Die Europäische Union hat mit der IAS-Verordnung vom 19.07.2002 auf die zunehmenden Erfordernisse einer Internationalisierung der Rechnungslegung reagiert. In Art. 4 IAS-VO ist festgelegt, dass Kapitalgesellschaften, die dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegen und deren Wertpapiere zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2005 beginnen, ihre konsolidierten Abschlüsse auf der Grundlage der International Accounting Standards/International Financial Reporting Standards (IAS/IFRS) erstellen müssen. Darüber hinaus gibt die IAS-Verordnung den Mitgliedstaaten in Art. 5 ein Wahlrecht, die Anwendung der IAS/IFRS auch in den Einzelabschlüssen von Kapitalgesellschaften und Nicht-Kapitalgesellschaften zu gestatten oder vorzuschreiben. Damit stellt sich die Frage nach der Zukunft der handelsrechtlichen und auch der steuerrechtlichen Gewinnermittlung in Deutschland, denn zur Zeit bildet gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG der handelsrechtliche Einzelabschluss die Grundlage für die steuerrechtliche Gewinnermittlung .
Im Rahmen dieser Arbeit wird daher zunächst die Ausgangslage der Rechnungslegung in Deutschland sowie die geplanten und die bereits durchgeführten Änderungen der letzten Jahre kurz skizziert. Die Konzernrechnungslegung wird dabei nicht näher betrachtet, denn hier geht es ausschließlich um die Auswirkungen der Internationalisierung auf das Verhältnis zwischen handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Gewinnermittlung im Einzelabschluss. Für die weitere Untersuchung wird im Folgenden die Annahme getroffen, dass die Entwicklung des Handelrechts dahin führen wird, dass der handelsrechtliche Einzelabschluss sowohl von Kapitalgesellschaften als auch von Nicht-Kapitalgesellschaften zukünftig auf Basis der IAS/IFRS zu erstellen sein wird. Vor diesem Hintergrund ist dann die Frage zu behandeln, ob weiterhin die Steuerbilanz auf der Grundlage einer solchen veränderten Handelsbilanz erstellt werden kann bzw. welche Alternativen sich für das zukünftige Bilanzsteuerrecht anbieten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ausgangslage der Rechnungslegung in Deutschland
- Der Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG
- Zwecke der Rechnungswerke
- Grundsätzliche Funktionen einer Rechnungslegung
- Funktionelle Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanzrecht
- Bisherige Reaktion des deutschen Gesetzgebers
- Übernahme der IAS/IFRS in den handelsrechtlichen Einzelabschluss
- Unterschiede zwischen HGB und IAS/IFRS
- Zur Diskussion um die Übernahme der IAS/IFRS in den handelsrechtlichen Einzelabschluss
- Maßgeblichkeit der IAS/IFRS für die Steuerbilanz?
- Probleme bei der Fortführung der Maßgeblichkeit auf IAS/IFRS-Basis
- Institutioneller Aspekt
- Materielle Aspekte
- Steuerbelastungsvergleich im Falle einer IAS/IFRS-Maßgeblichkeit
- Zwischenergebnis
- Alternativen für die zukünftige steuerliche Gewinnermittlung
- Eigenständiges Bilanzsteuerrecht
- Einnahmen-Überschuss-Rechnung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Ziel dieser Arbeit ist es, die Auswirkungen der Internationalisierung der Rechnungslegung auf das Verhältnis zwischen handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Gewinnermittlung in Deutschland zu untersuchen. Dabei wird der Fokus auf die Einzelabschlüsse von Unternehmen gelegt, wobei die Konzernrechnungslegung nicht berücksichtigt wird.
- Der Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG und seine Bedeutung für die Einheitsbilanz
- Die Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanzrecht sowie die Funktionsweise der IAS/IFRS
- Die Auswirkungen der Übernahme der IAS/IFRS auf die handelsrechtliche Gewinnermittlung
- Die Herausforderungen und Probleme, die sich im Falle einer Maßgeblichkeit der IAS/IFRS für die Steuerbilanz ergeben
- Alternative Ansätze für die zukünftige steuerliche Gewinnermittlung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Problematik der Internationalisierung der Rechnungslegung in Deutschland dar und beleuchtet die Bedeutung der IAS/IFRS-Einführung für das Verhältnis zwischen handelsrechtlicher und steuerrechtlicher Gewinnermittlung.
- Ausgangslage der Rechnungslegung in Deutschland: Dieses Kapitel erläutert den Maßgeblichkeitsgrundsatz des § 5 Abs. 1 EStG, der die handelsrechtliche Bilanz als Grundlage für die steuerrechtliche Gewinnermittlung definiert. Es werden zudem die unterschiedlichen Zwecke von Handels- und Steuerbilanz sowie die Entwicklung der Rechnungslegung in Deutschland behandelt.
- Übernahme der IAS/IFRS in den handelsrechtlichen Einzelabschluss: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den Unterschieden zwischen HGB und IAS/IFRS sowie den Diskussionen um die Übernahme der IAS/IFRS in den handelsrechtlichen Einzelabschluss.
- Maßgeblichkeit der IAS/IFRS für die Steuerbilanz?: Dieses Kapitel beleuchtet die Herausforderungen und Probleme, die sich im Falle einer Maßgeblichkeit der IAS/IFRS für die Steuerbilanz ergeben. Es werden sowohl institutionelle als auch materielle Aspekte betrachtet.
- Alternativen für die zukünftige steuerliche Gewinnermittlung: Dieses Kapitel stellt alternative Ansätze für die zukünftige steuerliche Gewinnermittlung vor, wie z. B. ein eigenständiges Bilanzsteuerrecht oder eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Internationalisierung der Rechnungslegung, dem Maßgeblichkeitsgrundsatz, dem Verhältnis von Handels- und Steuerbilanz, der Einheitsbilanz, der IAS/IFRS-Regulierung und der steuerlichen Gewinnermittlung. Die Arbeit beleuchtet die Herausforderungen, die sich aus der Übernahme der IAS/IFRS für das deutsche Steuerrecht ergeben, und diskutiert alternative Ansätze für die zukünftige Gestaltung des Bilanzsteuerrechts.
- Arbeit zitieren
- Diplom Kaufmann Thomas Kruse (Autor:in), 2006, Internationalisierung der handelsrechtlichen Rechnungslegung und steuerliche Gewinnermittlung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70046