Der detaillierten Zuwendung des Konzeptes der automatischen Stabilisierung des öffentlichen Budgets vorgeschaltet, soll einleitend eine kurze Einordnung dieses Konzeptes in die Finanzpolitik im allgemeinen und die Fiskalpolitik im speziellen erfolgen. Die Finanzpolitik umfasst alle ordnenden und gestaltenden Maßnahmen von Gebietskörperschaften und Parafiski bezüglich der öffentlichen Finanzen, und ist als Teil der allgemeinen Wirtschaftspolitik insbesondere von der Geldpolitik zu unterscheiden.1 Die Ziele der Finanzpolitik können sowohl konjunkturpolitischer, wachstumspolitischer, umweltpolitischer, strukturpolitischer als auch einkommenspolitischer Natur sein.2 Fiskalpolitik (englisch: fiscal policy) bezeichnet den Einsatz öffentlicher Finanzen im Rahmen von Konjunktur- und Wachstumspolitik.3 Die als Konjunkturpolitik betriebene Finanzpolitik (nachfolgend als Fiskalpolitik bezeichnet) zielt auf die Stabilisierung der ökonomischen Entwicklung mittels öffentlicher Einnahmen und Ausgaben, für den Fall, dass die konjunkturellen Schwankungen unerwünschte Ausmaße annehmen.4 Dies verweist auf die kurz- bis mittelfristige Orientierung der Konjunkturpolitik im Vergleich zum mittel- und langfristigen Horizont der Wachstumspolitik und damit verbunden auch auf die besondere Bedeutung von zeitlichen Verzögerungen (englisch: time lags) im Rahmen der Konjunkturpolitik, worauf unter Gliederungspunkt eins detaillierter eingegangen wird.
Sollen vom öffentlichen Budget keine oder nur geringe konjunkturelle Impulse ausgehen, ist die Stabilität desselben von besonderer Bedeutung. Unter Gliederungspunkt zwei werden Instrumente zur automatischen respektive halbautomatischen Stabilisierung des öffentlichen Budgets vorgestellt.
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1 vgl. Rürup, B./Beiwinkel, K.: Finanzpolitik, in: Woll, A. (Hrsg.): Wirtschaftslexikon von A-Z, Band II, 8.
Auflage, Köln o.J., S. 219-221 (219)
2 vgl. ebenda, S. 220
3 vgl. Zimmermann, H./Henke, K.-D.: Finanzwissenschaft, Eine Einführung in die Lehre von der öffentlichen Finanzwirtschaft, 7. Auflage, München 1994, S. 470
4 vgl. ebenda, S. 294
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zeitverzögerungen und finanzpolitische Maßnahmen
- Die Verkleinerung von Zeitverzögerungen durch Regelbindung
- Halbautomatische Regelmechanismen/Stabilisatoren (formula flexibility)
- Automatische Regelmechanismen/Stabilisatoren (built-in-flexibility)
- Das Konzept des konjunkturneutralen Haushaltes
- Vorteile der Regelbindung gegenüber diskretionären Maßnahmen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die automatische Stabilisierung des öffentlichen Budgets im Kontext der Finanz- und Fiskalpolitik. Sie analysiert die Herausforderungen, die durch zeitliche Verzögerungen bei diskretionären Maßnahmen entstehen, und stellt regelgebundene Verfahren als Alternative vor. Der Fokus liegt auf der Reduktion dieser Verzögerungen und der Verbesserung der Wirksamkeit der Stabilisierungspolitik.
- Zeitliche Verzögerungen in der Fiskalpolitik
- Diskretionäre vs. regelgebundene fiskalpolitische Maßnahmen
- Halbautomatische und automatische Stabilisatoren
- Das Konzept des konjunkturneutralen Haushaltes
- Vorteile regelgebundener Verfahren
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung ordnet das Konzept der automatischen Stabilisierung des öffentlichen Budgets in den Kontext der Finanz- und Fiskalpolitik ein. Sie differenziert zwischen den Zielen der Finanzpolitik und der spezifischen Zielsetzung der Fiskalpolitik im Hinblick auf die Konjunkturstabilisierung. Die Bedeutung zeitlicher Verzögerungen bei konjunkturpolitischen Maßnahmen wird hervorgehoben und der Aufbau der Arbeit skizziert, der sich auf die Analyse von Zeitverzögerungen, die Vorstellung von Instrumenten zur automatischen Stabilisierung und die Vorteile regelgebundener Verfahren konzentriert.
Zeitverzögerungen und finanzpolitische Maßnahmen: Dieses Kapitel befasst sich eingehend mit den zeitlichen Verzögerungen, die mit diskretionären finanzpolitischen Maßnahmen verbunden sind. Es differenziert zwischen Innenverzögerung (Erkenntnis- und Handlungsverzögerung) und Außenverzögerung (Wirkungsverzögerung). Die Analyse verdeutlicht, wie diese Verzögerungen zu prozyklischen anstatt antizyklischen Wirkungen führen können und somit die beabsichtigte Stabilisierung der Konjunktur gefährden. Das Kapitel unterstreicht die größere Innenverzögerung der Fiskalpolitik im Vergleich zur Geldpolitik, jedoch wird auch die potenziell kleinere Außenverzögerung der Fiskalpolitik diskutiert.
Die Verkleinerung von Zeitverzögerungen durch Regelbindung: Das Kapitel präsentiert regelgebundene Verfahren als Mittel zur Reduktion oder Beseitigung zeitlicher Verzögerungen in der Fiskalpolitik. Es unterscheidet zwischen halbautomatischen (formula flexibility) und automatischen (built-in flexibility) Stabilisatoren. Die unterschiedlichen Perspektiven in der Literatur bezüglich der Begrenzung des Handlungsspielraums der Wirtschaftspolitiker werden angesprochen. Das Kapitel legt den Grundstein für das Verständnis der Funktionsweise und Vorteile von automatischen und halbautomatischen Stabilisierungsmechanismen.
Schlüsselwörter
Automatische Stabilisierung, öffentliches Budget, Finanzpolitik, Fiskalpolitik, Zeitverzögerungen, diskretionäre Maßnahmen, Regelbindung, halbautomatische Stabilisatoren, automatische Stabilisatoren, Konjunkturpolitik, konjunkturneutraler Haushalt.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument: Automatische Stabilisierung des öffentlichen Budgets
Was ist das Thema des Dokuments?
Das Dokument behandelt die automatische Stabilisierung des öffentlichen Budgets im Kontext der Finanz- und Fiskalpolitik. Es analysiert die Herausforderungen durch zeitliche Verzögerungen bei diskretionären Maßnahmen und präsentiert regelgebundene Verfahren als Alternative zur Verbesserung der Wirksamkeit der Stabilisierungspolitik.
Welche Aspekte der automatischen Stabilisierung werden behandelt?
Das Dokument deckt verschiedene Aspekte ab, darunter zeitliche Verzögerungen in der Fiskalpolitik, den Vergleich zwischen diskretionären und regelgebundenen Maßnahmen, halbautomatische und automatische Stabilisatoren, das Konzept des konjunkturneutralen Haushaltes und die Vorteile regelgebundener Verfahren.
Welche Arten von Zeitverzögerungen werden unterschieden?
Es wird zwischen Innenverzögerungen (Erkenntnis- und Handlungsverzögerung) und Außenverzögerungen (Wirkungsverzögerung) differenziert. Die Analyse zeigt, wie diese Verzögerungen zu prozyklischen Effekten führen können und die Konjunkturstabilisierung gefährden.
Was sind diskretionäre Maßnahmen und wie werden sie im Dokument betrachtet?
Diskretionäre Maßnahmen sind nicht im Voraus festgelegte, sondern situationsabhängig vom politischen Entscheidungsträger getroffene Maßnahmen. Das Dokument argumentiert, dass diese Maßnahmen aufgrund von Zeitverzögerungen weniger effektiv sind als regelgebundene Verfahren.
Was sind halbautomatische und automatische Stabilisatoren?
Halbautomatische Stabilisatoren (formula flexibility) und automatische Stabilisatoren (built-in flexibility) sind Mechanismen, die zeitliche Verzögerungen reduzieren. Sie funktionieren teilweise bzw. vollständig ohne unmittelbares politisches Eingreifen.
Was ist ein konjunkturneutraler Haushalt?
Das Konzept des konjunkturneutralen Haushaltes wird im Dokument erläutert, jedoch ohne explizite Definition. Der Kontext impliziert, dass er ein Haushalt ist, der nicht zur Verstärkung konjunktureller Schwankungen beiträgt.
Welche Vorteile bieten regelgebundene Verfahren gegenüber diskretionären Maßnahmen?
Regelgebundene Verfahren reduzieren oder eliminieren zeitliche Verzögerungen, was zu einer schnelleren und effektiveren Reaktion auf konjunkturelle Schwankungen führt und somit die Wirksamkeit der Stabilisierungspolitik verbessert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Inhalt des Dokuments?
Schlüsselwörter sind: Automatische Stabilisierung, öffentliches Budget, Finanzpolitik, Fiskalpolitik, Zeitverzögerungen, diskretionäre Maßnahmen, Regelbindung, halbautomatische Stabilisatoren, automatische Stabilisatoren, Konjunkturpolitik, konjunkturneutraler Haushalt.
Wie ist der Aufbau des Dokuments?
Das Dokument ist strukturiert in Einleitung, Kapitel zu Zeitverzögerungen und finanzpolitischen Maßnahmen, Kapitel zur Reduktion von Zeitverzögerungen durch Regelbindung, Kapitel zum konjunkturneutralen Haushalt und schließlich eine Zusammenfassung der Kapitel und Schlüsselwörter.
- Arbeit zitieren
- André Berndt (Autor:in), 2002, Die automatische Stabilisierung des öffentlichen Budgets, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6941