Factoring. Vor- und Nachteile aus Sicht des Forderungsverkäufers


Diplomarbeit, 2006

58 Seiten, Note: 1,00


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Problemstellung und Ziel der Arbeit

2. Mittelstand als der typische Factoring-Anwender
2.1. Bedeutung des Mittelstandes
2.2. Probleme der Finanzierung im Mittelstand

3. Factoring als Lösungsmöglichkeit der Finanzierungsproblematik
3.1 Definition von Factoring
3.2. Ablauf eines Factoring-Geschäftes
3.3. Eignungsvoraussetzungen für Factoring
3.4. Funktionen des Factorings
3.4.1. Die Finanzierungsfunktion
3.4.2. Die Delkrederefunktion
3.4.3. Die Dienstleistungsfunktion

4. Betriebswirtschaftliche Effekte des Factorings und ihre Bedeutung für den Forderungsverkäufer
4.1.Vorbemerkung zu der empirischen Untersuchung
4.2. Die Finanzierungsfunktion
4.2.1. Vorteile für den Factor-Kunden
4.2.2. Nachteile für den Factor-Kunden
4.3. Die Delkrederefunktion
4.3.1. Vorteile für den Factor-Kunden
4.3.2. Nachteile für den Factor-Kunden
4.4. Die Dienstleistungsfunktion
4.4.1. Vorteile für den Factor-Kunden
4.4.2. Nachteile für den Factor-Kunden
4.5. Auswirkungen des Factorings auf die Eigenkapitalquote und die Rentabilität des Factor-Kunden

5. Zusammenfassung und Ausblick

Bibliographie

Bücher und Fachliteratur

Internetquellen

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Größendefinition des IfM Bonn seit Einführung des Euro (01.01.2002)

Abbildung 2: Führung im Mittelstand

Abbildung 3: Eigenkapital des Mittelstandes im Verhältnis zur Bilanzsumme

Abbildung 4: Ablauf eines Factoring-Geschäftes

Abbildung 5: Beziehungen zwischen Factoring-Kunde und –Institut

Abbildung 6: Gründe für Factoring: schnelle Liquidität

Abbildung 7: Nutzen von Skontierungsmöglichkeiten

Abbildung 8: Auswirkung des Factorings auf die Liquidität: Bilanz vor und nach Factoring

Abbildung 9: Vorteile im Einkauf

Abbildung 10: Zahlungsverhalten der Debitoren

Abbildung 11: Gründe für Factoring: Liquiditätssicherung bei wachsendem Umsatz bzw. Wachstumsfinanzierung

Abbildung 12: Gründe für Factoring: Unabhängigkeit von den Banken

Abbildung 13: Finanzierungsalternativen bei Factor-Kunden

Abbildung 14: Forderungsverluste in Prozent zum Umsatz in den Hauptwirtschaftsbereichen

Abbildung 15: Gründe für Factoring: Übernahme des Delkredereschutzes durch den Factor

Abbildung 16: Können Arbeitskräfte durch die Übernahme des Debitorenmanagements durch den Factor eingespart werden?

Abbildung 17: Gründe für Factoring: Übernahme der Debitorenverwaltung durch den Factor

Abbildung 18: Hatten Sie irgendwelche Ausgaben, die für den Beginn der Zusammenarbeit mit einem Factor notwendig waren (z. B. neue EDV-Programme)?

Abbildung 19: Bekanntheit des Factorings

Abbildung 20: Gab es negative bzw. ablehnende Reaktionen auf Factoring seitens Ihrer Debitoren?

Abbildung 21: Kosten und Nutzen des Factorings

Abbildung 22: Gründe für Factoring: Verbesserung von Bilanz-Kennzahlen und des Ratings

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung und Ziel der Arbeit

Seit einigen Jahren befindet sich die Unternehmensfinanzierung in Deutschland in einem umfassenden Veränderungsprozess. Nachdem die deutschen Banken und Sparkassen in den letzten Jahren in die tiefste Ertrags- und Kostenkrise der Nachkriegszeit gerutscht waren, begannen sie, zielgerichtet ihre Kreditportfolios zu bereinigen, definierten klare Kundenzielgruppen, führten genaue Bonitätsbeurtei-lungsverfahren (Rating) bei der Kreditvergabe ein, auf deren Basis über Kreditzusage und -ablehnung entschieden wird, und ersetzten bei den Kreditkonditionen den Einheitszins durch die risikodifferenzierten Zinsen.

Besonderes stark sind von diesen Veränderungen die mittelständischen Unternehmen betroffen, deren Finanzierung jahrzehntelang überwiegend bankenorientiert war. Dank der restriktiveren Kreditvergabepolitik der Banken sehen viele mittelständische Unternehmen sich einem erschwerten Kreditzugang gegenüber und müssen ihr Finanzierungsverhalten den veränderten Bedingungen anpassen, weil sie neue Kriterien bei der Kreditvergabe oft nicht erfüllen.

Daher suchen immer mehr Unternehmen nach alternativen Finanzierungs-möglichkeiten, die dadurch zunehmend an Bedeutung gewinnen. Eine dieser alternativen Finanzierungsformen, die neben der Finanzierungsfunktion weitere Service-Komponenten bietet und sich in den letzten Jahren hoher Zuwachsraten erfreut, ist das Factoring.

Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, welche praxisrelevante Bedeutung die Vor- und Nachteile dieser Finanzierungsform für den Forderungsverkäufer (Factoring-Anwender/Factor-Kunde) haben.

Um diesem Ziel gerecht zu werden, werden zuerst der typische Factoring-Kunde (der Mittelstand) und seine wesentlichen Merkmale beschrieben.

Der Abschnitt 2.2. rückt die finanzielle Situation des Mittelstandes in den Mittelpunkt, wobei auf die Finanzierungsprobleme des Mittelstandes und deren Ursachen eingegangen wird.

In Kapitel 3 der Arbeit werden das Wesen und die allgemeinen Funktionsprinzipien des Factorings erläutert, um dem Leser das theoretische Grundwissen über Factoring zu vermitteln.

Desweiteren werden in Abschnitt 4 die betriebswirtschaftlichen Effekte des Factorings hinsichtlich ihrer Vor- und Nachteile für den Forderungsverkäufer im Einzelnen betrachtet. Zu diesem Zweck werden die theoretischen Ansätze zur Vorteilhaftigkeit und den Nachteilen des Factorings mit den Ergebnissen aus empirischen Untersuchungen zum Thema „Factoring“, an denen mehrere Factoring-Anwender teilgenommen haben, verglichen. Die dabei festgestellten Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zwischen Theorie und Praxis werden hinsichtlich ihrer Ursachen analysiert. Der Abschnitt 5 fasst die Ergebnisse dieser Arbeit zusammen und gibt Ausblick auf die zukünftige Entwicklung.

2. Mittelstand als der typische Factoring-Anwender

In der Factoring-Literatur wird immer wieder von mittelständischen Unternehmen gesprochen, wenn es darum geht, den typischen Factor-Kunden zu charakterisieren.[1] Auch einer Umfrage des Deutschen Factoring-Verbandes e. V. zufolge, handelt es sich in der Kundenstruktur der Verbandsmitglieder, die nach eigener Schätzung 95 % des Factoringumsatzes in Deutschland generieren, derzeit überwiegend um mittelständische Unternehmen, meist Hersteller, Großhändler oder Dienstleister, mit durchschnittlichen Umsatzvolumen zwischen 5 und 34 Mio. EUR.[2] Zwangsläufig stellt sich die Frage, warum Factoring überwiegend von Mittelständlern genutzt wird. Um die Ursachen zu finden, werden in den folgenden Abschnitten die typischen Merkmale des Mittelstandes und die spezifischen Finanzierungsprobleme dieser Zielgruppe dargestellt.

2.1. Bedeutung des Mittelstandes

In Deutschland sind – wie in fast allen Industrieländern – mehr als 99% aller Unternehmen dem Mittelstand (bzw. den kleinen und mittleren Unternehmen, KMU) zuzurechnen.[3] Die Bedeutung des Mittelstandes ist für die deutsche Volkswirtschaft enorm hoch. Immerhin erwirtschaften 3,5 Mio. mittelständische Unternehmen in Deutschland 50% des Bruttosozialproduktes, tätigen 46% aller Investitionen, beschäftigen 70% aller Angestellten und bieten 80% aller Ausbildungsplätze an.[4]

Die Abgrenzung des Mittelstands von Unternehmen anderer Größenordung, beispielweise Konzernen, erfolgt in der Betriebswirtschafslehre sowohl anhand quantitativer als auch mit Hilfe qualitativer Kriterien.[5] Laut bundesweit anerkannter Mittelstandsdefinition des Bonner Institutes für Mittelstandsforschung zählen zu den mittelständischen Unternehmen die Unternehmen, die bis zu 499 Mitarbeiter beschäftigen und deren Jahresumsätze zwischen 1 bis 50 Mio. EUR liegen.[6]

Abbildung 1: Größendefinition des IfM Bonn seit Einführung des Euro (01.01.2002)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: www.ifm-bonn.org

Die Praxis hat gezeigt, dass bei wissenschaftlichen Untersuchungen des Mittelstandes die quantitativen Definitionen in vielen Fällen nur einen begrenzten Aussagegehalt haben. Vor allem die besonderen Strukturmerkmale des Mittelstandes und ihre Bedeutung können anhand normativer Größendimensionen nicht gemessen werden.

Die Mittelstandsforschung greift auf prägnante, qualitative Unternehmungsmerkmale zurück, um das „Wesen“ des Mittelstandes besser erforschen zu können.[7] So hat sich gezeigt, dass Unternehmen des Mittelstandes offensichtlich in allen betrieblichen Funktionsbereichen gewisse Besonderheiten im Vergleich zu Großunternehmen aufweisen.[8]

An erster Stelle ist hier die starke Identifikation des Unternehmers mit seinem Unternehmen zu nennen. Diese äußert sich zumeist in dem Wunsch des Unternehmers das Geschäftsgeschehen selbst zu steuern oder zumindest maßgeblich zu beeinflussen.[9]

Wie aus der untenstehenden Grafik zu sehen ist, werden nach Schätzungen des Bonner Institutes für Mittelstandsforschung fast 87% der mittelständischen Unternehmen hierzulande von ihren eigenen Inhabern geführt.[10]

Abbildung 2: Führung im Mittelstand

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: www.ifm-bonn.org/presse/basel.pdf, S.4

Als Folge der starken persönlichen Bindung des Unternehmers zu seinem Betrieb entsteht im Unternehmen sehr oft eine sogenannte Managementlücke, die eine Reihe von Folgeproblemen mit sich bringt. Diese Probleme können sogar existenzbedrohend sein. Besonders groß ist die Gefahr bei Unternehmen, bei denen keine kaufmännischen Organisationseinheiten existieren und die Firmeninhaber keine kaufmännische Ausbildung haben, was vor allem technologieorientierte Unternehmungsgründungen betrifft.[11]

Ein generelles Problem ist außerdem in der großen Arbeitsbelastung der Firmeninhaber begründet. Zumeist führt der einzelne Firmeninhaber neben der Unternehmensführung noch weitere operative Tätigkeiten persönlich durch.[12]

Das alles hat zur Folge, dass das Informations- und Planungswesen bei Mittelständlern häufig unzureichend ist. Aufgrund dessen werden ferner zahlreiche Unternehmensentscheidungen nur improvisiert.[13] Daraus resultiert eine weitere Führungsschwäche im Mittelstand - die der mangelnden strategischen Ausrichtung des Unternehmens.[14]

Man darf aber nicht die Führungsfähigkeiten aller mittelständischen Unternehmen generell in Frage stellen. Dank ihrer geringeren Unternehmungsgröße mit flachen Organisationsstrukturen besitzen zahlreiche Mittelstandsunternehmen im Vergleich zu Großunternehmen eine größere Flexibilität und demzufolge eine bessere Anpassungsfähigkeit an sich verändernde ökonomische Bedingungen.[15] Auch ein stärkerer Zusammenhalt der Belegschaft und das besondere Vertrauensverhältnis zum Firmeninhaber sind ein qualitatives Merkmal des Mittelstandes, die sich vor allem in den Krisenzeiten als positiv erweisen können.[16]

Gleiches gilt für die Standort- und Regionalverbundenheit, die den Mittelstand auszeichnen. Dadurch werden langfristige Lieferantenbeziehungen gebildet, stabilisiert und die Kundenbindung unterstützt.[17]

So kann eine beträchtliche Anzahl an mittelständischen Unternehmen, die geeignete Marktnischenstrategien verfolgen, als Wachstumsunternehmen eingestuft werden.[18]

2.2. Probleme der Finanzierung im Mittelstand

Die Mittelstandsfinanzierung besteht in Deutschaland traditionell aus zwei Säulen: Aus der Innenfinanzierung, zumeist aus einbehaltenem Gewinn, sowie aus Bankkrediten.

Die Mittelständler haben hinsichtlich dieser zwei wichtigsten Finanzierungsquellen eine deutliche Präferenz, wie auch die jüngsten Umfragen der KfW belegen: Der Innenfinanzierung wird von mittelständischen Unternehmen die höchste Bedeutung für ihre derzeitige Unternehmensfinanzierung attestiert.[19] An der zweiten Stelle kommt die Kreditfinanzierung über die Banken, die in der Regel nur dann in Frage kommt, wenn die geplanten Investitionen das eigene Innenfinanzierungspotenzial überschreiten.[20]

Nun ist die Innenfinanzierung aus Gewinn und Abschreibungen stark von der Ertragslage des Unternehmens abhängig. In der Realität ist es allerdings um die Ertragslage des deutschen Mittelstands schlecht gestellt. So hat im Jahre 2003 laut dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) fast jedes dritte Unternehmen keinen Gewinn oder sogar Verluste realisiert. Die durchschnittliche Umsatzrentabilität lag bei lediglich 3%.[21]

Erschwerend kommt hinzu, dass Einkünfte aus unternehmerischer Tätigkeit sehr oft die einzige Erwerbsquelle für das Familieneinkommen des Unternehmers darstellen.[22] So werden die Entnahmeentscheidungen häufig von persönlichen Motiven geprägt und nicht von betriebswirtschaftlichen Überlegungen.[23]

Da die mittelständischen Unternehmen oftmals nur eine geringere Produktpalette haben, können verschiedene Diversifikationsstrategien zum Ausgleich eingetretener Umsatzeinbußen nur begrenzt eingesetzt werden.[24] Das führt dazu, dass die Gewinne- und damit das Selbstfinanzierungspotenzial eher konjunktur- oder wettbewerbsbedingten Schwankungen unterliegen als z. B. Großunternehmen, die in der Regel stärker diversifiziert sind.[25]

Das alles hat zur Folge, dass der Mittelstand allein durch die Innenfinanzierung kaum das notwendige Kapital aufbringen kann, um z. B. starkes Wachstum oder eine internationale Expansion zu finanzieren.

Auch die Eigenkapitalbeschaffung durch neue Eigenkapitalgeber ist stark begrenzt: Die Personenbezogenheit des Unternehmers zu seiner Unternehmung beeinflusst die Wahl der Rechtsform, meistens fällt deshalb die Entscheidung auf die Rechtsform der GmbH. Die Entscheidung für diese Rechtsform wird durch die Haftungsbeschränkung auf die Gesellschaftereinlage zusätzlich begünstigt.[26] Diese Rechtsformwahl führt aber zu Einschränkungen bei der Kapitalbeschaffung, z. B. fehlt die Emissionsfähigkeit, d. h. die Unternehmen können keine Aktien an verschiedene Kapitalgeber ausgeben.

Allerdings sind die Mindestanforderungen des Kapitalmarktes im Eigen- und auch im Fremdkapitalbereich von den meisten Mittelständlern nicht oder nur zu extrem hohen Kosten zu erfüllen, sodass der Kapitalmarkt als Finanzierungsquelle für die meisten mittelständischen Unternehmen generell ausscheidet, und das unabhängig von der Rechtsform.

Auch begrenzte Betriebsgrößen und der damit einhergehende zumeist relativ niedrige Kapitalbedarf haben zur Folge, dass die Anwendungsmöglichkeiten bestimmter Finanzierungsoptionen für den Mittelstand erst gar nicht in Frage kommen.

Die oben genannten Faktoren erklären die starke Ausrichtung des Mittelstandes auf Bankkredite bei der Beschaffung externer Finanzmittel. So ist es nicht verwunderlich, dass laut jüngster Umfrage des DSGV 27,5% von 1,3 Mio. befragten mittelständischen Unternehmen die Bankkredite für unverzichtbar, weitere 33,9% für sehr wichtig halten.[27]

Die Dominanz der Kreditfinanzierung beim deutschen Mittelstand wurde zusätzlich dadurch begünstigt, dass hierzulande die Kreditgeber bzw. Banken ihre Kreditentscheidungen bislang nicht oder nur eingeschränkt an die Höhe der Eigenkapitalquote gebunden haben.[28] In den stark kapitalmarktorientierten Finanzsystemen liefert die Eigenkapitalquote den Kapitalgebern wichtige Indizien für die Wahrscheinlichkeit der Unternehmensinsolvenz. Die Möglichkeiten der Kreditaufnahme werden von der Höhe der Eigenkapitalquote beeinflusst, da Eigenkapital Haftungskapital ist.

Seit der Einführung von den BASEL-II-Richtlinien unterliegt die Kreditfinanzierung auch in Deutschland einem Wandel.[29] Auf den Kreditmärkten hat sich eine neue Risikokultur etabliert, in der Kreditzugang und -konditionen von der Bonität des Kreditnehmers bestimmt werden.

Die Banken streben bei der Kreditvergabe die Verbesserung des Risikomanagements an und haben Bonitätsbeurteilungsverfahren eingeführt, die für das Kreditgeschäft der Banken mit dem Mittelstand eine kleine Revolution darstellen. Firmenkredite wurden bislang mehr oder minder zu Einheitskonditionen vergeben, ungeachtet der individuellen Bonität der Kreditnehmer.[30] Nun achten die Kreditinstitute bei der Kreditvergabe verstärkt auf die Eigenkapitalquote der kapitalsuchenden Unternehmen und machen somit die Kreditvergabe und die Kreditkonditionen von deren Höhe abhängig.

Aus bereits erwähnten Gründen sind die Möglichkeiten der Eigenkapitalbildung bei Mittelständlern begrenzt, was die Eigenkapitalquote der meisten Mittelständler in Deutschland widerspiegelt. Aufgrund schwerer Vergleichbarkeit von Daten ist die durchschnittliche Eigenkapitalquote von mittelständischen Unternehmen in Deutschland schwer zu ermitteln, obwohl, oder gerade deswegen, die Daten zur Finanzierungsstruktur des Mittelstandes von mehreren Institutionen erhoben werden.[31] So lag laut einer repräsentativen Umfrage der Creditreform im Frühjahr 2006 die Eigenkapitalquote von 34% befragten mittelständischen Unternehmen unter 10% der Bilanzsumme, nur 23% der Befragten hatten Eigenkapitalquote von 30% und waren somit ausreichend kapitalisiert, wie aus der Abbildung 3 zu sehen ist.

Abbildung 3: Eigenkapital des Mittelstandes im Verhältnis zur Bilanzsumme

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle:www.creditreform.de/Deutsch/Creditreform/Aktuelles/Creditreform_Analysen/Wirtschaftslage_und_Finanzierung_im_Mittelstand/6_Eigenkapitalquoten.jsp

Der von DSGV ausgewiesene Medianwert[32] für die Eigenkapitalquote im Mittelstand lag sogar nur bei 13,6%, was bedeutet, dass mindestens 50% der befragten Unternehmen nicht ausreichend kapitalisiert sind.[33]

Geringes Eigenkapital hat zur Folge, dass angesichts der veränderten Kreditvergabepraxis der Zugang zu Bankkrediten für die meisten mittelständischen Unternehmen erschwert und nicht mehr so selbstverständlich ist wie in der Vergangenheit.[34] So klagten laut einer breitflächigen Befragung zur Unternehmensfinanzierung, die KfW im ersten Quartal 2005 durchgeführt hat, 42% der Unternehmen über zunehmende Schwierigkeiten bei der Kreditbeschaffung. Dabei wurden das Verlangen nach zusätzlichen Sicherheiten sowie erhöhte Anforderungen an die Unternehmenstransparenz, also Offenlegung und Dokumentation, als Hauptgründe für eine schwierigere Kreditaufnahme genannt.[35]

3. Factoring als Lösungsmöglichkeit der Finanzierungsproblematik

Es ist unstrittig, dass der Mittelstand sein Finanzierungsverhalten in wesentlichen Punkten ändern muss, wenn die Nachteile beim Zugang zu Krediten und in den Kreditkonditionen vermieden werden sollen. Insbesondere trifft es die Unternehmen, die sich nach den Basel-II-Regelungen einem bankinternen Rating als Voraussetzung für die Kreditvergabe unterziehen müssen.[36]

Dabei kommt noch mehr als zuvor der Eigenkapitalquote kapitalsuchender Unternehmen eine wichtige Rolle für die Unternehmensfinanzierung zu. Für viele mittelständische Unternehmen ergibt sich daher die Notwendigkeit, Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Eigenkapitalausstattung bzw. der entsprechenden Bilanzrelationen zu ergreifen.[37]

Zu einem bieten sich hier die Maßnahmen an, welche durch Kostensenkung und Ertragskraftsteigerung eine Verbesserung der Gewinnsituation hervorrufen und damit zu der Möglichkeit der Gewinnthesaurierung beitragen. Zum anderen kann auf die Maßnahmen zurückgegriffen werden, welche über Verkürzung der Bilanzsumme direkt zu einer verbesserten Relation zwischen Eigen- und Fremdkapital führen.[38]

Zudem ist im Mittelstand ein Mentalitätswandel hinsichtlich der unternehmerischen Transparenz und der Informationsweitergabe an Dritte erforderlich.[39] Um die Informationsanforderungen von Kreditgebern zu erfüllen, sind ein starkes Rechnungswesen und Controlling notwendig. Diese bilden jedoch oftmals eine Schwachstelle im Mittelstand.[40]

Diesen Herausforderungen stellt sich der Mittelstand zunehmend, wie auch verschiedene empirische Studien belegen.[41] Dabei sind viele Unternehmen bestrebt, nicht-traditionelle Finanzierungsinstrumente, deren Angebot ständig wächst, in Zukunft verstärkt einzusetzen, um ihre Finanzierungsquellen zu diversifizieren.

Aufgrund seiner Vielseitigkeit ist ein von diesen innovativen Finanzinstrumenten - das Factoring - besonders zur Problemlösung der Mittelstandsfinanzierung geeignet und spricht die oben genannten verbesserungswürdigen Punkte der Mittelstands-Finanzierung an: zusätzliche Liquidität wird geschaffen, die Bilanz wird verkürzt und die Kennzahlen verbessert, die verkauften Forderungen werden von Ausfällen geschützt, und als besondere Dienstleistung werden diverse betriebswirtschaftliche Informationen und Auswertungen durch den Factor zur Verfügung gestellt.

In den folgenden Abschnitten wird das Factoring in Hinblick auf seine zentralen Merkmale dargestellt.

3.1 Definition von Factoring

Als Factoring wird in der Fachliteratur der Kauf von Geldforderungen aus Warenlieferung oder Dienstleistungen bezeichnet.[42] Die Forderungen müssen einem Unternehmen laufend entstehen und an seine gewerblichen Kunden gerichtet sein.[43]

Diese Standard-Definition verdeutlicht zwar ein wichtiges Merkmal, dass Factoring ein Kauf- und kein Kreditgeschäft ist, sie gibt aber leider nicht die komplizierte Natur des Factoring-Geschäftes wider. Der Deutsche Factoring-Verband e.V. fügt hinzu, dass Factoring der kurzfristigen Umsatzfinanzierung und dem hundertprozentigen Schutz vor Forderungsausfällen dient, und dass zum Factoring ein effizientes Debitorenmanagement gehört.[44] Der Kauf erfolgt zumeist vor der Fälligkeit der Forderung, wodurch dem Unternehmen vom Factoring-Institut finanzierte Liquidität zur Verfügung steht.[45]

Nun wird klar: Obwohl Factoring auch eine kreditähnliche Finanzierungsfunktion hat, ist es mit einem klassischen Bankkredit kaum zu vergleichen. Es handelt sich eher um eine vielseitige Finanzdienstleistung. An dieser Stelle sei erwähnt, dass Factoring nach § 1 Abs. 3 KWG kein genehmigungspflichtiges Bankgeschäft ist.[46] Das kann, im Zusammenhang mit BASEL-II-Richtlinien, unter bestimmten Voraussetzungen für den Factoring-Kunden von Vorteil sein. Näher wird darauf in dem Kapitel 4.2.1.1. eingegangen.

[...]


[1] Vgl. Schwarz (2002), S. 26; Bette (1999), S. 2; Schmitt (1968), S. 68; Mayer
(1987), S. 45.

[2] Vgl. Deutscher Factoring-Verband e. V. (2004).

[3] KfW (2006), S. V.

[4] Vgl. KfW (2005), S. 26.

[5] Vgl. Kripmhove/Tytko (2002), S. 5.

[6] Vgl. KfW (2006), S. 38.

[7] Vgl. Kripmhove/ Tytko (2002), S. 6.

[8] Vgl. Pfohl (1997), S.1-25.

[9] Vgl. Kripmhove/ Tytko (2002), S. 6.

[10] Vgl. IfM (2001), S. 4.

[11] Vgl. Kripmhove/Tytko (2002), S. 6.

[12] Vgl. ebd.

[13] Vgl. ebd.

[14] Vgl. Pfohl (1997), S.19.

[15] Vgl. Kripmhove/Tytko (2002), S. 6.

[16] Vgl. ders., S. 7.

[17] Vgl. ebd.

[18] Kripmhove/Tytko (2002), S. 7.

[19] Vgl. KfW (2005), S.6.

[20] Vgl. KfW (2006), S. 140.

[21] Vgl. DSGV (2003), S. 4.

[22] Vgl. Kripmhove/Tytko (2002), S. 7.

[23] Vgl. ebd.

[24] Vgl. Kripmhove/Tytko (2002), S. 7.

[25] Vgl. ebd.

[26] Vgl. ebd.

[27] Vgl. DSGV (2005), S. 29.

[28] Vgl. KfW (2006), S. 144.

[29] Vgl. ebd., S. 166.

[30] Vgl. IfM (2001), S. 87.

[31] Anders als etwa in Frankreich, wo es eine nationale Unternehmensdatenbank gibt, die eine Bilanzdatenbank einschließt, existiert in Deutschland kein zentrales Unternehmensregister. Daten zur Finanzierungsstruktur der Unternehmen werden hierzulande von Institutionen bereitgestellt, für die diese Daten nur ein Nebenprodukt ihrer Tätigkeit sind. Dazu gehören unter anderen die Deutsche Bundesbank, die KfW Bankengruppe, der Verband der Vereine Creditreform sowie der DSGV. Die Vergleichbarkeit der verschiedenen Daten ist vor allem aufgrund unterschiedlicher Grundgesamtheiten und Ermittlungsmethoden eingeschränkt. Hinsichtlich des Aussagegehalts kommt dabei zweifelsohne den verschiedenen Auswertungen von Bilanzdaten die höchste Relevanz zu.

[32] Dieses statistische Maß gibt den Wert desjenigen Unternehmens an, an dem das Sample in zwei gleich große Hälften geteilt wird, d.h. es gibt genauso viele Unternehmen mit gleichem oder höheren Werten wie solche mit gleichem oder niedrigeren Werten. Die Verwendung des Medians hat gegenüber dem Mittelwert den Vorzug, dass er robust gegenüber Extremwerten in den Kennziffern ist. Damit gibt der Median ein verlässlicheres Bild der Entwicklung der Finanzkennziffern.

[33] Vgl. KfW (2006), S. 159

[34] Vgl. ebd., S. 149.

[35] Vgl. KfW (2005), S. 10.

[36] Vgl. ebd., S.155.

[37] Vgl. KfW (2005), S.156.

[38] Vgl. Bette (2002), S. 373; KfW (2006), S. 156.

[39] Vgl. ebd., S.155.

[40] Vgl. ders.

[41] Vgl. DSGV (2006), S.4; KfW (2006), S. 160.

[42] Vgl. Schwarz (2002), S. 15.

[43] Vgl. ders., S. 11.

[44] Vgl. Deutscher Factoring-Verband e.V. (2006).

[45] Vgl. Olfert/Reichel (2003), S. 126.

[46] Vgl. KWG, §1 Abs. 3.

Ende der Leseprobe aus 58 Seiten

Details

Titel
Factoring. Vor- und Nachteile aus Sicht des Forderungsverkäufers
Hochschule
Verwaltungs- und Wirtschafts-Akademie Wiesbaden e.V.  (Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Wiesbaden e. V.)
Veranstaltung
Finanzmanagement
Note
1,00
Autor
Jahr
2006
Seiten
58
Katalognummer
V69659
ISBN (eBook)
9783638601474
ISBN (Buch)
9783638694780
Dateigröße
1221 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
Vor-, Nachteile, Factorings, Sicht, Forderungsverkäufers, Finanzmanagement, Thema Factoring
Arbeit zitieren
Betriebswirtin (VWA) Jana Stilmann (Autor:in), 2006, Factoring. Vor- und Nachteile aus Sicht des Forderungsverkäufers, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69659

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