Im Sinne ihres Titels "Strauß lesen. Am Beispiel von „Der Kuß des Vergessens. Vivarium Rot“" versucht die vorliegende Arbeit sich Botho Strauss’ Theaterstück primär über den Leseprozess anzunähern. Der erste Schritt besteht daher im Prozess des Close Readings. Hier soll anhand eines subjektiv-assoziativen Zugangs in einem ersten Lese- und Interpretationsprozess der „Kuß des Vergessens“ Szene für Szene untersucht und aufgeschlüsselt werden.
In einem zweiten Arbeitsschritt sollen die im ersten Arbeitsschritt gewonnenen Leseeindrücke zu zentralen Motiven und Themen verdichtet werden, um diese überblickhaft herauszuarbeiten und transparent zu machen. Dazu wurde zusätzlich die einschlägige Forschungsliteratur konsultiert, um die Ergebnisse des ersten Arbeitsschritts zu überprüfen und abzusichern.
Aus der Erarbeitung zentraler Motive ergibt sich für den dritten Teil dieser Arbeit eine weitere Lesart des Stückes: Die fragmentarische Struktur des Stückes, sowie viele thematische Motive lassen auf die Nähe des Autoren Botho Strauss zu Ideen, Philosophie und Literatur der deutschen Frühromantik schließen. Aus diesem Grund entschieden sich die Autorinnen der vorliegenden Arbeit den „Kuß des Vergessens“ einer „romantischen Analyse“ zu unterziehen, um so weiterführende Interpretationsansätze erschließen zu können.
Ein umfassender Aufklärungsanspruch kann im knappen Rahmen einer Seminarsarbeit kaum erfüllt werden, weshalb der Schwerpunkt der Untersuchung die formalen Aspekte des Fragments und der Ironie aufgreift. Ein weiterer Diskussions- und Interpretationspunkt schließt an Schlegels Poetikkonzeption der Progressiven Universalpoesie an, dessen Programm sich teils auch im Straußschen Oeuvre wieder entdecken lässt.
Auf der inhaltlichen Ebene erwiesen sich sowohl die Position Strauß' als „Dichter der Gegenaufklärung“, das Thema der Dissoziation, der Liebe und des liebenden Blickes, als auch Parallelen zwischen der romantischen Kunstanschauung und Strauß' Kunstauffassung als fruchtbar.
Abschließend soll ein knapper Kommentar zur Wirkung und Modifikation frühromantischer Elemente in Strauß' Werk und eine kritische Würdigung des Theaterstücks aufgegriffen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkungen
- 1. Einleitung
- 2. Zur Vorgehensweise
- Teil I: Der Kuss des Vergessens. Vivarium rot. Close Reading
- 1. Ein Lichtspiel
- 2. Der Kuss
- 3. Große Fluchende
- 4. Schwarzes Geld
- 5. Die Namen
- 6. Die Worte
- 7. Die Motte
- 8. Die Hände
- 9. Der Pulsar
- 10. Trauergemeinde
- 11. Der Fernruf
- 12. Auf der Bettkante
- 13. Räumchens Stuhl
- 14. Ein Lichtspiel
- Teil II: Zentrale Motive im „,Kuss des Vergessens”
- 1. Die Vivariumsthematik
- 2. Identität
- 3. Das Sehen und die Liebe
- 4. Kommunikationsleere
- Teil III: Der,,romantische“ Strauß
- 1. Romantische Poetikkonzeption
- 1.1 Rahmenbedingungen
- 1.1.1 Ausgangspunkt Dissoziation
- 1.1.2 Aufklärungskritik
- 1.2 Schlegels Forderung an die Dichtung: Progressive Universalpoesie
- 1.3 Romantische Gestaltungsformen und -prinzipien
- 1.3.1 Fragment
- 1.3.2 Arabeske
- 1.3.3 Romantische Ironie
- 2. Textanalyse: „Der Kuss des Vergessens\" im Spiegel der Romantik
- 2.1 Strukturelle Untersuchung
- 2.1.1 Fragment und Arabeske
- 2.1.2 Die Undurchsichtigkeit 1: Ironie
- 2.1.3 Gattungs- und Themenwirrwarium - Universalpoetik?
- 2.2 Motivisch-inhaltliche Untersuchung
- 2.2.1 Aufklärungskritik
- 2.2.2 Isolation
- 2.2.3 Die Liebe und der liebende Blick
- 2.2.4 Undurchsichtigkeit 2: Rolle der Kunst
- Abschließende Bemerkungen
- Die fragmentarische Struktur des Stückes und die darin dargestellten Motive der Isolation und der Dissoziation
- Die Rolle der Liebe und des liebenden Blickes im Stück und ihre Verbindung zu romantischen Idealen
- Die Auseinandersetzung mit der Aufklärungskritik und der Frage nach der Rolle der Kunst in der Gesellschaft
- Die Analyse des Stückes im Hinblick auf Schlegels Konzept der progressiven Universalpoesie
- Die Verbindung zwischen Strauß' Werk und den romantischen Gestaltungsformen wie Fragment und Arabeske
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Botho Strauß' Theaterstück „Der Kuss des Vergessens. Vivarium rot“ im Kontext der deutschen Frühromantik. Ziel ist es, die formalen und inhaltlichen Aspekte des Stückes im Spiegel romantischer Denkweise zu beleuchten und so neue Interpretationsansätze zu erschließen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil widmet sich einer detaillierten Analyse des Stückes „Der Kuss des Vergessens“ durch ein Close Reading, das die einzelnen Szenen und ihre Bedeutung beleuchtet. Im zweiten Teil werden die gewonnenen Erkenntnisse zu zentralen Motiven wie der Vivariumsthematik, der Identität, dem Sehen und der Liebe sowie der Kommunikationsleere zusammengefasst.
Der dritte Teil untersucht das Stück im Spiegel der deutschen Frühromantik. Hier werden die zentralen Ideen und Konzepte der Romantik vorgestellt, um anschließend deren Relevanz für die Analyse des „Kuß des Vergessens“ zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Botho Strauß, „Der Kuss des Vergessens“, Vivarium rot, Fragment, Arabeske, Romantische Ironie, Aufklärungskritik, Dissoziation, Isolation, Liebe, Blick, Kommunikation, Kunst, Progressive Universalpoesie, Frühromantik.
- Quote paper
- B.A. Viola Schneider (Author), Stefanie Katzner (Author), 2007, Strauß lesen - das Theaterstück "Der Kuss des Vergessens" von Botho Strauß im assoziativen Lese- und Interpretationsprozess , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/70930