Es gibt Unglückliche, die statt des Gefühls nur die Sehnsucht nach dem Gefühl haben und diese Sehnsucht macht sie reizend und tragisch. Die Elementargeister sind als solche uns unsympathisch, die Nixe bleibt uns gleichgültig, von dem Augenblick an aber wo die Durchschnitts-Nixe zur exzeptionellen Melusine wird, wo sie sich einreihen möchte ins Schön-Menschliche und doch nicht kann, von diesem Augenblick an rührt sie uns.
Schon in der gesamten Literaturgeschichte haben Elementargeister und insbesondere Frauen aus dem Wasser die Schriftsteller fasziniert. Angefangen bei Homers Sirenen über die mittelalterliche Sagenwelt und Märchen der Romantik bis hin zur Literatur des 20. Jahrhunderts ließ die Vorstellung von den Elementarmächten die Schriftsteller nicht los.
Die Figur der Melusine tritt immer wieder in der Literatur auf und streift dabei unterschiedliche Epochen. Im Hinblick auf Theodor Fontanes Werk ist die Frage nach dem Motiv der Wasserfrauen sehr wichtig und interessant, weil Fontane einen eigenen Akzent auf die Definition dieses Frauentyps setzt, wie er in der Literaturgeschichte eher unüblich ist, nämlich konstituiert er über das Motiv der Melusine ein bestimmtes Frauenbild. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, den Einfluss der Motivgeschichte auf Fontanes Melusinen zu untersuchen, aber auch, welche zeitgenössischen Einflüsse auf das Motiv eingewirkt haben. Auf diese Weise möchte ich zu einem Ergebnis kommen, das die Frage nach der Bedeutung und Entwicklung der Melusinen in Fontanes Romanwerk beantwortet.
Der Begriff der Melusine ist kein unmissverständlicher Begriff. Im Folgenden soll mit dem Terminus Melusine die Frauengestalt gemeint sein, die in Anlehnung an die Histoire de Lusignan von Jean d′Arras entstanden ist: die tragische Frauenfigur, die ihrer Herkunft aus der geisterhaften Natur auch durch Heirat mit einem Menschenmann nicht entfliehen kann und in ihr Element zurückkehren muss. Der Begriff der Melusine deckt sich hierbei oft mit dem der Undine, da auch in der Erzählung Friedrich de la Motte Fouqués ein ähnliches Thema behandelt wird. Wenn von einer Melusine die Rede ist, kann diese Figur durchaus auch undinische Züge tragen. In der Arbeit soll aber hauptsächlich der Begriff der Melusine gebraucht werden, weil Fontane selbst diesen Namen und seine Genealogie nutzt. Dabei lege ich nicht den Schwerpunkt darauf, dass die Melusine-Figuren in seinem Werk den Mythos der legendären Melusine in allen Punkten befolgen sollen.
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Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlagen
- mythische Vorbilder
- Ursprung der Elementarfrauen
- Die Verbundenheit der Wasserfrauen zu ihrem Element
- Die wichtigsten Bearbeitungen des Wasserfrauen-Mythos
- Die Rolle des Mythischen
- Das Elementare und weibliche Sexualität
- Fontanes melusinische Frauenfiguren
- Die Namensschwestern der Melusine und ihre Symbolik
- Die Symbolträgerin
- Die emanzipierte Melusine
- Die mythische Frau in der Gesellschaftswelt
- Kindfrau und Naturkind
- Die Kindfrau zwischen Natur- und Zivilisationswelt
- Die Passivität der Person und die Übermacht des Elements
- Der Bruch zwischen Natur und Geschichte
- Die Hysterikerin
- Hysterie als Weiblichkeitsdefinition
- Die Krankheit als Antwort auf kranke Gesellschaftszustände
- Das Melusine-Motiv in der Übertragung auf den Mann
- Die Umkehr des Melusine-Motivs
- Die Bedeutung des Mythischen im Hinblick auf Schach
- Frigidität und Gefühlskälte
- Frigidität als melusinische Eigenschaft
- Das (Nicht-)Überwinden des melusinischen Makels
- Die Rolle der Melusine als Archetyp in der Literatur
- Die Definition des Melusine-Motivs bei Fontane
- Der Einfluss des Mythos auf Fontanes Frauenfiguren
- Die Verbindung zwischen dem Melusine-Motiv und den gesellschaftlichen Normen der Zeit
- Die Ambivalenz der Melusinen in Fontanes Werken
- Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Wasserfrauen in der Literatur ein und stellt die Bedeutung der Melusine als literarischen Archetyp dar. Zudem wird die Forschungsfrage formuliert und die Methode der Analyse erläutert.
- Grundlagen: Dieses Kapitel befasst sich mit den mythischen Vorbildern der Melusine und ihren Ursprüngen. Es analysiert die verschiedenen Bearbeitungen des Wasserfrauen-Mythos und die Bedeutung des Elementaren für die Konstruktion des Melusine-Motivs.
- Fontanes melusinische Frauenfiguren: Dieses Kapitel untersucht die verschiedenen Frauengestalten in Fontanes Romanwerk, die mit dem Melusine-Motiv verbunden sind. Es analysiert die Symbolik der Figuren, die Beziehung zwischen Natur und Kultur sowie die Auswirkungen der Melusine-Eigenschaften auf das Leben der Frauen.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Untersuchung des Einflusses der Motivgeschichte der Wasserfrauen auf Theodor Fontanes Werke. Ziel ist es, die Bedeutung und Entwicklung der Melusinen in Fontanes Romanwerk zu beleuchten und den Einfluss zeitgenössischer Einflüsse auf das Motiv zu analysieren.
Zusammenfassung der Kapitel
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Melusine-Motiv, Wasserfrauen, Elementarwesen, Theodor Fontane, Literaturgeschichte, Romantik, bürgerlicher Realismus, Jugendstil, Frauenbild, Symbolik, Mythos, Gesellschaft.
- Arbeit zitieren
- Katrin Feller (Autor:in), 2001, Die Entwicklung und Bedeutung der Melusine-Figur in Theodor Fontanes Romanwerk, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/6968