Kann eine weibliche Lebensweise als emanzipiert oder rebellisch bezeichnet werden, die vom familiären und gesellschaftlichen Umfeld z.T. anerzogen und erwünscht wurde? Und kann der Begriff „Emanzipation“ im Kontext der geschlechtlichen Gleichstellung für weibliche Lebenswelten und –wirklichkeiten in den frühromantischen jüdischen Salons in Berlin angewendet werden?
Der Begriff Emanzipation, bezogen auf das weibliche Geschlecht, beschreibt einen Zustand der Selbstbestimmtheit und Unabhängigkeit. Allerdings ist unser Verständnis dieses Begriffes von den gesellschaftlichen Entwicklungen aus den letzten Jahrzehnten beeinflusst worden. Es erscheint m.E. fraglich, ob sich dieser Begriff zur Beschreibung von Frauen-Leben des ausgehenden 18. bzw. des beginnenden 19. Jahrhunderts eignet.
Grundlage für die vorliegende Arbeit bilden die Lebenswege dreier Frauen: Die der Salonièren Henriette Herz und Rahel Varnhagen und der Dorothea Schlegels, die in beiden Salons verkehrte und mit den Gastgeberinnen von Kindesbeinen an befreundet war.
Exemplarisch und vergleichend sollen die eingangs genannten Thesen anhand der Biografien dieser drei Frauen überprüft werden. Zuvor sollen die Entstehungsbedingungen für die frühromantische Berliner Salonkultur unter besonderer Berücksichtigung der daran Teil habenden Frauen dargelegt werden.
Der gedankliche Anstoß zur vorliegenden Arbeit ergab sich aus der kritischen Betrachtung der These, die Salonièren seien „rebellische Töchter“; ihre Tätigkeit und Funktion im Salon sei eine „Generalprobe für die Emanzipation der Frau“ . Die Forschungslage bietet bisher zur Frauengeschichte in den frühro-mantischen Salons lediglich Ansätze, wenig tiefer gehende Untersuchungen.
Unter dem Aspekt der weiblichen Sozial- und Mentalitätsgeschichte wäre dies sicherlich lohnenswert, übersteigt jedoch bei weitem den Rahmen der vorliegenden Arbeit.
Parallelen, Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Biografien der drei hier behandelten Frauen-Leben sowie Fragen nach ihrem Selbstverständnis und ihrer Eigenwahrnehmung können an dieser Stelle leider nur skizzenhaft dargestellt werden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung - Weibliche Emanzipation und Rebellion in und durch die frühromantischen Berliner Salons?.
- II. Vom Außenseiter in den Mittelpunkt des geistig-kulturellen Lebens - Bedingungen für den gesellschaftlichen Aufstieg junger jüdischer Frauen
- II.1 Gesellschaftliche und kulturelle Synthesen
- II.2 Aufklärung, jüdische Akkulturation und Moses Mendelssohn.
- II.3 Kultureller und gesellschaftlicher Auf-Bruch
- II.3.1 Jung, jüdisch, weiblich – prädestiniert für den Salon?
- III. Freiräume? Weibliche Selbstwahrnehmung im soziokulturellen Netzwerk `Salon´
- III.1 - Rahel – Ein Leben für die romantische Geselligkeit.
- III.2 Henriette – Verwirklichung des romantischen Gefährtenmodells im Herz'schen Doppelsalon?
- III.3 - Dorothea – Bruch mit gesellschaftlicher Konvention und jüdischer Tradition aus Liebe
- IV. Vom Ende eines T(Raums) - Frauen-Leben nach dem Ende der Salon-geselligkeiten......………
- IV.1 Emanzipation durch die Ideale der Romantik?
- IV.2 neue Identität durch Heirat und liberale Geselligkeit......
- IV.3 Von der gelebten Utopie in die gesellschaftlichen Realität der Restaurationszeit... 17
- IV.4 Dorothea `neue' Identität durch `neue' Konfession?
- IV.5 Henriette - Selbstgewissheit zwischen alter und neuer Welt...........
- V. Fazit: Weibliche Individualität und Selbstverwirklichung im frühromantischen Salon - eine Illusion?.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Frage, ob eine weibliche Lebensweise, die durch das familiäre und gesellschaftliche Umfeld mitbestimmt wurde, als emanzipiert oder rebellisch bezeichnet werden kann. Im Fokus stehen die Lebenswege dreier Frauen: Henriette Herz, Rahel Varnhagen und Dorothea Schlegel, die im Kontext der jüdischen Berliner Salons der Frühromantik agierten. Ziel ist es, die Entstehungsbedingungen der frühromantischen Salonkultur und die darin eingebetteten weiblichen Lebenswirklichkeiten zu beleuchten, um so zu erforschen, inwiefern der Begriff der „Emanzipation“ auf diese Frauen anwendbar ist.
- Die Entwicklung und Bedingungen der frühromantischen Berliner Salonkultur
- Die Rolle von Frauen im Salon und die Entstehung von Freiräumen
- Die Selbstwahrnehmung von Frauen in diesem soziokulturellen Netzwerk
- Die Verbindung von Emanzipation, Rebellion und Tradition in den Lebensgeschichten der Salonièren
- Die Veränderung der weiblichen Lebensentwürfe nach dem Ende der Salonkultur
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt die zentralen Fragestellungen der Arbeit vor und führt die drei zentralen Figuren – Henriette Herz, Rahel Varnhagen und Dorothea Schlegel – ein. Sie hinterfragt die Anwendbarkeit des Begriffs „Emanzipation“ im Kontext der weiblichen Lebenswelten der Frühromantik.
- Kapitel II beleuchtet die Entstehungsbedingungen der frühromantischen Berliner Salons. Es werden die gesellschaftlichen und kulturellen Synthesen sowie die Rolle der Aufklärung und der jüdischen Akkulturation im Kontext von Moses Mendelssohn hervorgehoben.
- Kapitel III analysiert die Bedeutung des Salons als Freiraum für weibliche Selbstwahrnehmung. Es werden exemplarisch die Lebenswege von Rahel, Henriette und Dorothea beleuchtet und ihre individuelle Rolle im Salonkontext untersucht.
- Kapitel IV widmet sich dem Wandel der weiblichen Lebensentwürfe nach dem Ende der Salonkultur. Es werden die Auswirkungen der veränderten gesellschaftlichen Bedingungen auf die Emanzipation der Frauen diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen der weiblichen Emanzipation und Rebellion im Kontext der jüdischen Berliner Salons der Frühromantik. Weitere zentrale Schlüsselwörter sind: Salonkultur, Selbstwahrnehmung, soziale und kulturelle Synthesen, Aufklärung, jüdische Akkulturation, Moses Mendelssohn, Rahel Varnhagen, Henriette Herz, Dorothea Schlegel.
- Arbeit zitieren
- Elke Schomacher (Autor:in), 2000, Freiräume? Über die Frage nach weiblicher Emanzipation und Rebellion in den jüdischen Berliner Salons der Frühromantik 1780-1806, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70318