Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Was ist Rehabilitation? Verschiedene Formen
1.1 Medizinische Rehabilitation
1.2 Schulisch-Pädagogische Rehabilitation
1.3 Soziale Rehabilitation
1.4 Berufliche Rehabilitation
1.5 Zusammenfassung
2 Menschen mit einer geistigen Behinderung: Definitionsansätze und Sichtweisen
2.1 Psychiatrisch-nihilistische Sicht
2.2 Heilpädagogisch-defizitorientierte Sicht
2.3 IQ-theoretische Sicht
2.4 Ansatz des Doppelkriteriums
2.5 Ansatz des „kognitiven Andersseins“
2.6 Geistige Behinderung als ein soziales Phänomen
2.7 Zusammenfassung
3 Möglichkeiten und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation für Menschen mit einer geistigen Behinderung
3.1 Berufliche Vorbereitung und Berufsfindung in Berufsbildungswerken
3.2 Berufliche Rehabilitation in Berufsförderungswerken
3.3 Werkstätten für behinderte Menschen
3.4 Zusammenfassung
Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
Einleitung
Rehabilitation, Integration und Inklusion sind in meinen Augen die aktuellen Schlagworte der Behindertenpädagogik. Immer wieder erneuerte und spezialisierte Definitionen machen den Gebrauch von Fachwörtern schwierig. Nicht zuletzt der Paradigmenwechsel zu Selbstbestimmung [vgl. Westecker, 2001] und Normalisierung [vgl. Ommerle, 1999] tragen zu einer sich ständig verändernden Perspektive der Begrifflichkeiten an sich, aber auch zu deren Gebrauch, bei. Dadurch kommt es zu dem Dilemma, dass ein und derselbe Begriff in zwei unterschiedlichen Situationen auf verschiedene Art und Weise definiert und interpretiert wird.
Beispiel des oben genannten Dilemmas sind zum einen der Begriff der (beruflichen) Rehabilitation und zum anderen der Begriff der geistigen Behinderung. Dabei existieren nicht nur verschiedene Definitionsansätze, sondern auch professionalitätsspezifische Formen.
In der folgenden Arbeit werde ich zur Vorbereitung auf meine Diplomarbeit einen Überblick über die Begriffe der (beruflichen) Rehabilitation und der geistigen Behinderung geben. Dazu werde ich in einem ersten Kapitel die Formen der Rehabilitation beschreiben. Dabei wird der Schwerpunkt bei der beruflichen Rehabilitation liegen. In einem weiteren Kapitel werde ich die verschiedenen Definitionsansätze und Sichtweisen der geistigen Behinderung vorstellen.
Das dritte Kapitel wird sich mit den Möglichkeiten und Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation für Menschen mit einer geistigen Behinderung beschäftigen.
1 Was ist Rehabilitation? Verschiedene Formen
Unter Rehabilitation versteht man im Allgemeinen ein „integratives Konzept zur gesellschaftlichen (Wieder-)Eingliederung“ (Mühlum, Oppl 1992, S.9) von Menschen mit einer Behinderung bzw. von Menschen, die von einer Behinderung bedroht sind. Zusätzlich zu diesem Definitionsansatz unterscheidet man vier verschiedene Formen der Rehabilitation, die ich in diesem Kapitel vorstellen werde.
1.1 Medizinische Rehabilitation
In der Humanmedizin hat sich die Einteilung in präventive und kurative Medizin sowie Rehabilitation herausgebildet. Die Zunahme der Bedeutung von Rehabilitation in der Medizin ist durch den Wandel des Krankheitsspektrums (Zunahme der Zivilisationskrankheiten wie Herzinfarkt) aber auch durch die fortschreitende Technisierung begründbar [vgl. Weber-Falkensmmer 1985].
Die derzeitige „ärztliche Denkweise vollzieht sich [...] über die Stufen Ätiologie – Pathogenese – Krankheitsmanifestation“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994, S.236). So versucht man über die Entstehungsursache, den Befund und die Differentialdiagnostik der Behinderung eine kausal begründete Therapie zu ermöglichen [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994].
Medizinische Leistungen der Rehabilitation streben an, die durch die Behinderung entstandenen Einschränkungen des alltäglichen Lebens zu beseitigen, zu mindern oder von vornherein zu verhindern. Ist diese Zielstellung nur zum Teil zu erreichen, „geht es um die [...] Anpassung des Patienten an die bleibende Behinderung [...]“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994, S.236). Somit soll eine größtmögliche Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit erreicht werden [vgl. Oppl 1985].
1.2 Schulisch-Pädagogische Rehabilitation
Die schulisch-pädagogische Rehabilitation ist vor allem für junge Menschen von Bedeutung, die eine angeborene bzw. im Kindesalter eingetretene Behinderung haben [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994]. Behinderung wird dabei im Sinne einer Lernschwäche gesehen, wodurch die Lebensbewältigung und die Integration in die Gesellschaft deutlich erschwert werden [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994].
Konzept der schulisch-pädagogischen Rehabilitation ist, „dass sie, ausgehend von den behinderungsbedingten Schwierigkeiten, spezifische Hilfen für alle Kinder bereithalten muss“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994, S.285). Weiterhin gilt „das Recht auf umfassende Bildung, die jedem einzelnen durch ein differenziertes Bildungs- und Ausbildungsangebot [...] die volle Herausbildung seines Begabungsprofils ermöglicht [...]“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994, S.285).
Ziel ist es dabei eine zukünftige selbständige Gestaltung und Bewältigung des Lebens weitestgehend zu ermöglichen, sowie ein Teil der Gesellschaft zu werden oder zu bleiben [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994]. Weiterhin ist es Anliegen der schulisch-pädagogischen Rehabilitation den „Erwerb der für [die] Arbeitsfähigkeit erforderlichen schulischen Voraussetzungen“ (Oppl 1985, S.34) sicher zu stellen.
1.3 Soziale Rehabilitation
Soziale Rehabilitation meint „die Aufnahme in die Gesamtheit zwischenmenschlicher Ordnungen und Beziehungen“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994, S.238). Unter dem Aspekt der Chancengleichheit soll den Menschen mit einer Behinderung ermöglicht werden in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens einbezogen zu werden und Partizipationsmöglichkeiten zu erhalten [vgl. Bundesarbeits-gemeinschaft für Rehabilitation 1994].
Um die Notwendigkeit sozialer Rehabilitation aufzuzeigen, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen Katalog zur Klassifikation sozialer Folgen von Behinderungen erstellt. Dazu gehören u.a. Beeinträchtigungen des Orientierungsverhaltens, der körperlichen Unabhängigkeit und der sozialen Integration [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994]. Dabei ist zu beachten, dass „soziale Integration und somit Rehabilitation [...] mehr als die einseitige Anpassung der Behinderten an die Mehrheit der Nichtbehinderten“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994, S.238) ist. Vielmehr sollte soziale Rehabilitation als die Änderung in Erwartungen, Einstellungen und Handeln der Nichtbehinderten gegenüber der Menschen mit einer Behinderung verstanden werden [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994].
Ein Ziel der sozialen Rehabilitation ist es „die Eigeninitiative des behinderten Menschen [zu] stärken und ihm eine eigenständige, selbstbestimmte Lebensführung [zu] ermöglichen“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994, S.305). Weiterhin ist es Ziel eine „Eingliederung in das Familien- und Wirtschaftsleben“ (Oppl 1985, S.34) zu erreichen, um soziale Isolierung zu vermeiden.
1.4 Berufliche Rehabilitation
Allgemein kann berufliche Rehabilitation als die Gesamtheit aller Maßnahmen bezeichnet werden, die „zur Erhaltung, Verbesserung [und] Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit“ (Oppl 1985, S.34) dienen sowie eine Aufnahme in den allgemeinen Arbeitsmarkt oder an besonderen Arbeitsplätzen sicherstellen.
In der heutigen Gesellschaft sind Beruf und Arbeit nicht nur die Grundlage für die wirtschaftliche Existenz sondern prägen das Persönlichkeitsbild und beeinflussen den sozialen Status eines Menschen. Aus diesen Gründen soll durch berufliche Rehabilitation die Aufnahme bzw. Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit erreicht werden [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994].
Die berufliche Rehabilitation zielt auf den Erhalt, die Eingliederung bzw. Wiedereingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt ab.
In besonderen Fällen wird den Menschen mit einer Behinderung aufgrund ihrer Art und Schwere der Behinderung ein Platz in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) angeboten (siehe auch Punkt 3.3) [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994].
Leistungen der beruflichen Rehabilitation umfassen Berufsvorbereitung, berufliche Anpassung, Fortbildung und Umschulung sowie Leistungen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes aber auch Berufsfindung und Arbeitserprobung [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994].
Zu Beginn der beruflichen Rehabilitation stehen Maßnahmen zur Berufsvorbereitung, wodurch der Zugang zur beruflichen Ausbildung oder Umschulung erleichtert werden soll. „Berufs- vorbereitungsmaßnahmen sind Grundausbildungslehrgänge zur Vorbereitung auf bestimmte Berufsbereiche, Förderungslehrgänge zur Erlangung der Berufsreife sowie [...] spezielle Grundausbildungen“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994, S.291).
Die Kernbereiche beruflicher Rehabilitation bilden die berufliche Anpassung, Fortbildung, Ausbildung und Umschulung. Durch berufliche Anpassung sollen berufliche Wissenslücken geschlossen werden, während die berufliche Fortbildung bereits vorhandenes Wissen erweitert. Berufliche Ausbildung bezieht sich auf die Erstausbildung von Menschen mit einer Behinderung, die eine ressourcenorientierte Qualifizierung darstellt und eine berufliche Tätigkeit ermöglichen soll. Bei der beruflichen Umschulung werden neue Fähigkeiten und Fertigkeiten vermittelt, wodurch der Übergang in eine andere Tätigkeit erleichtert werden soll [vgl. Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994].
Leistungen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes haben die „Sicherung des vorhandenen oder die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes [...].“ (Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation 1994, S.291) zum Ziel. Diese Hilfen erfolgen meist in Form von materieller Unterstützung, die zum einen für den Rehabilitanden und zum anderen für den Arbeitgeber erfolgen können. Für den Rehabilitanden bedeutet das u.a. die Übernahme der Kosten für Arbeitsausrüstung, technische Arbeitshilfen oder für den Umbau zu einer behindertengerechten Wohnung. Der Arbeitgeber erhält z.B. Zuschüsse für die Kosten einer betrieblichen Umschulung oder den Umbau zu einem behindertengerechten Arbeitsplatz [vgl. Bundesarbeits-gemeinschaft für Rehabilitation 1994].
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