Die Brisanz des Themenfeldes „anonyme Geburt“ lässt sich insbesondere auf eine mangelnde rechtliche Verankerung zurückführen, die im Konflikt mit ihrer praktischen Relevanz steht. Die differierenden Handhabungsweisen im europäischen Rechtsraum führten in den letzten Jahren daher zu vielzähligen Disputen und Erörterungen sowie einer Reihe privatinstitutioneller Alleingänge durch sozialorientierte Vereine.
Zentraler Gedanke in der Diskussion um die Möglichkeit zur rechtlichen Institutionalisierung der anonymen Geburt und überwiegendes Argument seitens der Befürworter, ist das Schutzinteresse zugunsten der Rechtsgüter Leben und Gesundheit des Kindes. Als Konsequenz des Grundsatzes „Schutz von Leben“ wird – in rechtlicher und gesellschaftlicher Hinsicht - die umfassende Anerkennung der Möglichkeit zur anonymen Geburt propagiert.
Genauso überzeugend wie das eben umrissene Leitmotiv erscheinen jedoch auch die Argumente der Gegenposition. Zum einen steht die aktuelle Gesetzeslage, insbesondere nach strafgesetzlichen Gesichtspunkten und der Regelung durch das Personenstandsgesetz, der Durchführung von anonymen Geburten entgegen – teilweise anders verhaltender Praxis zum Trotz. Zum anderen können verfassungsrechtliche Positionen, insbesondere die des Rechts auf Kenntnis der eigenen Abstammung sowie das generelle Grundverständnis von Elternschaft und Familie, einer derartigen rechtlichen Einrichtung entgegen gehalten werden. Diese Prinzipien finden sich daneben auch in den verfassungsrechtlich untergeordneten Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches wieder.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Thema
- II. Zielbestimmung
- B. Pro „Anonyme Geburt“: Recht auf Leben
- I. Notsituation
- II. Rechtverwirklichung
- C. Contra „Anonyme Geburt“: Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung
- I. Verfassungsrechtliche Relevanz
- 1. Art. 21 iVm 1 I GG
- 2. Art. 6 II 1 GG
- II. Zivilrechtliche Relevanz
- 1. Mater semper certa est
- 2. Das Personenstandsgesetz
- 3. Ansprüche des Kindes
- 4. Verkürzung der Rechte der Eltern
- 5. Die Kostentragung
- III. Strafrechtliche Relevanz
- IV. Europarechtliche und internationale Vereinbarkeit
- 1. Die Europäische Menschenrechtkonvention
- 2. Die UN-Kinderkonvention
- D. Der europäische Vergleich
- I. Frankreich
- II. Europa
- E. Notwendigkeit und Ausgestaltung einer Gesetzesreform?
- I. Frankreich als Vorbild?
- II. Darstellung der 3 Gesetzesentwürfe
- 1. Entwurf der CDU/CSU (BT-Drs. 14/4425)
- i. Darstellung des Inhalts
- ii. Kritik
- 2. Interfraktioneller Gesetzesentwurf (BT-Drs. 14/8856)
- i. Darstellung des Inhalts
- ii. Kritik
- 3. Entwurf des Land Baden-Württemberg (BR-Drs. 506/02)
- III. Bedarf der anonymen Geburt?
- F. Fazit: Emotion vs. Ratio
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den rechtlichen Fragen der anonymen Geburt und deren Bedeutung im Kontext der Babyklappe. Sie analysiert die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland und beleuchtet die unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema.
- Recht auf Leben vs. Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung
- Verfassungsrechtliche und zivilrechtliche Aspekte der anonymen Geburt
- Strafrechtliche Relevanz von Kindesaussetzung und -tötung
- Europarechtliche und internationale Vereinbarkeit der anonymen Geburt
- Mögliche Gesetzesreform und deren Ausgestaltung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der anonymen Geburt ein und beschreibt die aktuelle Rechtslage in Deutschland. Sie beleuchtet die Problematik der fehlenden rechtlichen Verankerung im Kontext der Babyklappe und zeigt die unterschiedlichen Standpunkte in der Debatte auf. Das Kapitel „Pro „Anonyme Geburt“: Recht auf Leben“ argumentiert für die Legitimität der anonymen Geburt, indem es die Notlage von Müttern, die ihr Kind aussetzen oder töten möchten, beleuchtet. Es wird deutlich, dass die anonyme Geburt als Alternative zum Kindstod gesehen werden kann und die Rechtsgüter Leben und Gesundheit des Kindes schützen kann. Das Kapitel „Contra „Anonyme Geburt“: Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung“ hingegen stellt die verfassungsrechtlichen und zivilrechtlichen Argumente gegen die anonyme Geburt dar. Es wird argumentiert, dass das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung ein hohes Gut ist und durch die anonyme Geburt beeinträchtigt werden könnte. Das Kapitel „Der europäische Vergleich“ bietet einen Einblick in die Rechtslage in Frankreich und anderen europäischen Ländern.
Schlüsselwörter
Anonyme Geburt, Babyklappe, Recht auf Leben, Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung, Verfassungsrecht, Zivilrecht, Strafrecht, Europarecht, Gesetzesreform, Kindesaussetzung, Kindestötung.
- Arbeit zitieren
- Julia Neumann (Autor:in), 2004, Rechtsfragen der anonymen Geburt - Institut neben der Babyklappe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70547