In seinem Buch The Cinematic Body schlägt Shaviro eine neue Herangehensweise der Filmtheorie vor: "(...) a new approach to the dynamics of film viewing: one that is masochistic, mimetic, tactile, and corporeal, in contrast to the reigning psychoanalytic paradigm′s emphasis on sadism and separation" . Im Gegensatz zum psychoanalytischen Ansatz soll diese masochistische Lesart subversive Momente des Kinos greifbar machen, die unter konventionellen Gesichtspunkten unwirksam bleiben würden. Für einige seiner Argumente liefert der 1999 unter der Regie von David Fincher entstandene Film The Fight Club durchaus handfeste Beweise. Gleichzeitig münden aber viele seiner masochistischen Momente in einen intendierten Sadismus, Selbstzerstörung in Selbstfindung oder Zerstörung der Umwelt in einen Neuanfang. Aus diesen "Widersprüchen" lassen sich wiederum zahlreiche Parallelen ziehen, zu psychoanalytischen Modellen des Masochismus einerseits, und zu konventionellen Mustern des Actiongenres andererseits.
Die folgende Arbeit hat den Anspruch, Shaviros Thesen zum Masochismus anhand von Fight Club zu relativieren und zu zeigen, daß sie nicht im unbedingten Widerspruch zu psychoanalytischen Modellen stehen, wie sie uns beispielsweise Freud oder Reik geben. Anstatt das eine Paradigma gegen das andere auszuspielen, soll hier vielmehr die Koexistenz von Ansätzen hervorgehoben werden. Zwei Themen stehen hierbei im Mittelpunkt: Zum einen die Frage, ob die masochistische Erfahrung im Sinne Shaviros als Selbstzweck aufgefaßt werden kann; und zum anderen das daran anschließende Verhältnis zwischen Fragmentierung und Einheit des Subjekts.
Die Ausführungen beziehen sich neben Shaviro auf einen Text zum Masochismus von Kaja Silverman aus ihrem Buch Male Subjectivity at the Margins, sowie auf die Schlüsseltexte zum Masochismus von Sigmund Freud. Da die Hauptfigur in Fight Club, welche von Edward Norton gespielt wird, keinen eindeutigen Eigennamen hat und zudem das Problem der Auseinanderhaltung seiner beiden Hälften besteht, wird im Folgenden der Einfachheit halber zwischen "Norton" und "Tyler" (Brad Pitt) unterschieden.
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Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung
- II Masochismus als Selbstzweck?
- III Zwischen Fragmentierung und heterokosmischem Impuls
- IV Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Analyse des Films "Fight Club" (1999) im Kontext der Filmtheorie von Shaviro. Dabei geht es um die Frage, ob die masochistische Erfahrung im Film als Selbstzweck verstanden werden kann, sowie um das Verhältnis von Fragmentierung und Einheit des Subjekts. Die Analyse basiert auf den Thesen von Shaviro sowie auf psychoanalytischen Modellen von Masochismus, insbesondere von Freud und Silverman.
- Die masochistische Erfahrung als Selbstzweck in "Fight Club"
- Das Verhältnis von Fragmentierung und Einheit des Subjekts
- Analyse der Selbsthilfegruppen im Film
- Die Bedeutung von Schmerz und Leid in der filmischen Darstellung
- Verbindungen zwischen Masochismus, Sadismus und dem Actiongenre
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel dient der Einführung und stellt Shaviros Thesen zur masochistischen Filmtheorie vor. Es wird deutlich, dass Shaviro eine subversive Lesart des Kinos vorschlägt, die die konventionellen psychoanalytischen Ansätze in Frage stellt. Das zweite Kapitel untersucht die Frage, ob der Masochismus in "Fight Club" als Selbstzweck verstanden werden kann. Anhand der Selbsthilfegruppen im Film wird argumentiert, dass Schmerz und Leid als Mittel zur Erlösung und Befreiung dargestellt werden. Das dritte Kapitel widmet sich dem Verhältnis von Fragmentierung und Einheit des Subjekts, wobei die psychoanalytischen Modelle des Masochismus herangezogen werden.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Masochismus, Selbstzweck, Fragmentierung, Einheit, heterokosmischer Impuls, "Fight Club", Shaviro, Freud, Silverman, Filmtheorie, Psychoanalyse, Actiongenre.
- Quote paper
- Anna Purath (Author), 2001, Masochismus und "The Fight Club", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6864