"Bildung ist der Schlüssel zur Zukunft", darüber waren sich die Regierungsparteien am 11. November 2005 - dem Tag des Abschlusses des Koalitionsvertrages zwischen Union und SPD - einig. Was klingt wie eine der zahlreichen politischen Floskeln, ist gerade für eine rohstoffarme Volkswirtschaft wie die Deutsche eine nachgewiesene Tatsache, denn der Bestand an Humankapital ist eine der wichtigsten Ressourcen der deutschen Wirtschaft - auch und vor allem vor dem Hintergrund der zu erwartenden demografischen Entwicklung. Empirische Untersuchungen beweisen, dass der Faktor Bildung einen erheblichen Einfluss auf den technischen Fortschritt, das Wirtschaftswachstum, das Beschäftigungsniveau und auch auf die Einkommensverteilung einer Volkswirtschaft hat. Aus diesem Grund ist die institutionelle Umsetzung der Humankapitalbildung - also die Organisation der Bildung im Rahmen eines Bildungssystems - einer der zentralen Aspekte der Wirtschafts- und Sozialpolitik.
Diese vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Ausgestaltung des deutschen Bildungssystems, im Speziellen mit dem öffentlich finanzierten Hochschulsystem in der Bundesrepublik. Ist das gebührenfreie Studium in Deutschland gerecht? Oder würde erst die Einführung flächendeckender Studiengebühren Chancengleichheit und Gerechtigkeit herbeiführen, da das kostenlose Studium dazu führt, dass die arme Krankenschwester dem reichen Zahnarztsohn das Studium finanziert?
Argumente für und wider der Einführung von Studiengebühren basieren immer wieder auf den unterschiedlichen Einschätzungen bezüglich der Umverteilungswirkungen des gebührenfreien Hochschulzugangs. Diese Arbeit soll einen Überblick über die zahlreichen empirischen Studien gewähren, die sich in den vergangenen Jahrzehnten mit der Frage, wer Gewinner und wer Verlierer der öffentlichen Hochschulfinanzierung ist, beschäftigten. Dabei stehen die Untersuchungen von Hansen und Weisbrod (1969), Pechman (1970), Grüske (1994), Sturn und Wohlfahrt (1999 und 2000) und Barbaro (2003), sowie deren Methodik und methodische Weiterentwicklungen zu denen es im Laufe der Zeit kam, im Vordergrund dieser Ausarbeitung. Abschließend werden, vor dem Hintergrund der gewonnenen Erkenntnisse, die Fragen genauer beleuchtet, wie eine Einführung von Studiengebühren aus distributiver Sicht zu bewerten ist und ob alleine die vom Status Quo der öffentlichen Hochschulfinanzierung ausgehenden distributiven Effekte eine grundlegende Reform des deutschen Hochschulwesens nötig machen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung: Die Bedeutung des Faktors Bildung – Tendenzen in der Bildungspolitik
- 2. Verteilungspolitische Argumente für die öffentliche Finanzierung der Hochschulbildung
- 3. Empirische Untersuchungen zu den Verteilungswirkungen der öffentlichen Hochschulfinanzierung – Die Methodik
- 3.1. Querschnittsanalyse versus Längsschnittsanalyse
- 3.2. Das Ergebnis der Hansen-Weisbrod-Pechman-Debatte: Das Konzept der Nettotransferkalkulation
- 3.2.1. Die Steuer- oder Einnahmeninzidenz
- 3.2.2. Die Verteilung der Erträge: Die Ausgabeninzidenz
- 4. Die historischen Wurzeln der Diskussion um die Verteilungswirkungen der öffentlichen Hochschulfinanzierung: Die Friedman-These und ihre Nachwehen
- 5. Empirische Studien zu den Umverteilungswirkungen der öffentlichen Hochschulfinanzierung im Querschnitt
- 5.1. Die Studie von Hansen und Weisbrod
- 5.2. Die Hansen-Weisbrod-Pechman-Debatte
- 5.3. Die Untersuchung von Grüske
- 5.4. Die Antwort auf Grüske: Die Studie von Sturn und Wohlfahrt im Auftrag des DSW
- 5.5. Die Untersuchung von Sturn und Wohlfahrt für Österreich
- 5.5.1. Die Verwendung des Äquivalenzeinkommens bei Sturn und Wohlfahrt
- 5.5.2. Die Ergebnisse der Studie von Sturn und Wohlfahrt
- 5.6. Die Studie von Barbaro für Deutschland
- 5.6.1. Die Nettotransferkalkulation von Barbaro
- 5.6.1.1. Die Verteilung der Erträge
- 5.6.1.2. Die Verteilung der Steuerlast
- 5.6.1.3. Die Nettoinzidenz
- 5.6.1. Die Nettotransferkalkulation von Barbaro
- 6. Schlussfolgerungen und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Seminararbeit befasst sich mit der Frage, ob und in welcher Form die öffentliche Finanzierung der Hochschulbildung in Deutschland zu einer Umverteilung von Einkommen führt. Die Arbeit analysiert die Verteilungswirkungen der staatlichen Finanzierung von Hochschulen, indem sie verschiedene empirische Studien aus Deutschland und Österreich untersucht und deren Ergebnisse vergleichend darstellt. Im Fokus stehen dabei die Effekte der öffentlichen Hochschulfinanzierung auf die Einkommen verschiedener Bevölkerungsgruppen, insbesondere im Hinblick auf die Steuer- und Ausgabeninzidenz.
- Verteilungspolitische Argumente für die öffentliche Finanzierung der Hochschulbildung
- Die Methodik der Untersuchung von Verteilungseffekten in der Hochschulfinanzierung
- Empirische Studien zur Umverteilung durch öffentliche Hochschulfinanzierung im Querschnitt
- Analyse der Nettotransferkalkulation und ihrer Anwendung in verschiedenen Studien
- Vergleich der Ergebnisse von Studien aus Deutschland und Österreich
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Bedeutung des Faktors Bildung im Kontext der Wirtschaftspolitik beleuchtet und aktuelle Entwicklungen im deutschen Bildungssystem skizziert. Im zweiten Kapitel werden die wichtigsten verteilungspolitischen Argumente für eine öffentliche Finanzierung der Hochschulbildung erörtert. Anschließend widmet sich das dritte Kapitel der Methodik der Untersuchung von Verteilungseffekten, wobei die Unterschiede zwischen Querschnitts- und Längsschnittsanalysen sowie das Konzept der Nettotransferkalkulation im Detail beleuchtet werden.
Kapitel vier befasst sich mit den historischen Wurzeln der Diskussion um die Verteilungswirkungen öffentlicher Hochschulfinanzierung, insbesondere mit der Friedman-These und ihren Folgen. Die darauf folgenden Kapitel (5.1 - 5.6) analysieren empirische Studien, die sich mit den Umverteilungswirkungen öffentlicher Hochschulfinanzierung im Querschnitt befassen. Dabei werden die Studien von Hansen und Weisbrod, Grüske, Sturn und Wohlfahrt sowie Barbaro detailliert vorgestellt und die Ergebnisse der jeweiligen Untersuchungen vergleichend diskutiert.
Schlüsselwörter
Öffentliche Hochschulfinanzierung, Verteilungseffekte, Nettotransferkalkulation, Steuerinzidenz, Ausgabeninzidenz, Umverteilung, Querschnittsanalyse, Längsschnittsanalyse, Empirische Studien, Friedman-These, Bildungsinvestitionen, Humankapital, Wirtschaftswachstum, Bildungspolitik.
- Quote paper
- Nico Schmidt (Author), 2007, Verteilungseffekte der öffentlichen Hochschulfinanzierung - Querschnittsbetrachtung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69797