Psychomotorische Förderung bei einer sensorischen Integrationsstörung


Seminararbeit, 2005

22 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

EINLEITUNG

1. DEFINITIONEN
1.1 Psychomotorik
1.2 Die sensorische Integrationsstörung
1.3 Bewegung als Lernraum
1.4 Die veränderte Lebenswelt der Kinder

2. DER PHILOSOPHISCHE ZUGANG IN DER PSYCHOMOTORISCHEN FÖRDERUNG
2.1 Das holistische Menschenbild
2.2 Die ökologisch-systemische Perspektive

3. DAS WIRKUNGSFELD DER PSYCHOMOTORISCHEN FÖRDERUNG
3.1 Körper-, Material- und Sozialerfahrung
3.2 Die sinnliche Wahrnehmung

4. SYCHOMOTORISCHE FÖRDERUNG BEI EINER SENSORISCHEN INTEGRATIONSSTÖRUNG – DAS FALLBEISPIEL JONAS
4.1 Anamnese/Situation vor der psychomotorischen Förderung
4.2 Die psychomotorische Förderung bei Jonas/Ziele und die Situation während und nach der Förderung

SCHLUSSWORT

LITERATURVERZEICHNIS

EINLEITUNG

Ich hatte das Glück im Zuge meines Praktikums der Motopädagogikausbildung den 4-jährigen Jungen Jonas (Name geändert) kennen zu lernen und seinen Verlauf in der psychomotorischen Förderung zu beobachten. Bei ihm wurde eine sensorische Integrationsstörung (SI-Störung) festgestellt und eine psychomotorische Förderung empfohlen. Ich möchte in dieser Arbeit die Möglichkeiten der Psychomotorik für die Problematik einer SI-Störung aufzeigen und versuchen die Zusammenhänge aufzuzeigen.

Es soll nach einer kurzen Erläuterung der Begriffe Psychomotorik und der SI-Störung auf den Zusammenhang von Bewegung und Lernen eingegangen werden, der eine wesentliche Grundlage der Bedeutung von psychomotorischem Lernen für die Entwicklung des Kindes darstellt.

Weiters soll geklärt werden, warum es so wichtig ist, Bewegung, zu der körperliche, geistige, seelische und soziale Bewegung zählen, einen eigenen Raum zu bieten und was Psychomotorik hier leisten kann. Es ist für das Verständnis des Zugangs der psychomotorischen Förderung zum Menschen wesentlich das Menschenbild und die ökologisch-systemische Perspektive zu skizzieren, die die Basis einer Förderarbeit darstellen.

Um die Arbeit innerhalb der Psychomotorik besser zu verstehen, wird auf die Erfahrungsfelder der Psychomotorik, die menschlichen Sinne und ihre Bedeutungen für die kindliche Entwicklung und der Ansatz in der psychomotorischen Förderung eingegangen. Psychomotorische Förderung bleibt nicht nur auf den Kindesbereich beschränkt, es ist in jedem Alter anwendbar und als geeignete Möglichkeit zu sehen. In der Arbeit wird aber bewusst auf das Kindesalter vor dem 6.Lj. eingegangen. um die Thematik und Fragestellung einzugrenzen.

Zum Abschluss wird das Fallbeispiel von Jonas kurz erläutet und die Entwicklung des Kindes aufgezeigt, indem die Situation vor der Förderung und nach der Förderung analysiert werden.

1. DEFINITIONEN

1.1 Psychomotorik

Ich möchte der Arbeit meine eigene Definition von Psychomotorik voranstellen, um mein Verständnis von diesem Begriff zu verdeutlichen.

„Psychomotorik ist für mich eine Möglichkeit über Bewegung und den Einbezug aller Sinne der Ganzheitlichkeit und Individualität des Menschen möglichst umfassend zu entsprechen, mit dem Ziel seine Handlungskompetenzen zu erweitern und im Menschen – neben der körperlichen Bewegung - eine geistige, seelische und soziale Bewegung auszulösen und dadurch sein Ich-Bewusstsein, sein Selbstbewusstsein, seine Selbstständigkeit und seine biologischen, psychischen, sozialen und geistigen Kompetenzen zu fördern, zu stärken und zu erweitern.“

Die Persönlichkeitsentwicklung und der Ausbau der Handlungsperspektiven sind Ziel einer psychomotorischen Förderung. Die Psychomotorik fördert sensorische, motorische, geistige Fähigkeiten und sozial-emotionales Verhalten. Bewegung kann als Medium mit dem gearbeitet wird verstanden werden, wobei hier mit Bewegung geistige, seelische, soziale und körperliche Bewegung gemeint ist. Bewegung steht im Mittelpunkt, aber ist trotzdem nur Teilaspekt „eines komplexen Gesamtgeschehens“ (EGGERT, 2002, S34). Die gesamte Person, alle Bereiche der bio-psycho-geistig-sozialen Einheit Mensch sind im Geschehen involviert und angesprochen und stehen in einer ständigen Wechselwirkung zueinander. Auf diese bio-psycho-geistig-soziale Einheit Mensch wird später genauer eingegangen werden.

Das Kind ist ein aktiv handelndes Subjekt im ständigen Austausch mit seiner Umwelt. Durch seine Handlungen eignet sich das Kind neues an, es lernt durch Handeln. Es eignet sich in seiner Entwicklung Kompetenzen an, die es ihm ermöglichen ein aktives, reagierendes und kooperierendes Individuum zu sein und in seiner Persönlichkeit und seinem Körper „kompetent“, wissend und spürend, fühlend und denkend zu sein.

Psychomotorische Förderung ist eine Möglichkeit das Kind in diesem Entwicklungsprozess zu begleiten, zu unterstützen und zu fördern. Dies kann präventiv oder als begleitende bzw. bewusst eingesetzte Maßnahme innerhalb der Entwicklung des Kindes erfolgen.

1.2 Die sensorische Integrationsstörung

Es ist zum Verständnis der weiteren Arbeit, in Bezug auf das Fallbeispiel wichtig, die Sensorischen Integrationsstörung kurz in ihrer Symptomatik darzustellen.

Unter einer sensorischen Integrationsstörung wird eine sinnvolle Ordnung, Aufgliederung und Verarbeitung von Sinnesreizen im zentralen Nervensystem (ZNS) verstanden, die eine Auseinandersetzung mit der Umwelt und diesen Reizen ermöglichen. Das ZNS erhält andauernd neue Sinnesreize, über Augen, Ohren, Nase, Zunge, die Haut, Bewegung, die Schwerkraft, die Körperstellung etc.

Wenn keine Verarbeitung im ZNS stattfinden kann, bzw. der Fluss der Sinneserlebnisse nicht organisiert werden kann, kann keine zielgerichtete und geplante Handlung auf Umweltreize erfolgen. Handlungen sind daher auf einer Organisation von Sinnesreizen aufgebaut.

Für die Wahrnehmung ist eine Selektion der Reize notwendig, hat ein Kind darin Probleme, ist es ständig überfordert, es wirkt desorientiert und verunsichert. Es sucht sich seine Reize gezielter und prägnanter, z.B. durch die Suche von Extremreizen (in eine enge Kiste Zwängen, aggressives Verhalten etc.). Das Kind kann nur über aktives Bewegen und Handeln Sinneserfahrungen sammeln, und die Bewegung ist wiederum eine Reaktion auf die Sinneseindrücke die auf das Kind einwirken. Können diese beiden Bereiche, Wahrnehmung und Bewegung, nicht miteinander in Verbindung bzw. in Einklang gebracht werden, bleiben die Informationen und Reaktionen und Handlungen ohne Zusammenhang für das Kind (vgl. DURCHHOLZ, 2002, S15).

Säuglinge mit SI-Störungen können folgende Symptome aufweisen: Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus, Saug- und Schluckprobleme in Kombination mit Säuglingskoliken, Übermäßige Unruhe mit Schreiattacken bzw. auffallend geringe Aktivität, Irritation/Abwehr auf Lageveränderungen, Irritation/Abwehr auf Berührung.

Im Kleinkind- bzw. Schulalter können folgende Symptome auftreten: Verzögerte motorische Entwicklung, "tollpatschige, ungeschickte“ Kinder, mangelndes Selbst- und Körperbewusstsein, verzögerte Sprachentwicklung, Geräuschempfindlichkeiten, Verhaltens- und Stressauffälligkeiten, Anpassungsschwierigkeiten an neue Situationen,

Hyper- oder Hypoaktivität, Teilleistungs- bzw. Lernstörungen, Vermeidung der Hand zum Gebrauch (vgl. o. A., 2004).

Um eine SI-Störung festzustellen bedarf es einer eingehenden Diagnostik und es sollte genau abgewogen werden, ob diese wirklich benötigt wird. Die SI-Therapie kann innerhalb einer Ergotherapeutischen oder Psychomotorischen Förderung angeboten werden. Dem Kind sollen möglichst viele Sinneserfahrungen ermöglicht werden, es soll kindgerecht und für das Kind motivierend angeboten werden und an den individuellen Entwicklungsstand angepasst werden.

„Gezielte Reizangebote helfen dem Kind, aktiv zu handeln und zu erforschen, um somit seine neurologische Organisation reifer und effektiver zu gestalten. … Wichtige Therapieziele sind außerdem:

- Handlungsplanung und Bewegungskoordination
- Aufrichtung des Körpers im Raum
- Zusammenspiel von Auge und Hand
- Miteinbezug von Sprache, Kommunikation, Selbständigkeit und Sozialer Kompetenz“ (o. A., 2004)

In der Psychomotorik wird mit typischen SI-Materialien gearbeitet, (Schaukeln, Wippen etc) und die Möglichkeiten durch weitere psychomotorische Materialien und Alltagsmaterialien erweitert. Es werden die gleichen Felder und Bereiche wie bei einer SI-Therapie gefördert. Psychomotorik wird von vielen Fachkundigen im Falle einer SI-Störung als geeignete Therapie und Fördermaßnahme empfohlen.

1.3 Bewegung als Lernraum

EGGERT (2002) führt als entwicklungspsychologische Begründung die Bedeutung des Lernens durch Bewegung an. Der Anteil des motorischen Lernens am Entwicklungsprozess ist wesentlich. Durch Bewegung wird die kognitive Entwicklung gefördert, aber es ist nicht ausschließlich Intelligenzentwicklung gemeint. Die Vernetzung des Gehirns erfolgt u. a. durch Bewegung, es gilt: Vom Greifen zum Begreifen. Andere Faktoren sind u. a soziale und emotionale Eingebundenheit und Geborgenheit. Der motorische Anteil ist jedoch bis zum 3.Lj sehr stark, erst danach kommt eine starke emotional Beteiligung hinzu, an die sich auch erinnert wird. Um das 6.Lj. nimmt der motorische Anteil wieder ab, ist bis dahin aber noch immer von sehr hoher Bedeutung. Bis etwa zum 8.Lj nehmen Kinder ganzheitlich wahr, sie trennen nicht zwischen leiblichen, seelischen, geistigen und gefühlsmäßigen Erlebnissen, diese sind eng miteinander verbunden. Deshalb zeigen Kinder verstärkt ihre Gefühle über ihren Körperausdruck oder leibliche Schmerzen (z.B. Bauchschmerzen bei Trennungsangst von der Mutter etc). Psychosomatische Symptome sind auch in der Erwachsenenwelt verbreitet, aber der Körperausdruck (Mimik, Gestik, auf die Körpersignale hören) wird häufiger übergangen bzw. unterdrückt. EGGERT (2002, S22) sieht Bewegung als „Sinnbild für eine äußerliche wie innerliche Aktivität des Kindes“. Es ist nicht nur der Psychomotorik bekannt, dass sich ein innerseelischer Zustand durch die Bewegung des Menschen sichtbar wird. So wie mach sich fühlt, so bewegt man sich auch, so ist der Körperausdruck, zu dem Körperhaltung, Gestik und Mimik zählen. Die Körperhaltung kann als Indikator für den emotionalen Zustand eines Menschen sein, jedoch niemals unabhängig von den äußeren Begebenheiten und der momentanen Situation. Hier wird wieder die bio-psycho-geistig-soziale Einheit des Menschen deutlich, auf die noch genauer eingegangen wird. Bewegungsäußerungen von Kindern bieten einen Einblick in ihre Innenwelt. Sie nehmen mit dem ganzen Körper wahr und drücken sich über den ganzen Körper aus. Es wird deutlich, wie vielfältig Bewegung sein kann und in welchem Zusammenhang sie mit der Psyche und dem Geist des Menschen gesehen werden kann. Bewegung spielt eine wesentliche Rolle im Leben des Menschen. Sie ermöglicht ihm Ausdruck, Fortbewegung, Kontakt zu sich selbst und zur Umwelt aufzubauen und zu halten, sich selbst und andere zu bewegen etc.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Psychomotorische Förderung bei einer sensorischen Integrationsstörung
Hochschule
Universitätssportinstitut Wien
Note
1
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V70802
ISBN (eBook)
9783638626026
ISBN (Buch)
9783638674652
Dateigröße
457 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Psychomotorische, Förderung, Integrationsstörung
Arbeit zitieren
Mag., MA Angelika Kopetzky (Autor:in), 2005, Psychomotorische Förderung bei einer sensorischen Integrationsstörung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70802

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