Brennende dänische Fahnen, demonstrierende Muslime und Morddrohungen gegen Karikaturisten bestimmten Anfang des Jahres 2006 die Schlagzeilen. Am 30. September 2005 veröffentlichte die dänische Zeitung „Jyllands-Posten“ zwölf Mohammed-Karikaturen, die vier Monate später einen über Wochen dauernden Flächenbrand von Wut und Gewalt in islamischen Ländern auslösten. Nicht nur am „internationalen Tag des Zorns“, den der Geistliche Scheich Jussuf al-Kardawi am 3. Februar ausrief, wurden skandinavische Vertretungen und europäische Kulturbüros angegriffen, skandierten Muslime Hassparolen gegen den Westen. Nahezu jeden Tag im Februar kam es in islamischen Ländern zu Ausschreitungen und Protesten, die sich gegen die Mohammed-Karikaturen richteten: Demonstranten verbrannten dänische, norwegische, österreichische, deutsche und EU-Flaggen, steckten Puppen in Brand, die europäische Politiker symbolisieren. 17 arabische Länder riefen zum Boykott dänischer Waren auf. Auf den Straßen im Nahen Osten, in Asien und in Teilen Europas drohten islamische Demonstranten dem Westen. Sie schwenkten Transparente mit hetzerischen Aufschriften wie „Massakriert alle, die den Islam beleidigen“, „Schlachtet die ab, die den Islam verspotten“ und „Europa, dein 11. September naht“ 1 . Im Gazastreifen verlangten die Demonstranten, dass den Karikaturisten die Hände abgehackt werden, und ein Imam verkündete vor 9000 Gläubigen in der Omari-Moschee: „Wir werden nicht eher ruhen, bis den Verantwortlichen die Köpfe abgetrennt werden.“ 2 Als Reaktion auf die dänischen Mohammed-Karikaturen fand die bislang weitreichendste und gewalttätigste gesellschaftliche Mobilisierung des politischen Islams - ausgehend von Europa, über den Nahen Osten bis nach Asien statt. Die Ereignisse um die Karikaturen-Veröffentlichung haben die westliche Welt geschockt und zu heftigen Diskussionen geführt. Der sogenannte Karikaturenstreit hat die Auseinandersetzung in den Zeitungen über Wochen beherrscht. Mit ihm tauchte auch wieder das Schlagwort vom „Kampf der Kulturen“ auf der internationalen Tagesordnung auf. Wie schon bei den Anschlägen vom 11. September 2001 und anderen Ereignissen, die in Verbindung mit Islam und Islamismus stehen, wird auch im Zusammenhang mit dem Karikaturenstreit die von Samuel P. Huntington geprägte These vom „Kampf der Kulturen“ aufgegriffen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- A. Theoretische Grundlagen
- 1. Einleitung
- Exkurs zu den Begriffen Kultur und Zivilisation
- 2. Huntingtons „Clash of Civilizations“
- 2.1 Huntingtons These vom „Kampf der Kulturen“
- 2.2 Der Diskurs um Huntingtons These
- 2.3 Zentrale Punkte in Huntingtons Argumentation/ Entwicklung eines Analyseschemas
- 2.3.1 Die Formel vom „Kampf der Kulturen“
- 2.3.2 Huntingtons Kulturbegriff
- 2.3.3 „Der Kampf der Kulturen“ als Wertekonflikt
- 2.3.4 Der Islam als Konfliktfaktor
- B. Analyse
- 3. Einführender Teil zur Analyse des Karikaturenstreits
- 3.1 Vorgehensweise und Operationalisierung
- 3.2 Grundstrukturen der Berichterstattung
- 4. Analyse des Karikaturenstreits anhand ausgewählter Publikationen
- 4.1 Die Verwendung der Formel vom „Kampf der Kulturen“
- 4.1.1 in der „öffentlichen Meinung“
- 4.1.2 in den Medien
- 4.1.2.1 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
- 4.1.2.2 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
- 4.1.2.3 DIE WELT
- 4.1.2.4 DIE TAGESZEITUNG
- 4.1.2.5 FRANKFURTER RUNDSCHAU
- 4.1.2.6 DIE ZEIT
- 4.1.2.7 DER SPIEGEL
- 4.2 Der verwendete Kulturbegriff
- 4.2.1 Der Kulturbegriff in der „öffentlichen Meinung“
- 4.2.2 Der Kulturbegriff in den Medien
- 4.2.2.1 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
- 4.2.2.2 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
- 4.2.2.3 DIE WELT
- 4.2.2.4 DIE TAGESZEITUNG
- 4.2.2.5 FRANKFURTER RUNDSCHAU
- 4.2.2.6 DIE ZEIT
- 4.2.2.7 DER SPIEGEL
- 4.3 Der Karikaturenstreit als Wertekonflikt?
- 4.3.1 Positionen in der „öffentlichen Meinung“
- 4.3.2 Positionen in den Medien
- 4.3.2.1 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
- 4.3.2.2 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
- 4.3.2.3 DIE WELT
- 4.3.2.4 DIE TAGESZEITUNG
- 4.3.2.5 FRANKFURTER RUNDSCHAU
- 4.3.2.6 DIE ZEIT
- 4.3.2.7 DER SPIEGEL
- 4.4 Das Islambild im Karikaturenstreit
- 4.4.1 in der „öffentlichen Meinung“
- 4.4.2 in den Medien
- 4.4.2.1 SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
- 4.4.2.2 FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
- 4.4.2.3 DIE WELT
- 4.4.2.4 DIE TAGESZEITUNG
- 4.4.2.5 FRANKFURTER RUNDSCHAU
- 4.4.2.6 DIE ZEIT
- 4.4.2.7 DER SPIEGEL
- C. Ergebnisse
- Die Relevanz von Huntingtons These für das Verständnis des Karikaturenstreits
- Die Verwendung des Begriffs „Kampf der Kulturen“ in der öffentlichen Meinung und in den Medien
- Die Rolle des Islam als Konfliktfaktor im Karikaturenstreit
- Die Analyse des Kulturbegriffs im Zusammenhang mit der „Clash of Civilizations“-These
- Die Bedeutung des Karikaturenstreits für die deutsch-islamischen Beziehungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert den sogenannten Karikaturenstreit im Frühjahr 2006 im Kontext der „Clash of Civilizations“-These von Samuel P. Huntington. Ziel ist es, die Anwendung und Rezeption von Huntingtons These im Diskurs über die Mohammed-Karikaturen und die darauf folgenden Proteste in islamischen Ländern zu untersuchen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Mohammed-Karikaturen und den darauf folgenden Protesten ein. Sie skizziert die geschichtliche Entwicklung der „Clash of Civilizations“-These und beleuchtet die Relevanz des Themas für die gegenwärtige Welt. Anschließend werden die Begriffe „Kultur“ und „Zivilisation“ im Kontext des Themas erläutert.
Kapitel 2 beschäftigt sich mit Huntingtons „Clash of Civilizations“-These. Es werden die zentralen Argumente Huntingtons dargestellt und der Diskurs um seine These beleuchtet. Darüber hinaus wird ein Analyseschema entwickelt, das die Anwendung von Huntingtons These im Karikaturenstreit ermöglicht.
Kapitel 3 beschreibt die Vorgehensweise und Operationalisierung der Analyse des Karikaturenstreits. Es werden die Grundstrukturen der Berichterstattung über den Konflikt in ausgewählten Publikationen aufgezeigt.
Kapitel 4 analysiert den Karikaturenstreit anhand von ausgewählten Publikationen, die unterschiedliche Perspektiven und Meinungen zum Thema repräsentieren. Es werden die Verwendung der Formel vom „Kampf der Kulturen“, der Kulturbegriff, die Darstellung des Karikaturenstreits als Wertekonflikt und das Islambild untersucht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem Karikaturenstreit, der „Clash of Civilizations“-These, Kultur, Zivilisation, Islam, Wertekonflikt, öffentliche Meinung, Medienanalyse, interkulturelle Beziehungen, interreligiöser Dialog und Islamophobie.
- Arbeit zitieren
- Stefanie Albrecht (Autor:in), 2006, Ist der Streit um die Mohammed-Karikaturen ein Beleg für Samuel Huntingtons These vom Clash of Civilizations?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68189