostdeutschland und in anderen Gebieten mit einer krisen anfälligen Wirtschaftsstruktur können TGZ eine kurative Funktion über nehmen. Sie sollen zur Reaktivierung der Region beitragen, der negati ven Arbeitsplatzentwicklung entgegenwirken sowie das Image verbes sern. TGZ setzen an der Erkenntnis an, dass jungen Gründern vor allem betriebswirtschaftliche Kenntnisse und (preislich) geeignete Ansied lungsflächen fehlen. Sie bieten daher eine relativ preisgünstige Raum und Einrichtungsinfrastruktur sowie Beratungsleistungen an (vgl. Stern berg 1995, S.209).

Kennzeichnend für alle Formen von Gewerbe- und Industrieparks ist die Bereitstellung einer unternehmensnahen Infrastruktur, die von den an sässigen Firmen genutzt werden kann. Die bereitgestellte Infrastruktur variiert stark und reicht von „der Anbindung an die unterschiedlichen Verkehrsträger über die Bereitstellung von Ver- und Entsorgungseinrich tungen sowie Telekommunikationsanlagen, bis hin zu gemeinsam ge nutzten Einrichtungen wie z.B. Forschungslabors“ (Icks/Richter 1999, S.15).

Abbildung 2: Geographische Verteilung der TGZ in Deutschland

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: http://www.adt-online.de/zentren/karte.htm

Darüber hinaus werden zusätzliche Dienstleistungen angeboten. Zu ihnen zählen die klassischen Office-Dienstleistungen wie SekretariatsService aber auch Beratungsdienstleistungen. Vor allem junge Unternehmen in der Startphase greifen auf diese Beratungsleistungen zurück (vgl. Hahne 1995, S.27).

4.4 Finanzhilfen und Tarifpolitik

Die Maßnahmen der Finanzhilfe und der Tarifpolitik werden vor allem bei der Neuansiedlung von Betrieben verwendet. Es können zwei Typen unterschieden werden:

- Direkte Maßnahmen (Fördermittel) und
- Indirekte Maßnahmen (steuerliche, tarifliche Vergünstigungen)

Die direkten Finanzhilfen werden in der Regel von den Kommunen als wichtigstes Instrument zur Akquisition mobiler Betriebe angesehen. Viele Unternehmer geben im Gegensatz dazu an, dass „Fördermittel nur in geringem Maße“ (Hahne 1995, S.11) die Standortentscheidung beein flussen. Gleichwohl kann eine projekt- und unternehmensbezogene För derung im Einzelfall „entscheidende Bedeutung haben“ (Icks/Richter 1999, S.16).

Den indirekten Maßnahmen kommt eine wachsende Bedeutung zu, da die restriktiven Bestimmungen des europäischen Wettbewerbsrechts die Möglichkeiten der direkten finanziellen Förderung erheblich einschränken. Als gängige indirekte Maßnahmen gelten steuerliche Vergünstigungen beim Grunderwerb oder eine unternehmensfreundliche Gestaltung der Gewerbesteuerhebesätze.

Die direkten und indirekten Finanzhilfen werden von ansiedlungswilli gen Unternehmen „größtenteils nur unter dem Aspekt der Mitnahmeef fekte“ (Icks/Richter 1999, S.16) gesehen, vorausgesetzt, die übrigen Standortfaktoren werden positiv bewertet. Es ist davon auszugehen, dass sich durch finanzielle Hilfen negative Standortfaktoren nicht ausgleichen lassen.

4.5. Werbung und Standortmarketing

Werbemaßnahmen gehören zum traditionellen Instrumentarium der kommunalen Wirtschaftsförderung und können in zwei Kategorien eingeteilt werden:

- Indirekte (allgemeine) Wirtschaftswerbung (Imagepflege),
- Direkte Wirtschaftswerbung (Akquisition).

Beide Typen weisen eine starke Außenorientierung auf und dienen vor allem der Akquisition ortsfremder Betriebe. Die allgemeine Wirtschafts werbung ist umstritten, weil sie sich in der Praxis häufig auf die Verbrei tung allgemeiner Informationsmaterialien beschränkt. Um dieses In strument wirkungsvoller einsetzen zu können, ist die Erarbeitung eines Standortprofils empfehlenswert. Ein solches Profil lässt sich anhand einer Stärken- und Schwächenanalyse der Gemeinde ableiten und enthält Aussagen über die Ausweisung von Gewerbeflächen, die Qualität ein zelner Standortfaktoren sowie das Arbeitskräftepotential der Region (vgl. Icks/Richter 1999, S.17). Auf Grundlage des Standortprofils kann ein Konzept zur Vermarktung des Wirtschaftsstandortes entwickelt wer den und zielgerichtet Werbung in Zeitungen und Zeitschriften sowie auf Messen und Ausstellungen gemacht werden. Eine Region könnte sich etwa als Wirtschaftsstandort für eine bestimmte Branche darstellen.

Zur direkten Wirtschaftswerbung gehören alle die Instrumente der Wirt schaftswerbung, die an bestimmte Adressaten gerichtet sind. Empfänger sind meist Betriebe, von denen bekannt ist, dass sie auf der Suche nach einem neuen Standort sind bzw. an ihrem bisherigen Standort Probleme haben. Mit Hilfe des Standortmarketings lassen sich ausgewählte Image faktoren transportieren. Auf allgemeine Imageaussagen, die austausch bar und ohne regionalen Wiedererkennungswert sind, sollte verzichtet werden, da sie der Kommune mehr schaden als ihr zu nützen. Wichtig ist, ein regionales Leitbild zu entwickeln, welches nach innen und nach außen imagebildend wirkt. Ein solches Leitbild ist eine wichtige Voraus setzung zur Profilierung des Standortes (vgl. Icks/Richter 1999, S.18).

4.6. Beratung und Dienstleistungen

Mit Erkennen der Bedeutung des endogenen Potentials nahmen auch die Maßnahmen zur Beratung und Betreuung der ortsansässigen Betriebe zu. Um für diese Firmen ein passendes Beratungspaket entwickeln zu kön nen, müssen umfassende Informationen über Unternehmen und ihre Standortanforderungen gesammelt und analysiert werden. Um einen langfristigen Erfolg zu erreichen, ist es notwendig, die Informations sammlung und Beratung kontinuierlich durchzuführen. Es reicht aller dings nicht aus, das Beratungsangebot „nur“ bereitzustellen. Entschei dend ist das Auftreten der kommunalen Wirtschaftsförderung und der Verwaltung gegenüber hilfesuchenden Unternehmern. Damit die Bera tungsangebote angenommen werden, muss sich die Wirtschaftsförde rung als Partner der Unternehmen darstellen. Das Ziel der Wirtschafts förderer muss eine „Kundenorientierung im Sinne einer Kooperation von Verwaltung und Privatwirtschaft“ (Icks/Richter 1999, S.19) sein.

5. Regionalisierte Wirtschaftsförderung

Zahlreiche Kommunen haben erkannt, dass sie mit den traditionellen Instrumenten und Maßnahmen der Wirtschaftsförderung, wie sie im Kapitel 4 beschrieben wurden, nur noch bedingt in der Lage sind, sich den ändernden Bedingungen, Zielen und Erfordernissen anzupassen. Sie wenden deshalb neue Konzepte an. Zu diesen gehören:

- Intrakommunale Zusammenarbeit,
- Interkommunale Zusammenarbeit,
- Public-Private-Partnership.

5.1. Intrakommunale Zusammenarbeit

Der Begriff intrakommunale Zusammenarbeit beschreibt das Zusam menwirken mehrerer Interessengruppen innerhalb einer Gemeinde. Bei der Zusammenarbeit von verschiedenen Partnern, die in der Regel un terschiedliche Ziele verfolgen, besteht ein hohes Konfliktpotential. Das gilt für Personen ebenso wie für Kommunen. Daher ist es empfehlens wert, dass Städte und Gemeinden, die eine intrakommunale Zusammen arbeit aufbauen wollen, dies zunächst in einem kleineren Rahmen „ü ben“. Eine gute Möglichkeit wäre die Verwaltung selbst.

So könnten etwa das Amt für Wirtschaftsförderung und das Bauamt zusammenarbeiten. Ein Vorteil dieser Kooperation ist, dass keine neuen Strukturen aufgebaut werden müssen. Eine erfolgreiche Zusammenar beit, z.B. in Form von verkürzten Bearbeitungszeiten, ist direkt sichtbar und wirkt positiv verstärkend auf die Beteiligten. Diese Einzelkooperati onen können schrittweise auf andere Akteure ausgeweitet werden.

Als Vorreiter auf dem Gebiet der intrakommunalen Zusammenarbeit gilt die finnische Stadt Hämeenlinna. Die Kommune praktiziert bereits seit mehreren Jahren eine intensive Zusammenarbeit von Verwaltung, Wirt schaft und Bürgern. Sie wurde für ihre innovative Ausrichtung von der Bertelsmann-Stiftung in dem Wettbewerb „Cities Of Tomorrow“ als in novative Kommune ausgezeichnet. In Hämeenlinna sind die Begriffe Bürgerbeteiligung und Kundenorientierung keine leeren Phrasen, son dern alltägliche Praxis. Vor jedem Verwaltungshandeln stellen sich die Verantwortlichen die Frage: Welche Leistungen erwartet und fordert der Bürger (vgl. Icks/Richter 1999, S.60). Die Verwaltung ist darüber hinaus nicht starr, sondern wird gemäß den Bedürfnissen der Kunden struktu riert. Die Verwaltungseinheiten werden zu Bürgerbüros für Privatperso nen und Unternehmer. Ein Kunde der Verwaltung muss wegen eines Anliegens nicht mehr zu mehreren Ämtern Kontakt aufnehmen, sondern kann seine Anträge an einer zentralen Stelle einreichen. Dies möglichst, ohne Wartezeiten.

Ausgangspunkt der Umstrukturierungen in Hämeenlinna war die Ver schmelzung von mehreren Fachämtern. Diesen wurden pauschale Bud gets zugewiesen, über die sie eigenverantwortlich verfügen konnten. Zusätzlich garantieren die Ämter ihre Leistungen schriftlich. Werden die Zusagen nicht eingehalten, bekommen die Kunden eine Entschädigung. So zahlt etwa das Sozialamt einem Antragsteller circa fünf Euro pro Tag und Familienmitglied, falls es den eingereichten Antrag nicht innerhalb von zehn Tagen bearbeitet hat (vgl. Icks/Richter 1999, S.61).

5.2. Interkommunale Zusammenarbeit

Kennzeichnend für interkommunale Kooperationen sind intensive Aus tauschbeziehungen zwischen verschiedenen Städten und Gemeinden.

Die Intensität dieser Austauschbeziehungen kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein und von einer informellen Form bis hin zu institutionali sierten Beziehungen reichen. Viele Kommunen haben die Notwendigkeit erkannt, mit ihren Nachbarn zusammenzuarbeiten. Am verbreitetsten sind Kooperationen zur Verbesserung der wirtschaftsnahen Infrastruk tur, wie regionale Wirtschaftsfördergesellschaften, Zweckverbände (z.B. Abwasser- und Abfallbeseitigungsverbände) oder kommunale Versor gungs- und Verkehrsunternehmen (vgl. Icks/Richter 1999, S.61).

Weitere Möglichkeiten für eine interkommunale Zusammenarbeit liegen in der Bereitstellung hochwertiger Infrastruktureinrichtungen, der Zu sammenarbeit auf dem Gebiet der Gewerbeflächen oder der Standort werbung.

Ein Beispiel für die interregionale Kooperation ist die Stadt Bonn, die sich als Bestandteil der Region Rheinland darstellt. Sie und andere Städ te und Gemeinden des Rheinlandes haben sich zu einem Verein, dem „Regio Köln/Bonn“ zusammengeschlossen. Gemeinsam mit der „Verei nigung von Wirtschaftskammern zur Förderung der Region Köln/Bonn“ entwickelte man einen Strukturatlas. Dieser enthält statistische Gemein deprofile und Karten, auf denen verfügbare Gewerbeflächen ausgewie sen sind. Darüber hinaus präsentiert sich die Region im Internet. Über eine Datenbank lassen sich Standortinformationen abfragen. Dem Inves tor werden seinen Wünschen entsprechend „maßgeschneiderte Vor schläge“ (Icks/Richter 1999, S.62) für Ansiedlungsprojekte unterbreitet. Zusätzlich können sich auf einem virtuellen Marktplatz die Unterneh men, Institutionen und Verbände der Region mit ihrer Web-Seite präsen tieren.

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Ende der Leseprobe aus 125 Seiten

Details

Titel
Kommunale Wirtschaftsförderung am Beispiel der Stadt Brandenburg an der Havel
Hochschule
Fachhochschule Brandenburg  (Wirtschaftswissenschaften)
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
125
Katalognummer
V6704
ISBN (eBook)
9783638142151
ISBN (Buch)
9783656856771
Dateigröße
1099 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kommunale Wirtschaftsförderung in der Theorie wird mit der Praxis in der Stadt Brandenburg an der Havel ausführlich verglichen. Neben den Standortfaktoren und der Neuansiedlung von mobilen Betrieben wird die Entwicklung des endogenen Potentials incl. der Förderung von Existenzgründungen behandelt. Aus den Ergebnissen wird eine optimalere Wirtschaftsförderstruktur für die Stadt entwickelt.
Schlagworte
Kommunale Wirtschaftsförderung, Standortfaktoren, Bestandsentwicklung, Bestandspflege, Aktivierung des endogenen Potentials, Existenzgründer, Brandenburg, TGZ
Arbeit zitieren
Rene Guenther (Autor:in), 2002, Kommunale Wirtschaftsförderung am Beispiel der Stadt Brandenburg an der Havel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6704

Kommentare

  • Gast am 3.12.2009

    Muss nicht..

    Den ersten Teil der Arbeit findet man auch struktur- und inhaltskongruent bei Hahne (1995). Der zweite Teil hat den Tiefgang eines Katamarans. Schlechtes Preis-/Leistungsverhältnis.

Blick ins Buch
Titel: Kommunale Wirtschaftsförderung am Beispiel der Stadt Brandenburg an der Havel



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