Die Rolle der paramilitärischen Organisationen IRA und ETA im nordirischen und baskischen Konflikt


Seminararbeit, 2004

22 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Ein Vergleich der paramilitärischen Organisationen:
2.1 Die politikwissenschaftliche Methode des Vergleichs
2.2 Die Wurzeln des gegenwärtigen Konfliktes und die Entstehung des militanten Nationalismus
a) Nordirland
b) Die Wurzeln des Konflikts im Baskenland
2.3 Struktur, Ideologie und Entwicklung der paramilitärischen Organisationen
a) Nordirland: Die IRA
b) Baskenland: Die ETA
2.4 Rolle im Konflikt und Rückhalt in der Bevölkerung
a) Nordirland: Die Rolle der IRA im Konflikt
b) Baskenland: Die Rolle der ETA im Konflikt
2.5 Konfliktlösungsmöglichkeiten und Lösungskompetenzen
a) Nordirland: Die Rolle der IRA im Friedensprozess
b) Baskenland: Die Rolle der ETA im Friedensprozess

3 Schwächung der paramilitärischen Organisationen: Der Verlust des gesellschaftlichen Rückhalts

4 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Während der Nordirland-Konflikt durch seine starke Medienpräsenz den meisten ein Begriff ist, ist die baskische Auseinandersetzung – bis auf die Terroranschläge der paramilitärischen Organisation ETA - relativ unbekannt. Diese Terrorakte sind jedoch in beiden Regionen als Ausdruck tieferer Missstände zu werten.

Beim Terrorismus handelt es sich offensichtlich nicht um ein Problem islamistischer Fundamentalisten – wie häufig von den Medien dargestellt – und genauso wenig sind nationalistische Ideen bedeutungslos geworden. Beide Konflikte sind noch immer aktuell, obwohl es vor allem in Nordirland nach dem Karfreitagsabkommen von 1998 zunächst nach Frieden aussah. Dieser Prozess wird jedoch immer wieder von allen Seiten blockiert und kommt so ins Stocken. Während sich in Nordirland die radikal protestantische Partei DUP nicht in der Lage sieht mit der nationalistischen Partei Sinn Féin eine Regierungskoalition einzugehen und die IRA noch immer aktiv ist, verübt die ETA nach siebenmonatiger Waffenruhe im August diesen Jahres wieder Terroranschläge. Beide Fälle sind als Ausdruck eines tiefgehenden inneren Konfliktes zu werten, welcher trotz zahlreicher Friedensinitiativen offensichtlich noch immer nicht gelöst ist. Er äußert sich, im Gegenteil, nach wie vor militant und gewalttätig, und ist im Bezug auf Akteurskonstellationen und ihre politischen Positionen geprägt von Kontinuität und oftmals verhärteten Ansichten.

Es stellt sich nun die Frage, was Organisationen wie die ETA und die IRA zu ihrer Militanz treibt und inwiefern ihre Ideale und Aktionen Anklang in der Bevölkerung finden, gegebenenfalls sogar Ausdruck gesellschaftlicher Missstände sein könnten. Es scheint schließlich unwahrscheinlich, dass sich eine militante Organisation so lange in der politischen und sozialen Landschaft eines Staates behaupten kann ohne zumindest den Rückhalt von Teilen der Bevölkerung zu genießen. Was für eine Auseinandersetzung steckt also hinter den Terroranschlägen der beiden paramilitärischen Organisationen - als Symptome eines innerstaatlichen Konflikts - und welche Rolle spielen IRA und ETA in diesem Konflikt? Es gilt nun auch die Frage zu stellen, ob und inwiefern die paramilitärischen Organisationen das Volk repräsentieren oder lediglich in eine Minderheitenposition gedrängt sind.

2 Ein Vergleich der paramilitärischen Organisationen:

2.1 Die politikwissenschaftliche Methode des Vergleichs

Das entscheidende Kriterium für die Erstellung einer wissenschaftlichen Arbeit sollte die Problemrelevanz sein. Wie bereits dargestellt, handelt es sich in beiden Regionen um einen bisher nicht vollständig gelösten und somit aktuellen Konflikt. Da der Terror weiter andauert, handelt es sich um ein noch nicht ausreichend erforschtes Problem, welches oftmals auf seine äußeren Erscheinungsformen reduziert wurde, somit um ein relevantes Thema. Es gilt also nun, die beiden paramilitärischen Organisationen ETA und IRA in ihrem jeweiligen Kontext näher zu untersuchen um sie miteinander vergleichen zu können. Doch was gibt es bei einem solchen Vergleich zu beachten und wie geht man vor?

Zunächst stellt sich die Frage, was überhaupt ein Vergleich ist. Man kann sagen, dass ein Vergleich im politikwissenschaftlichen Sinne nur existiert, wenn „mindestens zwei Fälle systematisch auf der Grundlage von klaren Fragestellungen, Hypothesen und Variablen verglichen werden.“[1] Jedoch ist der Vergleich nicht voraussetzungslos, d.h. es lassen sich nicht alle Phänomene miteinander vergleichen. Das entscheidende Kriterium bildet die Vergleichbarkeit, welche Klaus von Beyme erklärt: „Verglichen werden können weder Erscheinungen die völlig identisch noch völlig verschieden sind“[2].

Vergleicht man nun die politischen Rahmenbedingungen im Baskenland und Nordirland, so stößt man auf offensichtliche Gemeinsamkeiten. Bei beiden handelt es sich um konfliktreiche autonome Regionen innerhalb von heute demokratischen westlichen Staaten und sie haben eine lange, teils blutige, Geschichte des Unabhängigkeitsbestrebens.. Die Bedrohlichkeit der Situation in beiden Regionen besteht in einem hohen Gewaltpotential und einem allgemein wahrgenommenen Gefühl der Bedrohung. In beiden Regionen scheiterten wiederholte Friedensbemühungen an verhärteten, auf historischen Erfahrungen und Vorurteilen beruhenden Positionen der in beiden Konflikten komplizierten Akteurskonstellationen.

Wie sich noch herausstellen wird, gibt es auch fundamentale Unterschiede zwischen beiden Regionen, bezüglich Entstehung des Konfliktes, Intensität und Akteuren, es scheint jedoch eine ausreichende Basis zu geben, die die anzustrebende Vergleichbarkeit gewährleistet. Andererseits ist auch klar geworden, dass sich die beiden Fallbeispiele nicht so ähneln, dass sie etwa völlig übereinstimmen würden, und so ist die Vergleichbarkeit gewährleitstet.

Nun bleibt zu klären wie ein solcher Vergleich funktioniert. Hierbei gibt es allerdings keine einheitliche Methode in der Komparatistik sondern mehrere Verfahren, die sich im wesentlichen auf die zwei Idealtypen der vergleichenden Methode reduzieren lassen: die Differenz – und Konkordanzmethode bei John Stuart Mill[3] sowie Unterschieds - und Gleichheitsprinzip bei Giovanni Sartori.. Im Fall des most different system geht man davon aus, dass die zu vergleichenden Fälle unterschiedlich sind und sich nur in der zu untersuchenden Variable gleichen. Die Aufgabe des Forschers besteht nun darin, eine weitere den Fällen gemeinsame Variable zu finden um das beobachtete ihnen gemeinsame Phänomen erklären zu können. Der Vergleich in der Politikwissenschaft ist also eine Methode mit deren Hilfe man herausfinden kann, in welchem Punkt zwei oder mehrere Fälle sich unterscheiden oder übereinstimmen.

Trotz vieler Gemeinsamkeiten in den Rahmenbedingungen zwischen den beiden Fällen Baskenland und Nordirland ist das Unterschiedsprinzip bei dieser Untersuchung mit Sicherheit das sinnvollste . Denn es ist nun die Aufgabe der vergleichenden Analyse, näheres über eine weitere gemeinsame Variable in beiden Konflikten herauszufinden.. Es gilt nun die These zu untersuchen, dass die Existenz der paramilitärischen Organisationen auf innergesellschaftliche Spannungen zurückzuführen ist und die Organisationen folglich über einen Rückhalt in der Bevölkerung verfügen. Aus dieser Hypothese ergeben sich wiederum mehrere Fragestellungen in Form von weiteren Variablen, so zunächst die Frage nach den Umständen der Entstehung der Organisationen. Weiterhin wird ein Blick auf ihre Aktivitäten, Ideale und vor allem ihre Selbstlegitimation zu werfen sein. Dieses Selbstbild soll hinterher an der Realität überprüft werden, indem die tatsächlich vorhandene Unterstützung in der Bevölkerung untersucht wird. Am Ende steht als Ergebnis, welche Bedeutung die jeweilige Organisation für den Konflikt besitzt und inwiefern ihr Lösungskompetenzen zukommen oder zukommen sollten. In der Untersuchung wird zu erläutern sein, wie sich gewisse ähnliche gesellschaftliche Entwicklungen (die gleichen Variablen) auf die Entwicklung der Unterstützung für IRA und ETA ausgewirkt haben und sich noch auswirken werden.

2.2 Die Wurzeln des gegenwärtigen Konfliktes und die Entstehung des militanten Nationalismus

a) Nordirland

Es wird häufig behauptet, die IRA sei eine isoliert zu betrachtende Organisation, die sich nur mit Bezug auf historische Personen und Mythen selbst legitimieren könne.[4]

In der Tat spielt der Rückgriff auf historische Ereignisse für die Identifikation in der irisch-republikanischen Bewegung eine entscheidende Rolle. Die Provinz Ulster besitzt eine sehr lange und gewalttätige Kolonialisierungsgeschichte, die bereits im Mittelalter beginnt, als England mehrfach versucht, Irland zu unterwerfen. So kann als konkreter Beginn des katholisch-protestantischen Konflikts auf der Insel auch die Eroberung und die mit ihr einsetzende Plantation -Politik des frühen 17. Jahrhunderts gesehen werden. Die historische Schlacht zwischen dem protestantischen Heer Wilhelm von Oraniens und dem irisch-katholischen dient den loyalistischen Protestanten Nordirlands noch heute als Beweis ihrer angeblichen ethnischen Überlegenheit. Die militante katholische Bevölkerung hingegen sieht den englischen Planter als Störer der funktionierenden, homogenen gälischen Gesellschaft[5].

Man kann jedoch sagen, dass es auf der irischen Insel nie eine wirklich einheitliche Kulturnation gegeben hat, lediglich einen durch britische Herrschaft geschaffenen Zentralstaat.[6] Die Religionsunterschiede werden allerdings schon früh sichtbar in Form von „social segregation“[7].

Gegen die Anglisierungsversuche der Briten und die damit verbundene Unterdrückung der Katholiken gerichtet entstehen ab dem 18. Jahrhundert verschiedene irisch-nationalistische Gruppen die sich gegen die britische Hegemonie richten und unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten für die irische Frage sehen.[8]

[...]


[1] Birle, Peter & Wagner, Christoph (2001). „Vergleichende Politikwissenschaft: Analyse und Vergleich politischer Systeme.“ In: Mols, Manfred, Hans-Joachim Lauth & Christian Wagner (Hrsg./2001). Politikwissenschaft: Eine Einführung [3., neu bearbeitete und erweiterte Auflage]. Paderborn: Schöningh, S.100

[2] Beyme, Klaus von (1988). Der Vergleich in der Politikwissenschaft. München: Piper, S.52

[3] vgl Beyme 1988, S.52

[4] vgl Gilligan, Chris & Tonge, Jon (Hrsg./1997). Peace or War? Understanding the peace process in Northern Ireland. Aldershot/England, Brookfield/USA: Ashgate Publishing Ltd S.72-75

[5] vgl Kockel, Ullrich (1991). Regions, borders and European Integration – Ethnic Nationalism in Euskadi, Schleswig and Ulster. Liverpool, England: The Institute of Irish Studies, S.10

[6] vgl ebd S.11

[7].ebd.S.12

[8] vgl Valandro, Franz (2001). Das Baskenland und Nordirland: Eine vergleichende Konfliktanalyse. Innsbruck, S.71

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Rolle der paramilitärischen Organisationen IRA und ETA im nordirischen und baskischen Konflikt
Hochschule
Universität Rostock  (Politik- und Verwaltungswissenschaften)
Veranstaltung
Grundkurs: Militanter Nationalismus in Westeuropa
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V68087
ISBN (eBook)
9783638608725
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rolle, Organisationen, Konflikt, Grundkurs, Militanter, Nationalismus, Westeuropa
Arbeit zitieren
Rebecca Richter (Autor:in), 2004, Die Rolle der paramilitärischen Organisationen IRA und ETA im nordirischen und baskischen Konflikt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68087

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