Am dritten Oktober 2005 wurden die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei eröffnet. Damit wurde ein Prozess in Gang gebracht, der sich deutlich von den bisherigen Erweiterungsrunden unterscheidet. Zum ersten Mal wurde deutlich darauf hingewiesen, dass die Verhandlungen insoweit offen sind, als ein erfolgreicher Ausgang nicht von vornherein garantiert werden kann. Des Weiteren wurde erklärt, dass eine Aussetzung der Verhandlungen noch möglich ist, falls der türkische Reformprozess ins Stocken gerät oder sogar rückgängig gemacht werden sollte. Somit ist eine türkische Mitgliedschaft noch nicht sicher, auch wenn die Beitrittsverhandlungen begonnen haben.
Ein weiterer Unterschied zu den bisherigen Erweiterungen besteht auch darin, dass die Mitgliedschaft des Kandidatenlandes von weiten Kreisen der Öffentlichkeit der Europäischen Union (EU) als unerwünscht betrachtet wird. Das Thema spaltet die EU-Bevölkerung und politische Machtträger in Befürworter und Gegner einer Aufnahme der Türkei. Die Debatte über einen möglichen Beitritt der Türkei zur EU findet sich in allen Mitgliedstaaten wider und geht über politische Parteigrenzen hinaus. Als Hauptargumente gegen einen Beitritt der Türkei zur EU werden angeführt, dass dem „Islam […] die für die europäische Kultur entscheidenden Entwicklungen der Renaissance, der Aufklärung und der Trennung zwischen geistlicher und politischer Autorität fehlen“ , dass dieses Land „nach geographischer Lage, […] Kultur und Mentalität […] kein Teil Europas [ist].“ Befürworter eines türkischen Beitritts argumentieren, dass die Türkei mit ihrer besonderen geostrategischen Rolle Europa einen wichtigen „Dienst“ leisten kann.
Der Beschluss vom Dezember 2004, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei zu beginnen, „hatte daher eine doppelte Funktion: die unterschiedlichen Positionen der einzelnen Mitgliedstaaten zu überbrücken und der Türkei eine akzeptable Perspektive für die Beitrittsverhandlungen zu eröffnen. Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen kann nur dann gewährleistet werden, wenn die gegenwärtig in der EU vorherrschende negative Einstellung gegenüber dem Staat am Bosporus abgebaut werden kann. Eine Mitgliedschaft der Türkei kann voraussichtlich erst im Jahre 2014 realisiert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung
- Aufbau
- Forschungsstand
- Historisch-Politischer Abriss
- Ankaras Orientierung nach Westen
- Politisches System der Türkei
- Die Verfassung
- Das Parlament
- Kulturelle Unterschiede zwischen der EU und der Türkei
- Die EU als Wertegemeinschaft
- Die Trennung von Religion und Welt
- Familienvorstellungen und Gleichberechtigung
- Kulturpolitischer Dauerbrenner: Der Kurdenkonflikt
- Unruhen im türkischen Kurdengebiet
- Bedeutung des Kurdenproblems
- Herausforderungen für die EU
- Strategische Stärkung der EU?
- Die geostrategische Bedeutung der Türkei in Vorderasien
- Die geopolitische Lage der Türkei
- Sicherheitspolitische Bereicherung
- Schlussbetrachtung
- Zusammenfassung
- Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, ob die Türkei zur Europäischen Union passt. Sie untersucht die historische und politische Entwicklung der Türkei, ihre Orientierung nach Westen, ihr politisches System, kulturelle Unterschiede zwischen der Türkei und der EU sowie den Kurdenkonflikt und die strategische Bedeutung der Türkei für die EU.
- Die historische und politische Entwicklung der Türkei
- Die Orientierung der Türkei nach Westen
- Das politische System der Türkei
- Kulturelle Unterschiede zwischen der Türkei und der EU
- Die strategische Bedeutung der Türkei für die EU
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Problemstellung der Arbeit vor, die Frage, ob die Türkei zur EU passt. Es werden die wichtigsten Argumente für und gegen einen EU-Beitritt der Türkei vorgestellt und die Kapitel der Arbeit strukturiert.
Kapitel zwei gibt einen kurzen historischen und politischen Abriss der Türkei.
Kapitel drei behandelt die Orientierung der Türkei an den Westen.
Kapitel vier untersucht das politische System der Türkei und analysiert, ob die türkische Republik ein demokratisches System ist.
Kapitel fünf betrachtet kulturelle Unterschiede zwischen der Türkei und der EU, insbesondere in Bezug auf die Werte der EU, Religion, Familie und Gleichberechtigung.
Kapitel sechs widmet sich dem Kurdenkonflikt und seinen Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen der Türkei und der EU.
Kapitel sieben beleuchtet die strategische Bedeutung der Türkei für die EU.
Schlüsselwörter
EU-Erweiterung, Türkei, Beitrittsverhandlungen, Demokratie, Kultur, Religion, Kurdenkonflikt, geostrategische Bedeutung, Vorderasien.
- Quote paper
- Anett Stromer (Author), 2006, EU und Türkei - Passt die Türkei zur EU?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67113