Funktion der Schule und ihre Sozialisationseffekte


Hausarbeit, 2006

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis:

1. Einleitung:

2. Sozialisationstheoretische Konzeptionen
2.1. symbolischer Interaktionismus
2.2. Strukturfunktionalismus
2.2.1. Sozialisation nach dem struktur- funktionalistischen Theorieansatz
2.2.2. Institutionstheorie nach dem struktur- funktionalistischen Theorieansatz

3. Aufgaben und Funktionen schulischer Sozialisation

4. Schicht- und klassenspezifische Problematik schulischer Sozialisation
4.1. im Strukturfunktionalismus
4.2. im symbolischen Interaktionismus
4.2.1. Eigene Rolleninterpretation und Identitätsentwurf des Schülers
4.2.2. Typisierung und Etikettierung des Schülers durch den Lehrer

5. Fazit:

Literaturverzeichnis:

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: Gesellschaftliche Funktionen der Schule

Abbildung 2: Der zirkuläre Verlauf des Sozialisationsprozesses - Stellenwert der schulischen Sozialisation und Erziehung als Instrument der Reproduktion der Sozialstruktur

Abbildung 3: Der formelle Verstärkungsprozess

Abbildung 4: Der informelle Verstärkungsprozess

1. Einleitung:

Sämtliche Phasen der Entwicklung eines Kindes und Jugendlichen als auch die innere Struktur aller Sozialisationsinstanzen sind der rollentheoretischen Behandlung zugänglich. Der Begriff „Rollentheorie“ ist eine Sammelbezeichnung für sozialwissenschaftliche Bemühungen, die (mit Hilfe des Rollenbegriffs) einzelne oder zusammenhängende Hypothesen, über die Bedingungen regelmäßigen sozialen Verhaltens, formulieren und empirisch prüfen wollen.[1] An diese Theoriediskussion knüpft sowohl der symbolische Interaktionismus als auch der strukturfunktionalistische Ansatz an. Da beide Theoreme den Grundstein für die Diskussion in unserer Hausarbeit „Funktionen der Schule und ihre Sozialisationseffekte“ bilden, werden wir uns zu Beginn mit beiden Konzeptionen auseinander setzen, um uns einen kurzen Überblick in beide Ansätze zu verschaffen. Da in unserer Gesellschaft Sozialisation überwiegend in Institutionen abläuft, beschäftigen sich (darauf aufbauend) Claudia Bittner und Nikolai Huber im weiteren Verlauf mit diesen. Nach strukturfunktionalistischer Sicht sollen dabei nicht nur die Aufgaben und Funktionen schulischer Sozialisation verdeutlicht werden, vielmehr wird der klassenspezifische Gegenstand von distributiver Ungleichheit in der Schule untersucht. Während dabei der gesellschaftliche Aspekt vordergründig ist, setzen sich Eva Dinchel und Sabrina Thomann im darauf folgenden Kapitel mit der schulischen Sozialisation nach interaktionistischer Sichtweise (die das Individuum in den Vordergrund stellt) auseinander. Das Augenmerk liegt hier auf der Identitätsentwicklung des Schülers und den Verhaltensweisen des Lehrers. Zur Vereinfachung verwenden wir an dieser Stelle ausschließlich die maskuline Form, ohne dem Leser und den Leserinnen zu nahe treten zu wollen. Eine anschließende Untersuchung stellt eine vergleichende Diskussion der beiden Theorieansätze dar, in der nicht nur die Unterschiede und eventuelle Gemeinsamkeiten aufgezeigt werden. Vielmehr stellt sich an diesem Punkt die Frage: In wie weit beide Konzepte ineinander greifen, um somit die Anforderung einer umfassenden Sozialisationstheorie zu erfüllen? Zur Verdeutlichung eines Ineinandergreifens der Theorien dienen uns im Vorfeld Interaktionen in geschaffenen Strukturen der Institution Schule, die Verhaltenskonformitäten von Schülern hervorrufen. Aus dem Blickwinkel der beiden theoretischen Konzepte werden gleichzeitig zwei zentrale Fragen behandelt: Welche Funktionen hat die Schule in unserer Gesellschaft und wie erfüllt sie diese? Welche Sozialisationseffekte sind dabei zu beobachten?

2. Sozialisationstheoretische Konzeptionen

2.1. symbolischer Interaktionismus

Der symbolische Interaktionismus konzentriert sich auf den mikrosozialen Bereich und beschäftigt sich mit der Interaktion zwischen Subjekten aus der Perspektive des Teilnehmers. Ermöglicht wird dies über das „Symbolsystem“ Sprache, in der sich kooperatives menschliches Handeln und die planvolle Interaktion zwischen Individuen voll entfalten kann. Aus dieser Grundannahme leitet George Herbert Mead den Begriff „symbolischer Interaktionismus“ als übliche Bezeichnung seiner Theorie ab.[2]

Die Theorie des symbolischen Interaktionismus beschreibt im Kern den Kommunikationsprozess […] als einen gesellschaftlichen Prozess, aus dem sich die Identität heraus entwickelt.[3] Mead glaubt mit seiner Kommunikationstheorie den Grundzug menschlicher Sozialität freigelegt zu haben. Unter dem Kommunikationsprozess versteht Mead ein Interaktionshandeln von Akteuren die wechselseitig aufeinander Bezug nehmen, indem sie Erwartungen an das Verhalten anderer hegen (sogar ihre Sichtweise und Erwartungen sich selbst gegenüber vorwegnehmen) und umgekehrt. In diesem Sinne kann gesagt werden, dass das Eigene das Andere verinnerlicht hat.[4] Dieses virtuelle „sich hineinversetzen“ in die Rolle oder Position eines Interaktionspartners wird in Anlehnung an Mead mit den Begriffen „role-taking“ und „role-making“ beschrieben. Während „role-taking“ zunächst meint, dass das eigene die Kommunikation auch mit den Augen des Anderen sehen kann (Perspektivübernahme), bringt das Eigene im „role-making“ durch sein Verhalten seinen Identitätsentwurf, trotz der Erwartungen des Gegenübers, mit ein. Das interaktionistische Modell des kommunikativen Austauschs unterstellt eine Gleichberechtigung zwischen beiden Partnern im Prozess des „role-taking“ und des „role-making“.[5] Indem die Einzelnen im Rahmen der gesellschaftlich vorgegebenen Rollen miteinander interagieren, erwerben sie die zum sozialen Handeln erforderlichen Kompetenzen, so dass sie nicht nur selbst zu einem Teil des sozialen Rollengefüges werden. Außerdem erwächst aus der gesellschaftlichen Erfahrung die Identität. Diese entsteht wenn sich der Einzelne im Kommunikationsprozess mit den Augen des anderen zu sehen vermag und auf diese Weise ein Bild von sich selbst entwickelt.[6]

2.2. Strukturfunktionalismus

Für die Entwicklung einer umfassenden Sozialisationstheorie ist Parsons strukturell – funktionaler Ansatz von großer Bedeutung. Hier wird erstmals ein Konzept vorgelegt, dass die Persönlichkeitsentwicklung explizit im gesamtgesellschaftlichen Kontext analysiert, den Begriff „Sozialisation“ systematisch gebraucht und auf diese Weise ein Instrumentarium liefert, um vor allem Beeinflussungsprozesse in sozialen Institutionen differenziert analysieren zu können.[7] Kritiker Parsons halten ihm vor, dass es ihm in seinem Gesamtwerk nicht gelungen sei, die Systemperspektive mit der Theorie individuellen Handelns angemessen zu verknüpfen. Vielmehr gehe er von einem sich selbst regulierenden Gleichgewichtssystem aus, indem grundsätzliche Interessensgegensätze keinen Platz finden.[8]

Im makrosoziologisch orientierten strukturfunktionalistischen Ansatz stellt Interaktion laut Parsons die wechselseitige Bezogenheit des Handelns zweier Akteure dar, von denen jeder den Anderen zur Realisierung der eigenen Ziele und zur Befriedigung der eigenen Bedürfnisse benötigt.[9] Da soziales Handeln von Menschen nicht vereinzelt auftritt, ermöglicht eine gesellschaftliche Institutionalisierung bestimmter Normen über den Rahmen eines Systems von nur zwei Interaktionspartnern hinauszugehen. Parsons sieht deshalb die Gesellschaft als ein soziales Gesamtsystem, das aus verschiedenen institutionalisierten Subsystemen besteht. Diese besitzen wiederum feste Strukturen und Funktionen, wodurch sie ihren Beitrag zur Stabilität und zum Fortbestand des Gesamtsystems leisten.[10] Das Beispiel von Parsons Allegorie „des Systems des menschlichen Körpers als ein funktionierendes Gesamtssystem“ verdeutlicht seine systemtheoretische Sichtweise der Gesellschaft. Der menschliche Körper besitzt eine sinnvoll angeordnete Struktur in seinem physiologischen Aufbau (Herz, Lunge, Ernährungstrakt). Die Struktur dieser verschiedenen Körperteile (Subsysteme) ist auf die übergeordnete Funktion ausgerichtet den Körper als Gesamtsystem zu erhalten.[11] Somit beschreibt die Struktur den statischen Aspekt eines Systems, die Funktionen hingegen den prozesshaft – dynamischen Aspekt eines Systems.

2.2.1. Sozialisation nach dem struktur- funktionalistischen Theorieansatz

Sozialisation und soziale Kontrolle dient der Sicherung der Stabilität des Gesamtsystems. Im Prozess der Sozialisation nimmt der Handelnde schrittweise die Erwartungen und Verhaltensmaßstäbe des sozialen Systems auf, bis diese zu verinnerlichten und selbstwirksamen Motivierungskräften und Zielen für das eigene Handeln eines Menschen werden. Der Prozess der Sozialisation beginnt mit der Verinnerlichung der sozialen Objekte, die vor allem in ihren Rollenbezügen wahrgenommen werden, und endet mit der Verinnerlichung des umfassenden sozialen Systems, des Systems der Gesellschaft.[12] Sozialisation geschieht somit über das Erlernen der verschiedenen Rollen, was gleichzeitig das Durchlaufen einer Hierarchie unterschiedlich strukturierter und sich zunehmend differenzierter Rollenbeziehungen bedeutet. Dabei entstehen unterschiedliche Bewertungs- und Orientierungsalternativen, die Parsons „pattern variables“ nennt.[13] Je nach Art der sozialen Situation eines Handelnden wird seine Verhaltensmöglichkeit oder seine Entscheidung mehr in Richtung auf je eine der folgenden Alternativen gegeben: „Affektivität (persönlich, emotional, Leistung steht nicht im Vordergrund) oder affektive Neutralität (unpersönliches auf Leistung aufbauendes Verhalten); Diffusheit oder Spezifität; Partikularismus oder Universalismus; Zuschreibung oder Erringen; Gemeinschaftsorientierung oder Selbstorientierung.“[14]

Rollen besitzen zudem für den einzelnen Handelnden eine Orientierungs- und Motivationsfunktion sowie eine Integrationsfunktion für das System. Das Rollenhandeln soll systemkonform (in Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Erwartungen) verlaufen. Dessen Idealfall bildet die Übereinstimmung von Rolle und Persönlichkeit.[15] Somit bedeutet optimale Sozialisation nicht das was der Handelnde hat oder spielt, sondern das was er ist. Falls ein Individuum die Erwartungen seiner Rolle nicht erfüllt, treten Mechanismen der sozialen Kontrolle auf, um Integration und Stabilität des sozialen Systems zu sichern.[16] Das soziale System stützt sich dabei auf gesellschaftliche Institutionen.

[...]


[1] Buchhofer, Bernd: Rollentheorie, in: Fuchs, Werner (Hg.): Lexikon zur Soziologie, S. 657

[2] Baumgart, Franzjörg: Theorien der Sozialisation – Erläuterungen, Texte, Arbeitsaufgaben, S. 120

[3] Tillmann, Klaus - Jürgen: Sozialisationstheorien – Eine Einführung in den Zusammenhang von Gesellschaft, Institutionen und Subjektwerdung, S. 137

[4] Vgl. Geulen, Dieter: Die historische Entwicklung sozialisationstheoretischer Paradigmen in: Hurrelmann, Klaus/Ulich, Dieter (Hg.): Handbuch der Sozialisationsforschung, S. 40

[5] Vgl. Tillmann: S. 139 - 140

[6] Vgl. ebd. S. 140

[7] Ebd. S. 116

[8] Zimmermann, Peter: Grundwissen Sozialisation, S. 52

[9] Joas, Hans: Rollen und Interaktionstheorien in der Sozialisationsforschung in: Hurrelmann, Klaus/Ulich, Dieter (Hg.): Handbuch der Sozialisationsforschung, S. 150

[10] Zimmermann: S. 50

[11] Vgl. Tillmann: S. 119 - 120

[12] Hurrelmann, Klaus: Einführung in die Sozialisationstheorie, S. 42

[13] Zimmermann: S. 51

[14] Lüdtke, Hartmut: pattern variables, in: Fuchs, Werner (Hg.): Lexikon zur Soziologie, S. 563,

[15] Vgl. Tillmann: S. 120

[16] Ebd. S. 121

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Funktion der Schule und ihre Sozialisationseffekte
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Sozialisiation und Lebenslauf
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V70203
ISBN (eBook)
9783638615129
ISBN (Buch)
9783638813846
Dateigröße
691 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Funktion, Schule, Sozialisationseffekte, Sozialisiation, Lebenslauf
Arbeit zitieren
Christian Müller-Thomas (Autor:in), 2006, Funktion der Schule und ihre Sozialisationseffekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70203

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