„Noch sprechen 100 Millionen Menschen auf der Erde deutsch. Aber viele, vielleicht sogar die meisten, nur recht widerwillig. Der moderne Modellgermane joggt, jumpt, trekkt, walkt, skatet oder biket, hat fun und feelings, mood und moments, sorrows und emotions – und scheint vor nichts auf Erden solche Angst zu haben, wie seine eigene Sprache zu benutzen. Deutsch zu sprechen ist vielen Deutschen ganz offensichtlich lästig oder peinlich.“
Viele Menschen, deren Muttersprache Deutsch ist, scheinen heute fast selbstverständlich das Englische als ihre Leitsprache aufzufassen. Inzwischen scheinen Anglizismen zum allgemeinen Sprachgebrauch der Deutschen zu gehören und sind gerade bei Jugendlichen überaus beliebt. Nicht nur einzelne Wörter werden hierbei übernommen, sondern sogar der deutsche Satzbau den Anglizismen angepasst. Dabei kommen Entlehnungen aus dem Englischen auf allen sprachlichen Ebenen zum Einsatz. Es folgen Funk und Fernsehen dieser Entwicklung, und selbst seriöse Zeitungen verwenden großzügig Anglizismen. So stellt auch der Sprachwissenschaftler Wolfgang BADER fest: „Deutsche Lebenswelt heute präsentiert sich über weite Strecken in schon vertrauten anglisierten Ausdrücken: Von den trendsettenden Bereichen der Popmusik, der Werbung, der Mode und anderen Lifestyle-Domänen über die alten und neuen Medien, vor allem das Internet, bis hin zu Sport, Tourismus, Freizeitindustrie, Technik, Wirtschaft und Wissenschaft.“
Seit Beginn der 60er Jahre lässt sich die erhebliche Zunahme von Anglizismen im Deutschen feststellen, die sich in den 90er Jahren enorm verstärkt. Die Entwicklungen seit dem 2. Weltkrieg haben dazu geführt, dass Englisch die unbestrittene lingua franca (Verkehrssprache) der ganzen Welt geworden ist und ihren Einfluss über das hohe Prestige, das ihr zugesprochen wird, ständig vergrößert. Die Dominanz des Englischen hat daher in den letzten 50 Jahren enorm zugenommen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Sprecherzahl und der weltweiten Verbreitung des Englischen, als auch hinsichtlich des kulturellen Einflusses und der Stellung als internationale Sprache gegenüber anderen Sprachen. Diese Entwicklung hat auch die deutsche Sprache nicht gerade in geringem Maße zu spüren bekommen. Von Jahr zu Jahr tauchen neue englische Lehnwörter in unserem Sprachgut auf.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition
3. Klassifikation der Entlehnungen aus dem Englischen
3.1 Evidentes Lehngut
3.2 Latentes Lehngut
4. Zahlen und Fakten
4.1 Die internationale Stellung des Englischen
4.2 Die internationale Stellung des Deutschen
4.3 Der deutsche Wortschatz
5. Englisch als größte Gebersprache Europas
5.1 Historischer Rückblick
5.2 Sprachstrukturelle Gründe
5.3 Geschichtliche, politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Gründe
6. Betroffene Sprachbereiche
6.1 Anglizismen in der Sprache der Mode
6.2 Anglizismen in der Sprache der Werbung.
7. Funktion und Wirkung von Anglizismen
8. Der Kampf gegen die Fremdwörter
9. Einstellungen und Meinungen zu Anglizismen in der deutschen Sprache
10. Schlusswort
11. Abbildungsverzeichnis
12. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Noch sprechen 100 Millionen Menschen auf der Erde deutsch. Aber viele, vielleicht sogar die meisten, nur recht widerwillig. Der moderne Modellgermane joggt, jumpt, trekkt, walkt, skatet oder biket, hat fun und feelings, mood und moments, sorrows und emotions – und scheint vor nichts auf Erden solche Angst zu haben, wie seine eigene Sprache zu benutzen. Deutsch zu sprechen ist vielen Deutschen ganz offensichtlich lästig oder peinlich.“[1]
Viele Menschen, deren Muttersprache Deutsch ist, scheinen heute fast selbstverständlich das Englische als ihre Leitsprache aufzufassen. Wenn man einer Schulklasse von 15-jährigen z.B. folgende Wörterliste zum Vorlesen vorlegt art, band, first, name, station, taste, so sprechen die meisten diese Wörter – auch wenn sie groß geschrieben wären – englisch aus. Inzwischen scheinen Anglizismen zum allgemeinen Sprachgebrauch der Deutschen zu gehören und sind gerade bei Jugendlichen überaus beliebt. Nicht nur einzelne Wörter werden hierbei übernommen, sondern sogar der deutsche Satzbau den Anglizismen angepasst. Dabei kommen Entlehnungen aus dem Englischen auf allen sprachlichen Ebenen zum Einsatz. Es folgen Funk und Fernsehen dieser Entwicklung, und selbst seriöse Zeitungen verwenden großzügig Anglizismen. So stellt auch der Sprachwissenschaftler Wolfgang BADER fest: „Deutsche Lebenswelt heute präsentiert sich über weite Strecken in schon vertrauten anglisierten Ausdrücken: Von den trendsettenden Bereichen der Popmusik, der Werbung, der Mode und anderen Lifestyle-Domänen über die alten und neuen Medien, vor allem das Internet, bis hin zu Sport, Tourismus, Freizeitindustrie, Technik, Wirtschaft und Wissenschaft.“[2]
Seit Beginn der 60er Jahre lässt sich die erhebliche Zunahme von Anglizismen im Deutschen feststellen, die sich in den 90er Jahren enorm verstärkt. Die Entwicklungen seit dem 2. Weltkrieg haben dazu geführt, dass Englisch die unbestrittene lingua franca (Verkehrssprache) der ganzen Welt geworden ist und ihren Einfluss über das hohe Prestige, das ihr zugesprochen wird, ständig vergrößert. Die Dominanz des Englischen hat daher in den letzten 50 Jahren enorm zugenommen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Sprecherzahl und der weltweiten Verbreitung des Englischen, als auch hinsichtlich des kulturellen Einflusses und der Stellung als internationale Sprache gegenüber anderen Sprachen. Diese Entwicklung hat auch die deutsche Sprache nicht gerade in geringem Maße zu spüren bekommen. Von Jahr zu Jahr tauchen neue englische Lehnwörter in unserem Sprachgut auf.
In der vorliegenden Arbeit soll zunächst die Terminologie des englischen Lehnguts geklärt und Zahlen und Fakten aufgezeigt werden. Das Englische als größte Gebersprache Europas wird anhand eines historischen Rückblicks sowie anhand von sprachstrukturellen, geschichtlichen, politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Gründen dargestellt. Bei den von Anglizismen betroffenen Sprachbereichen wird besonders auf die Mode und die Werbung eingegangen. Anschließend werden Funktion und Wirkung von Anglizismen erläutert. Es folgt ein kurzer Überblick über den Kampf gegen Fremdwörter in der Geschichte der deutschen Sprache und abschließend werden unterschiedliche Einstellungen und Meinungen verschiedener Autoren zur Verwendung von Anglizismen und deren Folgen für die deutsche Sprache dargestellt.
2. Definition
Der Ausdruck „Anglizismus“, der bei dieser Arbeit im Vordergrund steht, ist in der Sprachwissenschaft nicht unumstritten. Er wird von ZINDLER wie folgt definiert: „Anglizismus ist ein Wort aus dem britischen oder amerikanischen Englisch im Deutschen oder eine nicht übliche Wortkomposition, jede Art der Veränderung einer deutschen Wortbedeutung oder Wertverwendung [] nach britischem oder amerikanischem Vorbild.“[3]
CARSTENSEN schließt sich dieser Definition im Wesentlichen an und betont, dass es in vielen Fällen nicht möglich oder zumindest nicht sinnvoll ist, zwischen britischem und amerikanischem Englisch zu unterscheiden.[4]
In der Forschung wird sich darauf konzentriert, dass Anglizismen, die im Deutschen verwendet werden, entweder auf das britische oder das amerikanische Englisch zurückzuführen sind. Die Möglichkeit, dass das Deutsche auch durch andere Varietäten des Englischen, wie beispielsweise das australische Englisch, beeinflusst werden könnte, wird von Sprachwissenschaftlern als unbedeutend angesehen. So werden andere Varietäten des Englischen bislang weder in Definitionen noch in der Forschung berücksichtigt.
Ganz allgemein werden Anglizismen als Spracheigentümlichkeit bezeichnet, in der Wörter aus dem Englischen in eine andere Sprache übernommen und dieser angepasst werden. Genauer betrachtet fällt unter den Ausdruck „Anglizismus“ jegliche lexikalische, phonetische, semantische, morphologische und syntaktische Beeinflussung des Deutschen durch die englische Sprache.[5]
Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten:
- Das Deutsche wird direkt durch eine der nationalen Varietäten des Englischen beeinflusst.
- Englische Wörter gelangen über andere Sprachen ins Deutsche, z. B. über das Französische.
- Das Englische fungiert als Mittlersprache, z. B. das aus dem Hindustani stammende Wort Bungalow.
- Das englische Sprachgut wird produktiv, aber nicht-englisch in der deutschen Sprache genutzt, z. B. Talkmaster, Handy.
- Andere Sprachen weisen nicht-englische Produktivität auf und beeinflussen die deutsche Sprache, z. B. das in Japan entstandene Wort Walkman.
3. Klassifikation der Entlehnungen aus dem Englischen
Im folgenden Kapitel wird sich an die Ausführungen von Richard GLAHN in seiner Dissertation „Der Einfluss des Englischen auf gesprochene deutsche Gegenwartssprache“ gehalten[6]. GLAHN stützte sich bei der Klassifikation des englischen Lehnguts auf das ursprünglich von Werner BETZ (vgl. Betz 1965) entwickelte und von Broder CARSTENSEN erweiterte und angepasste Modell.[7] Hierbei wird grundsätzlich zwischen evidentem und latentem Lehngut unterschieden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Evidentes Lehngut[8]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Latentes Lehngut[9]
3.1 Evidentes Lehngut
Unter evidentem Lehngut versteht man die direkte Übernahme eines englischen Wortes, das durch seine Form und häufig durch seine Aussprache den englischen Ursprung erkennen lässt. Bei evidentem Lehngut lässt sich differenzieren zwischen den beiden direkten Entlehnungsarten Fremdwort und Scheinentlehnung und den indirekten Entlehnungsarten Scheinentlehnung und Mischkomposition (siehe Abb. 1).
- Das Fremdwort ist eindeutig als Wort fremder Herkunft zu erkennen, z. B. Freestyle.
- Das Lehnwort kann nicht mehr ohne weiteres als Wort fremder Herkunft identifiziert werden, z. B. Sport.
- Scheinentlehnungen werden im Rahmen der Anglizismenforschung auch Pseudoanglizismen genannt.[10]
- Als lexikalische Scheinentlehnung bezeichnet man ein Wort, das englisch erscheint, im Englischen jedoch nicht belegt ist, z. B. das aus der englischen Bezeichnung für „zwanzig“ (twenty) entstandene Wort Twen.
- Semantische Scheinentlehnungen sind Wörter, die zwar in ihrer originalen Form übernommen werden, im Deutschen dann aber eine andere Bedeutung annehmen. Das derzeit wohl aktuellste Beispiel für eine semantische Scheinentlehnung ist das Wort Handy.
- Unter Lehnveränderungen versteht man Wörter, die bei der Übernahme morphologisch verändert werden. Eine solche Veränderung stellt beispielsweise die Kürzung von pullover zu Pulli und professional zu Profi dar.
- Mit dem Ausdruck Mischkomposition werden die Wörter erfasst, die aus einem englischen und einem deutschen Wortteil bestehen. Bei den Mischkomposita lassen sich zwei Arten unterscheiden:
- Zur ersten Kategorie zählen Mischkomposita, die kein Vorbild in der Gebersprache haben, z. B. das Wort Managerkrankheit (engl.: stress disease).
- Zur zweiten Kategorie werden Mischkomposita gerechnet, die ein gebersprachliches Vorbild haben, z. B. das Wort Haarspray (engl.: hair spray)
3.2 Latentes Lehngut
Im Gegensatz zum evidenten Lehngut ist das latente Lehngut als solches äußerlich nicht zu erkennen. Es besteht aus üblichen Wortbildungsbestandteilen des Deutschen. Unter latentes Lehngut fallen die Lehnbedeutung und die Lehnbildung. Die Lehnbildung lässt sich in Lehnschöpfung und Lehnformung aufteilen. Bei der Lehnformung ist nochmals zwischen Lehnübersetzung und Lehnübertragung zu unterscheiden (siehe Abb. 2).
- Bei der Lehnbedeutung handelt es sich um eine Bedeutungserweiterung des entlehnten Wortes. Ein Beispiel wäre das Wort realisieren. Es wurde zunächst nur im Sinne von etwas umsetzen verwendet. Mittlerweile kann es auch etwas einsehen, etwas erkennen oder sich vorstellen bedeuten.
- Eine Lehnbildung liegt vor, wenn der Inhalt des entlehnten Wortes mit sprachlichen Zeichen der Nehmersprache wiedergegeben wird. Die Lehnbildung unterteilt sich in Lehnschöpfung und Lehnformung.
- Eine Lehnschöpfung ist eine vollkommene Neubildung, z. B. Kunststoff für das englische Wort plastic oder Fertiggericht für das im englischen Sprachraum verwendete fast food.
- Die Lehnformung ist eine Nachbildung des entlehnten Wortes. Unter die Lehnformung fallen die Kategorien Lehnübersetzung und Lehnübertragung.
- Die Lehnübersetzung ist eine inhaltliche Wiedergabe mit eigenem Wortgut. Sie bleibt auf Komposita beschränkt, z. B. das Wort Gipfelkonferenz, das dem englischen Wort summit conference nachgebildet wurde.
- Die Lehnübertragung ist eng mit der Lehnübersetzung verwandt. Sie versucht jedoch nicht das gebersprachliche Vorbild exakt zu übersetzen. Beispiele sind die Wörter Wolkenkratzer und Unterhaltungsgeschäft, die dem englischen skyscraper bzw. showbusiness nachgebildet sind.
[...]
[1] Krämer 2000, S. 254.
[2] Bader 1999, S. 33.
[3] Zindler 1959, S. 2.
[4] Carstensen 1965, S. 18.
[5] Glahn 2000, S. 16.
[6] Glahn 2000, S. 35 ff.
[7] Carstensen 1979 S. 90 ff.
[8] Glahn 2000, S. 36.
[9] Glahn 2000, S. 39.
[10] Castensen 1980, S. 94.
- Arbeit zitieren
- Kathrin Doeppner (Autor:in), 2007, Anglizismen in der deutschen Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/69891