Elias' Theorie der Etablierten-Außenseiter-Beziehungen als kritisches Gegenmodell zur Kulturtheorie Hofstedes


Referat (Ausarbeitung), 2006

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Kultur als mentale Programmierung von Menschen
1.1. Manifestation von Kultur

2. Kulturschock
2.1. Zum Verlauf des Kulturschock
2.2. Kulturelle Anpassung

3. Zur Unangemessenheit der herkömmlichen, kulturanthropologischen Erklärungsmodelle

4. Zum Modell von Etablierten und Außenseitern nach Norbert Elias
4.1. Anmerkungen zu Stigmatisierung und pars-pro-toto-Verzerrung
4.2. Aspekte des Figurationsmodells nach Norbert Elias

5. Aspekte einer figurationssoziologischen Betrachtung des Gruppenkonflikts zwischen Spätaussiedlern und Deutschen
5.1. Ausgrenzung der Mitglieder der Außenseiter vom außerberuflichen Verkehr
5.2. Stigmatisierung und pars-pro-toto-Verzerrung

Schlussbetrachtung

Anhang

Quellennachweis

Einleitung

Die vorliegende Arbeit ist eine Spezifizierung des Referates vom 26.10.2005, welches, im Rahmen des von Frau Dr. Olga Frik im Wintersemester 2005/06 geleiteten Seminars Interkulturelle Fragen der Bildung und Erziehung, einführend in die Thematik der aktuellen Kulturtheorien, mit Schwerpunktsetzung in den Bereichen Kulturschock und seine Bewältigung, Typen des Wandels kultureller Identität sowie kulturelle Standards, gehalten wurde.

Das Referat wurde in Hinblick auf die eigentliche Problematik des Seminars ausgearbeitet. Hofstedes Kulturtheorie ist dahingehend analysiert worden, inwieweit sich mit den in seinem Buch Lokales Denken, globales Handeln. Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management. gezeigten Ansätzen, die derzeitige Situation der russischen Spätaussiedler in der Bundesrepublik Deutschland beschreiben und erklären lässt. Die Verschriftlichung versucht über die im Referat angesprochenen Themen hinaus aufzuzeigen, wie sich eine unangemessenere Sichtweise der Ereignisse, mangels stärkerer Distanzierung vom Geschehen, wie sie zum großen Teil durch die in der Kulturanthropologie vorherrschenden Paradigmen, zu deren führenden Vertretern Geert Hofstede gezählt werden kann, verbreitet wird, nachhaltig negativ auf die Integrationsbemühungen sowohl von Deutschen, als auch Spätaussiedlern auswirkt.

Zunächst wird ein einführender, schwerpunktmäßiger Überblick über die gängige Kulturtheorie gegeben, wobei im Fokus der Betrachtung die Ausführungen Hofstedes stehen. Anschließend werden die stärksten Kritikpunkte an dieser Sichtweise angeführt, um schließlich einen kurzen Abriss der figurationssoziologischen Theorie von Etablierten-Außenseiter-Beziehungen nach Norbert Elias aufzuzeigen. Zum Abschluss werden, mit Hinweis auf die Nachteile der kulturanthropologischen Erklärungsversuche von Integrationsproblemen, die Vorteile des figurationssoziologischen Erklärungsmodells aufgezeigt.

1. Kultur als mentale Programmierung von Menschen

Für Hofstede ist Kultur im Wesentlichen die mentale Software, welche Muster des Denkens, Fühlens und potentiellen Handelns umfasst, die jeder Mensch in sich trägt und ein Leben lang erlernt hat.[1] Sie macht zusammen mit der menschlichen Natur, die universell und ererbt ist, sowie mit den einzigartigen Erfahrungen eines Menschen, dessen Persönlichkeit aus.

Unter potentiellem Handeln versteht Hofstede das, aufgrund der persönlichen Vergangenheit, wahrscheinliche und verständliche Verhalten von Menschen. Dennoch ist das Verhalten nur teilweise durch die mentale Software vorbestimmt. Hofstede räumt Menschen grundsätzlich die Möglichkeit ein, von eigentlich vorbestimmten Verhaltensmustern auf eine kreative, destruktive oder anders unerwartete Weise abzuweichen.[2]

Die Quellen der mentalen Programmierung liegen im sozialen Umfeld des Einzelnen. Folglich ist Kultur „[...] die kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet.“[3] Unter einer Gruppe wird dabei eine Anzahl von Menschen verstanden, die Kontakt zueinander haben. Unter Kategorie ist eine Anzahl von Menschen zu verstehen, die nicht unbedingt Kontakt zueinander haben, aber Gemeinsamkeiten aufweisen. Da Menschen meist einer ganzen Reihe von verschiedenen Gruppen angehören, manifestieren sich in der Persönlichkeit verschiedene Kulturebenen. Hofstede benennt unter anderem die nationale Ebene, die geschlechtsspezifischen Ebenen, die generationsspezifische Ebene und die Ebene der sozialen Klasse.[4]

Diesem weit gefassten sozialanthropologischen Kulturbegriff steht nach Meinung Hofstedes im allgemeinen Sprachgebrauch ein zweiter Kulturbegriff gegenüber, der mit „Zivilisation“ bzw. „Verfeinerung des Geistes“ gleichgesetzt wird. Dieser wird vorrangig im Zusammenhang mit Bildung, Kunst und Literatur verwendet. Hofstede weißt darauf hin, dass in Politik und Medien gelegentlich beide Kulturbegriffe verwechselt werden.[5]

1.1. Manifestation von Kultur

Nach Hofstede manifestiert sich Kultur in Praktiken, die sich für ihn in Symbole, Helden und Rituale als die wichtigsten Formen unterteilen lassen, sowie Werten. Dabei sind Werte, verstanden als Neigung, bestimmte Umstände anderen vorzuziehen, die stärkste Manifestation von Kultur und Symbole die oberflächlichste.

Symbole sind nach Hofstede „[...] Worte, Gesten, Bilder oder Objekte, die eine bestimmte Bedeutung haben, welche nur von denjenigen als solche erkannt werden, die der gleichen Kultur angehören.“[6] Sie unterliegen häufigen und schnellen Veränderungen. Helden sind für Hofstede Menschen, welche eine Vorbildfunktion haben, da sie über in der Kultur hochangesehene Eigenschaften verfügen. Dabei ist es nicht entscheidend, ob die Person echt oder fiktiv, tot oder lebendig ist. Als Rituale bezeichnet Hofstede kollektive Tätigkeiten, die in der jeweiligen Kultur als sozial notwendig gelten, aber für das Erreichen angestrebter Ziele prinzipiell überflüssig sind. Als Praktiken sind Symbole, Helden und Rituale für einen Beobachter die sichtbaren, äußeren Erscheinungen einer Kultur. In der Regel, verschließt sich ihm jedoch die kulturelle Bedeutung.[7]

Unter Werten versteht Hofstede Gefühle, die in einem vorgegebenen Schema zum Plus- oder Minuspol hin tendieren. Sie sind meist unbewusst, werden im Kindesalter vor allem implizit erlernt und betreffen Empfindungen in Bezug auf: böse - gut; schmutzig - sauber; hässlich – schön; unnatürlich – natürlich; anormal – normal; paradox – logisch; irrational – rational.[8]

2. Kulturschock

Mit Kulturschock wird die spezielle Übergangsperiode bei der Eingewöhnung in eine fremde Kultur bezeichnet. Sie bezieht sich auf die Gefühle, die Menschen in der Zeitspanne von sechs Monaten bis zu einem Jahr empfinden, nachdem sie in einen neuen Kulturkreis hineingekommen sind. Die Phase des Kulturschocks ist für die Personen besonders durch Stress und Ängstlichkeit gekennzeichnet.[9] Hofstede vergleicht die Situation in der Übergangsperiode mit dem Zurückfallen in die Kindheit auf mentaler Ebene. Die kulturellen Praktiken sind für den Einzelnen zwar sichtbar, doch entziehen sich die ihnen zugrundliegenden Werte seiner Erkenntnis. Da er sich nicht in die Werte der fremden Kultur hineinversetzen kann, ist er gezwungen vieles neu zu erlernen. Letztlich führt auch Hofstede an, dass sich der erlebte Kulturschock überwiegend in Gefühlen von Angst, Hilflosigkeit und Feindseligkeit gegenüber der neuen Umgebung äußert.

2.1. Zum Verlauf des Kulturschock

Fasst alle Vertreter von kulturanthropologischen Erklärungsmodellen skizzieren einen u-förmigen Verlauf des Erlebens eines Kulturschocks. Dabei wird in den Modellen von der Situation, in der ein einzelner Fremder, z.B. der Vertreter einer Firma, gezwungen ist, sich länger in einer für ihn neuen Umgebung aufzuhalten, ausgegangen. Der erlebte Kulturschock verläuft in einer solchen Situation gewöhnlich in 5 Phasen, welche sich teilweise mit den unter 3.2. genannten Phasen der kulturellen Anpassung überschneiden.

Die erste Phase ist von Euphorie bestimmt. Die eigene Kultur wird nicht in Frage gestellt und man ist lediglich Betrachter der neuen kulturellen Umgebung. Innerhalb der Entfremdungsphase, nimmt der fremde Besucher sich, aufgrund von ersten Kontaktschwierigkeiten, auch als Fremder wahr. In der Regel, wird er sich selbst die Schuld an den Schwierigkeiten im Umgang mit der neuen Umgebung geben. Die dritte Phase wird mit Eskalation gleichgesetzt. Das anhaltende Gefühl der Entfremdung, wird durch Schuldzuweisungen an die fremde Kultur und Verherrlichung der eigenen versucht zu kompensieren. Die vorletzte Phase der Missverständnisse zeichnet sich dadurch aus, dass die Konflikte meist als Missverständnisse, als Ergebnis der kulturellen Unterschiede wahrgenommen werden. Letztlich kommt es unter entsprechend günstigen Umständen zu einer Phase der Verständigung, innerhalb derer die fremden kulturellen Spielregeln verstanden, geduldet, erlernt und geschätzt werden.[10]

[...]


[1] vgl. Geert Hofstede: Lokales Denken, globales Handeln. Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management. München 2001, S.2ff.

[2] vgl. ebd., S.3

[3] ebd., S.4

[4] dazu ausführlicher ebd., S.12

[5] vgl. ebd., S.3f.

[6] ebd., S.8

[7] vgl. ebd., S.8f.

[8] vgl. ebd., S.9f.

[9] vgl., www.tu-dresden.de/sulifg/daf/mailproj/kursbu11.htm#Ku, 24.10.2005

[10] vgl. ebd.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Elias' Theorie der Etablierten-Außenseiter-Beziehungen als kritisches Gegenmodell zur Kulturtheorie Hofstedes
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Institut für Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Interkulturelle Fragen der Bildung und Erziehung
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
22
Katalognummer
V68159
ISBN (eBook)
9783638608848
ISBN (Buch)
9783640866304
Dateigröße
585 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der Ausarbeitung geht es um einen Vergleich der Angemessenheit einer der führenden Kulturtheorien, nach Gerd Hofstede, und der soziologischen Theorie der Etablierten-Außenseiter-Beziehung, nach Norbert Elias, in Bezug auf den Gegenstand der Integration im Bereich der interkulturellen Pädagogik.
Schlagworte
Elias, Theorie, Etablierten-Außenseiter-Beziehungen, Gegenmodell, Kulturtheorie, Hofstedes, Interkulturelle, Fragen, Bildung, Erziehung
Arbeit zitieren
Robert Meyer (Autor:in), 2006, Elias' Theorie der Etablierten-Außenseiter-Beziehungen als kritisches Gegenmodell zur Kulturtheorie Hofstedes, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68159

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