Untersuchung zum Empfinden der Fremdheit eines Wortes fremden Ursprungs


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Definitionen des Begriffs Fremdwort
2.1 Traditionelle Definition
2.2 Heutige gebräuchliche Definition
2.3 Integrationsstufen
2.4 Kritik an den Begriffsfestlegungen

3 Untersuchung zum Empfinden der Fremdheit eines Wortes
3.1 Untersuchungsgegenstand
3.2 Untersuchungsaufbau und -methode

4 Ergebnisse
4.1 Definition Fremdwort (Teil B)
4.2 Liste der Wörter (Teil C)

5 Interpretation der Ergebnisse
5.1 Wörter, die besonders häufig als fremd empfunden wurden
5.2 Wörter, die besonders häufig als nicht fremd empfunden wurden
5.3 Zusammenhang Empfindung - Wissen um Herkunft
5.4 Zusammenhang Empfindung - Definition

6 Fazit

7 Literaturverzeichnis

Anhang

Fragebogen zum Empfinden der Fremdheit eines Wortes

Verhältnisliste

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit ist eine Hausarbeit im Rahmen des Seminars „Fremd oder heimisch? Sprachkontaktphänomene und ihre Bewertung“. Das Thema dieser Hausarbeit ist eine Untersuchung mittels Fragebogen zum subjektiven Fremdheits-Empfinden gegenüber Wörtern fremder Herkunft. Das Empfinden der Individuen, welche Wörter fremd sind, ist für mich ein wichtiger Punkt in der Diskussion um den Begriff Fremdwort. Die formalen sprachwissenschaftlichen Merkmale, die in Punkt 2 erläutert werden, schei- nen mir nicht ausreichend zu sein, um Fremdwörter als klare Gruppe ab- grenzen zu können; das subjektive Empfinden bezüglich der Fremdheit eines Wortes richtet sich auch nicht strikt nach der Herkunft dieses Wortes. Welche zentrale Rolle die gefühlte Fremdheit spielt, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, wie oft sprachwissenschaftliche Laien (und nicht nur diese) ü- berrascht sind, wenn sie erfahren, dass tagtäglich benutzte Wörter eigentlich fremden Ursprungs sind.

Zu Beginn der Arbeit werden die gängigen Definitionen des Begriffs Fremd wort vorgestellt und ihre Problematik dargelegt. Darauf folgt die Erläuterung der Untersuchung mit Ergebnissen und meiner Interpretation, die in einem Fazit zusammengefasst werden. Der komplette Untersuchungsfragebogen befindet sich im Anhang, ebenso eine weitere Ergebnisliste zu den Beantwortungsverhältnissen in den einzelnen Fragebögen.

Ich habe mich in der vorliegenden Arbeit auf lexikalische Entlehnungen be- schränkt. Im theoretischen Teil wird zwischen Fremd- und Lehnwort unter- schieden, in der Untersuchung taucht der Begriff Lehnwort nicht auf; dort geht es im Allgemeinen um Wörter fremden Ursprungs. Die weiteren Entleh- nungsmöglichkeiten wie Lehnprägung, Lehnbildung etc. wurden als Begriff- lichkeiten komplett außen vor gelassen; allein in der Liste C des Fragebo- gens tauchen Wörter wie zum Beispiel Surfbrett auf, die nicht komplett ent- lehnt sind, sondern eigentlich unter die Hybride fallen. Hier gelten sie, auf- grund des fremden Bestandteils, ebenfalls als W ö rter fremden Ursprungs.

2 Definitionen des Begriffs Fremdwort

Anstatt die bisherige Fremdwortforschung im Detail zu referieren, möchte ich mich zu Beginn dieser Arbeit nur mit einigen verschiedenen FremdwortDefinitionen auseinander setzen. Zunächst werde ich die traditionelle strengere Begriffsbestimmung der gängigen gegenüberstellen und im Anschluss verschiedene Kritik mit weiteren Vorschlägen zusammenfassen.

2.1 Traditionelle Definition

Eine klassische und - auf den ersten Blick - einfache Festlegung des Begriffs bietet Rudolf Kleinpaul im Jahr 1900, der die „Fremdheit“ des Wortes und die „Einverleibung“ ins Deutsche als Merkmale eines Fremdworts nennt: „Das Wort muss einer anderen Sprache angehören und aus dieser anderen Sprache in die eigene herübergekommen sein; denn erst durch die Einverleibung kommt es als Fremdwort in Betracht.“1

Weiterhin sieht er Lehnwörter als Untergruppe der Fremdwörter, er bezeich- net sie als „naturalisierte Fremde“: „Fremdwörter, die so alt sind, dass man sich ihrer Ankunft gar nicht mehr erinnert, die inzwischen auch alle Leiden der Sprache geteilt haben, nennt man Lehnwörter. Der Ausdruck bezeichnet nichts grundsätzlich Verschiedenes, sondern nur einen höheren Grad der Einbürgerung, die stillschweigende Aufnahme in den Sprachschatz und in die Staatsangehörigkeit, meist auch die Gewöhnung an die Sache.“2

Für Kleinpaul sind also alle Wörter fremden Ursprungs Fremdwörter, inklusi- ve derer, die an die entlehnende Sprache angepasst sind. So bezeichnet er Lehnwörter auch als „Fremdwörter [...], die ungenau wiedergegeben wer- den.“3

Nach der traditionellen Definition fungiert neben dem Herkunftsmerkmal häu- fig die Verständlichkeit und Gebräuchlichkeit als zweites entscheidendes Merkmal.4

2.2 Heutige gebräuchliche Definition

Die Definition, die sich heutzutage in gängigen Allgemeinlexika5 und in sprachwissenschaftlichen Lexika findet, sieht Fremd- und Lehnwort als Un- terkategorien der Entlehnungen. Unter dem Begriff der Entlehnung (auch: Interferenz oder Transferenz) versteht man hier „Vorgang und Ergebnis der Übernahme eines sprachlichen Ausdrucks aus einer Fremdsprache in die Muttersprache, meist in solchen Fällen, in denen es in der eigenen Sprache keine Bezeichnung für neu entstandene Sachen bzw. Sachverhalte gibt.“6 Diese Entlehnungen können auf sämtlichen Sprachsystemebenen gesche- hen.

Lexikalische Entlehnungen werden Lehnwörter genannt; Der Begriff Lehn wort wird dann im weiteren Sinne als Oberbegriff für Lehnwort (im engeren Sinne) und Fremdwort benutzt.

Die Klasse der Lehnw ö rter im engeren Sinn umfasst „allein solche Entleh- nungen einer fremden Sprache, die in Lautung (Aussprache und Betonung), Schreibung und Flexion vollständig in die entlehnende Sprache integriert sind.“7

Die Klasse der Fremdw ö rter umfasst im Gegensatz zu den Lehnwörtern all jene entlehnten Ausdrücke, die „nach Lautung, Schreibung und Flexion (noch) nicht in das Sprachsystem integriert“ sind. Das in Klammern stehende „noch“ bei Bußmann und die Formulierung „nicht oder nur teilweise [...] integriert“ bei Metzler macht jedoch deutlich, wie unscharf und fließend die Grenzen zwischen den Begriffsklassen sind.8

2.3 Integrationsstufen

Das zuletzt angeführte Problem der schwierigen Abgrenzbarkeit hat dazu geführt, dass verschiedene Abgrenzungskriterien (auch: Integrationsstufen oder Fremdheitsmerkmale) zur besseren Gliederung eingeführt wurden. Die- se beziehen sich meist auf Kriterien wie Phonologie, Orthografie, Betonung,

Morphologie und graphematische Merkmale. So heißt es in einem Einfüh- rungswerk zur Sprachkontaktforschung: „Der Grad der Integration von Ent- lehnungen in das System der aufnehmenden Sprache ist verschieden und hängt nicht immer vom Alter der Entlehnung ab. [...] Die phonologische Ges- talt kennzeichnet die Herkunft bestimmter Wörter sehr auffällig. [...] Der Ak- zent lässt den Grad der Integration von Lehnwörtern ebenfalls erkennen. Alte Entlehnungen ins Deutsche werden wie deutsche Wörter auf der ersten Silbe des Wortstammes betont. [...] Ein morphologisches Merkmal für den Integra- tionsgrad von Lehnwörtern ist z. B. die deutsche Infinitivendung -(e)n. [...] Die Pluralbildung von Substantiven nach deutschem Muster gilt für die meis- ten Entlehnungen, auch die neueren.“9

Je nach dem, welche Terminologie verwendet wird, soll etwas Bestimmtes damit ausgedrückt werden. Während auf der einen Seite von Integrations- graden die Rede ist, spricht Munske, der sich für die Beibehaltung des Beg- riffs Fremdwort einsetzt, von Fremdheitsmerkmalen: „Zu den phonologischen Fremdheitsmerkmalen gehören z. B. Laute, die dem Phoneminventar des Deutschen fremd sind, etwa die Nasalvokale in französischen Entlehnungen wie „Pendant“; zu den graphematischen Fremdheitsmerkmalen gehören z. B. alle Zeichenverbindungen mit „y“ („Essay“, „Boy“) oder die Grapheme „ph“, „th“, „rh“ („Philosoph“, „Theater“, „Rhythmus“); zu den morphologischen Fremdheitsmerkmalen gehören z. B. Wortauslaute auf „a“, „o“, „i“ und „u“ („Kamera“, „Safari“) oder die Beibehaltung der quellsprachigen Pluralform wie „Examen - Examina“, „Kodex - Kodizes“.“10

2.4 Kritik an den Begriffsfestlegungen

Sämtliche Definitionen sind, nicht zuletzt wegen der eben angeführten schwierigen Abgrenzung der Termini, von Kritik nicht frei.

Stickel greift das Kriterium, dass Fremdwörter „schwer zu verstehen und zu gebrauchen“ seien, an, da es auch auf deutsche Wörter zutreffen kann. Er spricht sich folglich für eine alltagssprachliche Verwendung des Begriffs Fremdwort aus, „nämlich die Bezeichnung für Wörter, die dem jeweiligen

Sprecher als fremd erscheinen, unabhängig davon, ob sie echte Übernah- men, Scheinentlehnungen, fach- oder bildungssprachliche Internationalismen sind.“11

Einen anderen Ansatz für seine Kritik am Begriff Fremdwort wählt Kirkness. Er setzt sich mit dem Gegensatz deutsch - fremd auseinander: „„Deutsch“ wird oft von den Vorstellungen „eigen“, „heimisch“, „vertraut“ und deshalb „verständlich“ begleitet, „fremd“ wiederum von den Vorstellungen „nicht da- zugehörig“, „unbekannt“ und deshalb „unverständlich“.“ Außerdem hebt er hervor, dass unter dem Wort deutsch mindestens zwei Definitionen verstan- den werden können: „Einerseits kann es die deutsche Sprache unter Ein- schluss der Fremdwörter bezeichnen und andererseits die deutsche Sprache unter Ausschluss der Fremdwörter.“12

Auch die Merkmale, die die Integration bzw. die Fremdheit eines Wortes mar- kieren sollen, sind diskutiert. So konnte Heller viele der Merkmale entschär- fen, indem er sie auch auf deutsche Wörter anwendete.13 Daraus zieht er den Schluss: „Das gleichzeitige Vorkommen all dieser hier genannten Merk- male bei einem Wort deutet natürlich mit größter Bestimmtheit auf ein Fremdwort, ist aber auch der Idealfall, der gerade bei den sehr gebräuchli- chen Fremdwörtern nicht häufig anzutreffen ist. Fremdwörter, auf die keines oder nur eines dieser Merkmale zutrifft, sind in großer Zahl in unserer Spra- che anzutreffen.“14

Schließlich beanstandet auch von Polenz die übliche Definition von Fremd- wort und Lehnwort. Er verlangt nach einer „synchronischen Zuordnung zur Wortschatzstruktur des heutigen Deutsch“, da es „falsch und nutzlos [ist], die Wortschatzstruktur einer lebenden Sprache nach der Herkunft der Einzelwör- ter zu gliedern“, ebenso „wie es irrig und gefährlich ist, eine Gesellschafts- struktur nach der Herkunft der Einzelpersonen und ihrer Vorfahren zu bestimmen.“15 Von Polenz hält eine sprachsoziologische Neugliederung für notwendig. Der Begriff Fremdwort sollte auf Fälle beschränkt werden, „in denen einzelne Sprachteilhaber ein Wort oder eine Wendung einer fremden Sprache nur gelegentlich und wie ein Zitat verwenden.“16

Ein weiterer Kritikpunkt wurde von Beheim-Schwarzbach und Heller ange- führt. Beheim-Schwarzbach greift die Definition auf, dass zu einem Fremd- wort „ein fremdartiges Äußeres und ein Fremdgefühl des Sprechenden, Hö- renden, Lesenden“ gehören. Daraus schließt er, „die Entscheidung zwischen Fremdwort und Lehnwort sei deshalb letztendlich subjektiv.“ Heller hebt her- aus, dass das „Sprachgefühl des Einzelnen als wichtiges Kriterium bei der Beurteilung des Eindeutschungsgrades eines fremden Wortes“ zu beachten sei.17

3 Untersuchung zum Empfinden der Fremdheit eines Wortes

3.1 Untersuchungsgegenstand

Diese zuletzt angesprochene Subjektivität in der Entscheidung, welches Wort ein Fremdwort ist, ist eine besondere Problematik in der Fremdwortforschung. Sie wirft Fragen auf:

- Was zeichnet Wörter aus, die von der Mehrheit als „fremd“ empfunden werden?
- Was zeichnet die Wörter aus, die von der Mehrheit als „nicht fremd“ empfunden werden?
- Gibt es Zusammenhänge mit dem Wissen um die Herkunft des jewei- ligen Wortes?
- Gibt es vielleicht auch Zusammenhänge mit der Definition der beurtei- lenden Person?

Diese Fragen sind grundlegend für die Untersuchung der vorliegenden Ar- beit.

Außer Acht gelassen wurde die Unterscheidung in Fremdwort und Lehnwort. Da es sich bei den Befragten hauptsächlich um Laien auf dem sprachwis- senschaftlichen Gebiet handelte, wurde nur der Begriff Fremdwort benutzt. In den Definitionen sind jedoch Unterscheidungen zwischen Fremd- und Lehnwort angedeutet.

3.2 Untersuchungsaufbau und -methode

Es wurde ein Fragebogen an 90 Personen ausgeteilt.

Am Anfang des Fragebogens wurden die Ausfüllenden darauf hingewiesen, in welchem Zusammenhang diese Umfrage stattfand. Der folgende auszufül- lende Teil bestand aus drei Teilen: In Teil A wurden einige demografische Angaben erfragt zu Alter, Geschlecht, Schulabschluss und derzeitiger Tätig- keit. In Teil B sollte man sich für eine von mehreren möglichen Definitionen des Begriffs „Fremdwort“ entscheiden. Teil C schließlich bestand aus einer Liste mit 50 Wörtern fremden Ursprungs, die unterschiedlich lange und ver- breitet im Sprachgebrauch und unterschiedlich stark an die deutsche Ortho- grafie und Grammatik angepasst sind. Hier sollte für jedes Wort einzeln ent- schieden werden, ob der ausfüllenden Person bekannt war, dass es sich um ein Wort fremden Ursprungs handelt, und ob die Person dieses Wort als „nicht zur deutschen Sprache gehörig“ empfindet.18

Mir war bekannt, dass dieses Wort fremden Ursprungs ist.

Ich empfinde dieses Ich Wort als „fremd“ im kenne Sinne von „nicht zur dieses deutschen Sprache Wort gehörig“. nicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 Kleinpaul S. 74.

2 Kleinpaul S. 108.

3 Kleinpaul S. 121.

4 Vgl. Karvela S. 36-37.

5 Vgl. Wikipedia, Bertelsmann-Lexikon, Microsoft Encarta.

6 Bußmann S. 193.

7 Metzler Sprache S. 403.

8 Bußmann S. 226, Metzler S. 220.

9 Bechert/Wildgen S. 73-75.

10 Karvela S. 39.

11 Karvela S. 36-37.

12 Karvela S. 37.

13 Vgl. Heller S. 12-17.

14 Heller S. 17.

15 von Polenz S. 72.

16 Von Polenz S. 75.

17 Heller S. 11.

18 Der komplette Fragebogen befindet sich im Anhang dieser Arbeit.

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Untersuchung zum Empfinden der Fremdheit eines Wortes fremden Ursprungs
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Institut für Deutsche Philologie)
Veranstaltung
Fremd oder heimisch? Sprachkontaktphänomene und ihre Bewertung
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
31
Katalognummer
V68901
ISBN (eBook)
9783638611978
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es handelt sich um eine Untersuchung zum Fremdwortempfinden aus dem Wintersemester 2005/06.
Schlagworte
Untersuchung, Empfinden, Fremdheit, Wortes, Ursprungs, Fremd, Sprachkontaktphänomene, Bewertung
Arbeit zitieren
Grit Sündermann (Autor:in), 2006, Untersuchung zum Empfinden der Fremdheit eines Wortes fremden Ursprungs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/68901

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