Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Definition Kinder- und Jugendhilfe
3. Die Ursprünge der Kinder- und Jugendfürsorge
3.1 Erziehung im Zuchthaus
3.2 Private Kinder- und Jugendfürsorge im 19. Jahrhundert
3.2.1 Die Rettungshausbewegung
3.2.2 Eingrenzung der Kinderarbeit
3.2.3 Einführung der Berufsvormundschaft
4. Jugendhilfe in der Weimarer Republik
4.1 Die Situation der Jugendlichen in der Weimarer Republik
4.2 Das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz
5. Jugendhilfe im NS-Staat
5.1 Der NS-Staat und das RJWG
5.2 Die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt - Jugendhilfe
5.3 Die „Hitler-Jugend“
6. Jugendhilfe nach 1945
6.1 Ausbau der gesetzlichen Grundlagen
6.2 Reform des Jugendhilferechts
7. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Kinder- und Jugendhilfe reagiert auf gesellschaftlichen Wandel und sie wird von ihm verändert, sie befindet sich selber mehr denn je in einem fortwährenden Entwicklungs- und Veränderungsprozess“ (Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 6).
Es stellt sich die Frage, wie die Kinder- und Jugendhilfe in der Vergangenheit gesetzlich festgelegt und praktiziert wurde und wie sich dies auf die heutige Rechtslage und Praxis ausgewirkt hat. Das Ziel meiner Ausführungen ist es, diesen Prozess sichtbar zu machen, in dem die Lebenslagen und die damit verbundenen sozialen Probleme der Kinder und Jugendlichen, sowie die rechtlichen Bestimmungen chronologisch beleuchtet werden.
Zu Beginn möchte ich das Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe aus heutiger Sicht, verbunden mit den rechtlichen Grundlagen, darstellen, um dem Leser anschließend die Ausmaße der Entwicklung besser aufzeigen zu können.
Mir ist bewusst, dass es sich, insbesondere heutzutage, bei der Kinder- und Jugendhilfe um einen sehr breit gefächerten Bereich der Sozialen Arbeit handelt. Aufgrund der vorgegebenen Kapazität dieser Hausarbeit werde ich im Folgenden immer allgemein von der Kinder- und Jugendhilfe sprechen und mich nur in für mich wichtig erscheinenden Abschnitten auf einzelne Bereiche dieser konzentrieren.
2. Definition Kinder- und Jugendhilfe
Die Kinder- und Jugendhilfe richtet sich in der Regel an Kinder, Jugendliche und deren Familien und beruht auf Freiwilligkeit. Diese ist nicht notwendig, wenn Kinder und Jugendliche aufgrund von Kindeswohlgefährdung geschützt werden müssen.
Für die Hilfe ist es nicht von Bedeutung, ob die hilfebedürftigen Personen deutscher oder anderer Nationalität sind oder ob sie behindert oder nicht behindert sind. Ausländer können jedoch nur Leistungen erhalten, wenn sie rechtmäßig oder aufgrund einer ausländerrechtlichen Duldung ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben (vgl. SBG VIII, §6).
„Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“ (SGB VIII, §1 Abs. 1). Die grundlegenden Aufgaben, um dieses Recht zu verwirklichen, werden in §1 Abs. 3 des SGB VIII, dem Kinder- und Jugendhilfegesetz, beschrieben:
- Förderung der individuellen und sozialen Entwicklung junger Menschen
- Vermeiden und abbauen von Benachteiligungen
- Unterstützung und Beratung von Eltern und anderen Erziehungsberechtigten
- Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl schützen
- Positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien schaffen
- Eine kinder- und familienfreundliche Umwelt fördern
Die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe werden gegliedert in:
- „Angebote der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit und des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes
- Angebote zur Förderung der Erziehung in der Familie
- Angebote zur Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Tagespflege
- Hilfe zur Erziehung und ergänzende Leistungen
- Hilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche und ergänzende Leistungen
- Hilfe für junge Volljährige und Nachbetreuung“ (SGB VIII, §2 Abs. 2)
Insbesondere das Jugendamt verfolgt noch weitere Aufgaben:
- „Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen
- Vorläufige Inobhutnahme von ausländischen Kindern und Jugendlichen ach unbegleiteter Einreise
- Die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Pflegeerlaubnis
- Die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Einrichtung sowie die Erteilung nachträglicher Auflagen und die damit verbundenen Aufgaben
- Die Tätigkeitsuntersagung
- Die Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten
- Die Beratung und Belehrung in Verfahren zur Annahme als Kind
- Die Mitwirkung in Verfahren nach dem Jugendgerichtsgesetz
- Die Beratung und Unterstützung von Müttern bei Vaterschaftsfeststellungen und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie von Pflegern und Vormündern
- Die Erteilung, der Widerruf und die Zurücknahme der Erlaubnis zur Übernahme von Vereinsvormundschaften
- Beistandschaft, Amtspflegschaft, Amtsvormundschaft und Gegenvormundschaft des Jugendamts
- Beurkundungen
- Aufnahme von vollstreckbaren Urkunden“ (SGB VIII, §2 Abs. 3)
Die §§3, 4 und 8 des SGB VIII beschreiben, dass die Kinder- und Jugendhilfe einerseits durch die Jugendämter der Städte oder Landkreise und andererseits durch Träger der freien Jugendhilfe wie Initiativen, Vereine oder Stiftungen erbracht werden, um eine „Vielfalt von Trägern (mit) unterschiedlicher Werteorientierung und (…) die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen“ (SGB VIII, §3 Abs. 1) anzubieten. Außerdem soll eine partnerschaftliche Zusammenarbeit der verschiedenen Träger unter Beteiligung der Kinder und Jugendlichen an allen sie betreffenden Entscheidungen gewährleistet werden (SGB VIII, §§4, 8).
Weiterhin soll die Kinder- und Jugendhilfe „die jeweiligen besonderen sozialen und kulturellen Bedürfnisse und Eigenarten junger Menschen und ihrer Familien“ (SGB VIII, §9 Nr. 2) sowie „die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen berücksichtigen, Benachteiligungen (…) abbauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen (…) fördern (SGB VIII, §9 Nr. 3).
3. Die Ursprünge der Kinder- und Jugendfürsorge
Im Mittelalter, seit dem 13. Jahrhundert, wurden Findel- und Waisenhäuser von kirchlichen Stiftungen in den Städten errichtet, in denen das Hauptaugenmerk auf der Betreuung von Kindern lag, welche ausgesetzt wurden oder welche nicht von der Großfamilie oder der Zünfte, welche „eine Fürsorgepflicht gegenüber den Witwen und Waisen verstorbener Mitglieder hatten“ (vgl. Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 32) versorgt wurden.
Schon damals waren die Familienpflege und die Anstaltserziehung, welche auch noch heute die Grundformen der Ersatzerziehung darstellen, zu erkennen. Aufgrund von hoher Sterblichkeit in den Anstalten wurden Säuglinge und Kleinkinder in ihren ersten fünf bis sieben Lebensjahren von Ammen aufgezogen und erst dann in eine Anstalt aufgenommen. Dort mussten die Kinder Haus- und Heimarbeiten ableisten oder für das Hospital oder die Stiftung Almosen betteln. Aus diesen wurden sie schließlich entlassen, sobald sie selbstständig Almosen betteln gehen konnten. Dieses Verhalten wurde in dieser Zeit als „gottgewollt“ (vgl. Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 32) betrachtet.
Das Menschenbild änderte sich jedoch mit der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung und der damit beginnenden Neuzeit. Der Aufstieg der Städte hatte zufolge, dass überwiegend Kaufleute in diese kamen und nun die Produktivität als gottgewollt angesehen wurde, Armut wurde somit mit „Arbeitsscheu und persönlichem Versagen“ (vgl. Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 33) verbunden. Die Regierung versuchte mit „repressiven Mittel einer starken Armenpolizei, Bettelverbote, Bettlerjagden“ (Scherpner, 1966: 51), Strafen für die Aussetzung von Kindern, Kontrolle der Geburtenrate durch Heiratsverboten und weiteren Maßnahmen das Anwachsen der Zahl von unversorgten Kindern zu verringern. Anstelle dessen wurden dadurch jedoch nur ihre Lebensbedingungen verschlechtert (vgl. Sachße/Tennenstedt, 1883: 109f./vgl. Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 31ff.)
3.1 Erziehung im Zuchthaus
Im 17. Jahrhundert entwickelten sich immer mehr Zucht- und Arbeitshäuser, welche sich für die Landesherren und Unternehmer als gute Produktionsstätten erwiesen. So wurden vor allem Spinnereiarbeiten und Tuchfabrikationen in diesen vorgefunden. Der Alltag gestaltete sich für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gleich, sie starteten ihren Arbeitstag um fünf Uhr morgens und beendeten diesen wieder um acht Uhr am Abend. Kurze Pausen bestanden aus dürftigen Mahlzeiten und Gebeten (vgl. Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 34f.).
Aus soziologischer Sicht hatten die Zucht- und Arbeitshäuser eine doppelte Funktion, da die Insassen nach dem damaligen Menschenbild moralisch gebessert und zur Arbeit erzogen wurden, was dazu beitrug, dass sich die Menschen außerhalb der Anstalten um ein produktives Arbeitsleben bemühten. Außerdem hatten sie die Funktion, die Gesellschaft zur einer „fügsamen und genügsamen Arbeiterschaft“ (Sachße/Tennestedt, 1983: 121) zu bilden und sie entwickelten die Großproduktion (vgl. Sachße/Tennestedt, 1983: 120ff.).
Da die Zucht- und Arbeitshäuser lediglich auf Arbeit und Ausbeutung bedacht waren, wurden 1694 die Halleschen Anstalten von dem Pietist August Hermann Francke (1663-1727) gegründet, welche auf Askese und Zucht beruhten. Laut seinem Erziehungsprogramm war „Erziehung als die Vorbereitung des erbsündenbelasteten Kindes zu seiner Bekehrung aufzufassen (…). Der Weg zur Bekehrung war hart: Der böse Eigenwille des Kindes musste gebrochen werden, Beten und Arbeiten erschienen als die einzigen Verhaltensweisen, die der Bösartigkeit des Kindes entgegenwirken vermochte, während das Spiel als Müßiggang, der aller Laster Anfang ist, verboten und harte Strafen (…) unerlässlich schienen“ (Blankertz, 1982: 51). Die Halleschen Anstalten waren Vorbilder für neue Einrichtungen sowohl in protestantischen, als auch in katholischen Regionen, in denen ein Tag oft aus fünf Stunden Unterricht, sechs Stunden körperlicher Arbeit und drei Stunden Andachtsübungen bestand (vgl. Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 35f.)
Ende des 18. Jahrhunderts kam es aufgrund der Zustände in den Zucht- und Arbeitshäusern zu dem „Waisenhausstreit“, in welchem man mit Hilfe der hohen Sterblichkeit von Anstaltskindern versucht hat, den Ausbau des Pflegekinderwesens und die Auflösung der Anstalten zu ermöglichen (vgl. Scherpner, 1966: 92ff.). Dieser Versuch wurde durch den Aufbau des Schulwesens begünstigt, welches für die Erziehung und Bildung der unteren Sozialschichten gedacht war. 1763 wurden die Staatsschule und die Schulpflicht für Kinder zwischen fünf und 14 Jahren eingeführt, dies war jedoch erst über hundert Jahre später umsetzbar, da es zu Beginn an Schulen und Lehrern mangelte (Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 36).
In den Folgejahren wurde, trotz neuen pädagogischen Ansätzen, auf die Kinderarbeit noch nicht gänzlich verzichtet, da „man (…) allgemein überzeugt (war) – und die großen Pädagogen des Zeitalters, auch Pestalozzi, teilten diese Ansicht - , dass Kinder von etwas fünf bis 12 Jahren die Hälfte ihres Unterhaltes, die älteren ihn voll erwerben könnten“ (Scherpner, 1966: 101).
3.2 Private Kinder- und Jugendfürsorge im 19. Jahrhundert
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts zeigten sich die negativen Folgen der Industrialisierung vor allem durch Bettelei, Gelegenheitskriminalität und Prostitution, da es aufgrund der „Verstädterung, der Verlagerung und Umstrukturierung des Berufsgefüges, der Auflösung der Großfamilie und der handwerklichen Produktionsgemeinschaft und der Trennung von Wohn- und Arbeitsstätte (…) zu einem ständigen Verlust der Erziehungs- und Integrationskraft der traditionellen gesellschaftlichen Institution – vor allem der Familie“ (Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 43) kam.
In den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts waren die finanziellen Mittel der Städte, Stiftungen und Vereine sehr begrenzt, worunter die Einrichtungen der Kinder- und Jugendfürsorge in kommunaler und kirchlicher bzw. privater Trägerschaft sehr litten (vgl. Lütge, 1964: 453ff.). In den kommenden Jahren galt es als „irrig und gefährlich“ (Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 39) die Armut durch staatliche Armen- und Kinderfürsorge erfolgreich bekämpfen zu können, vor allem durch die Bevölkerungstheorie von Thomas Robert Malthus (1766-1834), welche davon ausgeht, dass die Bevölkerung sich tendenziell stärker entwickelt, als die Unterhaltsmittel. Dies führte zum Rückgang des staatlichen Engagements diesbezüglich. Gleichzeitig kam es jedoch zu einem starken Wachstum der privaten, insbesondere der religiösen Hilfsorganisationen für die Bekämpfung der sozialen Probleme durch die Industrialisierung.
3.2.1 Die Rettungshausbewegung
Bei der Rettungshausbewegung handelte es sich dabei um die bekannteste und verbreiteste Bewegung dieser Organisationen. Der bedeutendste Vertreter dieser war Johann Hinrich Wichern (1808-1881), welcher 1833 das „Rauhe Haus“ gründete, in dem er anfänglich 18 vorbestrafte Jugendliche aufnahm und diese handwerklich ausbildete. Als diese Aufgabe nicht mehr allein umsetzbar war, gründete er das „Brüderhaus“, in welchem Diakone ausgebildet wurden und somit die erste sozialpädagogische Ausbildungsstätte in Deutschland errichtet worden ist. Mit Hilfe von Straffälligenfürsorge, publizistischen Tätigkeiten und Aktivitäten in den Wohnbezirken hat Wichern sein Ziel verfolgt, Not und Elend zu beseitigen und die christliche Staat- und Gesellschaftsordnung beizubehalten. Inhalte der Erziehungskonzeption waren „der familienähnliche Charakter der Erziehungssituation (…), der Verteilung der Verantwortung (…), die Verbindung von theoretischer Ausbildung und Werkbildung, die Integration der Freizeit in den Erziehungsprozess“ (Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 40), sowie die Arbeitserziehung.
Es wurden immer mehr Rettungshäuser in Deutschland entwickelt, „allein in Bayern bestehen 1867 bereits 75 Rettungshäuser“ (Wolf, 1977: 32), jedoch wurde die Wirkung dieser Häuser begrenzt, da die Kinder und Jugendlichen nur mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten aufgenommen werden konnten und somit Kinder und Jugendliche, welche unter der Kontrolle der Armenpolizei standen, nicht aufgenommen werden konnten und in Folge dessen weiterhin in die unter Kritik stehenden Anstalten überführt wurden.
Neben den Rettungshäusern entstanden außerdem die ersten Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, Armen- und Mädchenschulen, Kinderschutzkomissionen, Jünglingsvereine und Friedrich Fröbel (1782-1852) konzipierte die ersten Kindergärten, in denen die kindliche Persönlichkeitsentwicklung im Mittelpunkt stand und „das Spiele (als) die höchste Stufe der Kinderentwicklung“ (Fröbel, 1982) angesehen wurde.
(vgl. Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 39ff.)
3.2.2 Eingrenzung der Kinderarbeit
Die Kinderarbeit hatte schwere psychosoziale Folgen für die Kinder. Dies wurde erstmals durch das „Preußische Regulativ über die Beschäftigung jugendlicher Arbeit in Fabriken“ vom 6. April 1839 versucht durch Eingrenzung zu verhindern. Die Eingrenzung beinhaltete ein Arbeitsverbot für Kinder unter neun Jahren und für Kinder unter 16 Jahren, welche noch nicht drei Jahre die Schule besucht haben, was durch die Fabrikschulen jedoch umgangen werden konnte (vgl. Wolf, 1977: 66ff.). Außerdem galt ein Arbeitsverbot für untere 16-Jährige an Sonntagen und in der Nacht und die Arbeitszeiten der Kinder und Jugendlichen wurden auf zehn Stunden täglich reduziert. In den Folgejahren wurde das Regulativ durch die Gesetze und Verordnungen bezüglich der Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten der Betriebe, dem Heraufsetzen des Mindestalters auf 12 Jahre in den Fabriken und das Arbeitsverbot von schulpflichtigen Kindern erweitert. Durch eine weitere Ergänzung 1903 sollten die Kinder und Jugendlichen auch im Bereich der Heimerziehung und vor ihren eigenen Eltern vor Ausbeutung und Misshandlung geschützt werden, da diese als Subunternehmer ihrer eigenen Kinder auftraten (vgl. Jordan/Maykus/Stuckstätte, 2015: 43ff.).
3.2.3 Einführung der Berufsvormundschaft
Die Lage der Kinder hatte sich im 19. Jahrhundert allgemein verschlechtert, doch besonders für die nichtehelichen Kinder, welche größtenteils in Pflegestellen als „Zieh-, Halte- oder Kostkinder“ untergebracht waren, verschlechterte sich die Lage enorm. Ihre Sterbezahl war in den Pflegestellen erschreckend hoch, aufgrund von unhygienischen Verhältnissen, Ernährungsmangel, räumlicher Enge und Arbeitsausbeutung der älteren Kinder.
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