Excerpt
Inhaltsangabe
1.Einleitung
2. Die Ehe
2.1 Allgemeines
2.2 Die Geschwisterehe
2.3 Ehebruch
3. Familie
3.1 Das Familienleben
3.2 Bedeutung der Kinder
3.3 Erziehung und Ausbildung der Kinder
Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1.Einleitung
„ Luft, welche Amun gibt, eine gute Frau, gehorsame Kinder, viel Gut.“1
Das war das Ideal jedes Mannes im alten Ägypten. Es klingt nach alter, patriarchischer Tradition, nach Unterordnung von Frauen und Kindern unter das männlichen Kommando, doch im alten Ägypten waren es höchstens die Kinder die sich unterzuordnen hatten, was sich im Laufe meiner Hausarbeit herausstellen wird, und auch Frauen hatten außergewöhnlich viele Rechte.
Zur Großfamilie zählten in Ägypten nur wenige Angehörige und nur die der Kleinstfamilien werden in Texten genannt: Vater, Mutter, Sohn, Tochter. Auffallend oft erscheint in Briefen zwischen Ehepartnern die Anrede „mein geliebter Bruder“ bzw. „meine geliebte Schwester“.2 Dies hat dabei häufig für Verwirrung gesorgt, da diese Form der Anrede zu der irrigen Annahme geführt hat, dass die Heirat unter Vollgeschwistern in Ägypten üblich gewesen sei. Ich möchte deshalb einen kurzen Blick auf die Geschwisterehe werfen, weshalb man zu dieser Annahme kam und welche Beweise es für die Ehe unter Geschwistern gibt. Allerdings soll diese Thematik nicht weiter vertieft werden, da sie in ihrer Komplexität ein eigener Themenbereich wäre.
Ehe und Familie kamen in der ägyptischen Gesellschaft eine zentrale Rolle zu.3 Bemerkenswert dabei ist, dass die Ehe nicht wie heute eine religiöse und juristische Institution, sondern schlicht eine soziale Tatsache war, womit es auch keine wie auch immer gearteten Vorschriften gab.4 Es galten somit die allgemeinen Moralnormen, die beispielsweise Ehebruch verurteilten und zwar für den Mann ebenso wie für die Frau.5 Wie drastisch die Strafen bei einem Ehebruch aussahen, möchte ich anhand einer Quelle genauer darlegen. Ehebruch galt gerade deshalb als schweres Verbrechen, weil ihr Ziel, möglichst viele leibliche Nachkommen zu bekommen, so zumindest gefährdet war. Viele Kinder zu haben war den Ägyptern sehr wichtig, auch aus ganz „praktischen“ Überlegungen. Warum dies so war, welche Aufgaben Kinder zu erfüllen hatten und wie die Ausbildung aussah, erläutere ich im Laufe meiner Hausarbeit genauer und am Ende meiner Arbeit möchte ich ein alles zusammenfassendes Fazit geben.
2. Die Ehe
2.1 Allgemeines
In der Lehre des Anii heißt es:
„ Erwirb dir eine Frau, solange du jung bist, damit sie dir einen Sohn als dein Ebenbild schaffe. Gebiert sie dir, wenn du in jungen Jahren bist, das ist richtig… gut ist es ein Mann, dessen Leute (Familie?) zahlreich sind, er wird gelobt wegen (r 28) seiner Kinder.“6
Dies zeigt, dass für gewöhnlich schon jung geheiratet wurde. Frauen haben in der Regel mit dem Eintritt in die Reife geheitratet, da die baldige Zeugung eines Sohnes, was durch die oben genannte Quelle ersichtlich wird, erwünscht war. Das Heiratsalter für Mädchen betrug somit im Normalfall 13 Jahr, das der Männer war mit 20 etwas älter, da sie in der Lage sein mussten, ihre Ehefrau und später die gesamte Familie zu ernähren.7
Geheiratet wurde immer in gleichen sozialen Kreisen und auch nach einer Trennung, sei es durch eine Scheidung oder den Tod eines Ehepartners, wurde meist wieder jemand aus derselben Gesellschaftsschicht genommen.8
Einen besonderen Akt der Eheschließung wie in unserem Sinn, gab es damals noch nicht. Allerdings gab es sogenannte „Ehekontrakte“, die abgeschlossen wurden, nachdem ein Kind geboren worden war, um die Verteilung des Besitzes im Todesfall des Mannes oder der Scheidung zu regeln.9 Voraussetzung dafür war allerdings, dass das Kind legitim war, das heißt in der Ehegemeinschaft gezeugt wurde.10
„Ich mache dich zur Ehefrau, ich gebe dir 100 Silberlinge, als dein [Frauen]geschenk. (x + 5)[Wenn ich dich verlasse] als Ehefrau und dich hasse und eine andere Frau dir vorziehe, so gebe ich [dir] 30 Silberlinge, die oben genannt sind, die ich dir als dein Frauengeschenk gegeben habe, beträgt zusammen 130 Silberlinge, macht[…]; und ich gebe dir ein Drittel von allem Gut, das mir gehört und das ich erwerben werde. Dein ältester Sohn, mein ältester Sohn, unter den Kindern, die du mir gebären wirst, ist der Herr von jeglichem Gut, das mir gehört, und von dem, was ich erwerben werde…
An dem Tage, da ich dich als Ehefrau verlassen sollte. (x + 11) [oder da du wünschest, selbst fortzugehen und nichtmehr bei mir als Ehefrau zu sein, gebe ich dir den We]rt deiner [Frauen]sachen, die oben genannt oder ihren Silberwert, entsprechend dem, was oben steht.
Nicht darf ich einen Eid gegen dich veranlassen im Hause des Gerichts (x + 12) […]du bist diejenige, die Vollmacht darüber gegen mich hat, ohne (dass ich)] irgendeinen [Prozess] der Welt [gegen dich] (machen könnte)“.11
Durch die Eheschließung war die Ehefrau dem Ehemann gleichgesetzt und konnte über Vermögensanteile, die sie in die Ehe einbrachte oder vom Ehemann erhielt, frei verfügen.12 Wichtig ist noch zu erwähnen, dass zwar viele Ehen durch die Eltern vermittelt wurden, aber die Liebesheirat trotzdem das größte Ziel darstellte. Allerdings waren die Eltern immer darauf bedacht, dass der zukünftige Ehemann ihrer Tochter auch einen standesgemäßen Lebensstil sichern konnte, weshalb arme Männer meist nicht heiraten konnten.13
Um den Bund der Ehe überhaupt eingehen zu können war somit die erste Voraussetzung genügend Geld zu besitzen. Für den Mann war es deshalb wichtig, dass er seine Ausbildung vor der Eheschließung beendet hatte und es ihm somit möglich war seiner Familie den Lebensunterhalt zu erarbeiten.
Zudem besaß er in der Regel zu Beginn der Ehe bereits ein kleines Haus, da bekannt war, dass es beim Zusammenleben mit anderen Familienangehörigen immer wieder zu Zwiestreitigkeiten kam.14 Deshalb sollte man versuchen sich möglichst selbstständig zu machen, indem man sich ein eigenes, kleines Haus baute, in das die Ehefrau dann als „Herrin des Hauses“ einziehen konnte. Unverheiratete Personen oder die, die sich kein eigenes Haus leisten konnten, lebten bei ihren Angehörigen, wobei weibliche Familienangehörige in den Haushalt eines männlichen Anverwandten einzogen.15 Starb der Vater des Ehemannes, war es zudem dessen Pflicht seine allein zurückgebliebene Mutter bei sich im Haushalt aufzunehmen und zu versorgen.16
Eine weitere Voraussetzung für die Eheschließung war, dass beide Elternteile der Braut mit der Heirat einverstanden waren. Der Mann musste somit beim Vater der Braut, oder falls dieser bereits verstorben war, beim Onkel oder der Mutter um die Hand des Mädchens anhalten.17
2.2 Die Geschwisterehe
Wie bereits oben erwähnt, war die Liebesheirat das größte Ziel. Dass die Liebe als Voraussetzung für die Ehe galt, lässt sich aus Briefen an Ehefrauen schließen in denen der Ehegatte seine Frau mit„ meine geliebte Schwester“ bezeichnet.18 Junge Mädchen nannten ihren Ehepartner hingegen „meinen geliebten Bruder“.
Diese Bezeichnungen haben allerdings auch zu der irrigen Annahme geführt, dass Ehen zwischen Vollgeschwistern in Ägypten üblich gewesen seien.19 Doch die in Briefen geläufige Anrede mit „Bruder“ und „Schwester“ unter Verheirateten ist kein Argument für die Feststellung ehelicher Verbindungen leiblicher Geschwister.
Allerdings gibt es auch Hinweise darauf, dass es die Geschwisterehe in Ägypten durchaus gab. Das beste Beispiel dafür bildet die offizielle Geschwisterheirat zwischen Ptolemaios II und Arsinoé, die in Beziehung zum Herrscherkult steht und mit Bezugnahme auf die göttliche Geschwisterehe zwischen Zeus und Hera geschlossen wurde.20 Vielleicht war es die Vorbildfunktion der Oberschicht, die die Geschwisterheirat salonfähig gemacht hatte und in der Bevölkerung Nachahmer gefunden hatte. Griechische Papyri aus Ägyptens Römerzeit lassen zumindest feststellen, dass die Geschwisterehe als Institution gesellschaftlichen Lebens unwiderlegt erwiesen ist.21 Dabei kommt die Frage auf, weshalb ausgerechnet zur Zeit der Römer in Ägypten, die normalerweise ein exogames Volk darstellten, Geschwisterehen einwandfrei nachzuweisen sind. Zur ptolemäischen Zeit sind sie nur im Herrscherhaus seit Ptolemaios II festzustellen.22 Man geht davon aus, dass dies damit zusammenhängt, dass die Römer gegenüber ihren Vorgängern eine ganz andere
neue, ungewohnte Dynamik und Exaktheit zur Geltung brachten, indem sie von der Bevölkerung sehr genaue Angaben über Familienstand, Hauseigentum u. s. w., verlangten.23 Diese ausführlichen und sorgfältigen Urkunden lassen Geschwisterehen nun deutlicher in Erscheinung treten, es gab also keine Zunahme an solchen Verbindungen sondern lediglich eine verstärkte Sichtbarkeit.
2.3 Ehebruch
Wie bereits angedeutet war das Ziel jeder Ehe, möglichst viele leibliche Kinder zu zeugen. Dies war auch der Grund, weshalb der Ehebruch ein schweres Verbrechen darstellte, was anhand folgender Quelle genauer dargestellt werden soll.
„ Severe also were their laws touching women. For if a man had violated a free married woman, they stipulated that he be emasculated, considering that such a person by a single unlawful act had been guilty of the three greatest crimes, assault, abduction, and confusion of offspring; but if a man committed adultery with the woman’s consent, the laws ordered that the man should receive a thousand blows with the rod, and that the women should have her nose cut off, on the ground that a woman who tricks herself out with an eye to forbidden license should be deprived of that which contributes most to a woman’s comeliness.”24
Hier wird deutlich, dass es strenge Regeln und Bestrafungen für einen Ehebruch gab. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es kein Verbrechen darstellte, wenn der Mann mit einer Sklavin oder Dienerin Kinder zeugte.25 Doch sobald dies mit einer anderen verheirateten Frau geschah und er dabei erwischt wurde, galt dies als eines der drei schwersten Verbrechen, wie es in der Quelle zu vernehmen ist, und wurde mit Kastration oder in manchen Fällen sogar mit dem Tod bestraft. Wenn Frauen Ehebruch begingen, waren die Strafen teilweise noch drastischer. Sie wurden entweder bei lebendigem Leib verbrannt oder den Krokodilen zum Fraß vorgeworfen.26 Ob diese harten Strafen tatsächlich in die Tat umgesetzt wurden ist allerdings fraglich.
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1 Schott, Liebeslieder, 123, Nr. 73 in: Feucht, Erika: Das Kind im Alten Ägypten. Die Stellung des Kindes in der Familie und Gesellschaft nach altägyptischen Texten und Darstellungen, Frankfurt/ Main 1995, S. 22.
2 Vgl. Feucht, Erika: Das Kind im Alten Ägypten. Die Stellung des Kindes in der Familie und Gesellschaft nach altägyptischen Texten und Darstellungen, Frankfurt/ Main 1995, S. 22.
3 Vgl. Reitz, Manfred: Alltag im Alten Ägypten, Augsburg 1999, S. 72.
4 Vgl. http://www.judithmathes.de/aegypten/familie/fraufam.htm, Widdern, 5.09.2012, 16:53.
5 Ebd.
6 Anii, 3, 1-3.
7 Vgl. Reitz, Manfred Augsburg 1999, S. 72.
8 Vgl. Feucht, Erika Frankfurt/ Main 1995, S. 40.
9 Vgl. http://www.mein-altaegypten.de/internet/frauen/frauen_familie.html Widdern 5.09.2012, 16:58.
10 Vgl. Feucht, Erika Frankfurt/ Main 1995, S. 33.
11 DP HD 713ff.
12 Vgl. Reitz, Manfred Augsburg 1999, S. 74.
13 Vgl. ebd., S. 72.
14 Vgl. ebd.
15 Feucht, Erika Frankfurt/ Main 1995, S. 26.
16 Vgl. Reitz, Manfred Augsburg 1999, S. 72.
17 Vgl. Feucht, Erika, Frankfurt/ Main 1995, S. 34.
18 Vgl. Parson, Peter: Die Stadt des Scharfnasenfisches. Alltagsleben im alten Ägypten, München 2009, S.197.
19 Vgl. ebd.
20 Thierfelder, Helmut: Die Geschwisterehe im hellenisch- römischen Ägypten, Münster Westfalen 1960, S. 94.
21 Vgl.ebd., S. 90.
22 Ebd
23 Vgl. Thierfelder, Helmut Westfalen 1960, S. 91.
24 Diodorus I, 78. 4- 79.2.
25 Vgl. Reitz, Manfred Augsburg 1999, S. 75.
26 Vgl. ebd., S. 76.