Bereits seit Stunden bietet sich auf dem Plaza de la Revolución das gleiche Bild: Fidel Castro spricht und hunderttausende Kubaner lauschen seinen Belehrungen oder bejubeln ihn begeistert. So stellte sich lange Zeit das erfolgreiche System direkter Demokratie in Kuba dar, in dem der personalistischen Führungsstil Castros die Institutionalisierung der politischen Macht ersetzte. Obwohl die Kommunistische Partei Kubas seit 1965 die politische und administrative Leitung des Staates übernahm, blieben die alten paternalistischen Weisungs- und Gefolgschaftsbeziehungen auch weiterhin in Kraft. ...
Inhaltsverzeichnis
- Struktureller Wandel und Kontinuität der Macht
- Die Gran Zafra und die Legitimationskrise
- Kontrollierte Partizipation und die neue Verfassung
- Die Institutionalisierung der Revolution
- Totalitäre Herrschaftsstruktur nach Linz
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die politische Entwicklung Kubas in den 1970er Jahren, insbesondere den Spannungsbogen zwischen strukturellen Veränderungen und der anhaltenden Machtfülle Fidel Castros. Es wird analysiert, wie das Regime auf wirtschaftliche Krisen reagierte und welche Mechanismen der Machtstabilisierung und -konsolidierung eingesetzt wurden.
- Die wirtschaftlichen Herausforderungen Kubas in den 1970er Jahren und die Reaktion des Regimes.
- Die Entwicklung und Umsetzung der neuen sozialistischen Verfassung und ihre Auswirkungen auf das politische System.
- Die Rolle der Massenorganisationen und die kontrollierte Partizipation der Bevölkerung.
- Der Charakter der kubanischen Herrschaft in den 1970er Jahren im Kontext totalitärer Regime.
- Die Legitimationskrisen des Castro-Regimes und die Strategien zur Bewältigung dieser Krisen.
Zusammenfassung der Kapitel
Struktureller Wandel und Kontinuität der Macht: Der einführende Abschnitt beschreibt die scheinbar erfolgreiche direkte Demokratie unter Castro, die jedoch von paternalistischen Machtstrukturen geprägt war. Die anhaltende wirtschaftliche Krise führte zu einer Legitimationskrise und einem erhöhten politisch-ideologischen Druck. Der gescheiterte Versuch der Gran Zafra verschärfte diese Krise und führte zu Forderungen nach mehr Mitspracherecht der Bevölkerung.
Die Gran Zafra und die Legitimationskrise: Dieses Kapitel analysiert den Versuch, durch die Gran Zafra (Rekordzuckerernte) die wirtschaftlichen Probleme zu lösen und die Legitimationskrise zu überwinden. Das Scheitern dieses Plans verschärfte die Krise und führte zu sozialem Druck und Streiks. Castros darauf folgende Selbstkritik und die Ankündigung einer größeren Beteiligung der Bevölkerung an der Macht bilden einen zentralen Punkt dieses Kapitels. Die anfängliche Einführung freier Wahlen auf lokaler Ebene wurde später wieder durch zentralistische Kontrolle eingeschränkt, was die anhaltende Macht des Regimes verdeutlicht.
Kontrollierte Partizipation und die neue Verfassung: Dieser Abschnitt konzentriert sich auf die wirtschaftliche Abhängigkeit Kubas von der UdSSR und die damit verbundene Übernahme des sozialistischen Systems sowjetischen Typs. Die Einführung der neuen sozialistischen Verfassung von 1976, die die Prinzipien der sozialistischen Demokratie, Gewalteneinheit und des demokratischen Zentralismus festlegte, wird detailliert behandelt. Trotz der formalen Trennung von Staats- und Parteiapparat, blieb die Kommunistische Partei Kubas die führende Kraft. Die Schaffung der Nationalversammlung der Volksmacht und die Neuaufteilung Kubas in Provinzen werden als Bestandteile der "Institutionalisierung der Revolution" dargestellt. Das Kapitel beschreibt auch die Rolle der "Komitees zur Verteidigung der Revolution" als ein engmaschiges Überwachungs- und Kontrollnetz.
Die Institutionalisierung der Revolution: Dieses Kapitel beschreibt die umfassenden strukturellen Veränderungen, die mit dem Ziel der Festigung des sozialistischen Systems einhergingen, von der Neuorganisation der Provinzen bis zur Einführung des Marxismus-Leninismus als offizieller Ideologie. Die anhaltende Machtfülle Fidel Castros, obwohl eingeschränkt durch die neue Bürokratie, wird hervorgehoben. Sein charismatischer Führungsstil und seine Fähigkeit, den Zwängen der Bürokratie zu entfliehen, bleiben ein wichtiges Thema.
Totalitäre Herrschaftsstruktur nach Linz: Der abschließende analytische Teil ordnet die kubanische Herrschaftsstruktur anhand des Ansatzes von Juan Linz als totalitär ein. Die drei konstitutiven Merkmale – monistisches Machtzentrum, exklusive Ideologie und organisierte Mobilisierung – werden im Kontext des kubanischen Systems der 1970er Jahre analysiert. Die anhaltende wirtschaftliche Not und die eingeschränkten politischen Partizipationsmöglichkeiten führten zu einer weiteren Legitimationskrise und zur Abwanderung zahlreicher Kubaner im Jahr 1980.
Schlüsselwörter
Kuba, Fidel Castro, sozialistische Revolution, Legitimationskrise, wirtschaftliche Probleme, Gran Zafra, kontrollierte Partizipation, sozialistische Verfassung, Massenorganisationen, totalitäre Herrschaft, Juan Linz, UdSSR, Marxismus-Leninismus.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zum Thema "Kubas politische Entwicklung in den 1970er Jahren"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die politische Entwicklung Kubas in den 1970er Jahren. Im Fokus steht der Spannungsbogen zwischen strukturellen Veränderungen und der andauernden Macht Fidel Castros. Untersucht werden die Reaktionen des Regimes auf wirtschaftliche Krisen und die eingesetzten Mechanismen zur Machtstabilisierung und -konsolidierung.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit den wirtschaftlichen Herausforderungen Kubas in den 1970er Jahren und der Reaktion des Regimes, der Entwicklung und Umsetzung der neuen sozialistischen Verfassung, der Rolle der Massenorganisationen und der kontrollierten Partizipation der Bevölkerung, dem Charakter der kubanischen Herrschaft im Kontext totalitärer Regime nach Linz und den Legitimationskrisen des Castro-Regimes und den Strategien zu deren Bewältigung.
Was ist die "Gran Zafra" und welche Bedeutung hat sie?
Die "Gran Zafra" war der Versuch, durch eine Rekordzuckerernte die wirtschaftlichen Probleme Kubas zu lösen und eine Legitimationskrise zu überwinden. Das Scheitern dieses Plans verschärfte die Krise und führte zu sozialem Druck und Streiks. Es war ein wichtiger Wendepunkt, der zu Selbstkritik Castros und der Ankündigung größerer Beteiligung der Bevölkerung führte, jedoch letztlich die anhaltende Macht des Regimes unterstrich.
Welche Rolle spielte die neue sozialistische Verfassung von 1976?
Die sozialistische Verfassung von 1976 legte die Prinzipien der sozialistischen Demokratie, Gewalteneinheit und des demokratischen Zentralismus fest. Obwohl formal eine Trennung von Staats- und Parteiapparat stattfand, blieb die Kommunistische Partei Kubas die führende Kraft. Die Verfassung war Teil der "Institutionalisierung der Revolution" und beinhaltete die Schaffung der Nationalversammlung der Volksmacht und die Neuaufteilung Kubas in Provinzen. Die "Komitees zur Verteidigung der Revolution" etablierten ein engmaschiges Überwachungs- und Kontrollnetz.
Wie wird die kubanische Herrschaft in den 1970er Jahren charakterisiert?
Die Arbeit charakterisiert die kubanische Herrschaft der 1970er Jahre anhand des Ansatzes von Juan Linz als totalitär. Die drei Merkmale – monistisches Machtzentrum, exklusive Ideologie und organisierte Mobilisierung – werden im Kontext des kubanischen Systems analysiert. Die anhaltende wirtschaftliche Not und die eingeschränkten politischen Partizipationsmöglichkeiten führten zu weiteren Legitimationskrisen und der Abwanderung zahlreicher Kubaner im Jahr 1980.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Kuba, Fidel Castro, sozialistische Revolution, Legitimationskrise, wirtschaftliche Probleme, Gran Zafra, kontrollierte Partizipation, sozialistische Verfassung, Massenorganisationen, totalitäre Herrschaft, Juan Linz, UdSSR, Marxismus-Leninismus.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst Kapitel zu: Struktureller Wandel und Kontinuität der Macht, Die Gran Zafra und die Legitimationskrise, Kontrollierte Partizipation und die neue Verfassung, Die Institutionalisierung der Revolution und Totalitäre Herrschaftsstruktur nach Linz.
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- Magister Artium Benjamin Kleemann (Author), 2004, Kuba – Zwischen strukturellem Wandel und Kontinuität der Macht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70370