NPD voll OK!? – Kontroverse um eine Partei


Hausarbeit, 2001

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1. Einleitung

2. Gründung und Entwicklung der NPD

3. Der Weg zum Verbotsantrag

4. Schlussbetrachtung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Gewalttaten im Jahr 2000, denen rechtsradikale Motive nachgewiesen werden konnten, erlangten eine hohe öffentliche Aufmerksamkeit. Auch symbolische Aktionen rechter Parteien (insbesondere der NPD), wie beispielsweise der Demonstrationszug am Brandenburger Tor, erregten zudem Assoziationen zum deutschen Nationalsozialismus im In- und Ausland. Die politischen Akteure sahen sich in einem Handlungszwang. Forderungen nach einem Antrag zur Untersuchung der Verfassungswidrigkeit der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ (NPD) waren die Folge. Die Debatte um ein Verbot der NPD verdeutlicht die Schwierigkeiten hinsichtlich des Umgangs mit Rechtsextremismus. Zwei Meinungen klaffen auseinander: Ausschöpfung der konventionellen Verbrechensbekämpfung und die Forderung nach der „wehrhaften“ Demokratie.

Ein Hauptargument der Befürworter eines Verbots lautet, dass die NPD sich zu einer aggressiv- kämpferischen Partei in den letzten Jahren entwickelt hat. Die vorliegende Arbeit versucht den politischen Werdegang der NPD nachzuzeichnen und mögliche Veränderungen in der Struktur ihrer Anhänger und ihrer Programmatik heraus zu filtern, um aus diesen Ergebnissen die Rechtfertigung für bzw. gegen einen Verbotsantrag zu finden. Unsere Fragestellung zielt darauf ab, ob es der Tatsache entspricht, dass dieser Trend erst in den letzten Jahren eingetreten ist und zur der Debatte im Sommer geführt hat oder ob es sich beim Verbotsantrag nur um „symbolische Politik“ gehandelt hat, die keine effektiven Ergebnisse im Kampf gegen Rechtsextremismus bringen wird. Deshalb teilten wir die Arbeit in zwei Hauptteile: Im ersten Teil der Arbeit gehen wir auf die Entstehung der NPD und ihre Entwicklung ein. Die Programmatik und die Mitgliederzusammensetzung bilden hierbei die beiden Kernelemente. Am Rande werden parteipolitische Ereignisse (z.B. Wahlerfolge, Führungswechsel) in die Betrachtung mit einfließen, da wir davon ausgehen, dass sie die Entwicklung der Partei beeinflussten.

Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Parteiverbotsdebatte an sich und liefert eine Beschreibung des Weges zum Parteiverbotsantrag durch die Verfassungsinstitutionen (Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag) anhand von Berichterstattungen von verschiedenen Medien (Internet, Wochen- und Tageszeitschriften). Eingegangen wird auch auf die Akteure und Institutionen.

2. Gründung und Entwicklung der NPD

Die Gründung der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands“ am 28.11.1964 war in erster Linie ein Zusammenschluss mehrerer rechtsradikaler Parteien. U.a. die „Deutsche Reichspartei“ (DRP), die „Deutsche Partei“ (DP), die neu gegründete „Deutschnationale Volkspartei“ (DNVP). Die Strukturen der DRP wurden als Basis genutzt. Jedoch war der erste Vorsitzende der NPD nicht Adolf von Thadden, der Vorsitzende der DRP, sondern Friedrich Thielen. Dies diente, um der Kontinuität der DRP entgegenzuwirken.

Die programmatische Zielsetzung ist zweifelsfrei als konservativ-national einzustufen. Hinter der Parole „Nationalbewusstsein tut not!“ verbarg sich die Einstellung, Deutschland hätte sich den Alliierten unterworfen. Um ihrer Forderung nach einer Grenzrevision, der nach 1945 vereinbarten deutschen Grenzen, Nachdruck zu verleihen, war in dem Wortlaut der NPD-Funktionäre und Zielsetzungen nicht von der Bundesrepublik Deutschland die Rede, sondern von Westdeutschland. Darüber hinaus sprach man bezüglich der DDR von Mitteldeutschland. Deutschland werde der NPD nach in ein kommunistisches und amerikanisiertes Land verformt. Das Vaterland galt der NPD-Programmatik als Basis der Ideologie, welche vornehmlich auf die Rückbesinnung nationaler Werte beruhte. Die Nation sei „[...] mehr als Volk und auch mehr als Staat. [...] Es bildet sich aus Blutsverwandtschaft sowie Bindungen an Landschaft, Nachbarschaft und Heimat [...]“[1]

Folgerichtig nahm die NPD auch eine ablehnende Haltung hinsichtlich der Bonner Bündnispolitik ein. Mit Deutschland als Mitglied der EG und NATO sah sie die nationale Souveränität gefährdet. In ihren politischen Grundprinzipien sahen sie einen Ordnungsstaat mit starker Autorität vonnöten. Dieses sah die NPD von der Bonner Republik unterminiert.

In ökonomischen Fragen favorisierte die NPD eine „ganzheitliche Wirtschaftspolitik“, eine Volkswirtschaft. Sie nahm damit eine Gegenposition zu dem bestehenden wirtschaftlichen Liberalismus ein. Zentrum ihres Fokus’ bildete die mittelständische Wirtschaft. Im Rahmen ihrer nationalen Gesinnung sollte auch die Wirtschaft national sein, was aber ihrer Meinung nach nicht mit nationaler Wirtschaftsautarkie gleichzusetzen wäre. „Keine Volkswirtschaft kann heutzutage auf sich gestellt bestehen.“[2]

Auf dem Parteitag in Hannover 1967 versuchte sich die NPD im Zuge einer Parteiverbotsdebatte einen demokratischen „Anstrich“ zu verleihen. Das erste NPD-Parteiprogramm wurde verfasst. Als oberstes Ziel wurde die Wiederherstellung eines Spannungsverhältnisses zwischen Regierung und Opposition proklamiert, da als Folge der Großen Koalition nach der Bundestagswahl 1965 mit der FDP es de facto keine einflussreiche, wirksame Opposition gab. Adolf von Thadden, der nach einer parteiinternen Auseinandersetzung den Vorsitz übernahm, konstatierte, dass sich die Partei als „heimatverbundene, nationale Opposition, als Partei sozialer, nationaler [...] Prägung und vor allem als konservativ [...]“[3] versteht. Ihren Konservatismus beschrieb von Thadden als „staatserhaltend, volkserhaltend, wirtschaftserhaltend“[4]

Die Mitglieder der Partei waren vornehmlich Männer (Frauenanteil: 10,8%). Das entsprach dem konservativen Weltbild: Die Frau, welche sich um die Kindererziehung und den Haushalt kümmerte.

Der Altersdurchschnitt der NPD lag 1965 bei 53 Jahren. Es setzte aber bald ein Verjüngungsprozess ein, so dass 1966 der Durchschnitt schon bei 43 Jahren lag und 1967 bei 41,2 Jahren. 1967 lag zudem das Durchschnittsalter der neuen Mitglieder bei 31 Jahren. Der Großteil der NPD-Mitglieder wurde also während der NS-Zeit sozialisiert.

1966 waren noch 20% ehemalige NSDAP-Mitglieder, der 1967 schon auf 9% fiel. 12 von 18 Mitgliedern des ersten Bundesvorstandes der NPD bekleideten bereits administrative Positionen in der NSDAP. Die NPD war also in der Gründungszeit von sogenannten „Altnazis“ geprägt. Von einer Nachfolgerin der NSDAP kann aber nur unter Vorbehalten die Rede sein, da das Programm juristisch vorsichtig formuliert worden war, um der Möglichkeit eines Verbots zu entgehen. Aus dem Verbot der rechtsextremen „Sozialistischen Reichspartei“ (SRP) hatten die NPD-Funktionäre Konsequenzen gezogen.

Die religiöse Vormachtstellung nahm der Protestantismus ein, da ca. 2/3 der Mitglieder Protestanten waren.

Zur NPD neigten auch vor allem die soziale Ober- und Mittelschicht und Abiturienten und Akademiker. Vom Bildungsbürgertum erhielt sie also Unterstützung.

3,3% der Mitglieder gehörten dem Militär an, was bei einem damaligen Bevölkerungsanteil von 0,3% eine deutliche Überrepräsentation darstellt.

In den Jahren 1966/67 zog die NPD in sieben Landtage ein: Hessen (7,9%), Baden-Württemberg (9,8%), Bayern (7,4%), Niedersachsen (7,0%), Rheinland-Pfalz (6,9%), Schleswig Holstein (5,8%) und Bremen (8,8%). Als Gründe für diese Erfolge wird zuweilen das Fehlen einer rechten Opposition durch die Große Koalition und die wirtschaftliche Rezession, die der NPD Erfolge in ökonomisch zurückgebliebenen Regionen sicherte, angegeben.

Die Hauptgruppe (40-50 %) der Wähler waren männlich und zwischen 45 und 60 Jahre alt. Unterrepräsentiert sind die Jungwähler zwischen 21 und 30 Jahren. Gemäß ihrer internen Struktur war die NPD in protestantischen Gebieten erfolgreicher als in katholischen. Dabei neigten CDU-Wechselwähler in protestantisch geprägten Gebieten zur NPD, genauso wie SPD-Wechselwähler in katholisch geprägten Gebieten.

In militärischen Kreisen schätzte man ein Wählerpotential zwischen 20 und 25%.

Die nach dem II. Weltkrieg aus den ehemaligen deutschen Gegenden Vertriebenen stellten 27% der NPD-Wähler, da die NPD die einzige Partei war, welche das Sudetenland zurück forderte.

Bei den Landtagswahlen konnte die NPD vor allem Nichtwähler und Wähler rechter Splitterparteien mobilisieren. Darüber hinaus fanden viele Wechselwähler zur NPD. 44% hatten schon einmal die Partei gewechselt.

Insbesondere der Mittelstand verhalf der NPD zu ihren anfänglichen Erfolgen, da die Mittelständler die berufliche Zukunft durch den wirtschaftlichen Rückgang gefährdet sahen und in dem autoritären Führungsstil der NPD die Lösung glaubten.

Die Erfolgsserie brach mit der Bundestagswahl 1969 abrupt ab. Erwartet wurde ein Ergebnis zwischen 8-12%; erreicht wurden letztendlich nur 4,5%. Das beste Resultat der NPD bei einer Bundestagswahl bis heute. Die Ursachen werden in der Regel bei dem Rechtsruck der CSU, die der NPD durch verschärft konservative Parolen das Wasser abgrub, und der Profilierung der Regierungsfähigkeit der SPD gesucht. Die meisten der Wähler, die die NPD 1966/67 wählten, waren zudem Protestwähler. Die aus der Wahl resultierende Koalition SPD/FDP sorgte dafür, dass die „rechte Oppositionslücke“ gefüllt wurde und sich konservative Wähler wieder mit der CDU/CSU identifizieren konnten.

Mit dieser Wahlniederlage sank die NPD in die politische Bedeutungslosigkeit ab. Bei der Bundestagswahl 1972 konnte sie an ihre Erfolge nicht mehr anknüpfen und nach den Landtagswahlen desselben Jahres war auch kein Abgeordneter der NPD in einem Landtag vertreten. Das folgende Jahrzehnt war zudem geprägt von einem starken Mitgliederrückgang (1969: 28.000; 1972: 14.500; 1977: 9000; 1981: 6500). Die Folge waren erhebliche Behinderungen der Parteiarbeit. Zusätzlich schwächte eine finanzielle Krise, die durch den Mitgliederschwund und mangelnde Beitragszahlungen ausgelöst wurde, den politischen Aktionsradius.

Die Inhalte und Forderungen der NPD in dieser Zeit konzentrierten sich in erster Linie weiterhin auf den Volksbegriff. Die „nationale Solidarität“ und ein „völkischer Kollektivismus“ waren die Schlagworte. Eine pluralistische Gesellschaft wurde abgelehnt. Durch die Zunahme an ausländischen Gastarbeitern in den 70er Jahren befürchtete die Partei eine Überfremdung und sprach sich gegen die Fremdarbeiterpolitik aus. Diese Fremdenfeindlichkeit begründete die NPD mit der Gefahr der „Volkszerstörung“, die von den Ausländern ausginge. Zuweilen skandierte sie mit rassistischen Parolen.

Die demokratische Herrschaftsform in Bonn wurde als „Drei-Parteien-System“ diffamiert und als des deutschen Volkes Unrecht empfunden. „Die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland sei eine von Panzern und Bajonetten [...] dem deutschen Volk aufgezwungene Herrschaftsmethode.“[5]

Die Altersstruktur der verbliebenen Anhänger entwickelte sich asymmetrisch. Man sprach von einer „Großväter-und Enkelpartei“ da die mittlere Generation stark unterrepräsentiert war. Also waren fast ausschließlich nur noch Mitglieder vertreten, die den Nationalsozialismus noch aktiv miterlebten und mit gestalteten oder gar nicht bzw. nicht bewusst wahrnahmen.

Der Versuch einer politischen Beteiligung wurde in Form einer Petition unternommen, die den „Ausländerstop“ forderte. Die Unterschriftenaktion brachte jedoch nur Hälfte der erforderlichen Stimmen, so dass die Petition scheiterte.

Die bis dahin anhaltende Krise konnte 1984 überwunden werden, nachdem die NPD bei der Europawahl ihre Wähler verdoppeln konnte und so über die 0,5%-Marke gelang. Damit erhielt sie die Wahlkampfkosten zurückerstattet und sanierte so ihren desolaten Finanzhaushalt. Auch der Mitgliederrückgang stagnierte. Ein leichter Zuwachs konnte sogar verbucht werden.

Programmatisch gab sich die NPD hinsichtlich der Ost-West Problematik neutral und warb für einen „nationalistischen Neutralismus“. Aber gegen die Fremdarbeiter fuhr sie weiterhin einen harten, ablehnenden Kurs. Mit neuen Themen, wie der Familienplanung, der Arbeitslosigkeit und dem Umweltschutz versuchte sie bisher unerreichte Wählergruppen zu mobilisieren, was aber weitestgehend misslang.

[...]


[1] Langner, Albrecht: „Nationalismus in der Bundesrepublik. Gegenwartsaspekte der Demokratie.“, Verlag J.P.Bachem in Köln, 1969, S.108

[2] ebd. S. 168

[3] Kühnl, Reinhard; Rilling, Rainer; Sager, Christine: „Die NPD. Struktur, Ideologie und Funktion einer neofaschistischen Partei“, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 1969, S. 82

[4] ebd. S. 86

[5] Verfassungsschutzbericht 1972, S.27

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
NPD voll OK!? – Kontroverse um eine Partei
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Aktuelle Fragen der Innenpolitik
Note
2,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
23
Katalognummer
V711
ISBN (eBook)
9783638104692
ISBN (Buch)
9783638786638
Dateigröße
585 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Parteienverbotsantrag
Arbeit zitieren
Sylvio Kelm (Autor:in), 2001, NPD voll OK!? – Kontroverse um eine Partei, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/711

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