Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1.EINLEITUNG
2. DEFINITION DER BEGRIFFE GEWALT/AGGRESSION
3. GEWALT IN DER SCHULE
4. FAKTOREN UND URSACHEN VON GEWALT IM KINDES-/JUGENDALTER
5. EMOTIONALE ENTWICKLUNG IM GRUNDSCHULALTER
6.PRAVENTION
6.1 Das Praventionsprogramm „Lubo aus dem All! -1. Und 2. Klasse"
7. FAZIT
8. LITERATURVERZEICHNIS
1. Einleitung
Aggressives Verhalten in Schulen ist fur viele Lehrer und Lehrerinnen mittlerweile zu einer alltaglichen Belastung geworden. Laut Roland Bertet und Gustav Keller (2011, S.9) findet sich antisoziales Schulerverhalten in jeder Epoche der Schulgeschichte. Das Thema „Gewalt an Schulen" gewann Anfang der 1990er Jahre besonderes mediales, gesellschaftliches und politisches Interesse als schulische Gewaltvorfalle von den Medien stark diskutiert wurden und so in den Blick der Offentlichkeit ruckten (Vgl. Bertet 2011, S.11). Als Folge etablierte sich das Fachgebiet der schulbezogenen Gewaltforschung. Ziel dieser Forschung ist es fundierte Daten zu Ursachen, zum AusmaR, und zum Erscheinungsbild von Gewalt an Schulen zu liefern. (Vgl. Beret 2011, S.11). Amoklaufe und schwere Gewalttaten in der Schule zeigen die Dringlichkeit eines wirkungsvolles Gewaltpraventionskonzeptes. „Mit einer Prevention mochte man einer Intervention zuvorkommen" (Merkle &Schroder, 2014, S. 20). Prevention versucht zu verhindern, was noch nicht eingetreten ist. Ziel der Prevention ist es Schuler und Schulerinnen fruhzeitig so zu stiitzen, dass gewalttatige Mittel zur Konfliktaustragung unnotig werden. Laut Merkle &Schroder werden hierbei „die burgerlichen Normen bzw. die Normen der gesellschaftlich dominanten Schicht zum Maftstab nach dem „abweichendes Verhalten" eingestuft wird" (2014, S. 20). Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zunachst die Begriffe „Gewalt" und ..Aggression" zu definieren und einen Uberblick uber das Thema Gewalt in der Schule zu geben. In einem nachsten Schritt sollen die Ursachen und Einflussfaktoren von Gewalt bei Kindern und Jugendlichen naher beleuchtet werden. Ein Exkurs zum Thema ..Emotionale Entwicklung im Grundschulalter" erklart, warum Praventionsmafinahmen und -programme im Grundschulalter sinnvoll sind. Neben einer Definition von Prevention und dem Anschneiden verschiedener Maftnahmen wird ein besonderes Augenmerk auf das Preventionsprogramm „Lubo aus dem All! 1. Und 2. Klasse gelegt". In einem letzten Schritt wird ein kritisches Fazit gezogen.
2. Definition der Begriffe Gewalt/ Aggression
Die Begriffe „Gewalt" und .Aggression" werden umgangssprachlich oft synonym verwendet. Obwohl sie inhaltlich miteinander verwandt sind, mussen sie differenziert betrachtet werden.
Laut Bertet und Keller (2014, S.11) ist ..Aggression" ein umfassender Begriff. Er stammt vom lateinischen Wort ..aggredi" welches soviel wie „sich nahern", ..heranschreiten" oder ..angreifen" bedeutet. Bertet und Keller (2014, S.11) zitieren Winkel (1993), der Aggressionen als ein ..evolutionar entstandenes Verhalten, dem unterschiedliche Sinnesperspektiven zugrunde liegen konnen" definiert. Im Folgenden werden dazu verschiedene Erscheinungsformen von Aggressionen aufgelistet (z.B. ..explorative Aggression", ..spielerische Aggression", ..kontaktierende Aggression", ..defensive Aggression", ..destruktive Aggression") (Bertet& Keller, 2014, S.12; Vgl. auch Nolting,2014, S.19). Eine weitere Definition des Wortes liefert Richard Felson: .Aggression als eine Handlung, mit der eine Person eine andere Person zu verletzen versucht oder zu verletzen droht, unabhangig davon, was letztlich das Ziel der Handlung ist" (Richard Felson, 1984).
Das Wort ..Gewalt" stammt vom althochdeutschen Wort ..waltan" ab, was so viel wie ..beherrschen, stark sein" bedeutet. Von Gewalt spricht man, wenn „die destruktive Aggression in deutlichem Mafte von sozialen Normen abweicht und in massiver Form schadigend wirkt" (Bertet& Keller, 2014, S.12). Sowohl Aggression als auch Gewalt konnen sich physisch und psychisch auftern.
3. Gewalt in der Schule
Gewalt in der Schule finden wir in unterschiedlichen Formen. Aggressives Verhalten ist fiir viele Lehrerinnen und Lehrer, Schulerinnen und Schuler mittlerweile zur taglichen Belastungsprobe geworden, die einen harmonischen, guten Unterricht kaum moglich macht (Portmann & Valtin, 1995, S.71). Dabei unterscheidet man zwischen physischer und psychischer Gewalt. Physische Gewalt reicht vom vorsatzlichen schadigen durch Wegnehmen, Beschadigen oder Zerstoren von Privat- oder Schuleigentum bis hin zum Schubsten, Treten oder dem Angriff mit gefahrlichen Gegenstanden (Vgl. Bertet& Keller, 2014, S.13).
Psychische Gewalt umfasst vorsatzliche Handlungen wie z.B. Verspotten, Drohen, Demutigen, Beleidigen, BlolJstellen, Diskriminieren von anderen Schulern und Schulerinnen oder Lehrer und Lehrerinnen.
Wenn Gewalttaten uber einen langeren Zeitraum mit dem Ziel ausgeubt werden jemanden bewusst auszugrenzen oder zu schadigen, dann spricht man von Mobbing (Vgl. Bertet &Keller, 2014, S.13).
Zumeist richtet sich die Gewalt gegen andere Schuler und Schulerinnen, wie aktuelle Beispiele aus Osterreich zeigen richtet sich die Gewalt aber auch vermehrt gegen Lehrer und Lehrerinnen oder Schuleigentum. Regemaftig durchgefuhrte Schulergewaltstudien zeigen, dass hierbei Jungen aggressiver und gewalttatiger als Madchen agieren, besonders im Bereich der physischen Gewalt. Studien zeigen zudem, dass der Pausenhof der Ort ist, an dem Gewalt unter Schulern am haufigsten vorkommt. Besonders in sozialen Brennpunkten, Forderschulen und Hauptschulen findet sich erhohte Gewaltbereitschaft durch Schuler und Schulerinnen. Schuler und Schulerinnen, die Leistungsprobleme haben, tendieren ebenfalls dazu gewaltanfalliger zu sein. Missgluckte Integration von Schulern und Schulerinnen mit Migrationshintergrund kann laut Studien ebenfalls zu einererhohen Gewaltbereitschaft fuhren (Vgl. Bertet& Keller, 2014, S. 14f.).
In der Grundschule findet man neben „kleinen" Gewalttaten wie z.B. dem Hanseln, Schikanieren, Ausgrenzen und dem Diebstahl kleiner Gegenstande wie eines Radiergummis, auch fruhe Aufterungsformen von grofteren Gewalttaten, die bei Strafmundigkeit verfolgbar waren. Laut Schubert werden im Grundschulbereich am haufigsten, Bedrohungen, Korperverletzungen und gefahrliche Korperverletzungen, gemeldet (Vgl. Schubert, 2002, S. 125).
Gerade hierscheinen Schuler und Schulerinnen emotional-sozialen Forderungsbedarf zu besitzen. Urn ein Verstandnis fiir aggressives Verhalten zu entwickeln, ist es notwendig sich mit den Faktoren, die zu aggressivem Verhalten beitragen, auseinanderzusetzen. Doch was sind eigentlich Faktoren und Ursachen von Gewalt im Kindes- und Jugendalter?
4. Faktoren und Ursachen von Gewalt im Kindes-/Jugendalter
Beleuchtet man die Ursachen fur Gewalt im Kindes- bzw. Jugendalter so zeigt sich ein groftes Bundel an Einflussfaktoren. Laut Merkle und Schroder unterscheidet man hierbei zwischen ..individuell- biographische Faktoren" und ..strukturell-gesellschaftliche Faktoren". Zu den individuell-biographische Faktoren zahlen unter anderem ..Ubergriffe und Misshandlungen in der Familie"; ..aggressive Oder drogensuchtige Lebensformen der Eltern", ..andere traumatische Erlebnisse" oder „ spezielle Gewalterfahrungen im Umgang mit Gleichaltrigen" (Merkle& Schroder, 2014, S.23f.). Bei der Auflistung der Beispiele zeigt sich bereits wie schwierig es ist individuell-biographische Faktoren von strukturell-gesellschaftlichen Faktoren zu trennen. Gerade der Umgang/Gewalterfahrung mit Gleichaltrigen ist nicht nur individuell-biographisch gepragt, sondern auch gesellschaftlich beeinflusst. Armut oder Arbeitslosigkeit, die zu einer gesellschaftlichen Ausgrenzung der Betroffenen fuhren aberauch Gewaltverherrlichung oderVerharmlosung in Politik und Medien zahlen zu den strukturell-gesellschaftliche Faktoren (Vgl. Merkle&Schroder, 2014, S.24). Wichtig ist hierbei zu betonen, dass es sich lediglich urn potentielle Einflussfaktoren handelt, nicht aber urn die Ursachen von Gewalt. Eine Ursache fiir Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen ist die Nachahmung des selbst erlebten. ..Gewalt geht Gewalt voraus". Gewalttatige oder gewaltbereite Jugendliche haben haufig Gewalt in Form von Misshandlungen und Missachtungen in ihrer Familie selbst erfahren oder indirekt erlebt. Darunter versteht man nicht nur die physische Gewalt, sondern auch Einflussfaktoren wie ..mangelndes Disziplinmanagement"; das Fehlen einer positiven Bezugsperson; fehlendes Interesse an den Aktivitaten der eigenen Kinder; harte, mitunter zu harte Strafen bei Nicht-folgen oder Regelbruch; ..Alkoholismus, Kriminalitat oder Aggressivitat der Eltern" (Vgl. Merkle& Schroder, 2014, S. 26f). Merkle und Schroder betonen weiterhin, dass viele Studien „den Zusammenhang zwischen den in der Kindheit erfahrenen Grenzuberschreitungen und Zuruckweisungen und einer spateren Gewalttatigkeit" belegen (2014, S.25f.) und verweisen auf qualitative Studien von Sutterluty und von Neutzling (2005) zu Gewaltkarrieren von Jugendlichen.
Neben der Imitation von bereits bekannten und erlebten Erfahrungen hebt die Studie die ..unerwartet euphorisierende" Wirkung von Gewalttaten hervor. Diese Wirkung kann mitunter dazu fuhren, dass nicht mehr der Zweck der Tat (z.B. Abwehr) im Mittelpunkt steht, sondern die mit der Gewalt verbundenen Affekte (Vgl. Merkle& Schroder, 2014, S.26).
Im Hinblick auf die Ursachen von Gewalt in der Schule konnten folgende Dinge ursachlich sein: Die wohl haufigste Ursache ist, dass Lehrer und Lehrerinnen oftmals keine klaren Grenzen in Bezug auf Verhalten Ziehen. Normabweichungen und Fehlverhalten werden oftmals nicht thematisiert und nicht konsequent genug und streng genug geahndet. Ein Grund konnte im mangelnden padagogischen Konsens gefunden werden. Lehrer und Lehrerinnen einigen sich nicht gemeinsam auf ein Wertesystem und eine Verhaltenserwartung. Was bei Lehrer A erlaubt ist, ist bei Lehrer B verboten und wird streng sanktioniert. Das lasst die Schulerinnen und Schuler im Unklaren daruber, was erlaubt ist und was zu weit geht (Vgl. Bertet& Keller, 2014, S. 24-27). Schlechter, langweiliger und wenig motivierender Unterricht, sowie Krankungen und Bloftstellungen durch den Lehrer, konnen aggressives Verhalten bei Schulern und Schulerinnen fordern.
Bewiesenermaften gibt es die meisten Gewaltkonflikte in der Altersgruppe der 12- bis 15-Jahrigen (Vgl. Bertet& Keller, 2014, S.14). Warum also in der Grundschule mit Praventionsprogrammen arbeiten?
5. Emotionale Entwicklung im Grundschulalter
Mitte der 90er Jahre entfacht, hat die Diskussion uber die Bedeutung von emotionaler Intelligenz maftgeblichen Einfluss auf die Entwicklung von Praventionsprogrammen im fruhen Kindesalter. Forschung und Diskussionen haben bewusst gemacht wie umfassend emotionale Prozesse das Denken, Handeln und Entscheiden bestimmen. Bei Kindern ist die Wechselwirkung ebendieser besonders gut erforscht. Petermann betont, dass „Defizite in deremotionalen Entwicklung aussagekraftige Pradikatoren fur Verhaltensstorungen und eine geringe soziale Kompetenz" seien (Petermann, 2002, S.20). Folglich gilt es so fruh wie moglich die emotionale Entwicklung von Kindern zu stutzen und zu fordern und somit praventiv tatig zu werden.
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