Selten zog ein steuerrechtlicher Vorlagefall solch großes internationales Interesse auf sich. Insbesondere von den Finanzministern der EU-Staaten war das Urteil bereits im Vorfeld mit sorgenvoller Spannung erwartet worden.
Streitgegenstand war die grenzüberschreitende Verlustanrechnung in der Rechtssache Marks & Spencer. Nach dem Urteil der EuGH-Richter, welches im Ergebnis, aber nicht zwingend mit den genauen Schlussanträgen des Generalanwaltes Maduro übereinstimmt, müssen ausländische Verluste der Tochtergesellschaften grundsätzlich nicht bei der in Großbritannien sitzenden inländischen Muttergesellschaft angerechnet werden. Weist das Mutterunternehmen jedoch nach, dass für das Tochterunternehmen im Ausland keine, auch keine zukünftige Verlustverrechnung möglich ist, so muss eine Anrechnung gestattet werden.
Nach dem Überblick in Kapitel B über die mitgliedstaatliche Steuerrechtssouveränität, schließt sich ein Systematisierungsversuch der grundfreiheitlichen Prüfung des Generalanwaltes sowie des Gerichtshofs an.
Dem Verfahren war unter anderem auch Deutschland beigetreten war, da vergleichbare Regelungen zum „group relief“ im Rahmen der körperschaftsteuerlichen Organschaft existieren und deshalb zu recht Auswirkungen auf das deutsche Rechtssystem befürchtet wurden. Die Konsequenzen dieser Entscheidung auf die Organschaft werden daher in Kapitel E beleuchtet, weitere organschaftliche Lösungsmöglichkeiten werden anschließend dem deutschen Gesetzgeber anhand gegeben. Die Arbeit schließt unter F. mit der Zusammenschau ausgewählter Thesen ab.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Wirkung der Grundfreiheiten am Beispiel des Art. 43 i.V.m. 48 EGV
- Das Steuerrecht außerhalb gemeinschaftsrechtlicher Kompetenz
- Art. 43 i.V.m. 48 EGV als umfassendes Beschränkungsverbot
- Diskriminierungsverbote
- Beschränkungsverbote
- Die Ausstrahlung der Grundfreiheiten auf mitgliedstaatliches Steuerrecht
- Die Rechtssache Marks & Spencer
- Sachverhaltsdarlegung
- Vorlagefragen
- Die Schlussanträge des Generalanwaltes Maduro vom 07.04.2005
- Die Entscheidung des EuGH
- Prüfung der Vereinbarkeit des „group relief\" mit Art. 43 i.V.m. Art. 48 EGV
- Eröffnung des Schutzbereiches
- Eingriff in den Schutzbereich
- Vertikaler Vergleich
- kein horizontaler Vergleich
- Beschränkung der Grundfreiheit bei vertikaler Vergleichspaarbildung
- Rechtfertigung des Eingriffes
- Anerkannte Rechtfertigungsgründe
- Ausdrücklich normierte Rechtfertigungsgründe
- Allgemeine Rechtfertigung von Beschränkungen
- Zwingende Gründe des Allgemeininteresses, insb. im Steuerrecht
- Haushaltsrisiken
- Wirksame steuerliche Kontrolle
- Territorialitätsgrundsatz
- Kohärenz des Steuersystems
- Rechtfertigungserwägungen des Generalanwaltes
- Keine Rechtfertigung nach dem Territorialitätsprinzip
- Rechtfertigung nach dem Kohärenzgedanken
- Die nicht weniger diskutablen Ausführungen des EuGH zur Rechtfertigung
- Vergleichbarkeit der Lage
- Zum Territorialitätsprinzip
- Kohärenz des Steuersystems
- Wahrung der Aufteilung der Besteuerungsbefugnis
- Gefahr der doppelten Verlustberücksichtigung
- Verhinderung der Steuerflucht
- Die Summe aller Rechtfertigungsgründe
- Verhältnismäßigkeitsprüfung
- Ergebnis
- Anerkannte Rechtfertigungsgründe
- Gegenüberstellung der Anträge des Generalanwaltes und des Urteils des Gerichtshofs
- Würdigung der Entscheidung
- Diskriminierung
- Vergleichbarkeit der Lage
- Rechtfertigungsgründe
- Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
- Bedeutung für die deutsche Organschaft und die Mitgliedstaaten
- Bedeutung für die deutsche Organschaft
- Ausschluss ausländischer Tochtergesellschaften als Organgesellschaft
- Bildung von Vergleichspaaren
- Gewinnabführungsvertrag
- Anwendungsvoraussetzung des Ergebnisabführungsvertrag für die Organschaft
- Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht
- Die Beschränkung ist nicht gerechtfertigt
- Mangel an doppeltem Inlandsbezug
- Mangel an einem Ergebnisabführungsvertrag
- Tochtergesellschaft mit statuarischem Sitz im EU-Ausland und Geschäftsleitung im Inland
- Vorschläge zur Herstellung gemeinschaftskonformer Organschaftsregelungen
- Aufgabe der Organschaft an sich
- Schaffung einer Gruppenbesteuerung
- Isolierte Verlustberücksichtigung nach österreichischem Vorbild
- Erfassung ausländischer Tochtergesellschaften nach dänischem Vorbild
- Wiedereinführung einer § 2 a Abs. 3 EStG a.F. vergleichbaren Nachversteuerungsregelung
- Bedeutung für die Mitgliedstaaten
- Keine Begrenzung der Rückwirkung
- Verpflichtung welches Mitgliedstaates
- Fazit
- Verlustberücksichtigung aus dem Blickwinkel der EU-Kommission
- Die gegenwärtige Lage
- Bedeutung für die deutsche Organschaft
- Zusammenstellung der wichtigsten Thesen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit untersucht das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache Marks & Spencer vom 13. Dezember 2005, das sich mit der grenzüberschreitenden Verlustanrechnung im Rahmen der EU-Grundfreiheiten befasst. Die Arbeit analysiert die Entscheidung des EuGH, insbesondere die Rechtfertigungsgründe und deren Auswirkungen auf die deutsche Organschaft und die Mitgliedstaaten.
- Die Ausstrahlung der EU-Grundfreiheiten auf das nationale Steuerrecht
- Die Rechtfertigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten im Steuerrecht
- Die Auswirkungen des Urteils auf die deutsche Organschaft und die Gestaltungsmöglichkeiten
- Die Bedeutung des Urteils für die Mitgliedstaaten und die Harmonisierung des Steuerrechts
- Die Grenzen der nationalstaatlichen Steuerhoheit im europäischen Kontext
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der grenzüberschreitenden Verlustanrechnung im Steuerrecht ein und stellt die zentrale Bedeutung des Urteils Marks & Spencer heraus. Anschließend wird die Rechtsprechung des EuGH zu den EU-Grundfreiheiten im Steuerrecht dargestellt, insbesondere die Anwendung des Art. 43 i.V.m. 48 EGV. Kapitel C analysiert die Rechtssache Marks & Spencer, einschließlich der Sachverhaltsdarlegung, der Vorlagefragen, der Schlussanträge des Generalanwaltes und der Entscheidung des EuGH. Die Würdigung der Entscheidung in Kapitel D befasst sich mit den zentralen Elementen der Diskriminierung, der Vergleichbarkeit der Lage, den Rechtfertigungsgründen und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip. Kapitel E befasst sich mit den Folgen des Urteils für die deutsche Organschaft und die Mitgliedstaaten, einschließlich der Auswirkungen auf die Organschaftsregelungen und die Gestaltungsmöglichkeiten. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenstellung der wichtigsten Thesen ab.
Schlüsselwörter
EU-Grundfreiheiten, Steuerrecht, Verlustanrechnung, Organschaft, Group Relief, Rechtssache Marks & Spencer, EuGH, Territorialitätsprinzip, Kohärenz des Steuersystems, Vergleichbarkeit der Lage, Rechtfertigung, Verhältnismäßigkeit
- Prüfung der Vereinbarkeit des „group relief\" mit Art. 43 i.V.m. Art. 48 EGV
- Arbeit zitieren
- LL.M. Dagmar Reindl (Autor:in), 2006, Das Urteil 'Marks & Spencer', Rs. C-446/03 vom 13.12.2005 - Gemeinschaftsrechtskonforme Verrechnung von Auslandsverlusten im Inland?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67438