Die Assoziationsketten, die der Begriff des Heiligen anstößt, kreisen oft um zentrale Begriffe des Christentums wie etwa Frömmigkeit, Nächstenliebe, Demut oder Selbstlosigkeit. Die Schilderungen der Frutolfi chronica über den Kölner Erzbischof Anno II. lassen sich damit nicht in Einklang bringen. Sie beschreibt die fatalen Folgen des von Anno initiierten Staatsstreichs von Kaiserswerth:
[M]ulta [...] incommoda extunc orta et deinceps aucta certum tenemus. Nam perinde dissensiones in regno,ęcclesięperturbatio, monasteriorum destructio, clericatus despectio, totius iusticię ac religionis conculcatio et cępit et permanet.
Auch im Annolied findet sich ein Vers, der kontrovers gedeutet werden kann: „[Annin] gůte bikanti vil unmanig man.“ (AL, V. 597) Ist hier von Annos Bescheidenheit und Demut die Rede oder der Ignoranz seiner Mitmenschen? Oder spielt sie auf seine eigenen Verfehlungen gegenüber zahlreichen Menschen an? Mit Blick auf den Kontext des Werkes liegen die erstgenannten Vermutungen näher, da das Annolied ansonsten gänzlich auf eine kritische Betrachtung von Annos Wirken verzichtet. Im Licht der weiteren zeitgenössischen Quellen gewinnt der Vers eine neue, viel sagende Bedeutung. Dennoch wurde Anno im Jahr 1183 heilig gesprochen. Dies geschah erst im zweiten Anlauf und nicht ohne Irritationen und Komplikationen. Es zeigt deutlich, dass Annos Person und Handeln zu diesem Zeitpunkt äußerst umstritten waren.
Obgleich das Annolied und die Vita Annonis minor als Beschreibung seines Lebens mit dem Prozess der Heiligsprechung korrelierten, richtet diese Arbeit ihren Fokus in erster Linie auf die Darstellung Annos II. als Heiligen in den beiden Quellen. Doch was bedeutet es, ein Heiliger zu sein? Was zeichnet einen Heiligen aus?
Inhaltsverzeichnis
- „sîn gåte bikanti vil unmanig man“: Einleitung...
- Heiligenattribute im Hochmittelalter
- Die Aussagen der Vita Annonis minor.
- Pluralität der mittelalterlichen Heiligkeitskonzeptionen.
- Charakterisierung der Quellen
- Das Annolied...
- Vita Annonis minor..
- Hagiographische Synopse des Annolieds und der Vita Annonis minor..
- Biblische Grundlegung.
- ,,al náh dis heiligin Christis bilide“: Imitatio...
- Imitatio Christi.
- Anderweitige Nachfolge.
- Gewichtung der Nachfolge-Modelle
- „dî wurdin dâ gesunte“: Heilungen und Wundertaten.……....
- Heilungen....
- Das Volprecht-Wunder.
- Wundertaten.
- Stellenwert der Wunder
- ,,als ein lamb gîn her untir diurftigin“: Tugendhaftigkeit
- Bestand an Tugenden
- Rolle der Tugenden innerhalb der Quellen.……………………………….
- ,,als ein lewo saz her vur din vuristin“: Weltliches Handeln.
- ,,dritte werilde“: Ideal des christlichen Herrschers ..........\li>
- ,,disin vlekkin wîsi hine gedûn“: Annos Schuld.
- Vision vom Flecken auf der Brust
- Motivation der Thematisierung.
- Schwerpunktverschiebung innerhalb der Argumentation .\li>
- ,,dů ward her gikeistigit“: Annos Leiden
- ,,gode was her vili liep“: Fazit...
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung des Kölner Erzbischofs Anno II. als Heiligen im Annolied und der Vita Annonis minor. Die Analyse fokussiert auf die Heiligenattribute, die in den beiden Quellen hervorgehoben werden und wie diese die Heiligkeit Annos im Kontext des Hochmittelalters beleuchten.
- Darstellung von Anno II. als Heiliger im Annolied und der Vita Annonis minor
- Analyse der Heiligenattribute in den Quellen
- Zusammenhang zwischen den Heiligenattributen und der Heiligkeitskonzeption des Hochmittelalters
- Vergleich der Darstellungen in beiden Quellen
- Bedeutung der Wunder und tugendhaften Lebens für die Heiligkeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die kontroverse Person und das Wirken des Kölner Erzbischofs Anno II. vor und leitet zum Thema der Arbeit über: die Darstellung Annos als Heiligen im Annolied und der Vita Annonis minor. Das zweite Kapitel befasst sich mit den Heiligenattributen im Hochmittelalter. Es analysiert die Aussagen der Vita Annonis minor zum Thema der Heiligkeit und verweist auf die Pluralität der Heiligkeitskonzeptionen im Mittelalter. Das dritte Kapitel charakterisiert die Quellen, das Annolied und die Vita Annonis minor, hinsichtlich ihrer Entstehung und ihres literarischen Werts.
Schlüsselwörter
Anno II., Annolied, Vita Annonis minor, Heiligkeit, Heiligenattribute, Hochmittelalter, Wunder, Tugendhaftigkeit, Imitatio Christi, Heiligsprechung, Quellenkritik.
- Citation du texte
- Florian Amberg (Auteur), 2006, Anno II. von Köln als Heiliger in der Darstellung des Annolieds und der Vita Annonis minor, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67041