Der afrikanische Ahnenkult - Das Verhältnis zu den Ältesten und Ahnen als Angelpunkt afrikanischer religiöser Identität


Hausarbeit, 2006

17 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Allgemeine Definition des Ahnenkults
2.1 Traditionelle Vorstellung
2.2 Begrifflichkeiten
2.3 Symbole

3. Die Ahnen
3.1 Voraussetzungen
3.2 Macht und Aufgaben
3.3 Gemeinschaft zwischen Menschen und Ahnen

4. Ahnenkult und Christentum

5. Resümee

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Was erwartet uns Menschen nach dem Tod? Wir wissen es nicht. Auf der Suche nach Antworten hat jedoch jede Religion ihre ganz eigene Vorstellung davon entwickelt.

In Afrika herrscht der Glaube vor, dass die Verstorbenen und die Lebenden eine Gemeinschaft bilden und der Tod nur der Übergang zu einem höheren Leben ist.[1] Nach dieser Auffassung können die Menschen nach dem Tod unter bestimmten Voraussetzungen zu Ahnen werden.

Im Folgenden werden die wesentlichen Elemente des Ahnenkultes in Afrika, Namen und Symbole der Ahnen, ihre Macht- und Aufgabenbereiche und ihre Begegnung mit den Menschen dargestellt. Darüber hinaus wird untersucht, inwieweit der gelebte Ahnenkult mit dem christlichen Glauben vereinbar ist und ob eine Verknüpfung von Ahnenkult und Christentum möglich ist.

2. Allgemeine Definition des Ahnenkultes

2.1 Traditionelle Vorstellung

Nach afrikanischem Weltbild gliedert sich das Universum in drei Bereiche: die Welt Gottes, die Welt der Geister und die Welt des Menschen.[2]

Die Geisterwelt unterteilt sich in die Welt der Geister und die der Ahnen. Letztere stehen dabei den Menschen näher als die Geister. Sie sind verstorbene Vorfahren, die durch Blutsbande und verwandtschaftliche Beziehungen mit den Menschen in Verbindung stehen. Tiere und Pflanzen verbinden als Opfergaben die Welt des Menschen mit der der Geister.[3]

In der afrikanischen Vorstellung sind die Toten bei ihren Familien. Sie stellen das Bindeglied zwischen den Menschen und der Geisterwelt dar. Dementsprechend wissen die Ahnen über alle Vorgänge in ihrer Familie Bescheid und nehmen lebhaft Anteil daran. Sie beschützen die Lebenden, kümmern sich um sie und handeln als Mittler für sie.[4] So gesehen sind Gebete an Ahnen eigentlich auch eine Mitteilung an Gott, der jedoch zu erhaben ist, als dass man das Wort direkt an ihn richten würde.[5]

Die Ahnenvorstellung hilft, sowohl Gefahren als auch die Angst vor dem Tod zu überwinden.[6]

Die Geister dagegen sind nicht menschlich. Sie sind den Menschen überlegen und können von außen auf diese einwirken. Nach afrikanischer Auffassung sind sie göttliche Wesen, die mit unterschiedlichen Naturerscheinungen in Verbindung stehen können. Die Afrikaner gehen davon aus, dass es sowohl gute als auch böse Geister gibt.[7]

Allgemein wird angenommen, dass ein Ahnenreich existiert, das nur den guten Ahnen vorbehalten ist.

Von dieser Vorstellung des Ahnenreiches weicht die der Bantu in Süd-Kamerun ab. Diese glauben, dass sich das Reich der Ahnen in zwei Gebiete unterteilt, die durch den Fluss Itara“ voneinander getrennt sind. Der eine Teil ist der der guten Ahnen. Hier wohnt der König der Ahnen, der Geist „Ndje“. Die guten Ahnen kennen nur Freude und Glück und wollen den Menschen nur Gutes. Ndje erlaubt ihnen überall hinzugehen (ins Wasser, Feuer, Steine, Menschen,…). Sie inspirieren die Menschen zu guten Gedanken. Der andere Teil ist der kalte und dunkle Bereich der bösen Ahnen. Böse Ahnen sind diejenigen, die als Menschen ein schlechtes und skandalöses Leben geführt haben. Sie werden von Ndje dazu veranlasst, böse Menschen zu bestrafen.[8]

Darüber hinaus existiert neben verschiedenen Gottheiten ein Hochgott. Dieser Schöpfergott herrscht über alles und jeden[9] und gilt als „Symbol für kosmische Totalität“[10]. Ihm wird so großer Respekt entgegen gebracht, dass er nicht direkt angerufen werden darf. Kontakt zu ihm wird indirekt über die Ahnen aufgenommen.[11] Die Afrikaner glauben, dass „Gott die Sorge um den Menschen an die Ahnen delegiert hat“ „Ihr Handeln wird durch seine Autorität gestützt, sie sind seine Agenten, wenn sie Segen, Fruchtbarkeit und Glück spenden, aber auch wenn sie zur Warnung Krankheit und Unglück oder zur Strafe Tod senden.“[12].

Die anderen Gottheiten werden in den verschiedenen Stämmen wie die Ahnen als Mittler zwischen Gott und den Menschen angesehen. Gleichzeitig aber auch als deren Richter und als Naturgottheiten.[13]

Nach afrikanischer Vorstellung stellt der Tod nur den Übergang zu einem höheren Leben dar. Zu Ahnen werden alle Mitglieder einer Familie, die ein „gutes“ Leben geführt haben, so dass sie auch nach dem Tod noch geehrt werden. Sie sind Verstorbene, die moralisch vorbildlich gelebt, im Stammesleben wichtige Schlüsselpositionen bekleidet oder sich durch besondere Verdienste hervorgetan haben.[14]

Da sie Gott am nächsten stehen, sind sie in der Lage, sich für das Wohlergehen ihrer Angehörigen einzusetzen. Dabei ist ihr Einfluss beschränkt auf ihre unmittelbare Familie beziehungsweise Klangemeinschaft. Deren irdisches Leben können sie mit ihren Segnungen beeinflussen. Sie können aber auch von den Lebenden durch rituelles Handeln dazu veranlasst werden.

Neben den Segnungen wird bei allen wichtigen Entscheidungen der Rat der Ahnen eingeholt. Sie entscheiden bei allen wichtigen Stationen des Lebens wie Geburt, Hochzeit und Tod mit und sind bei allen Riten der Familien anwesend.[15]

Die Welt der Ahnen ist zwar unsichtbar, manche Stämme glauben aber an das Erscheinen ihrer Ahnen in Tieren, Träumen und maskierten Tänzern. Die Zulu glauben beispielsweise in bestimmten Schlangenarten ihre Ahnen zu erkennen. Darüber hinaus können böse Träume ein Medium der Kommunikation sein.[16]

In den meisten Stämmen existieren Ahnenstatuen zur Verehrung. Diese werden nicht angebetet, sondern manifestieren nur die spirituelle Gegenwart der Ahnen. Andere Stämme haben statt Statuen einen Altar für die Ahnen oder vergraben deren Schädel unter dem Bett, dem sie regelmäßig Trankopfer bringen.[17]

[...]


[1] Ntetem, Marc: Die negro-afrikanische Stammesinitiation. Religionsgeschichtliche Darstellung,

Theologische Wertung, Möglichkeit der Christianisierung. Münsterschwarzach: Vier-Türme 1983, S. 22.

[2] Vgl. Sanon, Anselme Titianma: Die traditionelle afrikanische Religion und ihre Spiritualität. In: V. Mulago gwa Cikala Musharmina (Hrsg.): Afrikanische Spiritualität und christlicher Glaube. Erfahrungen der Inkulturation. In: Wiedemann, Ludwig (Hrsg.): Theologie der Dritten Welt. Band 8. Freiburg/Basel/Wien: Herder 1986, S. 19.

[3] Vgl. Ders., S. 17.

[4] Vgl. Oyibo, Innocent: Aspekte afrikanischer Eschatologie aufgezeigt am Beispiel des Ahnenkultes bei

den Igala von Nigeria. Ein Kernelement afrikanischer Religiosität als Anfrage an den christlichen

Glauben. Münster u.a :LIT 2004, S.109.

[5] Vgl. Ntetem, Marc: Die negro-afrikanische Stammesinitiation. Religionsgeschichtliche Darstellung, Theologische Wertung, Möglichkeit der Christianisierung. Münsterschwarzach: Vier-Türme 1983, S.266.

[6] Vgl. Sundermeier, Theo: Nur gemeinsam können wir leben. Das Menschenbild schwarzafrikanischer Religionen. In: Gründer, Horst (Hrsg.): Europa-Übersee. Historische Studien. Band 8. Hamburg: LIT 19973, S. 145.

[7] Vgl. Ntetem 1983, S. 21.

[8] Vgl. Ntetem 1983, S. 35f.

[9] Vgl. Ntetem 1983, S. 20.

[10] Link-Wieczorek, Ulrike: Reden von Gott in Afrika und Asien, Darstellung und Interpretation afrikanischer Theologie im Vergleich mit der koreanischen Minjung-Theologie. In: Pannenberg, Wolfhart/ Slenczka, Reinhard (Hrsg.): Forschungen zur systematischen und ökumenischen Theologie. Band 60. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1991, S. 29.

[11] Vgl. Link-Wieczorek 1991, S. 28.

[12] Oyibo 2004, S. 110.

[13] Vgl. Ntetem 1983, S. 21.

[14] Vgl. Oyibo 2004, S.109.

[15] Vgl. Oyibo 2004, S.110.

[16] Vgl. Ntetem 1983, S.15.

[17] Vgl. Ntetem 1983, S.266f.

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Details

Titel
Der afrikanische Ahnenkult - Das Verhältnis zu den Ältesten und Ahnen als Angelpunkt afrikanischer religiöser Identität
Hochschule
Universität Kassel
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V70261
ISBN (eBook)
9783638625074
Dateigröße
416 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ahnenkult, Verhältnis, Ahnen, Angelpunkt, Identität
Arbeit zitieren
Juliane Hartmann (Autor:in), 2006, Der afrikanische Ahnenkult - Das Verhältnis zu den Ältesten und Ahnen als Angelpunkt afrikanischer religiöser Identität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70261

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