Zwei große Denker, zwei radikale Denker - zwei äußerst konträre Denker? In vielerlei Hinsicht ja, und dennoch tun sich auch einige Gemeinsamkeiten auf. Denn beide, Platon und Nietzsche, haben die politische Philosophie geprägt wie nur wenige andere in der Geschichte dieser Disziplin. Beide haben in einer für sie schwierigen Zeit nach einer höheren Philosophie gestrebt. Beide hatten tiefe Einsichten und waren getrieben von der Sehnsucht, die Welt durch ihre Lehren zu einem erhabeneren Ort zu machen. Während Platon jedoch ewige geistige Ideen als die Grundlage für unsere Erfahrung und Wahrnehmung von Welt ausmacht, entwirft Nietzsche eine nüchterne Perspektive, in welcher der Machtkampf zum grundlegenden Prinzip allen irdischen Geschehens erhoben wird. Beides sind legitime Perspektiven auf unsere derzeitige Welt: geistige Ideale leiten oftmals das Handeln der Menschen, und doch lässt sich nicht abstreiten, dass Konkurrenz und Wettkampf ein grundlegendes Prinzip in unserer heutigen Gesellschaft sind. Beide Philosophen blicken also hinter den Schleier unserer sinnlich erfahrbaren Welt und entwerfen dabei sehr unterschiedliche Perspektiven. Dem Idealisten, der an das Gute im Menschen glaubt, liegt sicherlich Platon mit seiner Ideenlehre näher - während der nüchterne Realist eher der Perspektive Nietzsches zugetan sein wird.
Im Rahmen dieser Arbeit soll der Wahrheitsbegriff in den Philosophien Platons und Nietzsches untersucht werden und dabei die jeweiligen Konsequenzen für Individuum und Gesellschaft aufgezeigt werden. Was bedeutet Wahrheit und inwiefern ist sie überhaupt möglich? Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede ergeben sich aus den jeweiligen Wahrheitsbegriffen und welche Wahrnehmung von Welt ist damit verbunden? Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die politische Ordnung? Und welche der beiden Perspektiven ist letztlich die Erhabenere, für den Einzelnen wie für die Gemeinschaft? All dies soll in der vorliegenden Arbeit geklärt werden.
Die Arbeit wurde mit » hervorragendem Erfolg « bewertet.
Inhaltsverzeichnis
- A Philosophie und Wahrheit
- B Wahrheit und ihre Konsequenz bei Platon und Nietzsche
- I. Wahrheit und ihre Konsequenz nach Platon
- 1. Platons Ideenlehre: die Welt der Ideen als die wahre Welt des Seins
- 2. Die Konsequenz: das Postulat der Philosophenherrschaft
- II. Wahrheit und ihre Konsequenz nach Nietzsche
- 1. Der theoretische Hintergrund
- Kritik an Platon und der traditionellen Metaphysik
- Nietzsches Vorstellung von Welt als Wille zur Macht
- 2. Verschiedene Wahrheitsbegriffe
- 3. Die Konstruktion der Realität
- 4. Die Konsequenz: von einer Herrenmoral zu einer Sklavenmoral und hoffentlich wieder zurück
- 1. Der theoretische Hintergrund
- I. Wahrheit und ihre Konsequenz nach Platon
- C Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Wahrheitsbegriff in den Philosophien Platons und Nietzsches und zeigt die jeweiligen Konsequenzen für Individuum und Gesellschaft auf. Der Fokus liegt auf dem Vergleich der beiden Denker und der Gegenüberstellung ihrer Wahrheitskonzepte.
- Platons Ideenlehre und die Welt der Ideen als wahre Welt des Seins
- Das Postulat der Philosophenherrschaft als Konsequenz aus Platons Wahrheitsbegriff
- Nietzsches Kritik an der traditionellen Metaphysik und seine Vorstellung der Welt als Wille zur Macht
- Der Vergleich verschiedener Wahrheitsbegriffe bei Platon und Nietzsche
- Die Konsequenzen der jeweiligen Wahrheitskonzeptionen für die gesellschaftliche Ordnung
Zusammenfassung der Kapitel
A Philosophie und Wahrheit: Dieses einleitende Kapitel erörtert das grundlegende Streben der Philosophie nach Erkenntnis der Natur von Mensch und Welt und benennt die Wahrheit als zentrale Kategorie. Es stellt die gegensätzlichen Wahrheitskonzepte Platons und Nietzsches vor und skizziert den Aufbau der Arbeit, der sich mit Platons Ideenlehre und der darauf basierenden Forderung nach Philosophenherrschaft sowie Nietzsches Kritik an der traditionellen Metaphysik und seiner Vorstellung vom Willen zur Macht auseinandersetzt. Das Kapitel unterstreicht die zentrale Rolle des Wahrheitsbegriffs in philosophischen Auseinandersetzungen und leitet den Vergleich der beiden Denker ein.
B Wahrheit und ihre Konsequenz bei Platon und Nietzsche - I. Wahrheit und ihre Konsequenz nach Platon: Dieses Kapitel befasst sich mit Platons Ideenlehre, die die Welt der Ideen als die wahre Welt des Seins postuliert. Es erklärt Platons Dreifachheit des Seins am Beispiel des Tisches, die die Idee als Urbild, die materielle Nachahmung und die künstlerische Darstellung umfasst. Die Ideen sind für Platon ewig, unteilbar und unveränderlich, im Gegensatz zur vergänglichen materiellen Welt. Die Kapitel erläutert die Bedeutung der Anamnese und des Eros als Streben nach der Vollkommenheit der Ideen. Die Bedeutung der Idee des Guten als höchste aller Ideen wird hervorgehoben, sowie deren Funktion als Ursprungsgrund von Einheitlichkeit und Ordnung. Der Einheitsgedanke und dessen Bedeutung für Platons Philosophie und die Hierarchie der Ideen werden umfassend dargelegt.
Schlüsselwörter
Platon, Nietzsche, Wahrheit, Ideenlehre, Wille zur Macht, Philosophenherrschaft, Metaphysik, objektive Wahrheit, subjektive Wahrheit, Herrenmoral, Sklavenmoral, Erkenntnis, Anamnese, Idee des Guten.
FAQs: Vergleich der Wahrheitskonzepte Platons und Nietzsches
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit vergleicht die Wahrheitskonzepte von Platon und Nietzsche und untersucht die jeweiligen Konsequenzen für Individuum und Gesellschaft. Der Fokus liegt auf der Gegenüberstellung ihrer Wahrheitskonzepte und dem Vergleich der beiden Denker.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Platons Ideenlehre und die Welt der Ideen als wahre Welt des Seins, das Postulat der Philosophenherrschaft als Konsequenz aus Platons Wahrheitsbegriff, Nietzsches Kritik an der traditionellen Metaphysik und seine Vorstellung der Welt als Wille zur Macht, den Vergleich verschiedener Wahrheitsbegriffe bei Platon und Nietzsche und die Konsequenzen der jeweiligen Wahrheitskonzeptionen für die gesellschaftliche Ordnung.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in drei Hauptteile gegliedert: Teil A ("Philosophie und Wahrheit") bietet eine Einleitung und stellt die gegensätzlichen Wahrheitskonzepte Platons und Nietzsches vor. Teil B ("Wahrheit und ihre Konsequenz bei Platon und Nietzsche") analysiert detailliert Platons Ideenlehre und ihre Konsequenzen (Philosophenherrschaft) sowie Nietzsches Kritik an der traditionellen Metaphysik, seine verschiedenen Wahrheitsbegriffe, seine Vorstellung vom Willen zur Macht und die daraus resultierenden Konsequenzen (Herren- und Sklavenmoral). Teil C ("Fazit") fasst die Ergebnisse zusammen.
Was ist Platons Wahrheitskonzept?
Platons Wahrheitskonzept basiert auf seiner Ideenlehre. Die Welt der Ideen wird als die wahre, ewige und unveränderliche Welt des Seins postuliert, während die materielle Welt nur eine Nachahmung dieser Ideen darstellt. Die Idee des Guten wird als höchste aller Ideen betrachtet. Die Anamnese und der Eros beschreiben das Streben nach Erkenntnis dieser Ideen.
Welche Konsequenzen ergeben sich aus Platons Wahrheitsbegriff?
Die Konsequenz aus Platons Wahrheitsbegriff ist das Postulat der Philosophenherrschaft. Nur Philosophen, die aufgrund ihrer Fähigkeit zur Erkenntnis der Ideen wahre Einsichten besitzen, sind geeignet, den Staat zu regieren und so Gerechtigkeit und Ordnung herzustellen.
Was ist Nietzsches Wahrheitskonzept?
Nietzsche kritisiert die traditionelle Metaphysik und Platons Ideenlehre. Er sieht die Welt als "Wille zur Macht", wobei die Wahrheit nicht objektiv, sondern perspektivisch und interpretationsabhängig ist. Er unterscheidet verschiedene Wahrheitsbegriffe und betont die Konstruktion der Realität durch den Menschen.
Welche Konsequenzen ergeben sich aus Nietzsches Wahrheitsbegriff?
Nietzsches Wahrheitskonzept führt zu einer Relativierung von Moral und Werten. Er unterscheidet zwischen "Herrenmoral" (kraftvoll, schöpferisch) und "Sklavenmoral" (schwach, ressentimentgeladen) und hofft auf eine Rückkehr zu einer Herrenmoral.
Welche Schlüsselbegriffe werden in der Arbeit verwendet?
Schlüsselbegriffe sind Platon, Nietzsche, Wahrheit, Ideenlehre, Wille zur Macht, Philosophenherrschaft, Metaphysik, objektive Wahrheit, subjektive Wahrheit, Herrenmoral, Sklavenmoral, Erkenntnis, Anamnese, und die Idee des Guten.
- Quote paper
- Helmut Wagner (Author), 2005, Wahrheit und ihre Konsequenz bei Platon und Nietzsche, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69054