Mit dem in den letzten Wochen verstärkten Engagement des Nahost-„Quartetts“ für den israelisch-palästinensischen Friedensprozess findet eine Entwicklung ihre Fortsetzung, die durch den Irak-Krieg bedroht schien. Setzten vor allem die Amerikaner in diesem Zusammenhang auf einen gewaltsamen Regimeumsturz und erhofften sich von einem demokratisierten Irak Vorbildfunktion für eine „Domino“-Demokratisierung des gesamten Nahen Ostens, so ist nunmehr die Tatsache in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit zurück gekehrt, wonach es ohne eine Befriedung des schon traditionellen Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern und den damit verbundenen regionalen Implikationen wohl keinerlei Anlass zum Optimismus gibt. Die erhoffte Beilegung oder zumindest Regelung des Israel von außen bedrohenden Konflikts bis zum Jahre 2005 mit der Errichtung eines unabhängigen Palästinenserstaates lässt das Augenmerk auf ein innenpolitisches Problemfeld fallen, dessen sich die israelische Regierung zwar in den letzten Jahren verstärkt, insgesamt jedoch nach wie vor noch nicht in ausreichendem Maße angenommen hat: die politische, soziale und kulturelle Zukunft einer nicht-jüdischen Minderheit in einem Staat, der von den Ideologen zur Zeit seiner Gründung als „Staat der Juden“ bezeichnet wurde und der unter diesem Paradigma bis heute besteht. Macht diese, zusammenfassend als „arabisch“ bezeichnete, Minderheit gegenwärtig schon 20 Prozent der Bevölkerung aus, so ist mit einem weiteren Aufwärtstrend in den kommenden Jahren zu rechnen 1 . Vor diesem Hintergrund stellt sich zwangsläufig die Frage nach der schon konzeptuellen Überlebensfähigkeit des Zionismus, der als gesellschaftlicher und ideeller Grundkonsens bis zum heutigen Tag die israelische (jüdische) Gesellschaft zusammen hält. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische Grundkonzeptionen des israelischen Systems
- Konkordanz- oder Dominanzdemokratie?
- Lijpharts „halbe“ Konkordanz
- Smoohas Dominanz-Theorem
- Rein formale Klassifikationsansätze
- Eine operationalisierbare Synthese
- Liberalisierung oder Demokratisierung?
- Die Dilemmata sozialer Liberalisierung
- Die Demokratisierung einer Demokratie - Transformationsmöglichkeiten des israelischen Systems
- Transformationssphären und ihre Entwicklung
- Politische Kooperation versus ideologische Kooptation
- Die Rolle der zionistischen Parteien
- Die Rolle arabischer politischer Partizipation
- Möglichkeiten eines Paradigmenwechsels
- Die sozio-ökonomische Diskriminierung und ihre Auswirkungen
- Infrastrukturelle Benachteiligung
- Der Einfluss geänderter Identitätsmuster auf die Integration
- Handlungsimperative einer Neuorientierung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Frage, inwieweit der Zionismus als gesellschaftlicher und ideeller Grundkonsens die Entwicklung einer chancengleichen und partizipativen Demokratie in Israel behindert. Dabei wird untersucht, welche Anforderungen an die Staatsideologie gestellt werden müssen, um Israels staatliche Integrität zu erhalten und gleichzeitig das Konfliktpotenzial einer aufstrebenden arabischen Minderheit zu entschärfen.
- Die theoretische Grundkonzeption des israelischen Systems im Kontext von Konkordanz- und Dominanzdemokratie
- Die Bedeutung des Zionismus für die Staatsbildung und die Herausforderungen der Integration einer nicht-jüdischen Minderheit
- Die Rolle politischer und sozio-ökonomischer Diskriminierung in der Gestaltung des israelischen Systems
- Möglichkeiten einer Transformation des israelischen Systems hin zu einer inklusiven und gleichberechtigten Demokratie
- Die Analyse von Handlungsimperativen und Reformvorschlägen zur Bewältigung der Herausforderungen an die Staatsideologie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung der Arbeit skizziert den aktuellen Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts und die Herausforderungen, die eine wachsende arabische Minderheit für die israelische Staatsordnung mit sich bringt.
Im zweiten Kapitel werden theoretische Grundkonzeptionen des israelischen Systems anhand verschiedener Modelle wie der Konkordanz- und Dominanzdemokratie diskutiert. Die Analyse beleuchtet die Bedeutung des Zionismus als konstituierenden Faktor der Staatsbildung und die Herausforderung, die sich aus der Integration einer nicht-jüdischen Minderheit ergibt.
Das dritte Kapitel widmet sich Transformationssphären wie politischer Kooperation versus ideologischer Kooptation sowie der sozio-ökonomischen Diskriminierung. Es werden die Rolle der zionistischen Parteien und die arabische politische Partizipation beleuchtet, um die Herausforderungen und Chancen der Integration zu erörtern.
Schlüsselwörter
Die Hausarbeit befasst sich mit zentralen Themen wie Systemtransformation, Staatsideologie, Zionismus, Demokratie, Integration, arabische Minderheit, politische und sozio-ökonomische Diskriminierung, Konfliktpotenzial und Handlungsimperative. Die Arbeit setzt sich mit dem israelischen System im Kontext von Pluralismus, Liberalisierung und Demokratisierung auseinander und analysiert die Herausforderungen einer multikulturellen Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Nicolas Schöneich (Autor:in), 2003, Systemtransformation in Israel? Herausforderungen an die Staatsideologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68679