Der Slawenaufstand von 983


Seminararbeit, 2003

15 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Der Slawenaufstand von 983

1 Einleitung

2 Die Zeit vor dem Aufstand

3 Der Ablauf des Aufstandes

4 Gründe für den Aufstand

5 Der Lutizenbund
5.1 Die Zeit nach dem Aufstand
5.2 Das Lutizenbündnis von 1003 und die Jahre danach
5.3 Das Ende der Lutizen

6 Zusammenfassung

1 Einleitung

Der Aufstand der Slawen im Jahre 983 war in erster Linie ein Aufstand gegen das Christentum (Ludat 1995: 4). Seine politischen Folgen waren jedoch zumindest ebenso weitreichend wie seine religiösen. In den 940er Jahren wurden im Gebiet zwischen Elbe und Oder erste Bistümer errichtet, um die Christianisierung des elbslawischen Raums einzuläuten. Die Taufe des Piastenherrschers Mieszko I. und die nachfolgende Christianisierung des piastischen Staates östlich der elbslawischen Region ist als erste Phase eines weitreichenden Missionierungsvorgangs zu nennen. In der Zeit um das Jahr 1000 wurden nämlich weite, zusammenhängende Teile des slawischen Siedlungsgebietes christianisiert (Ludat 1995: 5).

Der Aufstand vom Sommer 983 brach aus den Kerngebieten des Lutizenbundes gegen die deutsche und christliche Herrschaft los. Der Lutizenbund bildete sich im letzten Drittel des 10. Jahrhunderts aus verschiedenen Stämmen der Wilzen (Ludat 1995: 9). Der Name der Wilzen wird für die nachfolgende Zeit in Quellen nicht mehr genannt. Das Zentrum des Lutizenbundes mag um die Tempelburg Rethra gelegen haben, deren genaue Lage uns jedoch heute nicht mehr bekannt ist (Angermann et al. 1995: 763). In erster Linie scheint die Burg eine kultische Funktion gehabt zu haben und als eine Art Olymp für slawische Gottheiten gedient zu haben.

Durch den Aufstand von 983 bildete sich zunächst ein militärischer und politischer Bund all jener christlichen Mächte, die von den Ereignissen betroffen waren und Interesse am elbslawischen Gebiet hatten (Ludat 1995: 5). Die christlichen Mächte waren das Deutsche Reich, das piastische Polen sowie zeitweise die böhmische Přemyslidenmacht. Sie versuchten die alte Ordnung in jahrzehntelangen Kämpfen wiederherzustellen. Außerdem lag ihnen die Befriedung und Christianisierung der Völker in den entsprechenden Gebieten nahe (Ludat 1995: 6).

Um die Jahrtausendwende brach dann aber ein innerimperischer Konflikt zwischen Boleslaw Chrobry, der mittlerweile seinen 992 verstorbenen Vater Mieszko I. als Herrscher Polens beerbt hatte, und dem neu gewählten deutschen König Heinrich II., aus.

Dadurch bestand keine "Umklammerung" des lutizisch-obodritischen Gebietes mehr. Im Jahre 1003 wurde gar ein Bündnisvertrag zwischen dem deutschen König und den Lutizen geschlossen. Dieses Bündnis stellte den Beginn einer dramatischen Wende in den Beziehungen zwischen Polen und dem Deutschen Reich dar. Als Konsequenz der Ereignisse von 1003 löste der polnische Piastenstaat sämtliche Bindungen zum Deutschen Reich. So vertiefte sich die Kluft zwischen dem westlichen und dem östlichen Teil Mitteleuropas wieder, nachdem die beiden Teile einige Jahrzehnte lang aufeinander zugegangen waren.

In den Gebieten der Elb- und Ostseeslawen ist es zu keiner Bildung eines großflächigen Nationalstaates gekommen, wie dies etwa auf polnischem oder böhmischem Gebiet der Fall gewesen war. Die dynastischen Grundlagen waren für die Elb- und Ostslawen jedoch ebenso vorhanden wie für die anderen Völker. Dies kann also kein Grund für das Bestehenbleiben der regionalistischen Strukturen sein (Ludat 1995: 6f.). So konnte auf diesem Gebiet in der Bevölkerung auch kein einheitliches Nationalbewusstsein entstehen, wie es andernorts der Fall war (Ludat 1995: 7). Erklärende Gründe reichen offensichtlich bis weit vor das 10. Jahrhundert zurück und sind nur sehr spärlich durch Schriftquellen belegbar. Der Bruch mit dem Christentum und der Rückfall in heidnische Zeiten erwiesen sich als zusätzlicher Hinderungsgrund für das Ausbilden einer überregionalen Institution.

Das Schicksal der Obodriten, Lutizen und Pomoranen lag nun also weitgehend in den Händen der Herrscher der angrenzenden Nationalstaaten. Unter ihnen führend war zunächst der Piastenstaat, bis zum Tode Boleslaws III. Danach gab es jedoch Streitigkeiten unter seinen Söhnen um dessen Nachfolge, was dazu führte, das Polen nicht länger in der Lage war, Pommern zu kontrollieren. Nachfolgend mussten gar sämtliche politischen und missionarischen Ziele Polens in Gebieten westlich der Oder preisgegeben werden. Da auch die zwischenzeitlich als Kotrollinstanz fungierenden Dänen diese Rolle etwa zum gleichen Zeitpunkt aufgaben wie die Polen, waren nun deutsche Territorialfürsten die Einzigen, die eine Kontrolle der Gebiete zwischen Elbe und Oder anstrebten (Ludat 1995: 7f.).

2 Die Zeit vor dem Aufstand

Seit dem Zusammenwachsen des Deutschen Reiches zu Beginn des 10. Jahrhunderts veränderte sich die Politik gegenüber seinen östlichen Nachbarn (Dralle 1991: 13). Begnügten sich die Karolinger noch mit einer Absicherung der deutschen Gebiete, zwang Heinrich I., der erste Sachsenkönig, die slawischen Stämme in Tributabhängigkeit. Das Ziel war, die Nachbarn im Osten in das Deutsche Reich einzugliedern. Doch erst Otto I., Heinrichs Sohn und erster Kaiser, schaffte es nach langen harten Kämpfen, die Slawen zu unterwerfen (Dralle 1991: 15). Hierfür hatte Heinrich aber schon den Weg bereitet, indem er in den 920ern und 930ern zunächst durch einen Waffenstillstand und dann durch einen vernichtenden Sieg die Ungarn aus dem Gebiet des Deutschen Reiches dauerhaft zurückdrängte. Otto schaffte es von den späten 930er Jahren an, eine politische Organisation im Lande der Slawen anzubringen, die den Einsatz von Burgwarden und Markgrafen als regionale Kontrollinstanzen zum Mittelpunkt hatte. Zur Absicherung seiner weltlichen Herrschaft versuchte Otto I., christliche Strukturen östlich von Elbe und Saale einzuführen. Zunächst wurden im Jahre 948 die Bistümer Brandenburg und Havelberg gegründet (Dralle 1991: 15f.). In den 960ern folgten die Bistümer Oldenburg, Meißen, Merseburg und Zeitz. Bis auf Oldenburg wurden alle diese Bistümer dem 968 gegründeten Erzbistum Magdeburg unterstellt (Dralle 1991: 16).

Die Übergriffe der deutschen Herrscher geschahen jedoch nicht ohne Resonanz. Ganz im Gegenteil wehrten sich die Slawen heftig gegen den Einfall von Westen (Dralle 1991: 16). Doch die Zersplitterung der Slawen in einzelne Stammesverbände war ein großer Nachteil im Kampf gegen die Heere der Gegner, die aus mehreren Verbündeten bestanden. Als Slawenobere von König Otto im Jahre 955 forderten, die Herrschaft über slawische Gebiete den dort Wohnenden zu überlassen, jedoch weiter Tribute zu erhalten, war dies eine weitere Provokation für Otto. Er schlug die Slawen bei Raxa und antwortete so auf seine Weise auf die Bitte der Slawen nach innerer Autonomie (Angermann et al. 1995: 489). Hierbei konnte Otto jedoch die Slawen im östlichen Mecklenburg nicht vollständig unterwerfen, so dass sich hier der Kern der später aufkommenden Lutizen bilden konnte.

Spätestens für das Jahr 968 wurde von seiten des Deutschen Reiches als sicher angenommen, dass die Slawen östlich der Elbe aufgrund von siegreichen Schlachten seitens der Armeen Heinrichs I. und Ottos I., der Errichtung mehrerer Marken, denen Markgrafen vorstanden, sowie der Gründung der Stadt Magdeburg eben im Jahre 968, endgültig christianisiert waren. Weiterhin wurden sie als Bestandteil des Deutschen Reiches erachtet (Angermann et al. 1995: 2003). So steht in einer von Lübke veröffentlichen Urkunde aus dem Oktober 968 festgeschrieben, dass die Bischöfe von Mainz und Halberstadt in die von Otto I. geforderte Gründung des Erzbistums Magdeburg einwilligen und somit ihre Zustimmung zur Christianisierung der Slawen und zur allgemeinen Ausbreitung des Christentums geben (Lübke 1985: 207). Die neuen geistigen Herrscher der Region beharrten auf einen Übertritt der Bewohner zum Christentum.

3 Der Ablauf des Aufstandes

Die Christianisierung war jedoch nicht in dem Maße möglich, wie die Besatzer es sich vorstellten. Denn im Jahre 983 formierten sich im nördlichen Gebiet zwischen Elbe und Oder slawische Heerscharen und lehnten sich gewalttätig und folgenreich auf. Die Lutizen, oder mit ihrem früheren Namen Wilzen, sowie Obodriten und Heveller zeigten innerhalb weniger Tage deutlich auf, wie porös und angreifbar die Herrschaft der Bistümer in ihrer Region war (Dralle 1991: 19). Ende Juni 983 war das Ende der Bistümer Oldenburg, Havelberg und Brandenburg sowie die Mark der Billunger und die Nordmark gekommen. Überlebende versuchten sich nach Magdeburg zu retten, wo sie sich sicher wähnten. So hatte es 28 Jahre gedauert, bis die Slawen im Gebiet zwischen Elbe und Oder ihre Autonomie zu erkämpfen in der Lage waren. Das Erstaunliche an diesem Sieg der Slawen ist, das die bei ihm erstandene Freiheit beinahe eineinhalb Jahrhunderte andauern sollte:

"Das Behauptungsvermögen der Slawen gegen ihre Feinde, die von allen Seiten auf sie

eindrangen, ist eigentlich kaum zu erklären. Politisch sind sie nach 983 verfaßt als eine

Art theokratische Oligarchie oder auch oligarchische Theokratie." (Dralle 1991: 19)

Als erster Tag des Aufstandes wird der 29. Juni 983 angesehen, als Scharen von Lutizen ohne Vorwarnung in Havelberg eindringen, die Menschen niedermachen und den Bischofssitz zerstören (Brüske 1983: 39).

Drei Tage später attackieren die Slawen Brandenburg, wobei der dortige Bischof entfliehen kann. Andere werden jedoch getötet, der Kirchenschatz geplündert und Gräber geschändet. Die nachfolgende Wiedererhebung heidnischer Götzen in den Stand einer Gottheit wurde nicht nur von den Slawen selbst, sondern auch von den Christen als Befreiung von einer besetzenden Macht empfunden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Der Slawenaufstand von 983
Hochschule
Universität Münster
Note
2,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
15
Katalognummer
V67370
ISBN (eBook)
9783638603515
ISBN (Buch)
9783638793551
Dateigröße
438 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Slawenaufstand
Arbeit zitieren
Imke Duis (Autor:in), 2003, Der Slawenaufstand von 983, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67370

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