,,Und wenn Abel Gance 1927 enthusiastisch ausrief: ,Shakespeare, Rembrandt, Beethoven werden filmen′ (...), so hat er, ohne es wohl zu meinen, zu einer umfassenden Liquidation eingeladen."1 Benjamin meint die Zerstörung des ,,Tradierten" aber auch jener ,,überkommene_n_ Begriffe - wie Schöpfertum und Genialität, Ewigkeitswert und Geheimnis"2 durch das neue Massenmedium Film. Ganz recht behalten sollte Benjamin aber nicht, denn an der Schwelle zum 21. Jahrhundert macht die Rembrandt-Verfilmung von Charles Matton3 abermals eine tiefe Verbeugung vor dem Genius und läßt ihn am Ende in dem Ausruf der kleinen Cornelia ,,Rembrandt est mort...!" als ,,König des Lichts" metaphorisch wieder auferstehen.
1977, mehr als zwanzig Jahre zuvor, entsteht unter der Regie von Jos Stelling ein Rembrandt-Film, der schon eher von dieser Benjaminschen These Gebrauch zu machen scheint: Rembrandt fecit 1669.
Die vorliegende Arbeit will diesen Film unter verschiedenen Gesichtspunkten des Künstlerfilmgenres analysieren. Die zentrale Frage dreht sich dabei um die filmspezifischen Darstellungsmodi, durch welche Kunst im Film gezeigt und funktionalisiert werden kann. Vergleiche mit anderen Filmen sollen helfen, die Besonderheiten der Stelling-Produktion hervorzukehren.
In einem ersten Teil wird, als einem der tragenden Vehikel der Kunstvermittlung, die Sprache in ihrem Verhältnis zur Malerei im Film untersucht. Als Gegenmodell zur sprachbetonten Auseinandersetzung sollen daraufhin die filmeigenen formalen Gestaltungsmittel der Mise-en-scène in Betracht gezogen werden, die alternativ zur Rede den Eindruck einer Künstlerperspektive verschaffen können. Schließlich wird als drittem wichtigen Posten des Künstlerfilms die narrative Integration kunsthistorischer Stoffe, und damit auch das Verhältnis von Film und Geschichte bzw. Mythos, behandelt.
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1 Benjamin, S. 14, zit. n. Abel Gance: ,,Le temps de l′image est venu", in: L′art cinématographique II, Paris 1927, S. 94-96
2 Benjamin, S. 9
3 Rembrandt (Charles Matton, F/D/NL 1999)
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung: Von Walter Benjamin zu Rembrandt fecit
- II. Zum Verhältnis von Malerei und Sprache im Künstlerfilm
- II.1. Der Künstler als Redner
- II.2. Ein stummer Rembrandt
- II.3. Das Kunstgespräch
- III. Der Künstler hinter der Kamera
- III.1. Die „spezifischen Möglichkeiten des Films“
- III.2. Der Blick des Künstlers: Vom Maler zum Filmemacher
- III.3. Die Kamera versucht zu malen
- IV. Das Problem der Narration
- IV.1. Kohärenz und Fragmentierung
- IV.2. Geschichte, Mythos und das Jetzt
- IV.3. Emotionalisierung versus Dramatisierung
- V. Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den Film „Rembrandt fecit 1669“ von Jos Stelling aus verschiedenen Perspektiven des Künstlerfilmgenres. Der Fokus liegt auf der Darstellung von Kunst im Film, insbesondere den filmspezifischen Darstellungsmodi, die zum Einsatz kommen, um Kunst darzustellen und zu funktionalisieren. Die Arbeit untersucht die Beziehung zwischen Sprache und Malerei im Film und beleuchtet die formalen Gestaltungsmittel der Mise-en-scène als alternative Mittel zur Rede. Außerdem wird die narrative Integration kunsthistorischer Stoffe und das Verhältnis von Film und Geschichte bzw. Mythos behandelt.
- Darstellung von Kunst im Künstlerfilm
- Verhältnis von Sprache und Malerei
- Formale Gestaltungsmittel der Mise-en-scène
- Narrative Integration kunsthistorischer Stoffe
- Verhältnis von Film und Geschichte/Mythos
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Von Walter Benjamin zu Rembrandt fecit
Die Einleitung führt in das Thema des Films und in die Analyse des Künstlerfilmgenres ein. Sie bezieht sich auf Walter Benjamins These über die Veränderung des Kunstbegriffs durch den Film und stellt „Rembrandt fecit 1669“ als Beispiel für eine Verbeugung vor dem künstlerischen Genius dar. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die spezifischen Darstellungsmodi von Kunst im Film zu untersuchen.
II. Zum Verhältnis von Malerei und Sprache im Künstlerfilm
Dieses Kapitel beleuchtet die Rolle der Sprache im Film und ihre Beziehung zur Malerei. Es diskutiert, wie Sprache im Künstlerfilm häufig zur Vermittlung von Kunst eingesetzt wird, und analysiert die Vor- und Nachteile dieser Methode. Der Abschnitt erörtert die Bedeutung von filmischen Gestaltungsmitteln wie der Mise-en-scène als alternative Mittel zur Darstellung einer Künstlerperspektive.
III. Der Künstler hinter der Kamera
Das Kapitel widmet sich dem Blick des Künstlers im Film und untersucht, wie die Kamera die Malerei nachzuahmen versucht. Es beleuchtet die spezifischen Möglichkeiten des Films, Kunst darzustellen, und analysiert die Transformation des Künstlers vom Maler zum Filmemacher.
IV. Das Problem der Narration
Dieses Kapitel untersucht die narrative Integration kunsthistorischer Stoffe im Künstlerfilm. Es analysiert die Kohärenz und Fragmentierung der Narration, die Verbindung von Geschichte, Mythos und Gegenwart, sowie die Herausforderungen der Emotionalisierung und Dramatisierung in Künstlerfilmen.
Schlüsselwörter
Künstlerfilm, Rembrandt fecit 1669, Jos Stelling, Kunst im Film, Darstellung von Kunst, Sprache und Malerei, Mise-en-scène, Narration, Geschichte, Mythos.
- Arbeit zitieren
- Anna Purath (Autor:in), 2001, Jos Stellings "Rembrandt fecit 1669" und die Darstellung von Kunst im Künstlerfilm, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6863