Die Besonderheit der Kindheit in Ostdeutschland vor der Wende


Seminararbeit, 2005

22 Seiten, Note: 1,9


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Kindheit
2.1. Die soziale Definition von Kindheit
2.2. Bild der Kindheit und des Kindes in der DDR

3. Erziehung und Kindheit im sozialen Umfeld Familie
3.1. Ziele und Inhalte bei der Erziehung von Kindern
3.2. Zusammenhalt zwischen Frauen in den Familien der DDR

4. Freizeitgestaltung und die Bedeutung der Wohnformen für die Kindheit
4.1. Die Bedeutung der Kinderzimmer
4.2. Freizeitgestaltung

5. Menschenbilder und Sozialisation in Ostdeutschland
5.1. Bildungsziele
5.1.1. Gesellschaftliche und staatliche Methoden der Erziehung
5.1.2. Bedeutung der Kindergärten in der DDR
5.1.3. Politik in der Schule
5.2. Sozialisation in der DDR
5.3. Inwieweit die Kindheit kulturell geprägt wird

6. Abschließende Bemerkung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Das Thema meiner Studienarbeit zur Lehrveranstaltung „Soziologie der Lebensalter“ sollte interessant und vielseitig sein. Für mich war es außerdem wichtig, dass diese Arbeit einen Bezug zu meiner bisherigen Arbeit im Jugendreferat darstellt. Zur Auswahl standen die verschiedenen Lebensalter. Da ich meine Praxisstelle im Bereich der offenen Kinderarbeit absolviere, war schnell entschieden, dass ich mich näher mit dem Lebensalter Kindheit befassen möchte. Den eigentlichen Anstoß zu meinem Thema bekam ich durch meinen Heimatort in Ostdeutschland und dem politischen Machtwechsel 1989/1990.

Während der offenen Kinderarbeit in meiner Praxisstelle wird mir immer wieder vor Augen geführt, wie unterschiedlich Kinder in ihrem Verhalten sind. Oft erlebe ich, dass Kinder aus verschiedenen Kulturen zusammentreffen, um miteinander zu spielen oder zu malen. Hierbei werden ständig neue Hierarchien gebildet und die Kinder müssen sich stetig neu orientieren. Auch ich musste mich neu orientieren, als ich vor einem Jahr in den Westen Deutschlands gezogen bin. Es ist nicht immer leicht mit der Situation des Umzugs umzugehen und auch Kritik in Bezug auf den Osten entgegen zu nehmen. Durch Gespräche mit Freunden und Kollegen stellte ich schnell fest, dass es zwischen den Einstellungen und zukunftsorientierten Vorstellungen relativ große Unterschieden zwischen Ost und West gibt. Für mich ist das mit ein Grund, warum ich mir gerade das Thema „Die Besonderheit der Kindheit in der DDR“ ausgewählt habe. Aber auch, weil mich die Kindheit im Osten interessiert und ich herausfinden möchte, wie ostdeutsche Kinder mit dem kritischen Gesellschaftszustand der Wende zu Recht kamen.

Die Kindheit ist in der heutigen Zeit längst nicht mehr das, was sie mal war. Denn laut aktueller Berichterstattungen der Medien, hat sich die Kindheit verändert. Die heutigen Kinder sind angeblich mit so gut wie allen Aspekten unserer modernen Lebensführung vertraut. Kindheit ist heute Schul-, Medien- und Konsumkindheit. Man kann sagen, dass die Kinder von heute eigentlich gar keine klassische Kindheit mehr haben, denn diese wird beeinflusst von gesellschaftlichen Verhaltensweisen und Auffassungen. Die Gesellschaft reproduziert sich durch das Aufziehen und Sozialisieren einer jeweils neuen Generation, das heißt die Gestaltung und der Verlauf der Kindheit haben einen entscheidenden Einfluss auf unsere Zukunft.

Durch den politischen Machtwechsel 1989/1990 haben sich die gesellschaftlichen Strukturen und Verhältnisse drastisch verändert. Aus familiären Berichten zeigten sich die Besonderheiten der Kindheit in Ostdeutschland auf, so dass ich mich aus diesem Grund noch einmal wissenschaftlich mit diesem Aspekt beschäftigen wollte. Im Rahmen meiner Studienarbeit wird es mir allerdings nicht möglich sein die gesamte Kindheit zu betrachten. Mein Schwerpunkt werde ich klar auf die Kindheit vom 1. bis zum 12. Lebensjahr legen und die Sozialisationsinstanzen Familie und Schule näher mit in Betracht ziehen.

2. Die Kindheit

Schlagzeilen wie: ,,Ende der Kindheit", ,,Wenn die Kindheit verschwindet", ,,Um die Kindheit betrogen", ,,Kinder - gestresst und überfordert" in der Presse zeigen, dass das Thema Kindheit mit besorgter Aufmerksamkeit verfolgt wird. DieKindheit ist der Zeitraum im Leben eines Menschen von der Geburt bis zur geschlechtlichen Entwicklung (Pubertät). In der Kindheit genießt ein Mensch eine besondere rechtliche Stellung, diese sind durch so genannte Kinderrechte geregelt.[1]

2.1. Die soziale Definition von Kindheit

Es gibt keine grundlegende Definition von Kindheit, auch wenn ein Blick in ein aktuelles Lexikon eines besseren belehrt: "Kind, der Mensch in der Alters- und Entwicklungsphase der Kindheit. Im allg. unterscheidet man zw. Neugeborenem (bis 10. Lebenstag), Säugling (1. Lebensjahr), Kleinkind (2. und 3. Lebensjahr), Kindergartenkind (4.-6. Lebensjahr) und Schulkind (7.-14. Lebensjahr)"[2]. Doch eigentlich wird die Kindheit von der Gesellschaft beeinflusst und von deren Vorstellungen definiert. Für eine soziale Definition der Kindheit ist zunächst ein gemeinsames biographisches Merkmal notwendig, wobei sich dafür das Alter in einfachster Weise anbietet. Wenn die Kindheit soziologisch betrachtet wird, reicht das aber nicht aus. Kindheit war nämlich zunächst nur ein Abstammungsbegriff gewesen und gestaltete sich in den verschiedenen Zeitepochen anders. Die Gesellschaft definiert die Kindheit. Da unterschiedliche gesellschaftliche Verhältnisse herrschten und auch immer noch herrschen, die dann für die Kinder dieser historischen Epoche allgemeingültig sind, kommt es zu unterschiedlichen Definitionen der Kindheit. Diese entstehen, obwohl das gleiche Alter vorhanden ist. Die Gesellschaft heutzutage wird nicht offensichtlich als Klassengesellschaft bezeichnet im Gegensatz zur damaligen DDR. Dennoch erleben einzelne Kinder verschiedene Kindheiten, obwohl sie beide gleich alt sind. Aber auch ein Kind aus der „Dritten Welt“ lebt ganz anders, als beispielsweise ein Kind, welches in westlichen Ländern aufwächst. Denn "Anders als das Säuglingsalter ist die Kindheit ein gesellschaftliches Kunstprodukt, keine biologische Kategorie."[3], so erklärt es zumindest Neil Postman. Er veröffentlichte zum Thema Erziehung zahlreiche Bücher. Es ist also eine Definition für Kindheit notwendig und wenn diese in einer Gesellschaft zum Beispiel gänzlich fehlt, so gibt auch das Aufschluss über die Wichtigkeit, bzw. Nichtigkeit der Kinder in dieser Gesellschaftsform. „Die Idee der Kindheit ist eine der großen Erfindungen der Renaissance, vielleicht ihre menschlichste. (...) Aber wie bei allen gesellschaftlichen Institutionen ist ihr Fortbestand durchaus nichts Selbstverständliches."[4] Postman betont besonders den Aspekt des Wissens und der Information. Er schreibt: "Die Kindheit war ... aus einer Umgebung hervorgegangen, in der unter ausschließlicher Kontrolle der Erwachsenen den Kindern nach und nach eine bestimmte Art von Informationen zugänglich gemacht wurde, und zwar in einer Weise, die sie, wie man annahm, psychisch verarbeiten konnten. Die Aufrechterhaltung der Kindheit war abhängig von den Prinzipien der kontrollierten Wissensvermittlung und des folgerichtigen Lernens."[5]

2.2. Bild der Kindheit und des Kindes in der DDR

In den 70er und 80er Jahren der DDR wurde die Kindheit in der soziologischen, pädagogischen und psychologischen Literatur kaum thematisiert. Der Grund dafür ist, dass die Gesellschaft sich nicht bewusst gemacht hat, wie notwendig die Kindheit als Erscheinungsform allgemeiner gesellschaftlicher Verhältnisse ist. Es wurde nicht über die Kindheit reflektiert, da es in einer solchen Auffassung als zweitrangig erscheint, eine bessere Kindheit praktisch zu konstituieren. Im Widerspruch dazu steht, dass die Kinderwelt viel mehr mit der Erwachsenenwelt verbunden war, als in anderen Industriegesellschaften. Sie hatten ein intensiveres Verhältnis zu der Arbeitswelt der Erwachsenen und waren mit ihren Bedürfnissen und Tätigkeiten Teil der Gesellschaft. Sie kannten die Arbeitstätigkeiten ihrer Eltern und auch deren Arbeitsplätze. Außerhalb der Arbeit waren sie gemeinsamen Lebensverhältnissen unterworfen. Vor allem eine staatliche und institutionelle Regelung kennzeichnen die Kindheit in der DDR. Eine besondere Rolle hierbei hatte die Schule. Sie diente der Vermittlungsfunktion. Die Schule und die Lehrer sicherten die Kontrolle und Koordinierung der verschiedensten Lebenseinflüsse auf die Lebensweise der Kinder. Sie waren verantwortlich, dass die Kinder gewaltfrei miteinander umgehen und Konflikte lösen können. Die Kindheit in der DDR ist sozusagen eine maßgebliche Schulkindheit. Sie ist gekennzeichnet durch staatliche und private gegensätzliche Interessen. Obwohl es zu unterschiedlichen Meinungen in Bezug auf den Leistungsdruck in der Schule kam, so hatte doch die Gesellschaft ein gemeinsames Interesse daran, das Kindeswohl zu sichern und eine gute Allgemeinbildung für alle Kinder anzubieten. Sie sollten ebenfalls die Werte Ordnung und Disziplin vermittelt bekommen. Ein ganz großer Wert wird auf die Herausbildung des sozialen Engagements gelegt, sowie auch auf Sparsamkeit und Höflichkeit.[6] Die Kindheitsvorstellungen in der DDR waren vielseitig. Auf der einen Seite standen die Schutzbedürftigkeit, die Schutz- und Förderrechte im Vordergrund. Andererseits legte man in der Kindheit viel Wert auf die Bildungspolitik. Beide Seiten sehen die Kindheit als gesonderte Lebensphase, obwohl die Bilder von Kindheit teilweise auseinander streben. In der DDR- Gesellschaft wurde speziell in der Kindheit das sozialstaatliche Prinzip so umfassend durchgesetzt, wie in keinem anderen Bereich. Die Kindheit war von einer Kinderfreundlichkeit der Gesellschaft enorm geprägt. Die soziale Konstruktion der Kindheit in der DDR ist als eine historisch spezifische Kindheitsform zu sehen. In dieser setzten sich auf eine eigene und besondere Weise allgemeine Entwicklungstendenzen moderner Kindheit durch. Dabei brachten sie auch ihre eigenen Begrenzungen hervor.[7]

[...]


[1] vgl. Wald, 1998, Seite 10

[2] Meyers Großes Handlexikon, 2001, Seite 460

[3] Postman, 1983, Seite 7

[4] Postman, 1983, Seite 8

[5] ebd., Seite 86

[6] vgl. Kirchhöfer, 2003, Seite 39- 41

[7] vgl. ebd. Seite 41- 48

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Die Besonderheit der Kindheit in Ostdeutschland vor der Wende
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Stuttgart, früher: Berufsakademie Stuttgart
Note
1,9
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V70283
ISBN (eBook)
9783638615488
Dateigröße
415 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Besonderheit, Kindheit, Ostdeutschland, Wende
Arbeit zitieren
Kathleen Rothe (Autor:in), 2005, Die Besonderheit der Kindheit in Ostdeutschland vor der Wende, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70283

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