Das Thema der Einsamkeit in Leopardis Canti


Seminararbeit, 2006

20 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Einführung
1. Vorwort
2. Literaturepoche der Romantik
2.1 Definition
2.2 Die Romantik in Italien (im Vergleich zu Europa)
3. Leben und Werk Leopardis

II. Das Thema der Einsamkeit in Leopardis Canti
1. Gedanken Leopardis zur Einsamkeit in seinen Canti
2. Begründung der Textauswahl
3. Analyse der Beispielgedichte
3.1 „Il passero solitario“
3.1.1 Verstechnik und Lautinstrumentierung
3.1.2 Metaphorik – Die Amsel und der Sonnenuntergang
3.1.3 Thematik – Verschwendung der Jugend und Einsamkeit
3.2 „Le ricordanze“
3.2.1 Verstechnik und Lautinstrumentierung
3.2.2 Metaphorik – Der Große Bär und Fruchtbarkeitssymbole
3.2.3 Liebe und Einsamkeit
4. Zusammenfassung
5. Bibliographie

I. Einführung

1. Vorwort

„Kontakte zu anderen Menschen herzustellen und Anschluss zu finden, gehört zu den fundamentalen menschlichen Motiven.“[1] Sobald dieses Bedürfnis vorhanden ist, gleichzeitig aber ein Mangel an sozialen Kontakten besteht, kommt es zum Gefühl der Einsamkeit.[2] Dies ist die rationale psychologische Betrachtungsweise einer Thematik, die bereits den Ursprung für so viele literarische Werke gebildet hat, ebenso wie für Giacomo Leopardis Gedichtzyklus Canti.

Es finden sich bereits in den Titeln einzelner Canti wie zum Beispiel Il passero solitario, La vita solitario oder A se stesso eindeutige Hinweise auf die Einsamkeit. Aber was versteht Leopardi unter Einsamkeit? Wie stellt er dieses Thema in seinen Werken dar?

Welcher literarischen Epoche ist Leopardi zugehörig? Ist er Teil der romantischen Bewegung oder nur deren Kritiker?

Dies sind die grundlegenden Fragen, die ich versuchen werde in der vorliegenden Arbeit zu beantworten.

2. Literaturepoche der Romantik

2.1 Definition

Die Romantik ist die vorherrschende literarische Epoche in Europa zwischen 1790 und 1850.

„[…] allgemein [sc. ist sie] eine auf Phantasie und Vorstellung gründende

Weltauffassung, in welcher Gemütstiefe und Innerlichkeit, aber auch das

Geheimnisvolle und der Zauber eine Rolle spielen.“[3]

Gedanklich befanden sich die Romantiker in einem Zwiespalt zwischen dem Selbstverständnis der eigenen Unvollkommenheit und der Sehnsucht nach der Unendlichkeit. Darauf begründet sich die aktive Distanzierung von der Klassik, welche den perfekten Menschen und die Vollendung stilisierte. Im Gegensatz zur Klassik, die die Antike zum Vorbild hatte, wendeten sich die Romantiker dem mystischen Zeitalter des Mittelalters hin.

„[sc. Die] Romantiker gestanden der Kunst innerhalb einer als bedrängend empfundenen, ökonomisch-sozialen Lebenspraxis einen Freiraum zu.“[4]

2.2 Die Romantik in Italien (im Vergleich zu Europa)

Die italienische Romantik ist ebenso vielfältig wie umstritten. Im Folgenden werde ich daher dieses kontroverse Thema diskutieren:

Den Anstoß für die Ausbildung einer italienischen Romantik, die aber bei Weitem nicht so ausgeprägt wie in anderen europäischen Staaten war, lieferten die Publikationen der französischen Schriftstellerin Germaine de Staël-Holstein. Sie veröffentliche 1816 den Aufsatz Sulla maniera e utilità delle tradizioni und rief darin die Italiener auf ausländische Werke zu übersetzen um auf diese Weise ihre eigene Literatur zu erneuern. Daraufhin teilten sich die italienischen Literaten in zwei Lager – in die der Antike verbundenen Traditionalisten und die progressiven Romantiker beziehungsweise romantischen Progressiven. Bereits zwei Jahre nach Staëls Veröffentlichung wurde in Mailand die zukunftsweisende Zeitschrift Il Conciliatore gegründet, zu deren Mitgliedern unter anderem di Breme, Berchet und Pellico zählten.[5] Aufgrund der stark patriotischen Gesinnung ihrer Schreiber, die auf das Risorgimento, die Bewegung zur staatlichen Einigung, zurückgeht, fiel jene aber schon im darauf folgenden Jahr der österreichischen Zensur zum Opfer.

Die Mailänder Romantik hatte folgende Merkmale: „Ablehnung der klassischen Mythologie, Absage an alle universellen Normen und Regeln […], die nicht dem «Volksgeist» entsprechen, Schilderung des Wahren, das in der Geschichte zu finden und in einfacher Sprache zu gestalten wäre, psychologische Darstellung innerer Konflikte, Erziehung des Volkes durch den Schriftsteller der Nation.“[6]

Hoffmeister räumt Foscolo, Leopardi und Manzoni eine Sonderstellung ein und bezeichnet sie als die „großen neuklassischen Romantiker“[7]. Was sie von ihren Mitstreitern abhebt, ist ihr Bewusstsein über ihr klassisches Erbe und die Beschäftigung mit der Antike. Interessant ist, „dass sich sowohl Foscolo als auch Leopardi […] theoretisch gegen die Romantik aussprachen, jedoch in ihren Dichtungen romantische Züge aufweisen.“[8]

Obwohl er nichts für die antike Mythologie übrig hatte, kleidete Manzoni seine Gedanken dennoch in ein klassisches Gewandt.[9] Dies lässt sich auf die lange Tradition der Klassik in Italien zurückführen. Die italienische Literatur unterlag über Jahrhunderte einer stilistischen Konstanz, die keine merklichen Veränderungen erfahren hatte. Somit stellt die Romantik die erste Bewegung für eine Modernisierung der italienischen Literaturwelt dar, vergisst dabei aber nicht ihre klassischen Wurzeln.

Darüber hinaus „[sc. treten] die aufklärerischen Wurzeln romantischer Mentalität […] in Italien besonders markant hervor, und zwar deshalb, weil sich in diesem Land mit der genannten Mentalität das Bewußtsein dafür verbindet, daß die institutionellen Voraussetzungen für die Entstehung einer nationalen und insofern zeitgemäßen Kulturöffentlichkeit überhaupt erst geschaffen werden müssen. Das beginnt mit der Einigung über eine weithin verstandene Literatursprache, die dem aktuellen Sprachgebrauch entspricht, und reicht bis zur Etablierung neuer literarischer Genres […], oder ganz allgemein bis zu einer Konzentration der dichterischen Aktivität auf die aktuelle soziale Wirk- lichkeit. In Italien muß am Beginn des 19.Jahrhunderts das nachgeholt werden, was in anderen europäischen Nationen […] schon seit vielen Jahrzehnten allge- mein akzeptierter literarischer Standard ist.“[10]

Calcaterra geht soweit zu sagen, dass es keine italienische Romantik gegeben hat: “[…] il romanticismo italiano non esisteva , perché mancava delle condizioni spirituali che contrassegnano il vero romanticismo e sono la totale liberazione dell’io da tutti i decaloghi divini e umani, lo sprigionamento da ogni realtà quotidiana in nome di tutte le libertà dello spirito, la Sehnsucht, che, perennemente inappagata di cìo che esiste, tende infinitamente a qualche cosa che non esiste.”[11]

[...]


[1] Hosser, Daniela: „Gesellung und Einsamkeit“, in: Band 3 Handbuch der Sozialpsychologie und Kommunikationspsychologie. Hrsg. Hans-Werner Bierhoff und Dieter Frey, Göttingen³ 2006, S. 208-213; hier S.208

[2] vgl. Hosser, 2006, S.211

[3] Lexikographisches Institut München: Falken-Lexikon. Das Wissen unserer Zeit, Niedernhausen/Ts.1993, S.751

[4] Lexikographisches Institut München, 1993, S.751

[5] vgl. Hoffmeister, Gerhart: Deutsche und europäische Romantik, Stuttgart² 1990, S.57

[6] Hoffmeister, 1990, S.58

[7] ebenda

[8] ebenda

[9] vgl. ebenda

[10] Ihring, Peter: Einführung in die italienische Literatur des 19.Jahrhunderts, Berlin 2005, S.35

[11] Calcaterra, Carlo: Manifesti Romantici e altri scritti della polemica classico/ romantica. Nuova edizione ampliata a cura di Mario Scotti, Torino² 1979, S.10

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Details

Titel
Das Thema der Einsamkeit in Leopardis Canti
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Proseminar Giacomo Leopardi: Canti
Note
2,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V69350
ISBN (eBook)
9783638618489
ISBN (Buch)
9783638754392
Dateigröße
434 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Thema, Einsamkeit, Leopardis, Canti, Proseminar, Giacomo, Leopardi, Canti
Arbeit zitieren
Stefanie Schumann (Autor:in), 2006, Das Thema der Einsamkeit in Leopardis Canti, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69350

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