Die Kritik der Kulturindustrie von Adorno und Horkheimer: Eine Analyse ihrer Aktualität am Beispiel der Populärliteratur


Hausarbeit, 2006

19 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Kritische Medientheorie von Adorno und Horkheimer

3. Die „Kritik der Kulturindustrie“
3.1. Produktionsformen und Aufgaben der Kulturindustrie
3.2. Die Rezeption in der „Kritik der Kulturindustrie“

4. Die Anwendung der Kritik der Kulturindustrie auf die Populärliteratur
4.1. Populärliteratur: Versuch einer Begriffs- und Aufgabendefinition
4.2. Die Konsumption der Populärliteratur

5. Rezeption der Populärliteratur - reine Verdummung oder produktive Rezeption?

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Die Heroisierung des Durchschnittlichen gehört zum Kultus des Billigen.“[1]

Diese Zeile bestimmt die Kritik der Kulturindustrie von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, einer der zentralen Passagen ihrer Schrift „Die Dialektik der Aufklärung“. Das Ziel der beiden Soziologen und Philosophen der Frankfurter Schule[2] ist, eine Theorie zu entwickeln, die den Zusammenhang zwischen den Freiheitsansprüchen der Gesellschaft und ihrer politischen Handlungsmöglichkeiten und den tatsächlichen Verhältnissen aufzeigen soll. Sie kritisieren den Wandel der Kultur von der autonomen Kunst hin zu einer standardisierten Massenkulturware.

Die vorliegende Arbeit setzt sich zum Ziel, die Kritik der Kulturindustrie hinsichtlich ihrer Aktualität und ihrer „Wahrheit“ am Beispiel der Populärliteratur zu analysieren. Sie gliedert sich in zwei Schwerpunkte: Zum einen soll die Kritische Medientheorie (bzw. die Kritik der Kulturindustrie) im Allgemeinen skizziert werden, in einem ersten Teil sollen hierbei die Produktionsweise sowie die kennzeichnenden Aufgaben der Kulturindustrie nach Horkheimer und Adorno dargestellt werden. Anschliessend soll die Rezeption der Kulturgüter der Kulturindustrie untersucht werden.

Zum anderen soll die Anwendungsmöglichkeit der Kritik auf die Populärliteratur herausgearbeitet werden. Was ist hierbei genau unter Populärliteratur zu verstehen und wie wird diese konsumiert bzw. rezipiert? Was sind die Absichten und Mittel des Populären und wie werden die Inhalte aufgenommen? Haben die Konsumenten bei der Nutzung der Populärliteratur eigene Handlungsoptionen oder sind sie, wie Adorno und Horkheimer kritisieren, machtlos?

Lässt sich der Vorwurf der bloßen Rezipientenverdummung und -entpolitisierung durch die Kulturindustrie im Bereich der Populärliteratur erhärten oder haben die Konsumenten eigene Handlungsmöglichkeiten, die es erlauben, die Kritik der Kulturindustrie zu relativieren?

Anschliessend soll zusammengefasst werden, ob die Kritik der Kulturindustrie widerlegt bzw. abgeschwächt oder ob sie nach wie vor geltend gemacht werden kann.

2. Die Kritische Medientheorie von Adorno und Horkheimer

Die Kritische Medientheorie wurde vornehmlich in den 30er Jahren im Rahmen des Frankfurter Institutes für Sozialforschung von den Philosophen und Soziologen Max Horkheimer und Theodor W. Adorno geprägt[3].

Sie befasst sich mit der Frage, ob die Wirkungsweise der Massenkultur, die philosophische Erkenntnisgegenstände als gesellschaftliche Produkte im Sinne von Waren produziert, noch kritische politische Urteile zulässt, oder ob die Massenkultur die Gesellschaft entpolitisiert. In der 1947 im amerikanischen Exil veröffentlichten Schrift „Die Dialektik der Aufklärung-philosophische Fragmente“ von Horkheimer und Adorno wendet sich die Kritische Theorie gegen den Einzug der Massenkünste, die als Wirklichkeitsflucht begriffen werden. (Nünning, 50)

Im Fokus der Kritik stehen hauptsächlich die Produktionsweise, die vermittelten Inhalte der Medien und die damit einhergehende Medienrezeption. Die Kritische Theorie fragt also nach den Produktionsverhältnissen hinter den artikulierten Gegenständen, den Waren, und nach der gesellschaftlichen Praxis, die diese bedingt. (Nünning, 2001, 340) Die Aufgabe dieser Theorie ist demnach der Versuch, den Zusammenhang zwischen den Freiheitsansprüchen der Gesellschaft und den tatsächlichen Verhältnissen aufzudecken. Medienkritik wird also auch als Gesellschaftskritik verstanden.

Die Fragestellung nach dem Verhältnis von Kultur und Gesellschaft manifestiert sich v.a. in der Theorie der Kulturindustrie, der ein eigenes Kapitel mit dem Titel „Kulturindustrie-Aufklärung als Massenbetrug“ in der „Dialektik der Aufklärung“ gewidmet ist. Diese entstand während des amerikanischen Exils[4] im Kontext der Auseinandersetzung mit den in den USA aufkommenden Massenmedien, v.a. Film und Rundfunk. Was aber ist nun mit Kulturindustrie gemeint?

3. Die „Kritik der Kulturindustrie“

3.1. Produktionsformen und Aufgaben der Kulturindustrie

Adorno und[5] Horkheimer widmen in der Schrift „Die Dialektik der Aufklärung“ der Kulturindustrie ein eigenes Kapitel mit dem Untertitel „Aufklärung als Massenbetrug“. Dieser Untertitel erklärt den Begriff (und die Folgen) der Kulturindustrie schon weitestgehend. Adorno und Horkheimer untersuchen die Auswirkungen der Massenkultur auf das Publikum sowie die Produktionsweise und den sozialen Gehalt der Kulturgüter. (Müller-Doohm, 2001, 81) Der Kulturindustriebegriff bezeichnet also die Gesamtheit der industriell erzeugten und distribuierten Kulturgüter und das gesamte kulturelle Netzwerk, das zur Verbreitung der Kulturgüter nötig ist, sowie die dazugehörigen Rezeptionsformen.

Die Kulturindustrie und ihr Fortschritt entspringt für Adorno und Horkheimer den allgemeinen Gesetzen des Marktes. Die Kulturgüter haben Warencharakter, die Produktion und die vermittelten Inhalte orientieren sich demzufolge an der Absetzbarkeit auf dem Kulturmarkt.

Aus dem skizzierten Warencharakter der Kulturgüter ergibt sich die Notwendigkeit für solche Waren auch Konsumenten zu finden. Dadurch verlieren Kunst und Kultur die Funktion des kritischen Moments der Gesellschaft, da die Kulturproduzenten ihre Abnehmer schaffen müssen und so die Bedürfnisse der Konsumenten erst selbst hervorbringen. (Adorno/Horkheimer, 1947, 145)

Das authentische und autonome Kunstwerk gilt der Kulturware als Kontrast. Kulturgüter der Kulturindustrie und authentische Kulturgegenstände lassen sich nach Adorno und Horkheimer wie folgt gegeneinander abgrenzen:

Während Kunst und Kultur im bürgerlich-liberalen Zeitalter für Emanzipation und Autonomie standen, hat sich der Gehalt des Kulturprodukts der Kulturindustrie im Spätkapitalismus stark verändert.

Von der autonomen Kunst ging, im Gegensatz zur Ware der Kulturindustrie, ein kritischer Impuls aus und sie vermochte Veränderungsideen zu entwickeln. Adorno erhofft sich von der autonomen Kunst und Literatur die Möglichkeit der Kritik der instrumentellen Rationalität der modernen Gesellschaft. (Schäfers, 1998, 145)

[...]


[1] Max Horkheimer und Theodor W. Adorno (1947): Kulturindustrie-Aufklärung als Massenbetrug. In: Dialektik der Aufklärung. Amsterdam: Querido Verlag. S.159.

[2] Als Frankfurter Schule wird das Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main bezeichnet, welches in den 1930en Jahren von der philospophisch-soziologisch ausgerichteten Gruppe um Max Horkheimer entstand. Aus diesem Institut ging die Kritische Theorie hervor. Vgl. Nünning (Hrsg.) (2001): Metzler-Lexikon Literatur und Kulturtheorie: Ansätze – Personen – Grundbegriffe. 2., überarb. und erw. Auflage. Stuttgart; Weimar: Metzler.

[3] Die Kritische Theorie verdankt ihren Ursprung v.a. der von Walter Benjamin verfassten Schrift „Die Kunst im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit“. Vgl. Benjamin, Walter (1963), Das Kunstwerk im Zeichen seiner technischen Reproduzierbarkeit, Frankfurt/M.: ed. Suhrkamp. (Schicha, 1988, 108) Da diese Seminararbeit sich aber auf die Kritik der Kulturindustrie von Horkheimer und Adorno bezieht, soll auf die Entstehungsgeschichte und detaillierte Ausführung der Kritischen Medientheorie und in diesem Zusammenhang auch der Frankfurter Schule verzichtet werden, weil diese den Rahmen der Arbeit sprengen würde. Zur weiteren Information vgl. Nünning (Hrsg.) (2001): Metzler-Lexikon Literatur und Kulturtheorie: Ansätze – Personen – Grundbegriffe. 2., überarb. und erw. Auflage. Stuttgart; Weimar: Metzler.

[4] Adorno (und mit ihm das Institut für Sozialforschung) emigrierte in den 30er Jahren wegen Repressionen und der nationalsozialistischen Ideologie nach Amerika, wo Adorno sich hauptsächlich der Analyse der in US-Amerika weit verbreiteten Massenmedien und der populären Musik widmet.

[5] Adorno und Horkheimer führen den Begriff der Kulturindustrie ein, um eine Abgrenzung zu der aus dem Volk entstehenden Massenkultur zu schaffen.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Die Kritik der Kulturindustrie von Adorno und Horkheimer: Eine Analyse ihrer Aktualität am Beispiel der Populärliteratur
Hochschule
Universität Bielefeld  (Fakultät für Soziologie)
Veranstaltung
Seminar: Einführung in die Medienwissenschaften
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
19
Katalognummer
V67888
ISBN (eBook)
9783638605717
ISBN (Buch)
9783656497615
Dateigröße
452 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kritik, Kulturindustrie, Adorno, Horkheimer, Eine, Analyse, Aktualität, Beispiel, Populärliteratur, Seminar, Einführung, Medienwissenschaften
Arbeit zitieren
Anna-Lisa Esser (Autor:in), 2006, Die Kritik der Kulturindustrie von Adorno und Horkheimer: Eine Analyse ihrer Aktualität am Beispiel der Populärliteratur, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/67888

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die Kritik der Kulturindustrie von Adorno und Horkheimer: Eine Analyse ihrer Aktualität am Beispiel der Populärliteratur



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden