Unterrichtseinheit: Reim und Metrum


Unterrichtsentwurf, 2002

21 Seiten


Leseprobe


Inhaltsübersicht

1. Didaktische Überlegungen
1.1 Das Thema im Kontext der Unterrichtsreihe
1.2 Das Thema aus fachlicher Perspektive
1.3 Das Thema aus der Perspektive der Voraussetzungen der Lerngruppe

2. Methodische Überlegungen
2.1 Der Einstieg
2.2 Die Erarbeitung des Reims
2.3 Die Erarbeitung des Metrums

3. Lernziele
3.1 Fachkompetenz
3.2 Methodenkompetenz
3.3 Sozialkompetenz

4. Medien

5. Angestrebtes Tafelbild

6. Lernorganisation

Anhang

Literatur- und Internetseitenverzeichnis

1. Didaktische Überlegungen

1.1 Das Thema im Kontext der Unterrichtsreihe

Im Rahmen der Unterrichtsreihe „Lyrik“ wurden die Schüler in der vorherigen Stunde mit Hilfe von sogenannten „freien Versen“ an das Thema Lyrik herangeführt. In der heutigen Stunde soll nun eine analytische Betrachtung des Themas stattfinden. Dadurch soll eine Wissensgrundlage für die folgenden Stunden geschaffen werden, um Gedichte analysieren zu können. Von den lyrischen Techniken und Kunstmitteln sind in dieser Stunde zwei phonologische Strukturen[1] zu behandeln, nämlich der Reim und das Metrum. Es soll erarbeitet werden, welche Bedeutung diese Elemente für den Sinn und die Atmosphäre des Gedichtes haben.

Als Grundlage für die heutige Analyse haben wir Clemens Brentanos Gedicht „Der Spinnerin Nachtlied“ ausgewählt. Zunächst mußte die Wahl unter dem Aspekt „Liebeslyrik“ stattfinden, dann unter dem Aspekt der Eignung für eine gute Analyse. Das ausgewählte Gedicht, das thematisch das Kriterium der „Anschließbarkeit“ erfüllt, wie es Fritzsche für die Auswahl von Texten fordert[2], halten wir aus zwei Gründen für geeignet: Es ist formal sehr geschlossen und von großer Regelmäßigkeit, so daß sich an ihm die beiden Merkmale erarbeiten lassen.

„Der Spinnerin Nachtlied“ stammt aus der Feder eines der bedeutendsten Dichter der Romantik. Im Verlauf der Unterrichtsstunde wird den Schülern also zudem ein wichtiger deutscher Autor und gleichzeitig Vertreter seiner Epoche vorgestellt. Der Hinweis an die Schüler, daß Brentanos Charakter von Stimmungen getragen war, ist für ein vollständiges Verständnis seiner Dichtung sicher hilfreich.

1.2 Das Thema aus fachlicher Perspektive

Unser Thema stellt sich aus fachlicher Perspektive als nicht unproblematisch dar. Indem wir in dieser Stunde zwei wesentliche Merkmale traditioneller Gedichte fokussieren und danach fragen, mit welchem Handwerkszeug Gedichte geschaffen werden, droht uns die Kritik von seiten eines strikt ästhetischen Standpunkts, wonach die akribische Bestimmung etwa des Metrums den ästhetischen Genuß von Lyrik zunichte macht. Und auch Waldmann spricht von der Gefahr, „die Fühlung mit dem analysierten Text zu verlieren“.[3][4] Dieser ernstzunehmende Einwand erfordert besondere Sorgfalt bei der Methodenwahl, um für das nicht einfache Thema die notwendige Motivation zu schaffen. Es ist aber ein wesentliches Lernziel der Stunde, sich stets zu fragen, warum etwas eine bestimmte Wirkung auf jemanden hat. Sich zu vergewissern, mit welchen Mitteln eine bestimmte Wirkung erzielt wird, macht die Schüler resistent gegenüber Manipulation, zum Beispiel gegenüber der, die von Medien ausgeht.

Die Gefahr, daß die Schüler infolge unserer Unterrichtsstunde nur das als Lyrik bezeichnen könnten, was sowohl ein Metrum als auch einen Reim aufweist, sehen wir nicht, weil die vorhergehende Stunde bereits auch freie Verse als Lyrik kenntlich gemacht hat. Auch wenn der Reim in der gegenwärtigen Lyrik eine untergeordnete Rolle spielt, ist es wichtig, ihn aufgrund seiner großen Tradition kennenzulernen.[5]

Ein weiterer Einwand aus fachwissenschaftlicher Perspektive könnte sein, daß die akribische Bestimmung des Metrums und Reims und Überlegungen, welche Funktion sie in dem Gedicht einnehmen, zu einer Überinterpretation verleiten. Diese Befürchtung kann jedoch ebenfalls als Chance gesehen werden. Möglicherweise kommen die Schüler bei der Arbeit am Gedicht zu der Frage: „Hat sich der Autor das alles wirklich hierbei gedacht?“ Wenn die Schüler zu dieser Einsicht kommen, haben sie ein grundlegendes literaturwissenschaftliches und hermeneutisches Problem verstanden.

1.3 Das Thema aus der Perspektive der Voraussetzungen der Lerngruppe

Es handelt sich um eine gemischte Klasse mit ca. 20 Schülern im Alter von 16 bis 20 Jahren. Zum größten Teil sind die Schüler erst seit einer Woche an dieser Schule, insofern ist noch alles sehr neu für sie. Schüler und Praktikanten kennen sich aber schon aus der Einführungswoche recht gut. Die Schüler haben bis zu diesem Zeitpunkt schon sehr unterschiedliche Schullaufbahnen hinter sich und besitzen daher vermutlich nicht denselben Wissensstand.

Betrachtet man das Thema unter dem Aspekt der Voraussetzungen der Schüler , ist v. a. zu bedenken, daß gerade zur Bestimmung des Metrums eine hohe sprachliche Sensibilität erforderlich ist. Stellen wir Überlegungen zu den sozialkulturellen Voraussetzungen an[6], die recht spekulativ bleiben müssen, weil wir in der Klasse keine Daten erhoben haben, so ist die allgemeine Sozialstruktur Remscheids zu berücksichtigen. Zwar führt die ausgebaute Verkehrsanbindung Remscheids zu einem hohen Anteil von Schülern, die für den Schulbesuch morgens einpendeln. Dennoch wird sich die Bevölkerungsstruktur Remscheids in der Klasse merklich niederschlagen. Daher erscheint es wichtig zu sehen, daß von den 122.909 Einwohnern Remscheids 19.536, d. h. ca. 16 Prozent, ausländisch sind.[7] In unserer Lerngruppe sind sogar ca. ein Drittel nichtdeutscher Herkunft. Zwar wird man kaum von der Staatsangehörigkeit bzw. Herkunft auf die deutsche Sprachfähigkeit schlußfolgern können, trotzdem muß dieser Umstand beim Gestalten unserer Anforderungen berücksichtigt werden, gerade hinsichtlich der Bestimmung des Metrums.

Als mehr didaktisch-pädagogische Voraussetzung der Schüler muß reflektiert werden, daß, wie Waldmann zu bedenken gibt, Schüler vor Lyrik leicht verzagen und sie für schwierig und anspruchsvoll halten.[8] Unser Thema droht bei falscher Handhabung diesen Eindruck noch zu verstärken. Daher ist es wichtig, den Schülern zu vermitteln, daß der Reim und das Metrum bestimme Verständnishilfen bieten können und mit beidem durchaus auch spielerisch umgegangen werden kann.

Wenn es in der Unterrichtsstunde darum geht, das metrische von dem rhythmischen Sprechen zu unterscheiden, ist außerdem zu berücksichtigen, daß Schüler nach dem Urteil Waldmanns heute nur noch selten Lyrik zu hören bekommen und allenfalls Lyrik lesen.[9] Waldmann gibt deswegen zu bedenken, daß es nicht einfach ist, anhand der gedruckten Strophen das Versmaß zu bestimmen.[10] Dafür sei – neben Sensibilität für sprachliche Lautung – Erfahrung und Übung erforderlich.[11] Ob den Schüler daher eine metrische Intonation gelingen wird, ist ungewiß.

2. Methodische Überlegungen

2.1 Der Einstieg

Wie bereits erwähnt, müssen die Schüler für das Thema gut motiviert werden. Daher entschlossen wir uns, für beide Teilthemen einen eher spielerischen Einstieg zu wählen. Der Einstieg erfolgt über eine Konfrontation der Schüler mit den Reimwörtern des Gedichtes „Der Spinnerin Nachtlied“. Es wird Aufgabe der Schüler sein, sich zu diesen Wörtern eine Geschichte oder Situation auszudenken. Auf diese Weise soll den Schülern plausibel gemacht werden, daß die Reimwörter im Gedicht recht bedeutungsschwer sind.[12] Die Identifizierung des Reimschemas stellt also nicht bloß einen Selbstzweck dar. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, diesen Form-Inhalt-Zusammenhang gleich zu Anfang herauszustellen.

Da die Einstiegsaufgabe einen geringen Schwierigkeitsgrad besitzt und den Schülern kreatives Handeln ermöglicht, denken wir, damit die Neugierde und das Interesse der Schüler wecken zu können.

[...]


[1] Diese Bezeichnung entspricht der Klassifikation von Günter Waldmann, Produktiver Umgang mit Lyrik. Eine systematische Einführung in die Lyrik, ihre produktive Erfahrung und ihr Schreiben (Baltmannsweiler: 72001).

[2] Vgl. Joachim Fritzsche, Zur Didaktik und Methodik des Deutschunterrichts, Bd. 3, Umgang mit der Literatur (Stuttgart: 1994), S. 163.

[3] Die Überschrift deutet an, daß wir in unseren Vorüberlegungen von dem sog. „Didaktischen Dreieck“ ausgehen (vgl. Hilbert Meyer, Unterrichtsmethoden, Bd. 1, Theorieband (Frankfurt a. M.: 61994)), S. 132.

[4] Vgl. Waldmann 2001, S. 65.

[5] Vgl. ebd., S. 98.

[6] Dieses Voraussetzungsfeld stammt aus der Berliner Didaktik, die dieses Feld von dem der psychologisch-anthroplogischen Voraussetzungen unterscheidet (vgl. Paul Heimann, Gunter Otto, Wolfgang Schulz, Unterricht. Analyse und Planung (Hannover: 41969)).

[7] Daten entnommen aus „Statistikstelle. Bevölkerung nach Altersgruppen“

<http://www.remscheid.de/Rathaus/33/33Statistik/33Altersgruppen.htm> (22.08.02).

[8] Vgl. Waldmann 2001, S. 5.

[9] Vgl. ebd., S. 14 u. 39.

[10] Vgl. ebd., S. 42 u. 44 f.

[11] Vgl. ebd., S. 48.

[12] Vgl. ebd., S. 101-103, 107 f. u. 117 f.

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Details

Titel
Unterrichtseinheit: Reim und Metrum
Hochschule
Bergische Universität Wuppertal  (Pädagogik für Deutsch)
Autor
Jahr
2002
Seiten
21
Katalognummer
V6729
ISBN (eBook)
9783638142342
ISBN (Buch)
9783638930956
Dateigröße
509 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Thema Reim und Metrum: Pflichtübung oder Abenteuer? Mit Hilfe dieses Unterrichtsentwurfs eindeutig ein Abenteuer. Ich erprobe zwei produktionsorientierte Verfahren, die das nicht einfache Thema zu einem spannenden Spiel werden lassen. Das zugrundeliegende Gedicht ist Brentanos Der Spinnerin Nachtlied , die Verfahren sind aber bei nahezu allen Gedichten anwendbar. Komplett mit Arbeits- und Inforamtionsblättern!
Schlagworte
Unterrichtseinheit, Reim, Metrum
Arbeit zitieren
Marcel Haldenwang (Autor:in), 2002, Unterrichtseinheit: Reim und Metrum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6729

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