Das Tiefeninterview nimmt in der Gruppe der qualitativen Interviews eine Sonderrolle ein. Im Gegensatz zum fokussierten Interview erfolgt die Sinnzuweisung des Gesagten nicht durch den Befragten, sondern durch den Forscher. Der Forscher interpretiert die Aussagen, um Bedeutungsstrukturen des Interviewten zu explorieren, welche der Interviewte nicht artikulieren kann. Die Sinnzuweisung nimmt der Forscher auf Grund eines theoretischen Konzepts vor, welches er im Vorfeld der Untersuchung erarbeitet hat.
Das klassische Beispiel für ein Tiefeninterview ist die Psychoanalyse. Das Prinzip der Offenheit, wonach der Befragte die volle Kontrolle über die Bedeutung seiner Aussagen hat, wird beim Tiefeninterview durchbrochen, da der Befragte keinen Einfluss auf die Interpretation seines Gesagten hat.
Das Intensivinterview weist eine hohe Strukturierung auf, da die Prozesshaftigkeit des Interviews durch den Leitfaden gegeben ist. Der Leitfaden dient als Orientierung für die Fragestellung des Forschers und als Maßstab für die Vergleichbarkeit mehrerer Interviews. Dabei ist für den Forscher darauf zu achten, dass er sich weder zu stark am Leitfaden festklammert, noch dass er zu stark von seiner Strukturierung abweicht. Im ersten Fall der „Leitfadenbürokratie“ besteht die Gefahr, dass die qualitative, in die tiefer gehende Funktion des Interviews verloren geht und nicht mehr von einer standardisierten Befragung zu unterscheiden ist. Im zweitgenannten Fall könnte die Vergleichbarkeit zwischen mehreren Tiefeninterviews zu einem Forschungskomplex verloren gehen. Marlene Bock, auf deren Studie „Macht in der Ehe“ dezidiert in den Kapiteln 2.4f. eingegangen wird, bezeichnet die Funktion des Leitfadens folgendermaßen: „der Interviewer...[benutzt]...den Leitfaden insbesondere dann, wenn er sich selbst unsicher fühlt“ .
Der Interviewer soll dem Befragten nicht die Struktur des Leitfadens aufdrängen, indem er zum Beispiel strikt die Reihenfolge der vorgegebenen Fragen befolgt. Der Forscher soll flexibel sein für eine vom Konzept abweichende Erzählungsstruktur des Befragten, da er so auf neue Interpretationsansätze stoßen könnte.
Die aktive Einbindung des Interviewten in den Kommunikationsablauf ist zudem tragend für das Tiefeninterview. Die Form des freien Gesprächs soll eine vertraute Atmosphäre zwischen Interviewer und Befragtem herstellen, in der der Befragte eher dazu bereit ist, Themen anzusprechen, die er nicht ohne weiteres einer fremden Person erzählen würde.
Inhaltsverzeichnis
- Charakteristika des Tiefeninterviews
- Die Methodologie des Tiefeninterviews
- Tiefe des Interviews
- Die Rolle des Forschers
- Die Auswertung
- Durchführung der Studie „Macht in der Ehe“
- Probandinnenauswahl
- Der Leitfaden
- Ergebnisse der Studie
- Kritik an der Studie
- Kritisches Fazit des Tiefeninterviews
- Quellenverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Tiefeninterview, einer speziellen Form des qualitativen Interviews, und analysiert die Methodologie dieser Interviewform anhand der Studie „Macht in der Ehe“ von Marlene Bock (1987). Die Arbeit beleuchtet die Charakteristika des Tiefeninterviews im Vergleich zu anderen Interviewformen, insbesondere den fokussierten Interviews. Es werden die Besonderheiten der Interviewführung, die Rolle des Forschers und die Auswertung von Tiefeninterviews betrachtet.
- Charakteristika des Tiefeninterviews
- Methodologie des Tiefeninterviews
- Durchführung und Ergebnisse der Studie „Macht in der Ehe“
- Kritik an der Studie
- Kritisches Fazit des Tiefeninterviews
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Hausarbeit befasst sich mit den Charakteristika des Tiefeninterviews. Es wird der Unterschied zum fokussierten Interview erklärt und die Rolle des Forschers bei der Interpretation der Befragtenäußerungen hervorgehoben. Das zweite Kapitel analysiert die Methodologie des Tiefeninterviews, wobei die Tiefe des Interviews, die Rolle des Forschers und die Auswertung der Interviews beleuchtet werden. Im dritten Kapitel wird die Studie „Macht in der Ehe“ von Marlene Bock vorgestellt. Hierbei werden die Probandinnenauswahl, der Leitfaden, die Ergebnisse der Studie und Kritikpunkte an der Studie behandelt. Das vierte Kapitel bietet ein kritisches Fazit des Tiefeninterviews, welches die Stärken und Schwächen dieser Interviewform zusammenfasst.
Schlüsselwörter
Tiefeninterview, qualitative Interviews, fokussiertes Interview, Methodologie, Interviewführung, Interpretation, Studie „Macht in der Ehe“, Marlene Bock, Biographie, Lebenslauf, Machtstrukturen, Ehe, Kritik
- Arbeit zitieren
- Eric Placzeck (Autor:in), 2007, Das Tiefeninterview am Beispiel der Studie 'Macht in der Ehe' von Marlene Bock (1987), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70823
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