Erreichen die Vereinten Nationen durch die Strategie der Penetration eine Verbesserung der Menschenrechtslage? Südafrika und Uruguay


Diplomarbeit, 2006

80 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1 EINLEITUNG

2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN
2.1 Konvergenzforschung
2.1.1 Konvergenz von Menschenrechtspolitiken
2.1.2 Penetration
2.1.3 Die Strategie der Penetration der Vereinten Nationen
2.1.4 Konvergenzausmaß, Konvergenzrichtung, Stärke der Konvergenz

3 METHODIK UND FORSCHUNGSDESIGN
3.1 Fallauswahl
3.1.1 Mögliche Verfahren
3.1.2 Das Forschungsdesign
3.2 Untersuchungsablauf

4 DIE AUSGANGSSITUATIONEN IN SÜDAFRIKA UND URUGUAY
4.1 Die Menschenrechtslage im Apartheidsüdafrika
4.1.1 Neo-Apartheid
4.1.2 Beispiele für grobe Menschenrechtsverletzungen
4.1.3 Indikatoren für Menschenrechte im Apartheidsüdafrika
4.2 Die Menschenrechtslage in Uruguay
4.2.1 Beispiele für Menschenrechtsverletzungen
4.2.2 Indikatoren für Menschenrechte in Uruguay 1973-1984

5 VERBESSERTE MENSCHENRECHTSLAGEN NACH DEN VN-PENETRATIONEN
5.1 Südafrika
5.1.1 Die verbesserte Menschenrechtslage in Südafrika
5.1.2 Indikatoren für Menschenrechte im demokratischen Südafrika
5.2 Uruguay
5.2.1 Die Menschenrechtslage in Uruguay ab 1984/85
5.2.2 Indikatoren für Menschenrechte in Uruguay ab 1984/85
5.3 Zwischenfazit

6 URSACHEN FÜR DIE VERBESSERTEN MENSCHENRECHTSLAGEN
6.1 Ursachen für die Verbesserungen in Südafrika
6.1.1 Ursache: Konvergierte Menschenrechtspolitik Südafrikas
6.1.2 Verursacher: Die VN mit der Strategie der starken Penetration
6.1.3 Andere Ursachen
6.2 Ursachen für die Verbesserungen in Uruguay
6.2.1 Ursache: Konvergierte Menschenrechtspolitik Uruguays
6.2.2 Verursacher:Die VN mit der Strategie der mittelstarken Penetration
6.2.3 Andere Ursachen

7 FAZIT

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

1 EINLEITUNG

Die Vereinten Nationen feiern im Jahr 2005 ihr 60-jähriges Bestehen. Dieses Jubiläum ist ein guter Anlass, ein Fazit zu ziehen und die Fähigkeiten und Einflussmöglichkeiten dieser Organisation zu analysieren. Gerade das Menschenrechtsfeld als eines der wichtigsten Tätigkeitsbereiche dieser Organisation sollte dazu beleuchtet werden:

„The pursuit of human rights was one of the central reasons for creating the United Nations. World War II atrocities and genocide led to a ready consensus that the new organization must work to prevent any similar tragedies in the future” (US DEPT).

Kein anderes Feld spiegelt die Fähigkeiten und die Unfähigkeiten dieser Orga- nisation in dramatischerer Weise wieder als das Menschenrechtsfeld. Ruanda hat gezeigt, dass ohne das Einwirken der Vereinten Nationen ein Genozid und andere grausame Menschenrechtsverbrechen Realität werden. Es gibt jedoch auch Länderbeispiele, bei denen trotz der VN-Maßnahmen gegenüber einem menschenrechtsverletzenden Staat die Menschenrechtslage unverändert blieb oder sich sogar verschlechterte: Im Irak herrscht trotz der VN-Programme und den VN-Sanktionen nach wie vor eine brisante Menschenrechtslage. In Nepal ist die Menschenrechtslage trotz der VN-Maßnahmen äußerst schlecht. Andere Staaten wie Südafrika und Uruguay belegen, dass eine Verbesserung der Menschenrechtslage durch eine Einmischung der VN wahrscheinlicher wird.

Die Vereinten Nationen haben in den Jahren, in denen eine perfide Menschenrechtslage in Verletzerstaaten herrschte, ihre Menschenrechtsinstrumente vielfältig eingesetzt. Dazu gehörte vor Allem, politischen und rechtlichen Druck auf die menschenrechtsverletzenden Regierungen auszuüben.

Warum aber setzen die Vereinten Nationen in einigen Staaten Sanktionen und stärkere Druckinstrumente ein, in anderen Staaten bei ähnlich schlechter Men- schenrechtslage aber nur Diplomatie und Vertragsdruck? Warum können die Vereinten Nationen in manchen Staaten mit schwächerem Druck, in anderen Staaten nur mit stärkerem Druck eine starke Verbesserung der Menschen- rechtslage erzielen? Auf diese Fragen sollen in dieser Arbeit Antworten gefun- den werden.

Es erscheint sinnvoll zu erforschen, welche Auswirkungen und Erfolge die Druck ausübenden Maßnahmen der Vereinten Nationen im Menschenrechtsfeld tatsächlich haben.

2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN

Im folgenden Abschnitt sollen die theoretischen Grundlagen dieser Arbeit vorgestellt werden. Neben der Konvergenzforschung werden auch die Druck ausübenden Maßnahmen der Vereinten Nationen dargestellt.

2.1 Konvergenzforschung

Die Konvergenzforschung beschäftigt sich mit Annäherungen und mit dem Ent- stehen von Ähnlichkeiten von Politiken über gewisse Zeiträume. Da zur Ver- besserung von Menschenrechtslagen eine Veränderung der Menschenrechts- politiken und Rechtsstaatlichkeit notwendig ist, befasst sich diese Arbeit vor- wiegend mit dem Thema Konvergenz von Menschenrechtspolitiken und könnte auf Grund der Policy-AuswahlMenschenrechtedie bisherigen Beiträge zur Konvergenzforschung ergänzen, denn die Konvergenzforschung hat bisher vorwiegend Analysen aus der politischen Ökonomie und Umweltpolitik zu bie- ten. Deshalb sind „Analysen weiterer Policybereiche erforderlich“ (Meseguer Yebra 2004).

2.1.1 Konvergenz von Menschenrechtspolitiken

Dass Menschenrechtspolitiken in den 60 Jahren des Bestehens der Vereinten Nationen im Sinne des VN-Ideals konvergierten ist wohl unbestritten. In den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kam es in vielen Ländern zu zahl- reichen und enormen Veränderungen der Menschenrechtspolitik und daraufhin zu einer verbesserten Menschenrechtslage.1 Mehrish attestiert den Vereinten Nationen, durch das Schaffen von effizienten Instrumenten zur Durchsetzung von Menschenrechten im Menschenrechtsfeld enorm viel geleistet zu haben (vgl. Mehrish 2003: 141).

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) bestätigt diese konvergierende Tendenz: “For most of the past 40 years human capabilities have been gradually converging. [...] Developing countries as a group have been catching up with rich countries in such areas as life expectancy, child mortality and literacy” (UNDP 2005: 25). Die Vereinten Nationen haben in den 60 Jahren ihres Bestehens kontinuierlich die Menschenrechte verteidigt und einen wichtigen Beitrag zum Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen gelei- stet. Ihre friedenserhaltenden ebenso wie ihre Beobachtermissionen haben im- mer wieder Menschen geschützt, die von Unterdrückung bedroht waren (vgl. AI 2005).

Allerdings hat sich die Situation seit etwa Mitte der 90er Jahre wieder drastisch verändert: “Aworrying aspect of human development today is that the overallrate of convergence is slowing - and for a large group of countries divergence is becoming the order of the day” (UNDP 2005: 25).

Beim Lesen der Jahresberichte der verschiedenen Menschenrechtsorganisatio- nen wieHuman Rights WatchundAmnesty Internationalfällt es in der Tat schwer, bei diesem Politikfeld von einem Konvergieren von Politiken auszuge- hen (vgl. AI 2005/ HRW 2005): Zwei Drittel aller VN-Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, standen bis zum Jahr 2000 auf der Agenda der Menschen- rechtsverletzer (vgl. Tomaševski 2000: 381). Die Länderberichte der verschie- denen VN-Menschenrechtskommissionen zeigen sogar, dass in nahezu jedem VN-Mitgliedsstaat Zustände vorzufinden sind, die aus menschenrechtlicher Perspektive problematisch sind.2 Für das Jahr 2004 zählte Amnesty Internatio- nal 42 Staaten, in denen Menschen willkürlich oder ohne Anklage in Haft ge- nommen wurden. Mindestens 7.395 Menschen (2003: 2.756) wurden in 64 Ländern (2003: 63) zum Tode verurteilt. In 26 Staaten wurden Hinrichtungen vollstreckt. In 79 Staaten wurden das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Versammlungsrecht und/oder die Pressefreiheit eingeschränkt oder aufgeho- ben. In mindestens 11 Ländern gab es neue Fälle von verschwundenen Men- schen. Tausende Menschen in einer Vielzahl weiterer Staaten blieben ebenfalls „verschwunden“. In 104 Ländern wurden Menschen Opfer von Folter und Miss- handlung durch Sicherheitskräfte, Polizeibeamte oder andere Staatsangestellte (vgl. AI 2005).

Der Auftrag des VN-Menschenrechtsprogramms, die Menschenrechte zu schützen und zu fördern, leitet sich aus einer Vielzahl völkerrechtlicher Verein- barungen ab: den Artikeln 1, 13, 55, 56, 62 und 68 der VN-Charta3, zahlreichen internationalen Menschenrechtsverträgen4, der Wiener Erklärung und dem Ak- tionsprogramm, dem Mandat des VN-Hochkommissars für Menschenrechte sowie den Resolutionen und Entscheidungen der für Menschenrechtsfragen zuständigen VN-Organe.

Verbessern kann sich eine Menschenrechtslage im Prinzip nur, wenn Verletzer- staaten ihre menschenunwürdige Menschenrechtpolitik verändern und den Menschenrechten wieder Gültigkeit verschafft wird. Dafür bedarf es in den mei- sten Fällen der Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit: „And the rule of law is a crucial precondition for sustained human rights change and for habitualized practices“ (Risse/ Ropp 1999: 277). Verändern die Staaten ihre Menschen- rechtspolitik im Sinne des VN-Normenkatalogs, indem die VN- Menschenrechtsnormen ins inländische Recht implementiert werden und die Politik nach den VN-Normen ausgerichtet wird, müssen zwangsläufig auch Ähnlichkeiten bei den Menschenrechtspolitiken beobachtbar sein. Die Men- schenrechtspolitiken konvergieren somit in Richtung auf das VN-Ideal. Durch die konvergierte Menschenrechtspolitik ist dann eine Verbesserung der Men- schenrechtslage möglich.

Als eine Ursache für das Konvergieren von (Menschenrechts-) Politiken nennt Colin J. Bennett Penetration (Bennett 1991: 215).

2.1.2 Penetration

In der Konvergenzforschung bezeichnet Colin J. Bennett Penetration als einen Prozess, bei dem Staaten dazu gezwungen werden, Handlungen zu vollziehen, die den Präferenzen externer Akteure entsprechen (vgl. Bennett 1991: 227). Für Colin J. Bennett ist Penetration “more an expression of power“ (Bennett 1991: 229). Das setzt voraus, dass die externen Akteure mehr Macht haben als die staatlichen Akteure des Verletzerstaates: “In our definition, con-vergence through imposition occurs whenever an external political actor forces a government to adopt a certain policy. This presupposes asymmetry of power” (Holzinger/Knill 2005: 781). Siegel und Weinberg bezeichnen penetrative Pro- zesse als Prozesse, bei denen externe Akteure bei der Auswahl von Zielen, der Kostenverteilung und bei der Mobilisierung von Ressourcen und Fähigkeiten im inländischen Policy-Prozess partizipieren (vgl. Siegel /Weinberg 1977: 67).

Penetration ist auf der Skala zwischen Freiwilligkeit und Zwang eindeutig eher im Bereich Zwang anzusiedeln, denn Penetration bedeutet, dass die externen Akteure ihren politischen Willen gegenüber einer Regierung durchsetzen wollen. Penetrative Prozesse können aber innerhalb des Bereiches Zwang in ihrer Weise variieren: Penetrative Prozesse können sowohl zwingend als auch kooperativ ausgerichtet sein (vgl. Siegel/ Weinberg 1977: 67).

Penetration soll in dieser Studie verstanden werden als Ausübung von politi- schem und rechtlichem Druck durch dominante, externe Akteure. Der Druck kann sowohl zwingend als auch kooperativ ausgerichtet sein. Mittels penetrati- ver Prozesse partizipieren externe Akteure bei der Auswahl von Politiken eines Staats.

Penetration wird bei Verletzerstaaten notwendig, die von den gewünschten bzw. vertraglich geregelten Standards der VN abweichen. Meist sind diese Staaten zunächst sehr uneinsichtig und nicht dazu bereit, Einmischungen ex- terner Art zulassen. Die Zeit, sich auf das Nichtinterventionsgebot berufen zu können, scheint zwar seit den 90er Jahre zugunsten eines Menschenrechtsin- terventionsgebots immer mehr zu weichen, viele Jahrzehnte aber haben sich Verletzerstaaten immer wieder auf ihre Souveränität und das Prinzip der Nicht- einmischung der VN5 berufen und so ihre menschenrechtsverletzenden Politi- ken an der internationalen Gemeinschaft vorbei fortführen können. In diesen Fällen betonen Staaten immer wieder ihre Souveränität. Es liegt dann eine Va- riante von Staatsautonomie vor, die gewissermaßen Immunität gegen externe Effekte schaffen soll und auch - zumindest über einen gewissen Zeitraum - schaffen kann. Externe und interne Präferenzen sind in diesem Fall divergent, die staatlichen Präferenzen und die autoritativen Handlungen des Verletzerstaats stimmen überein. Beim Verletzerstaat besteht kein Mangel an Autonomie (siehe Abb. 2.1.2/ Phase 1). Der Staat versucht zunächst in den meisten Fällen, autark zu werden oder zu bleiben.

Penetration bewirkt einen Verlust an Autonomie eines Staates, wenn der Ver- letzerstaat einem Zwang unterliegt oder die penetrativen Prozesse eine Ein- schränkung der Handlungsfähigkeit des Staates bedeuten (siehe Abb. 2.1.2/ Phase 2): "Hence, a key factor in an analysis of coercion concerns the spheres of autonomy of the various participants in a specific power relation relative to each other" (Rosenbaum 1986: 13). Der erreichte Mangel an Autonomie beim Verletzerstaat durch penetrative Prozesse behindert einen Staat dabei, gemäß seiner ursprünglichen Präferenzen zu handeln. Stattdessen muss er seine Poli- tik immer mehr an den Präferenzen der Druck ausübenden Gruppe oder Orga- nisation ausrichten und damit sich deren politischen Normen annähern (siehe Abbildung 2.1.2/ Phase 2):

„A lack of autonomy (external constraint) is associated with just one cell of the framework: where state and external preferences are divergent and state prefer-ences and authoritative actions are non-coincident.[...] The only convergence pro-cess identified above that fits this characterization is the last one - penetration, based on an explicit assumption of constraint imposed by external actors” (Bennett 1991: 232).

Der Verlust an Staatsautonomie durch Penetration bewirkt nicht nur, dass der Staat seine (Menschenrechts-) Politik nach den Präferenzen der dominierenden Organisation der Vereinten Nationen ausrichten muss, sondern kann im weite- ren Verlauf dazu führen, dass der Staat zur Überzeugung gelangt, dass die Präferenzen der dominierenden Gruppe die bessere Option für das Land ist und so auch die internen und externen normativen Konzepte nicht mehr divergieren (siehe Abb. 2.1.2/ Phase 3).

Abbildung 2.1.2: 3-Phasenmodell zur Darstellung der Wirkkraft von Penetration

Phase 1 Vor der Penetration

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Phase 2 Penetrationsphase

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Phase 3 Nach der Penetration

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung durch Modifizierung der 2x2-Tabelle von Nordlinger (1981: 28)6

2.1.3 Die Strategie der Penetration der Vereinten Nationen

Das Mittel der Penetration im Zusammenhang mit den Vereinten Nationen ist näher zu erläutern. Zwang und Penetration erscheinen angesichts eines freiwilligen Beitritts zu den Vereinten Nationen einerseits zwar bedenklich, beim Beitritt selbst ist aber oft bereits ein Element des Zwangs enthalten: „The desire for international acceptance is classified as voluntarily but driven by percieved necessity“ (Dolowitz/Marsh 1996: 13). Das können‘feelings of beingleft behind’, die Reputation des Landes und wirtschaftliche Gründe sein. Rechtssysteme wie die des Internationalen Rechts liegen im Allgemeinen in einem Spektrum zwischen Freiwilligkeit und Zwang:

„While the international system is primarily consent-based, it incorporates elements of coercion. […] While the United Nations is supposedly a voluntarist organization, Article 2(6) of the Charter does direct the U.N. to ensure that states which are not Members of the United Nations act in accordance with these Principles so far as may be necessary for the maintenance of international peace and security " (Glennon 2005: 985).

Die Charta der Vereinten Nationen enthält also ein klares Element, das die VNMitgliedsstaaten dazu zwingt, für den Frieden und für die Sicherheit in der Welt einzutreten. Einige VN-Mitgliedsstaaten traten also in ein Bündnis ein, dessen Konsequenzen für das Land völlig unabsehbar waren:

“However, there is a paradox in the sovereignty argument when facing transnational obligations. Upon the ratification of the UN Charter, human rights became an issue of legitimate international concern - but it was uncertain how far it could penetrate national sovereignty”(Skogly/ Gibney 2002: 796).

Eine Einmischung in die staatlichen Angelegenheiten ist und war für die Vereinten Nationen immer mit großen Schwierigkeiten verbunden, denn Menschenrechte bewegen sich je nach geostrategischer und nationaler Interessenlage der VN-Großmächte zwischen den Polen eines unbedingten Nichteinmischungsgebots nach Art. 2.7 der VN-Charta und der Verpflichtung aller VNMitgliedstaaten gemäß der Präambel, Art.1 (3) und Art. 55 UNCH, die Menschenrechte zu wahren. Staaten konnten so lange Zeit auf ihrer Souveränität bestehen und auf diese Weise ungehindert ihre menschenenrechtsverletzende Politik über einen langen Zeitraum fortsetzen.

Durch die Operationalisierung der Menschenrechte ab Mitte der 1970er Jahre war das öffentliche Interesse der Welt an Menschenrechten so gestärkt worden, dass den Verletzerstaaten immer weniger Handlungsspielraum blieb, Men- schenrechte an der Weltöffentlichkeit vorbei zu verletzen. Zwischen 1973 und 1985 expandierte das transnationale Menschenrechtsnetzwerk, so dass eine internationale, soziale Struktur von Menschenrechtsnormen und Menschen- rechtsinstitutionen entstand (vgl. Sikkink 1999: 21).

Heute erhalten starke Menschenrechtsverletzungen die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit und werden von den Vereinten Nationen öffentlich verurteilt. Wirtschaftliche Sanktionen und humanitäre Interventionen werden mehr und mehr akzeptiert, um groben Menschenrechtsverletzungen entgegen zu wirken (vgl. Skogly/ Gibney 2002: 796).

Da die Vereinten Nationen über keine zentrale Rechtsdurchsetzungsinstanz verfügen, haben sie insbesondere in den 60er und 70er Jahren rechtliche und politische Strategien entwickelt, um den völkerrechtlich geschützten Menschen- rechten überall in der Welt Wirksamkeit und Beachtung zu verschaffen. Dazu gehören insbesondere die beiden in den 60er Jahren entwickelten Menschen- rechtspakte ICCPR (Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rech- te) und ICESCR (Internationaler Pakt über wirtschaftliche, kulturelle und soziale Rechte) sowie die dazu gehörigen optionalen Protokolle, die Individualbe- schwerden ermöglichen. Die Pakte und die zugehörigen Protokolle traten 1976 in Kraft.

Die Strategie der Penetration der Vereinten Nationen kann unterschiedlich star- ken Druck auf Verletzerstaaten ausüben und zielt darauf ab, die Menschen- rechtslage zu verbessern, indem Regierungen dazu gedrängt werden, ihre von den VN-Normen divergierende Menschenrechtspolitik den VN-Standards anzu- passen:

“Most work of human rights institutions focuses on the national or internal obligations that states have and how states that have ratified the various human rights instruments implemented these provisions within their national borders“(Skogly/Gibney 2002: 781-782).

Verschiedene Instrumente stehen den Vereinten Nationen zur Verfügung, um ihre Strategie der Penetration zu verfolgen. Heute reichen die möglichen VN- Maßnahmen, systematische Menschenrechtsverletzungen und -verbrechen zu ahnden oder ihnen zuvorzukommen, von beobachtenden Maßnahmen (Monito-ringüber die ratifizierten Verträge und mittelsSpecial Rapporteurs, die thema- tisch oder länderspezifisch eingesetzt werden) und bloßen Ermahnungen (mit- tels Diplomatie und Reden/bringing it to media) bis zu Bombardierungen von militärischen Zielen des Unrechtsregimes (Intervention), um es zur Aufgabe seiner Minderheitenpolitik, zumindest zur Einstellung der Gewaltanwendung zu zwingen.

Neben den PenetrationstypenMonitoring, Diplomatie und Intervention stehen den Vereinten Nationen noch zwei weitere Penetrationsinstrumente zum Aus- üben von Druck zur Durchsetzung der Menschenrechte zur Verfügung: Sank- tionen undtreaty-pressure (Vertragsdruck).Die Menschenrechtsverträge wer- den sowohl zur regulären Beobachtung aller VN-Mitgliedsstaaten genutzt als auch dazu, direkten Druck auf einen Staat auszuüben, nachdem bekannt ge- worden ist, dass dieser gegen die Normen verstößt. Der Verletzerstaat wird dann ermahnt, als Verletzerstaat bloßgestellt und an seine eingegangenen Ver- pflichtungen erinnert.

Schwache Penetration in Form vonMonitoringdurch thematische oder länder- spezifischeSpecial Rapporteurssowie durch das Einholen von Länderberichten der VN-Menschenrechtskomitees erfolgt generell für jedes VN-Mitgliedsland. Die Verletzerstaaten sind durch die Ratifikation eines Menschenrechtspaktes verpflichtet, Rechenschaft zu ihrer Menschenrechtslage abzulegen und alle fünf Jahre Berichte vorzulegen. Nahezu alle Menschenrechtsverträge sehen eine Pflicht der Vertragsstaaten vor, einem Vertragsorgan periodisch über Fort- schritte oder Probleme bei der Verwirklichung der im jeweiligen Vertrag statu- ierten Verpflichtungen zu berichten. Folgende Verträge auf universeller Ebene sehen ein obligatorisches Berichtsverfahren vor: VN-Pakt ICESCR, Folterkon- vention, Rassendiskriminierungskonvention, CEDAW, Kinderrechtskonvention, Wanderarbeiterkonvention (vgl. OHCHR LAW).

Werden Verletzungen in einem Land bekannt, beginnen die VN in der Regel mit der Suche nach Fakten und Ermahnungen. Die Organisation entsendet Diplo- maten, Delegationen und weckt erstes Medieninteresse, wodurch der Verlet- zerstaat stärkere Penetration erfährt als durch bloße Beobachtung. Dieses ent- spricht einer mittelstarken VN-Penetration. Dieser mittelstarke Druck geht ebenso von den ratifizierten Menschenrechtsverträgen aus (treaty pressure), mittels derer die VN ab 1976 Verletzerstaaten nicht nur beobachten, sondern auch penetrieren können. Die Menschenrechtskomitees können insbesondere über die Fakultativprotokolle Individualbeschwerden empfangen und bearbei- ten. Auf internationaler Ebene kennen folgende Verträge ein fakultatives Indivi- dualbeschwerdeverfahren, welches für Privatpersonen nur gilt, falls der betrof- fene Vertragsstaat die Zuständigkeit des Vertragsorgans für die Beurteilung von gegen ihn gerichteten Individualbeschwerden anerkannt hat: VN-Pakt über bür- gerliche und politische Rechte, die Folterkonvention, Rassendiskriminierungs- konvention und die Wanderarbeiterkonvention (AI CH). Die Individualbeschwer- den ermöglichen den VN-Komitees, einen besseren Einblick in die Menschenrechtslage zu bekommen. Die Menschenrechtskomitees haben so die Möglichkeit, dem Verletzerstaat zu zeigen, dass dieser unter ständiger Kontrolle der Vereinten Nationen steht, und können ihn auffordern, seinen VNMenschenrechtsverpflichtungen nachzukommen.

Unbestreitbar ist auch, dass VN-Sanktionen, Embargos und Boykotte einen noch stärkeren VN-Penetrationstyp darstellen als der Vertragsdruck. Sanktionen entsprechen somit einer starken Penetration. Militärische Interventionen sind schließlich das letzte und stärkste Druckinstrument der Vereinten Nationen und entsprechen einer sehr starken Penetration.

Die eingesetzten VN-Penetrationsinstrumente variieren erheblich zwischen den menschenrechtsverletzenden Staaten. Sanktionen stellen in der Regel zwar eher eine Strategie der zwingenden Penetration dar, die VN müssen aber selbst dann auf einer kooperativen Ebene mit dem Verletzerstaat bleiben. Mit Zunah- me der Penetrationsstärke bewegen sich penetrative Prozesse zudem mehr und mehr im Bereichconditionality: Die VN stellen die Bedingung, dass der Zielstaat seine Menschenrechtspolitik mit den VN-Standards in Übereinstim- mung zu bringen hat, andernfalls drohen die VN mit Sanktion, Isolation, Em- bargo oder sogar Intervention. Die kooperativen Elemente der penetrativen Prozesse weichen dabei mit zunehmender Penetrationsstärke immer mehr den Maßnahmen mit Zwangscharakter (vgl. Siegel/ Weinberg 1977: 67), bis sie im Fall einer militärischen Intervention zunächst vollkommen erlöschen. Erst nach dem Bezwingen des Verletzerstaates wachsen wieder kooperative Elemente in die Verhandlungsstrategien mit ein.

Die verschiedenen Instrumente ermöglichen es den Vereinten Nationen, individuell und unterschiedlich stark auf die verschiedenen Menschenrechtslagen zu reagieren: “Strategy constitutes the creative element in any exercise of power. It involves the search for the optimum relationship between political ends and the means available for obtaining them” (Freedman 1998: 15).

Setzen die VN ihre Druckinstrumente ein, verfolgt die Organisation damit die Strategie der Penetration, denn durch jedes Instrument werden Staaten mehr oder weniger stark entgegen ihrer Präferenzen durch eine externe Organisati- on zur Konformität gezwungen (vgl. Bennett 1991: 227 und Nordlinger 1981: 28). Der VN-Menschenrechtsexperte Manfred Nowak hält sogar jede Men- schenrechtsarbeit der Vereinten Nationen für penetrativ. Allein durch die Exi- stenz der Organisation ergebe sich ein pemanenter Druck auf menschenrechtsverletzende Regierungen (vgl. Interview Nowak 2005 im Anhang). Ohne die Strategie der Penetration der Vereinten Nationen ist eine Verbesserung der Menschenrechtslage ausgeschlossen bzw. unwahrscheinlich. Gemäß dem 5-Phasenmodell von Thomas Risse und Kathryn Sikkink7 ist zur Verbesserung einer Menschenrechtssituation internationaler Druck des transnationalen Menschenrechtsregimes absolut notwendig:

„Transnational human rights pressures and policies, including the activities of ad-vocacy networks, have made a significant difference in bringing about improve-ments in human rights practices in diverse countries around the world. Without the international human rights regimes and norms as well as the transnational net-works that worked to make these norms meaningful, we believe that the human rights changes [...] would not have occurred”(Risse/ Ropp 1999: 275).

Die Strategie der Penetration der Vereinten Nationen beabsichtigt, den nor- menverletzenden Staat selbst verletzbar zu machen (vgl. Risse/ Ropp 1999: 277). Die Strategie der Penetration der Vereinten Nationen impliziert also, dass der Verletzerstaat dauerhaft, bis zur Veränderung seiner Menschenrechtspolitik, unter Druck gesetzt werden muss (vgl. Sikkink 1999: 20 und siehe 5- Phasenmodell im Anhang). Durch die VN-Penetration wird der Verletzerstaat geschwächt und lässt die externen Präferenzen mit seinen eigenen Präferen- zen verschmelzen. Die Strategie der Penetration isoliert und schränkt den Ver- letzerstaat in seiner Autonomie ein (vgl. Risse/Sikkink 1999: 5). Bis seine Handlungsoptionen derart eingeschränkt sind, dass ihm gar keine andere Mög- lichkeiten mehr offen stehen, von den VN-Normen zu divergieren, müssen die Vereinten Nationen in manchen Verletzerstaaten oft mehrere Penetrationsin- strumente dauerhaft einsetzen.

Die Strategie der Penetration der Vereinten Nationen hat jedoch nicht unbegrenzt Einflussmöglichkeiten auf einen menschenrechtsverletzenden Staat. Damit sich Menschenrechtslagen verbessern können, bedarf es auch anderer Faktoren, insbesondere der Unterstützung durch andere INGOs und einer starken inländischen Opposition (vgl. Risse/Ropp/Sikkink 1999:5+277/ siehe auch 5-Phasenmodell im Anhang).

2.1.4 Konvergenzausmaß, Konvergenzrichtung, Stärke der Konvergenz

Indikatoren für die Konvergenz von Menschenrechtspolitiken sind das Konvergenzausmaß, die Konvergenzrichtung und der Konvergenzgrad (vgl. Holzinger/Knill 2005: 778).

Das Ausmaß der Konvergenz von Menschenrechtspolitiken in Verletzerstaaten ist der folgenden Tabelle (siehe Abbildung 2.1.4) abzuleiten. Alle Staaten, die seit 19678 bis 2005 auf der VN- Menschenrechtsverletzungsagenda standen und auf die Druck ausgeübt wurde, sind in dieser Tabelle nach VN- Penetrationsstärke und Grad der Konvergenz der Menschenrechtspolitiken ein- geordnet (vgl. Toma evski 2000: 381). Selbstverständlich konvergierten Men- schenrechtspolitiken, unter Anderem auf Grund von VN-Druck, auch in anderen Staaten. Es geht in dieser Arbeit und Tabelle aber um die Darstellung der offizi- ellen Verletzerstaaten. In der Tabelle ist ebenso zu berücksichtigen, dass nicht alle Staaten wegen grober Menschenrechtsverletzungen auf diese Liste gesetzt worden sind (vgl. Toma evski 2000: 370).

Es soll hier deshalb lediglich gezeigt werden, dass nahezu alle Verletzerstaaten von den Vereinten Nationen unterschiedlich stark penetriert wurden und die meisten Menschenrechtspolitiken der Staaten mehr oder weniger stark konver- gierten. Auf Grund der hohen Anzahl der Verletzerstaaten und der begrenzten Zeit für diese Arbeit bleibt in dieser Tabelle der Faktor Zeit außen vor. Jedem Land liegt also ein anderer Konvergenzzeitraum zugrunde. Die analysierte Kon- vergenzzeitspanne beginnt für jeden Staat mit dem Jahr, in dem das Land auf die VN-Menschenrechtsverletzungsagenda gesetzt wurde und endet im Jahr 2005. Die Verletzerstaaten hatten also schon allein auf Grund der unterschied- lichen Zeitpunkte ihrer Beitritte zu den Vereinten Nationen unterschiedlich viel Zeit, ihre Menschenrechtspolitik mit dem VN-Ideal in Einklang zu bringen. Der Idealstandard ist in einer Serie von internationalen Verträgen verfasst, so im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem Internatio- nalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (vgl. Landmann 2002: 895).

Abbildung 2.1.4 Verteilung der VN-Verletzerstaaten nach Konvergenzgrad der Menschenrechtspolitik und VN-Penetrationsstrategien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Darstellung

Die jeweils für ein Land eingesetzte stärkste VN-Penetrationsstärke ist angege- ben, das heißt, dass ein sanktionierter Staat selbstverständlich auch mit Hilfe von Medien, Diplomatie und Verträgen (treaty-pressure)unter Druck gesetzt worden sein kann. Ruanda taucht in der Tabelle doppelt, Südafrika dreifach auf, weil diese Staaten die wichtigsten Beispiele dafür sind, dass ohne (Ruanda) oder mit zu schwacher Penetrationsstärke (Südafrika) Menschenrechtsverbrechen ungehindert fortgesetzt werden können. Mit stärkerer VN-Penetration erfolgte in diesen Staaten jedoch dann ein Konvergieren der Menschenrechtspolitik (und auch eine Verbesserung der Menschenrechtslage).

Die Tabelle zeigt die Varianz der eingesetzten Druckinstrumente der Vereinten Nationen in allen Staaten, die seit Bestehen der Vereinten Nationen auf der VN-Menschenrechtsverletzungsagenda standen. Die Varianz der zum Einsatz gekommenen Instrumente lässt einerseits eine kreative Strategie der VN ver- muten, die individuell nach dem optimalen Instrument für jedes Land sucht. An- dererseits bleibt damit ungeklärt, warum die Organisation in einigen schwerwie- genden Fällen wie Ruanda überhaupt keine Reaktion zeigte und so ein Genozid möglich wurde.

Lediglich drei aller Verletzerstaaten wurden schwach penetriert. Beobachtungen allein scheinen also absolut unzureichend zur Verbesserung der Menschenrechtslage in Verletzerstaaten. Die meisten menschenrechtsverletzenden Staaten (77,6%) wurden mittels ihrer ratifizierten VN-Menschenrechtsverträge (treaty-pressure) unter Druck gesetzt. 16,8% der Staaten wurden starker und sehr starker Penetration ausgesetzt.

Zur Feststellung des Konvergenzgrades der Menschenrechtspolitik wurden für fast9 alle Staaten die abschließenden Berichte der VN- Menschenrechtskomitees auf positive Faktoren hinsichtlich der Menschenrechtspolitik der Staaten analysiert, denn:

„All of the human rights committees focus heavily on legislative issues, includingthe legal recognition of human rights and the existence of legal procedures to protect oneÁs rights, and overall it can be said that within the UN human rights system itself there is at least and equal emphasis on measuring human rights from the compliance side as from the enjoyment side“ (Green 2001: 1088).

Als positive Faktoren wurden insbesondere Neuerungen oder Veränderungen der Gesetzgebung gemäß der VN-Menschenrechtsstandards und den jeweili- gen Verpflichtungen bewertet. Diese Messung der Konvergenz der Menschen- rechtspolitik, also die Fokussierung auf die Einhaltung der menschenrechtlichen VN-Verpflichtungen der Staaten, entspricht der gegenwärtigen Tendenz, Men- schenrechte daran zu messen, ob ein Staat seine Menschenrechtspolitik in Übereinstimmung mit den VN-Standards ausführt: „We saw practical reasons for leaning towards obligation-focused indicators“ (Green 2001: 1096). Die Anzahl der positiven Faktoren bestimmt, ob ein Staat gar nicht, gering mit- telstark oder stark konvergierte. Sind keine positiven Faktoren in den vergan- genen abschließenden Berichten enthalten gewesen, konvergierte die Men- schenrechtspolitik nicht in Richtung des VN-Ideals oder divergierte sogar da- von. Ein einziger positiver Faktor oder wenige positive Faktoren hinsichtlich der Fortschritte in der Menschenrechtspolitik entsprechen einer geringen Konver- genz, mehrere positive Faktoren ergeben dann eine mittelstarke Konvergenz. Eine starke Konvergenz bedeutet, dass ein Staat seine ursprünglich schlechte Menschenrechtspolitik so stark verändert hat, dass die Menschenrechtspolitik nun fast mit dem VN-Ideal kongruiert oder dem VN-Ideal innerhalb eines be- stimmten Zeitraums sehr viel näher gekommen ist.

Von der Tabelle lässt sich also auch ableiten, in welche Richtung die Men- schenrechtspolitik der meisten Staaten konvergierten. Nahezu alle Staaten auf der Liste konnten sich dem Druck der Vereinten Nationen nicht entziehen. Nach der Penetration konvergierte die Menschenrechtspolitik der Verletzerstaaten in Richtung VN-Ideal: Das komplexe System der VN mit „normative, political and practical structures and instruments relates in practically all States in many ways to their national human rights structures“ (Sucharipa 2001: 157). In schwach penetrierten Staaten konvergierte die Menschenrechtspolitik nur ge- ring zum VN-Ideal. Nach mittelstarker Penetration blieb ein Konvergieren der Menschenrechtspolitik in einigen Staaten zwar aus, hauptsächlich erlebten mittelstark penetrierte Staaten ein leichtes bis mittelstarkes Konvergieren ihrer Menschenrechtspolitik. Allerdings belegen zwei Staaten, dass mit mittelstarkem Druck die Menschenrechtspolitik auch stark konvergieren kann. Nicht nur nach mittelstarker VN-Penetration, sondern auch nach starker Penetration erfolgte eine Konvergenz auf allen vier Levels (keine, geringe, mittelstarke und starke Konvergenz). Sanktionierte Verletzerstaaten bzw. Staaten, die einem VN- Embargo unterlagen, konvergierten entweder gar nicht, schwach, mittelstark oder stark. Bei der Mehrheit der sanktionierten Staaten erfolgte ein geringer und mittelstarker Konvergenzeffekt. 5,6% der Verletzerstaaten wurden sehr starker Penetration ausgesetzt. Bei all diesen starke penetrierten Staaten konvergierte die Menschenrechtspolitik stark in Richtung VN-Ideal.

Erfolgte keine VN-Penetration, blieb ein Konvergieren der Menschenrechtspoli- tik bei 100% der Verletzerstaaten aus. Bei 92,3% der Staaten, die durch VN- Instrumente unter Druck gerieten, konvergierte die Menschenrechtspolitik in Richtung VN-Ideal. Lediglich bei 7,7% der Verletzerstaaten (Irak, Südafrika zwi- schen 1946-1977, Papua-Neuguinea, Philippinen, Nepal, Gambia und Äquato- rialguinea) blieb trotz der VN-Penetration eine Ausprägung VN-akzeptabler Menschenrechtsnormen aus. Auffällig ist auch, dass sich mit Zunahme der Pe- netrationsstärke die Fälle mit einer stark konvergierten Menschenrechtspolitik häufen.

Nach den bisherigen Überlegungen haben die Vereinten Nationen durch das Einwirken auf die Verletzerstaaten mittels ihrer penetrativen Maßnahmen einen nicht geringen Einfluss auf die Menschenrechtspolitik von Verletzerstaaten. Zumindest sind die Vereinten Nationen ein notwendiger Faktor für das Konvergieren der Menschenrechtspolitiken, und die konvergierte Menschenrechtspolitik ist die Voraussetzung dafür, dass sich die Menschenrechtslage verbessern kann (vgl. Sikkink 1999: 275/277).

[...]


1 Für detaillierte Informationen hinsichtlich der Verbesserungen siehe dazu die Reporting- Status-Webseite der Vereinten Nationen (UNHCHR REPORT STATUS). Dieses ist auch aus den Jahresberichten von Amnesty International, Human Rights Watch sowie aus dem Jahrbuch-Menschenrechte abzuleiten (vgl. HRW 2005/ AI 2005).

2 Siehe dazu die Statusberichts-Webseite des UNCHR.

3 Vgl. Charta der Vereinten Nationen vom 26. Juni 1945, Seite 953.

4 Die Verträge und ihr Ratifikationsstand sind im Internet unter www.ohchr.org einsehbar.

5 Das Nichteinmischungsgebot ist in Art. 2.7 der VN Charta verankert.

6 Auch Colin J. Bennett erklärt Penetration anhand der 2x2-Tabelle von Nordlinger (Bennett 1991: 229).

7 Das 5-Phasenmodell befindet sich im Anhang dieser Arbeit.

8 1967 ist Südafrika als erstes Land auf die United Nations Human Rights violations agenda gesetzt worden. Die großen Industriestaaten, die ebenso auf der UN human rights violations agenda standen (Deutschland, Großbritannien), werden nicht in der Tabelle aufgeführt, da in diesen grundsätzlich ein gutes Menschenrechtsklima unterstellt werden kann.

9 Bei einigen Staaten konnte auf die Analyse der Staatenberichte verzichtet werden, da die veränderten Politiken allgemein bekannt sind. (Beispiele: Südfafrika und Uruguay).

Ende der Leseprobe aus 80 Seiten

Details

Titel
Erreichen die Vereinten Nationen durch die Strategie der Penetration eine Verbesserung der Menschenrechtslage? Südafrika und Uruguay
Hochschule
Universität Hamburg
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
80
Katalognummer
V67227
ISBN (eBook)
9783638585453
ISBN (Buch)
9783638599023
Dateigröße
1313 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit behandelt die Effektivität der verschiedenen Strategien und Druckmittel der Vereinten Nationen im Menschenrechtsfeld (z.B. Diplomatie, Vertragsdruck, Sanktionen und militärische Mittel) und will zeigen, dass diese zum Konvergieren der Menschenrechtspolitiken und dann zur Verbesserung der Menschenrechtslagen in vielen Ländern der Welt führte.
Schlagworte
Erreichen, Vereinten, Nationen, Strategie, Penetration, Verbesserung, Menschenrechtslage, Südafrika, Uruguay
Arbeit zitieren
Christian Schulz (Autor:in), 2006, Erreichen die Vereinten Nationen durch die Strategie der Penetration eine Verbesserung der Menschenrechtslage? Südafrika und Uruguay, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67227

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