Die Faszination, die der Zirkus auf Balzac ausgeübt hat, besitzt seit 30 Jahren eine erneute Aktualität, die ich zum Anlass nehmen möchte, mich näher mit diesem Genre zu befassen.
Als eine der ältesten Formen der Unterhaltungskunst erlebt der Zirkus eine Renaissance und zugleich eine Weiterentwicklung, die Begeisterung beim Publikum, Aufmerksamkeit in der Kulturlandschaft sowie Unterstützung von kulturfördernder Seite erfährt. Der Zirkus hat sich seit Ende der 60er Jahre zu einem Genre entwickelt, das sich als theatralischer Zirkus versteht.
Man unterscheidet heute zwischen dem traditionellen Zirkus und dem „Nouveau Cirque“. Der 1768 von Philip Astley in London begründete, nach heutiger Sicht traditionelle Zirkus ist als eine Unterhaltungsform zu charakterisieren, bei der in einer Manege in Nummernabfolge Tierdressuren, Reitkünste, Akrobatik, Artistik und Clownerie vorgeführt wird. Der „Nouveau Cirque“, im Folgenden als Neuer Zirkus bezeichnet, versteht sich als eine paratheatrale Kunstform bei der bewusst die Grenzen zwischen Theater, Varieté, Tanz, Akrobatik, Musik und Pantomime gebrochen werden, um ein hybrides Gesamtkunstwerk mittels moderner Ausdrucksformen zu schaffen.
Ziel der vorliegenden Magisterarbeit ist eine Bestandsaufnahme zur Situation der circesanischen Künste heute, die eine weltweite Verbreitung finden. Anhand von Beispielen international gespielter Neuer Zirkus Produktionen wird das Phänomen des Neuen Zirkus im Theaterkontext eingegliedert und eine geschichtliche Entwicklung nachgezeichnet, die erkennen lässt, dass der Neue Zirkus aus der Theatergeschichte entsprungen, aber sehr eng mit benachbarten Kunstrichtungen verknüpft ist und somit einen intermedialen Betrachtungs- und Analysezugang ermöglicht und notwendig macht. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entwicklung der Formen des Freien Theaters
- Semiotik des Theaters
- Historischer Überblick der Entwicklung im 20. Jh.
- DADA Bewegung
- Antonin Artaud
- Artauds theatertheoretische Schriften
- Freie Theaterszene der 60er/ 70er Jahre
- Zusammenfassung
- Zirkus als Kunstform
- Historische Entwicklung des Zirkus
- Zirkus in der wissenschaftlichen Diskussion
- Zirkus als Form von Massenkultur im populärwissenschaftlichen Kontext
- Zirkus als Reflektor von kulturellen Klassensystemen
- Zirkus als Reflektor von Kulturindustrie
- Semiotik des Zirkus
- Zirkus als inter- und multimediale Unterhaltungsform
- Neuer Zirkus
- Definition und Charakteristika
- Etablierung eines neuen Genres
- Historische Entwicklung in Frankreich
- Neuer Zirkus und Freies Theater
- Analysen aktueller Neuer Zirkus Produktionen
- Historischer Hintergrund
- Globale Entwicklung des Zirkus
- Semiotik des Neuen Zirkus
- Victoria Chaplin: L'Oratorio d'Aurélia
- Ausführungen zum Stück
- Einordnung in den Neuen Zirkus
- Fliegende Bauten: Tiger Lillies Circus
- Die Tiger Lilles - eine viktorianische Erscheinung
- Ausführungen zum Stück
- Einordnung in den Neuen Zirkus
- Cirque Eloize: Nomade
- Historischer Hintergrund und Philosophie
- Ausführungen zum Stück „Nomade“ im Kontext des Neuen Zirkus
- Neuer Zirkus als Ausdruck von Performativität
- Neuer Zirkus und die Theorie von Antonin Artaud
- Perspektive des Kulturmanagements zum Neuen Zirkus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Magisterarbeit analysiert die Entwicklung und Bedeutung des Neuen Zirkus im Kontext des Freien Theaters. Sie möchte die Besonderheiten dieses hybriden Genres herausstellen und dessen Bedeutung im Rahmen der zeitgenössischen Kunstlandschaft untersuchen.
- Historische Entwicklung des Freien Theaters und des Neuen Zirkus
- Analyse der semiotischen Merkmale des Freien Theaters und des Neuen Zirkus
- Einordnung des Neuen Zirkus in die intermediale Kunstlandschaft
- Performativität im Kontext des Neuen Zirkus
- Bedeutung des Neuen Zirkus für das Kulturmanagement
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet die Faszination des Zirkus und zeichnet die Entwicklung von traditionellen Zirkusformen bis hin zum Neuen Zirkus nach. Das zweite Kapitel setzt sich mit der Entwicklung des Freien Theaters auseinander, wobei insbesondere die Semiotik des Theaters und die historischen Strömungen im 20. Jahrhundert beleuchtet werden. Kapitel 3 betrachtet den Zirkus als Kunstform, inklusive seiner historischen Entwicklung und seiner Platzierung in der wissenschaftlichen Diskussion. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Rolle des Zirkus als Form von Massenkultur.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Neuen Zirkus als eigenständigem Genre, untersucht seine Definition, Charakteristika und Etablierung sowie die historische Entwicklung in Frankreich. Der Fokus liegt auf der Analyse aktueller Neuer Zirkus-Produktionen, die in ihren historischen Kontext eingeordnet werden. Die Kapitel 5 und 6 analysieren drei Produktionen des Neuen Zirkus: Victoria Chaplins „L'Oratorio d'Aurélia“, die Produktion „Tiger Lillies Circus“ von Fliegenden Bauten und „Nomade“ des Cirque Eloize. Die einzelnen Produktionen werden in ihrer historischen Einordnung, ihren semiotischen Merkmalen und ihrer Relevanz im Kontext des Neuen Zirkus untersucht.
Schlüsselwörter
Neuer Zirkus, Freies Theater, Performativität, Semiotik, Antonin Artaud, Kulturmanagement, Zirkus, Massenkultur, intermediale Kunst, historische Entwicklung, Interdisziplinarität, traditioneller Zirkus, Nouveau Cirque, Kulturindustrie, klassenspezifische Kultur, Theorie der Performativität.
- Arbeit zitieren
- Heidi Giebel (Autor:in), 2004, Formen des freien Theaters: Neuer Zirkus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68869