Die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001


Seminararbeit, 2002

18 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Die Entwicklung seit 1972

2. Standpunkte zur Reform des BetrVerfG
2.1 Die rot-grüne Regierung
2.2 Die Gewerkschaften
2.3.Die Arbeitgeber

3. Zusammenfassung, Fazit und Ausblick

Bibliografie

Einleitung

„Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“ besagt das GG Art. 3,Abs.2. Diese Durchsetzung der Gleichberechtigung soll in allen gesellschaftlichen Bereichen geschehen, auch und gerade in der Arbeitswelt, in der viele Menschen einen großen Teil ihres Lebens verbringen.

Nicht umsonst bezeichnete Walter Riester das BetrVerfG als „Grundgesetz der Betriebe“[1] und zog somit die Parallele zum GG der BRD. Auch in einem solchen BetrVerfG muss der Staat die Durchsetzung der Gleichberechtigung fördern, um dem Grundgesetz zu entsprechen.

Die ersten Bemühungen zu diesem Thema sind schon im alten BetrVerfG zu erkennen, in dem es im Art. 15 Abs. 2 heißt : „Die Geschlechter sollen entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis [im Betriebsrat] vertreten sein“. Die Geschichte der Durchsetzungsbemühungen von gleich-berechtigter betrieblicher Mitbestimmung von Männern und Frauen begann also schon vor 30 Jahren und führte dennoch nicht daran vorbei, diesbezügliche Gesetzesteile im BetrVerfG zu ändern. Denn im Juni 2001 hat der Bundestag die Reform der Betriebsverfassung verabschiedet, die auch Änderungen bezüglich der Geschlechterproblematik enthielt.

Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Walter Riester, bezeichnete die Gesamt- Reform in einer Rede vor dem Bundestag als „längst überfällig“[2]. Diese Formulierung lässt vermuten, dass es Entwicklungen in den letzten 30 Jahren gab, die das alte BetrVerfG nicht bewältigen konnte.

Es ergibt sich die Frage, ob und wenn ja, warum eine Reform des BetrVerfG im Punkt der Gleichberechtigung der Geschlechter bei der betrieblichen Mitbestimmung nötig war. Der Versuch diese Frage zu klären ist der Inhalt dieser Hausarbeit.

Meine These hierzu ist, dass eine Reform des BetrVerfG hinsichtlich der Gleichstellung der Geschlechter erforderlich war, da die letzten 30 Jahre keine effiziente und vor allem schnelle Entwicklung hin zur gleichberechtigten Mitbestimmung von Männern und Frauen erkennen ließen.

Um meine Frage zu klären, werde ich in 3 wesentlichen Schritten vorgehen. Zunächst werde ich die Entwicklung des Verhältnisses von Arbeitnehmerschaftsanteil und Betriebsratsmitgliedschaften der Frauen seit der letzten Reform des BetrVerfG 1972 untersuchen, um festzustellen, ob sich ein Ungleichgewicht ergab. Daraus werde ich ableiten, ob das alte BetrVerfG in seinem Ziel der anteilsmäßigen Mitbestimmung von Männern und Frauen versagt hat, um zum nächsten Schritt zu kommen. Hier werde ich die verschiedenen Standpunkte von Regierung, Gewerkschaften und Arbeitgebern zur Reform des BetrVerfG aufzeigen. Im letzten Schritt möchte ich meine Ergebnisse zusammenfassen, um meine zu Anfang aufgestellte These zu überprüfen und einen Ausblick auf mögliche Konsequenzen des Gesetzes zu geben.

Im Verlauf der Hausarbeit werde ich hauptsächlich auf DGB- oder DGB-nahe Schriften zurückgreifen. Damit sich dennoch ein ausgewogenes Bild ergeben wird, beziehe ich außerdem einige Publikationen verschiedener anderer Verbände mit ein, z.B. vom BDA[3] und TOTAL E-QUALITY Deutschland e.V..

Zum verwendeten Material ist des weiteren zu sagen, dass nach Einschätzung Wolfgang Rudolphs, eines Mitverfassers des „Trendreport Betriebrätewahlen ‘98“ die Angaben des DGB als einziger Quelle zu Betriebsrätewahlen offensichtlich kein komplettes Bild der Realität abgeben. Rudolph schrieb hierzu, dass der DGB „mehr oder weniger korrekt Auskunft über die Ergebnisse von Betriebsrätewahlen geben konnte“ und dass 1998 „ schon kein Gesamtüberblick mehr veröffentlicht [wurde], da die Ergebnisse zumindest von einer Einzelgewerkschaft nicht beigesteuert wurden“[4]. Ich muss mich also auf die Stichproben der Hans-Böckler-Stiftung im Trendreport beziehen und in Kauf nehmen, dass diese wahrscheinlich nicht ein Gesamtbild der Situation in den Betrieben widerspiegeln. Dennoch ist es sehr wahrscheinlich, dass sich aufgrund fehlender Daten nicht ein absolut verzerrtes Bild der Realität im Trendreport darstellen wird. Es wurde eine inoffizielle Auswertung zum Gesamtbild der Betriebsrätewahlen 1998 vorgenommen. Die Zahlen dieser Auswertung werde ich jeweils kursiv und in Klammern zu den offiziellen Werten hinzusetzen, um zu zeigen, dass es hier keine großen Abweichungen gibt. Leider gibt es zu diesen Werten aber keine „saubere Quellenangabe“[5], so dass auch sie zu bezweifeln sind.

1.Die Entwicklung seit 1972 Im Wortlaut des alten BetrVerfG von 1972 heißt es im Artikel 15, Abs. 2 zu der Mandatsverteilung im Betriebsrat: „Die Geschlechter sollen entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein.“ Ein guter Anfang für die Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, wie sie schon im GG der BRD vorgeschrieben ist? Eine Untersuchung der Anteile an der Arbeitnehmerschaft und demgegenüber der Betriebsratsmandateverteilung soll im Folgenden diese Frage klären. Hierzu ist allerdings zu bemerken, dass bis 1990 nur der Westteil Deutschlands untersucht werden kann, da das BetrVerfG ja nur hier galt. Ab 1990 werden dann auch die neuen Bundesländer miteinbezogen. 1975, nachdem das BetrVerfG schon 3 Jahre in Kraft war, sah die Erfüllung des § 15, Abs. 2 wie folgt aus: Die Gesamtarbeitnehmerschaft teilte sich in ca. 38% Frauenanteil und 62% Männeranteil[6]. Dem stand aber nur eine Vertretung weiblicher Betriebsratsmitglieder von gerade einmal knapp 16 % gegenüber[7].

1990, im Jahr der Wiedervereinigung, lag der Frauenanteil in den Betriebsräten bei inoffiziell 23,5%[8], Angaben zum Gesamtanteil an der Arbeitnehmerschaft sind dieser Zahl im verwendeten Material aber nicht gegenübergestellt worden. Es ist zu vermuten, dass dieser Anteil zwischen 38% (1975) und 43,5%(1994)[9] liegt, wenn man den im Gesamtbild erkennbaren Trend in Betracht zieht, dass der Frauenanteil an der Gesamtarbeitnehmerschaft von 1975 bis 2000 kontinuierlich, wenn auch langsam und in einigen Jahren mit geringen Rückschlägen von 38% auf 43,5 % gestiegen ist. Da 1990 sämtliche weibliche Beschäftigte der neuen Bundesländer hinzukamen, ist mit einem recht großen Anstieg des Frauenanteils an der Gesamtarbeitnehmerschaft in diesem Jahr zu rechnen. Immerhin stieg die Erwerbsquote der Frauen auch von 36,5 % 1972[10] auf 62,1 % bis 1991[11], was nicht zuletzt am Zuwachs durch die Frauen der neuen Bundesländer liegen dürfte.

Denn in einer vom Westen Deutschlands abweichenden Mentalität bezüglich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie waren es Frauen in der DDR gewohnt, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und taten dies, soweit es die Arbeitsmarktverhältnisse zuließen, auch noch 1990. Nun fielen also auch sie unter das BetrVerfG und damit gab es einen größeren Anteil an Frauen, deren Interessen eigentlich auch in den Betriebsräten durchgesetzt werden sollten. Aber noch immer gab es eine Differenz zwischen der verhältnismäßigen Verteilung der Betriebsratsmandate und dem Zahlenverhältnis der Geschlechter in den Betrieben. 23,5 %[12] weibliche Betriebsratsmitglieder standen bei einem Gesamtmänneranteil in der Arbeitnehmerschaft von wahrscheinlich 59 %[13] einer überproportionalen Männervertretung in den Betriebsräten von 76,5% gegenüber.

[...]


[1] BMA-Pressestelle, Pressemitteilung “Riester: Erfolgsmodell ‘Betriebliche Mitbestimmung’ ist fit für die Zukunft“, Berlin, 22.06.2001

[2] Deutscher Bundestag, Stenographischer Bericht 177. Sitzung, Rede von Walter Riester anlässlich der 2./3. Beratung zum Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes, Berlin, 22.06.2001

[3] Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände

[4] e-mail von W. Rudolph, Thema: RE: Hausarbeit, Büro für Sozialforschung Kassel, 25.03.02

[5] a.a.O.

[6] W. Rudolph/W. Wassermann, „Trendreport Betriebsrätewahlen ‘98. Das Profil der Betriebsräte zum Ende der 90er Jahre“, Düsseldorf, November 1998, S. 11

[7] a.a.O.

[8] e-mail von W. Rudolph, Thema: RE: Hausarbeit, Büro für Sozialforschung Kassel, 25.03.2002

[9] Angaben aus: W. Rudolph/W. Wassermann, „Trendreport Betriebsrätewahlen ‘98 - Das Profil der Betriebsräte zum Ende der 90er Jahre“, Düsseldorf, November 1998, S. 11

[10] Quelle: Statistisches Bundesamt, Mikrozensus 1972 - “Erwerbstätige im April 1972 nach Stellung im Beruf, Familienstand und Alter“, Fachserie 1, Reihe 4.1.1, Bonn, 1972

[11] Quelle: Klammer/Klenner/Ochs/Radke/Ziegler, „WSI-FrauenDatenReport“, edition sigma 2000

[12] e-mail von W. Rudolph, Thema: RE: Hausarbeit, Büro für Sozialforschung Kassel, 25.03.2002

[13] Der Durchschnitt aus den 38 und 42,5 % Frauenanteil zwischen 1975 und 2000 liegt bei 40,25 %, der sich daraus ergebende Durchschnitt für den Männeranteil liegt bei 59,25 %

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Veranstaltung
PS 15174: Regelungsformen industrieller Konflikte
Note
2,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
18
Katalognummer
V6870
ISBN (eBook)
9783638143424
ISBN (Buch)
9783638756822
Dateigröße
401 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Betriebsverfassungsgesetz, Gewerkschaften, Gleichberechtigung, Betriebsrat, Frauen, Gleichstellung
Arbeit zitieren
Stefanie Treutler (Autor:in), 2002, Die Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6870

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